Was ist die Identitäre Bewegung?

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Am gestrigen Samstag, dem 11. Juni, hat die Identitäre Bewegung in Wien eine Demo abgehalten. Für den 17. Juni ist eine weitere in Berlin angekündigt. Wer oder was ist diese gewaltbereite, sexistische, rassistische, fremdenfeindliche, völkische - kurz faschistoide - Bewegung eigentlich?

 

 

Was ist die Identitäre Bewegung?

Geschichte – wo kommt sie her und wie hat sie sich entwickelt?

Der Ursprung diesen Übels liegt in Frankreich und dem „Bloc identitaire“. In den Jahren 2002/3 als Nachfolgeorganisation der verbotene „Unité radicale“gegründet, erlangte diese Gruppe durch zwei Ereignisse im Oktober 2012 europaweite Aufmerksamkeit. Zum einen wurde das Video „Génération Identitaire“ und damit einhergehend eine Kriegserklärung an die Multikulti-Gesellschaft der 68er veröffentlicht. Zum anderen wurde eine Moschee in Poitiers besetzt – von 60-80 Personen. Angefixt davon hat sich auf Facebook aus einer Fangruppe des Sarrazin-Buches „Deutschland schafft sich ab“ am 10. Oktober 2012 die Identitäre Bewegung gegründet. Ursprünglich nur ein reines Facebook-Phänomen hat sich die Gruppe vor allem in Österreich schnell verbreitet und wurde von verschiedenen Personen wie Stefan Juritz (Steiermark), Martin Sellner und Phillip Huemer (Wien), Alexander Markovic und Ruben Sudesch in örtlichen Strukturen aufgebaut. Schnell zog die IB Österreich viele junge Leute aus dem rechten Spektrum an und ist inzwischen neben der FPÖ die stärkste völkisch-nationale Kraft in Österreich.

In Deutschland konnte die IB sich nicht so schnell auf der Straße etablieren. Dazu ist das Netz an Burschenschaften, Kleinstparteien und Kameradschaften zu breit gefächert. Inzwischen nimmt die regionale Verbreitung aber stark zu. Für alle deutschen Regionen gibt es inzwischen Seiten und Verbände. Außerdem schließen sich immer mehr prominente Figuren aus der rechten Szene den Idis an. So ist Melanie Dittmer inzwischen Mitglied
bei der artverwandten Identitären Aktion, hat den neuesten Fotos nach zu schließen auch Busenfreundin Ester Seitz vom gescheiterten Widerstand Ost West rübergezogen. Bei Legida am 6.6. hielt Tatjana Festerling auf der Bühne die Fahne der Identitären hoch. Bedingt durch das sehr gute Corporate Design und dem schlüssigen Medienauftritt ist eine beträchtliche Steigerung der Mitgliedszahlen zu erwarten.7.

Zur Einordnung der Wichtigkeit in Österreich kurz ein Facebook-Likevergleich (Stand 8.6. 16:00):

IB Deutschland:
25.287
AfD: 274.124
IB Österreich: 22.666
FPÖ: 69.650
IB Schweiz: 3035

Deutschland: 81.770.000 Einwohner
Österreich: 8.700.000 Einwohner

Was will die IB?

Die IB sieht sich selber als Teil der neuen Rechten. Das heißt, sie lehnen offiziell das traditionelle Auftreten und Gebahren der Neonazis ab. Es geht (zumindest nach außen) nicht um eine Rückkehr des Deutschen Reiches oder der Wiedereinführung des Nationalsozialismus.
Dabei vermeidet die IB geschickt die Begrifflichkeiten klassischer rechter Gruppierungen und gibt sich unrassistisch. So wird sehr gerne der Begriff des Ethnopluralismus verwendet. So respektieren die Idis offiziell alle Kulturen und Ethnien und möchten, dass diese sich ihrer alten Traditionen und Bräuche bewusst werden und sich darauf berufen – aber bitte in ihrem ursprünglichen Gebieten. Auf deutsch: Die verschiedenen Völker und Stämme sollen gefälligst zu Hause bleiben und sich nicht vermischen. Deutschland soll deutsch sein, Polen polnisch und China chinesisch – so wie früher. Freie Entfaltung aller Menschen nach ihren eigenen Wünschen und ihrem Wunschort wird strikt abgelehnt.

