Ein rechter Rechtsprofessor — zum politischen Hintergrund von Ralph Weber

Ralph Weber AfD

AfD Kandidat ++ Jura Prof. ++ rechter Netzwerker

Ob Thor Steinar als Dienstkleidung, Reichsbürger im Audimax, Nähe zu rechten Burschenschaften, Geschichtsrevisionismus in Lehrveranstaltungen oder die Promotion eines verurteilten Rechtsextremisten — Landtagskandidat Prof. Dr. Ralph Weber (AfD) erzeugte in den vergangenen Jahren erheblichen Diskussionsbedarf. Studierende der Universität Greifswald haben den politischen Hintergrund des rechten Hochschullehrers zusammengefasst und zeichnen ein erschreckendes Bild.


Ein Gastbeitrag von Studierenden der Universität Greifswald


Universitäre Aktivitäten

Ralph Weber lehrt seit 2009 an der Universität Greifswald Bürgerliches Recht. Aufsehen erregte er zunächst durch das Tragen der Kleidungsmarke „Thor Steinar”. Diese Marke ist vor allem unter Neonazis verbreitet und wird als Erkennungsmerkmal getragen. Aufgrund dessen wurde die Hausordnung der Universität geändert und das Tragen von Thor Steinar-Kleidung verboten.1 Doch Weber scheint sich an dem Verbot nicht zu stören. So trägt er die Marke weiterhin und seine Bürowand ziert ein Steinar-Poster.2 Zum Frauenkampftag trug er eine Krawatte mit der Abbildung einer nackten Frau und bezeichnete dies als seinen Beitrag zu diesem Anlass.

Weber fällt auch in seinen Vorlesungen immer wieder durch reaktionäre Äußerungen auf. So forderte er, dass anstatt der Opfer eines deutschen Luftangriffs in Kundus besser den Toten der Wehrmacht gedacht werden solle. Diese seien, zumindest zum Ende des Zweiten Weltkriegs, in einem Verteidigungskrieg gestorben. Damit wird der deutsche Angriffskrieg umgedeutet, der bis zum Kriegsende stattfindende Holocaust mit keinem Wort erwähnt und die maßgeblich an Kriegsverbrechen beteiligte Wehrmacht glorifiziert. Auch seine Äußerung, dass „der Kniefall von Brandt und die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze” ein „Fehler” und „Verrat an unserer historischen Heimat” sei3, zeigen deutlich sein geschichtsrevisionistisches Weltbild auf. Seine Gesinnung scheint auch in Webers wissenschaftlichen Aktivitäten durch. In seinem Sachenrecht II-Lehrbuch wird in einem Fall illustriert, wie ein Bürger den Bau eines „Asylantenwohnheims” abwehren kann.4


Webers Stellung innerhalb der Universität

Weber hat eine sehr ambivalente Stellung innerhalb der Juristischen Fakultät der Universität Greifswald. Von den Studierenden wird er teilweise für seine (im Jurastudium selten vorkommende) großzügige Notenvergabe geschätzt. Er setzt sich auch für Belange der Studierenden, etwa die Entschlackung des Jurastudiums, ein. Fakultätsintern erfährt Weber teils Ablehnung, teils aber auch Zustimmung – seine Professorenkollegen üben öffentlich wenig Kritik an ihm. Vom Rektorat wurden zwar mehrfach rechtliche Schritte geprüft, die aber im Sande verliefen. Im April 2016 brachte ein FAZ-Artikel mit der Überschrift „Doktortitel für Nazi – Wenn der Professor das rechte Auge zudrückt” erhöhte Aufmerksamkeit für den Fall Weber.5