Es wird explizit eine völkische Identität beschworen und diese als Idealbild dargestellt. Alle Völker haben demzufolge ihre eigene, traditionelle und unveränderliche Kultur. Dabei wird oft von einer tausend Jahre als Traditionslinie gesprochen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die offensiv präsentierte Islamfeindlichkeit. Neben Multikulti, der Antifa und einem unvölkischen Lebensstil ist der Islam der ausgemachte Hauptfeind der Identitären.
Veranschaulicht wird dies unter anderem auch durch das Zeichen der IB, das Lambda. Dies ist ein Rückgriff auf das Zeichen der Spartaner im Kampf gegen die Perser. Diese Symbolik (und die des davon angeregten Filmes „300“) wird immer wieder benutzt. Ebenfalls sind die Idis dem Irrglauben des Umtausches anheim gefallen. Danach werden die Flüchtlinge bewusst nach Europa gelenkt und sollen die nationalen Identitäten auslöschen.

Ein wichtiger Faktor ist das Bild der „Festung Europa“. So sieht sich die IB auf eine völkische Art als pan-europäisch. Die europäischen Völker sollen ihre vermeintliche kulturelle Identität zusammen gegen den Feind von außen (gemeint sind Flüchtlinge und der Islam) verteidigen. Sie stehen für ein Europa – aber eines der nationalistischen Staaten. Dies ist ein klarer Gegensatz zur reichsdeutschen Großmannsucht vieler anderer rechter Bewegungen in Deutschland. Nach außen wirkt die IB dadurch auf den ersten Blick nicht rassistisch und fremdenfeindlich. Auf den zweiten Blick wird aber klar, dass sie dies nur mit neuen Begrifflichkeiten umformuliert haben.

Aktionsformen und Auftreten

Die IB bedient
sich bewusst und geschickt beim aktuellen Zeitgeistes. So ist das Auftreten im deutschsprachigen Raum durch ein extrem gutes Corporate Design geprägt. Die Verwendung der Farben gelb und schwarz erzeugt eine Signalwirkung und springt sofort ins Auge. Es wird eine klare Formsprache verwendet und wenig bis gar keine billige Optik genommen. Das Zeichen der IB, das Lambda, ist dabei nicht nur eine Anlehnung an die Spartaner. Auch das SA-Zeichen in schwarz-gelb hat eine zu große optische Nähe, um von einem Zufall zu sprechen. In den sozialen Netzwerken fällt ein sehr bewusstes Posten von Beiträgen auf. Während viele rechte Seiten mit haarsträubender Grammatik und Rechtschreibung aufwarten, sind hier sprachliche Fehler extrem selten. Auch die Videos sind gut produziert und qualitativ hochwertig. Da können viele Mobivideos rechts wie links nicht mithalten. Und der Aufruf zur Demo in Wien wird in mehreren Sprachen vorgetragen – eine absolute Seltenheit, selbst bei Antifa-Videos. Unlängst ist sogar ein Rap-Track von einem Act namens Komplott online gegangen. Der ist zwar qualitativ absolute Grütze, dürfte aber seinen Zweck als gemeinschaftsbildende Hymne durchaus erfüllen.

Insgesamt versucht die IB sich einen
zeitgemäß-intellektuellen Anstrich zu geben. So werden im eigenen Shop „Phalanx“ (wieder eine Anspielung auf die Griechen) nicht nur Klamotten angeboten. Es gibt auch Plakate und Sticker mit Zitaten rechter Philosophen und Autoren sowie zum Teil selbstverfasste Bücher zu kaufen. Ein Zitat von Nietzsche ist halt was anderes als ein Zitat von Holger Apfel. Dabei wird sich auch zeitgemäßer Sprache bedient. So gibt es durchaus mal ein „nais“ von Martin Sellner zu lesen. Einige Formulierungen könnten 1zu1 bei der Merkel-Jugend zu finden sein. Nur mit der exakt gegensätzlichen Zielrichtung. Der Shop wurde übrigens von den Sellner-Brüdern gegründet. Im Impressum wird Patrick Lenart mit einer Grazer Adresse als Unternehmer angegeben. Es ist aber zu vermuten, dass die Sellners direkt an jedem Verkauf mitverdienen. Zumal Martin Sellner auch ein Buch über diesen Shop vertreibt.

Es wird Wert auf politische Schulungen gelegt und gemeinsame Aktionen wie Feriencamps und Wanderungen organisiert. Dadurch wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und eine eigene Gruppendynamik geschaffen. Es werden auch Kampftechniken gelehrt und Wehrhaftigkeit trainiert. Wie qualitativ diese Ausbildung ist, ist schwer einzuschätzen. Ein veröffentlichtes Bild eines Trainings weißt allerdings mehrere Schwachstellen auf, die jeder halbwegs in den Kampfkünsten bewanderten Person sofort ins Auge springen. So wird das Handgelenk ungenügend fixiert und mit dem linken Bein müsste bei der Axelhöhle der Körper blockiert und der Arm am Schultergelenk gehebelt werden. So ein fehlerhaftes Promobild würde uns nicht unterkommen. Selbst wenn keine der abgebildeten Personen kämpferische Fertigkeiten hätte, würden wir sie so platzieren, dass dies nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Allgemein greifen die Identitären stark auf völkische Motive zurück. So wird ein starker Bezug zu Heimat und Natur hergestellt – daher auch die Wanderungen und Lager.
Wer sich die Likes der IB-Seiten auf Facebook einmal anschaut wird sehr viele Natur- und Heimatseiten finden. Ebenso viele Pferdegestüte, Burschenschaften und völkisch-adelig angehauchte Seiten. Es wird eine angebliche deutsche Identität beschworen und sogar vermeintliche Regionalidentitäten ausgemacht. So ist die deutsche IB in regionale Gruppen unterteilt. Diese nehmen aber nicht die aktuellen Grenzen der Bundesländer, sondern ältere Grenzziehungen (siehe Bild). Neben den Schulungen, Wanderungen und sonstigen Seminaren werden oft Gruppentreffen, sogenannte Stammtische abgehalten.

Öffentlich in Aktion treten die Idis hauptsächlich durch geschickt gesetzte Propagandaaktionen. So wird mal Pfefferspray zum Schutz vor vergewaltigenden Flüchtlingen verteilt, dann wird ein Graffiti gesprüht, Türen von Organisationen der Antonio-Amadeu-Stiftung werden mit Stickern und Plakaten verziert und ähnliches. Am medienwirksamsten sind aber die Objektstürmungen. So wurden letztes Jahr zwei SPD-Büros gestürmt und dieses Jahr in Österreich einmal ein Parteibüro der Grünen und dann zwei Wochen später eine Theatervorstellung in Wien. Dabei kam es auch zu körperlichen Übergriffen. Vor kurzem machte der österreichische IB-Chef Martin Sellner mit Ankündigungen von Frauenhausbesuchen auf sich aufmerksam. Siehe dazu unser Beitrag:

Auch die Halal-Challenge geht auf die Kappe der Identitären.
Seit einem Jahr lässt sich eine starke Frequenzsteigerung der Aktionen beobachten. So wird in Berlin im Schnitt pro Woche eine medienwirksame Aktion gemacht und auf der FB-Seite publik gemacht. Dies ist eine viel höhere Frequenz als sie andere, auch mitgliedstärkere, Gruppen vorweisen können.

Gefährlichkeit der IB

Wir schätzen die IB als bedenkenswert gefährlich ein. Im Moment ist sie eine Art moderne HJ und bedient bewusst ein jüngeres Publikum. Sie sucht die Abgrenzung zu den (klischeehaft) dummen Faschoglatzen aus den 90ern, die nur Bier saufen, Hitlergrüße zeigen und Andersdenkende ins Krankenhaus oder Grab befördern. Die IB sieht sich selbst als völkische Avantgarde, also als stylische Bildungsnazis. Es wird durch die intellektuelle Unterfütterung ein Überlegenheitsgefühl geschaffen, mit Kampftraining gestärkt und durch die Promoaktionen verankert. Die IB sieht einfach besser aus als viele andere Akteure im rechten Sektor. Das sie im Gegensatz zu ihrer öffentlichen Selbstdarstellung alles andere als friedlich ist beweisen ihre jüngsten Aktionen. Diese werden immer offensiver und haben nichts mehr mit friedlichem Protest zu tun.

Durch ihr exzellentes Corporate Design und den guten Auftritt in den sozialen Medien sieht die Prognose für eine weitere Verbreitung in Deutschland gut aus,
in Österreich ist sie längst ein Machtfaktor und arbeitet mit der FPÖ zusammen. Vor allem auf Personen aus dem (Bildungs-)Mittelstand haben werden von dem Auftreten angesprochen. Wenn die Wahl zwischen Pegida (dumme Sachsen), der AfD (bäh, ne Partei), der NPD (alle viel zu dumm) und z.B. dem III. Weg (auch dumme Faschos) oder der IB besteht, da entscheide ich mich doch lieber für die coolen Kids. Deren Sprache und Auftreten ist elitär und das Gegenteil von stumpf. Korrekte Sache.

In den Zielen unterscheidet sich die IB aber gar nicht so sehr von anderen extrem rechten Parteien. Sie verpacken es nur besser. Im Moment mag das Wirken noch nicht explizit extremistisch sein, sie sehen sich aber selber als Phalanx, als erste Reihe der Verteidigung gegen die Invasion.
Wenn zudem Personen wie Melanie Dittmer Mitglied sind, dann ist die Frage nach Gewaltbereitschaft und Radikalität schnell beantwortet. Daher ist der IB überall entschlossen entgegen zu treten. Nur weil sie nicht so dumm-gefährlich wie der klischeehafte NPD-Anhänger aussehen, heißt es nicht, dass sie weniger gefährlich wären. Eher sogar das Gegenteil.