So deckte das antifaschistische Rechercheblatt aus Frankfurt am Main auf, dass der Neonazi Maik Bunzel im Februar 2016 bei Weber seine Dissertation verteidigte. Der gebürtige Cottbusser wurde in den 2000ern durch seine Rechtsrockband „Hassgesang” bekannt. Auf deren ersten, indizierten Alben zieren SS-Runen das Cover, Adolf Hitler wird verehrt und gegen Juden gehetzt.6 Bunzel wurde deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt. Eng verbunden ist dieses Musikprojekt auch mit dem 2012 verbotenen „Widerstand Südbrandenburg”. Die Gruppierung initiierte vor dem Verbot unangekündigte Fackelmärsche unter dem Titel „Die Unsterblichen”, um vor einem vermeintlichen Volkstod zu warnen. Nach dem Verbot wurde auch Bunzels Wohnung durchsucht. Seine Klage dagegen wies das OVG Berlin-Brandenburg im Januar 2013 jedoch ab, da Bunzel als Hintermann der Organisation angesehen wurde.7 Ab November 2013 versuchte er sein Glück als Richter auf Probe am Amtsgericht im bayerischen Lichtenfels. Dort konnte oder wollte man zunächst nichts von dessen brauner Vergangenheit wissen. Doch nach etwa einem Jahr kam die Sache an die Öffentlichkeit, nach medialem Druck und einer mehr oder weniger einvernehmlichen Trennung kehrte Bunzel nach Cottbus zurück und ließ sich als Anwalt nieder. Bunzel scheint sich nun als Szene-Anwalt zu etablieren: Er übernahm ab Januar 2016 die Sitzungsvertretung für den Nazianwalt Olaf Klemke vor dem LG Erfurt.8 In diesem Prozess sind Nazis wegen eines Angriffs auf eine Feier angeklagt, bei dem mehrere Menschen schwer verletzt wurden. Bunzel vertrat Klemke auch im April 2016 im NSU-Prozess am OLG München. Dort verteidigt er den Rechtsterroristen Ralf Wohlleben.9

Die Unileitung in Greifswald zeigte sich angesichts der Veröffentlichungen der FAZ „entsetzt”, hat aber allem Anschein nach wenig Interesse an einer breiten öffentlichen Debatte. Auf studentische Initiative beschloss der Senat dann doch eine Ausstellung zum Thema „Toleranz” zu veranstalten, um inhaltlich einen Gegenpol zu den Veröffentlichungen in der Presse zu setzen. Veranstaltungsort sollte das Gebäude der Juristischen Fakultät werden. Selbst dieses harmlose Kontra stieß in Teilen der Jura-Professorenschaft auf so großen Widerstand, dass ein anderer Veranstaltungsort gesucht werden muss.10


Weber und die Reichsbürger

Weber nutzt seine universitäre Stellung, um sogenannten Reichsbürgern eine öffentliche Plattform zu bieten. So lud er am 22. Januar 2016 den “Botschafter des Freistaats Preußen” Thomas Mann nach Greifswald ein. Als Zusatzveranstaltung zur Vorlesung “Historische Grundlagen des Rechts” (Zielgruppe 1. Semester) geplant, verbreitete der Reichsbürger im Audimax der Hochschule sein verschwörungstheoretisches und antisemitisches Weltbild. So referierte er im Rahmen des Themas „Souveränität Deutschlands” über die Rothschilds, Iluminati, dass die „BRD GmbH” im Kriegszustand mit dem „Deutschen Reich” sei usw. Weber intervenierte zwar mehrmals, beendete die Ausführungen Manns jedoch nicht. Der „Botschafter” veröffentlicht Artikel, in denen er die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs anzweifelt oder Menschen Wege aufzeigt, wie sie sich einen Führerschein des „Deutschen Reichs” beschaffen können11. Damit schlägt Weber eine Brücke zu der sektenartigen Gemeinschaft der Reichsbürger, die in den letzten Jahren deutschlandweit für Schlagzeilen sorgen.


Weber und die Burschenschaften

Immer wieder unterstützt Weber sowohl auf lokaler als auch überregionaler Ebene reaktionäre Burschenschaften. Weber bewirbt beispielsweise bei der Begrüßung für Erstsemester regelmäßig die Greifswalder Burschenschaft Rugia. Die Rugia ist Mitglied in der Deutschen Burschenschaft (DB) und gehört damit ebenso wie die Greifswalder Markomannia zum harten Kern der verbliebenen rechtsradikalen Burschenschaften. Wegen zunehmender rechtsradikaler Tendenzen verließ in einer Austrittswelle fast die Hälfte der Mitglieder die DB.12 Schon in den 2000ern machte sie mit den damaligen Burschenschaftlern und NPD-Funktionären Stefan und Matthias Rochow von sich Reden.13 Im Jahr 2009 griffen Rugia-Mitglieder das alternative Hausprojekt IKUWO an.14 Mittlerweile soll auch der Jurastudent Max B., der wiederholt bei rechtsextremen Demos in Erscheinung trat und in nazikameradschaftlichen Strukturen verankert war, Mitglied der Rugia sein. Rigolf Henning, rechtsextremer PubIizist, Holocaustleugner, Netzwerker und NPD-Politiker, gehört zu den Alten Herren der Rugia.15

Auch in diesem Jahr feierte die Rugia zusammen mit der Markomannia und der Pennalen Burschenschaft Ernst-Moritz-Arndt, der auch der Greifswalder AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Nikolaus Kramer angehört, den Jahrestag der Gründung des Deutschen Reiches 1871.16 Bei einem Vortrag bei der Verbindung VDSt sagte Weber, Migration und Integration seien Verrat an der deutschen Kultur.17 Bei den von ihm betreuten Promotionen zeigt sich ebenso seine Nähe zum Verbindungswesen. So promovierten Frank Rozanski und Kai Flieger zu einer Rostocker Verbindung bzw. der rechtsradikalen Burschenschaft Redaria. Außerdem erhielt Harald Lönnecker von Weber den Doktortitel. Lönnecker ist Leiter des Archivs der DB und eine Art Haus- und Hofhistoriker des deutschen Verbindungswesens.18


Weber und die AfD

Weber sympathisiert schon länger mit der Idee einer Partei „rechts der CDU”. So lotete Weber im November 2008 in einem Interview mit der rechten Zeitung „Junge Freiheit” Chancen und Möglichkeiten einer solchen Parteigründung aus.19 Zum gleichen Thema referierte er auch im April 201320 bei der Burschenschaft Rugia (s.o.) und dem Jahrestreffen der DB im Juni 2012 in Eisenach.21 Außerdem wurde er zu den neurechten “Dienstagsgesprächen” in Berlin eingeladen22 und traf sich mit Rechtsradikalen wie Udo Voigt (NPD) und Mathias Faust (DVU), um über eine Parteigründung zu reden.23
Nun scheint Weber seine neue politische Heimat in der AfD gefunden zu haben. Für diese tritt er als Direktkandidat für die kommende Landtagswahl im Wahlkreis 30 – Ostvorpommern 11 an.24 Im Rahmen seiner Kandidatur hielt er im Januar 2016 einen Vortrag über das „Asylchaos und seine Folgen” in Lubmin.25 Um die nötigen Unterstützerunterschriften zu sammeln, legte er in einer seiner Hochschulvorlesungen die entsprechenden Listen aus.

(alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Endstation Rechts)


Fußnoten
1. Fleischervorstadt-Blog, 11.09.2010 und zeit.de, 10.09.2010
2. Nordkurier vom 29. April 2016, S. 23.
3. webMoritz, 02.07.2010
4. Ralph Weber, Sachenrecht II – Grundstücksrecht, 4. Aufl. 2015, u.a. § 3 Rn. 41.
5. FAZ, 10.04.2016
6. Netz gegen Nazis, 02.04.2008
7. Zeit Online Störungsmelder, 11.10.2014
8. Thüringen Rechtsaußen, 08.12.2015
9. welt.de, 19.04.2016
10. Ostsee-Zeitung vom 21.04.2016, S. 12.
11. freistaat-preussen.org, 06.10.2015
12. Spiegel Online, 04.06.2012
13. Bundeszentrale für politische Bildung 23.04.2007
14. Fleischervorstadt-Blog, 02.11.2009
15. Zeit Online Störungsmelder, 14.08.2014
16. Facebook (PB! Ernst Moritz Arndt Greifswald), 10.01.2016
17. webMoritz, 03.10.2010
18. Uni Greifswald, 24.02.2016
19. Junge Freiheit, 21.11.2008
20. Facebook (Greifswalder Burschenschaft Rugia), 17.03.2013
21. Publikative, 26.11.2012
22. Antifaschistisches Inforblatt, 16.04.2010
23. Endstation Rechts, 30.06.2010
24. AfD Vorpommern-Greifswald, 12.10.2015
25. AfD-Bürgersprechstunde Lubmin (Facebook)

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