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Der Ursprung des Lambda-Emblems der Identitären liegt in dem Zack Snyder Film 300 aus dem Jahr 2006, der 600 Millionen Dollar einspielte.

Dieser Film ist eine Adaption des gleichnamigen faschistischen Comic von Frank Miller (Zeichner von Sin City).

 

Der Bloc Identitaire hatte und hat als Logo ein Wildschwein. Dabei dürfte es sich um den mythologischen Eber Saehrimnir aus Walhalla handeln.

Die Jugendorganisation Génération Identitaire nahm sich das Lambda aus dem Schild der Spartaner Frank Millers, weil es populär war und gut verwandt werden konnte für eine angeblich notwendige Verteidigung Europas gegen den Rest der Welt. Das historische, und in Deutschland verbotene, Emblem der SA war nicht die Vorlage für das Logo der Identitären.

Das Logo der SA wurde zur Vorlage der British Union of Fascism (BUF) von Oswald Mosley, was 2006 wiederrum das Logo des Blocco Studentesco, der Jugendorganisation von CasaPound Italia wurde.

...allerdings ist mir völlig neu, dass Frank Miller faschistische Comics zeichnet.

Ansonsten freuts mich, dass es auf der "anderen Seite" wenigstens ein paar Menschen mit Hirn gibt die nicht willentlich Fehlinformationen verbreiten. Eine willentliche Fehlinformation stellt z.B. das hier absichtlich gelbschwarz umgefärbte SA-Abzeichen dar, umgefärbt nur zum Zwecke eine Ähnlichkeit zu suggerieren. Wer auf sowas reinfällt muss tatsächlich richtig dumm sein.

Das L(ambda) steht für Lakonien, der Gegend um Sparta.

...nicht erst aus dem Film 300, sondern wurde tatsächlich schon zu Zeiten Spartas auf die Schilder der Hopliten gemalt. Es hat historischen Ursprung.

...aber es wäre von den ID nie genommen worden, wäre es nicht in 300 aufgetaucht.

Darum ging es hier wohl.

https://www.theguardian.com/culture/2011/nov/24/frank-miller-hollywood-f...

...und...
hier spricht zum beispiel alan moore über frank miller...
"I thought the Sin City stuff was unreconstructed misogyny, 300 appeared to be wildly (...) homophobic (...). I think that there has probably been a rather unpleasant sensibility apparent in Frank Miller’s work for quite a long time.


http://comics-x-aminer.com/2011/12/03/alan-moore-responds-to-frank-mille...


weitere links...


https://www.theguardian.com/books/booksblog/2016/apr/01/frank-miller-fas...


http://goodcomics.blogspot.com/2006/02/why-frank-miller-is-fascist-write...


http://www.unleashthefanboy.com/news/the-dark-knight-returns-fascist-pow...


https://biblioklept.org/2011/11/14/frank-miller-fascist-mouthpiece-is-a-...


http://www.metafilter.com/157573/Reading-and-rereading-Frank-Miller-30-y...


...ist ja alles subjektiv und sowieso, aber ein wenig wundert es schon, wenn leutz sich mit frank miller irgendwie ein bißchen auseinandersetzen und dann noch nie was davon mitbekommen haben, welche diskussionen es seit jeher um miller gibt.

mal davon abgesehen, dass diese diskussionen ja nicht völlig aus der luft gegriffen sind. "300", "Sin City", "TDK", also unter dem "chic" und der "coolness" liegen hier halt nicht so krass versteckt weltbilder, normen, ideale und ideologien versteckt, die schon gerne mal kritisch hinterfragt werden dürfen.

reflektier(t) mal den comic-konsum!

Inhaltlich enthält der Artikel leider einige Fehler, die aufgeklärt werden müssen.

 

1. Die Rückführung auf das SA-Logo wurde ja schon besprochen

Es gilt aber bei aller Kritik zu bemerken: Die Identitären in Österreich und Deutschland ticken ein wenig anders (völkischer) als die französischen. Das Logo kann schon zum Teil in der Kontinuität der SA betrachtet werden, weil es wegen der Ähnlichkeit in deutschen Kameradschaften anschlussfähiger ist und der Bezug willkommen.

 

2. Der Artikel behauptet die Identitären wären in Deutschland erst seit 2012 aufgetreten. Dass das nicht der Fall ist beweisen unter anderem auch ältere indy-Artikel. Die Erklärung als anfängliches facebook-Phänomen ist auch falsch. Es gab ja zahlreiche Bemühungen aus rechtsextremen Burschenschaften und Kameradschaften die Identitäre Bewegung nach Deutschland zu holen. Dahinter standen nie enttäuschte junge Menschen, die sich gegen die 68er Generation stellen. Das ist nur Fassade und offenbar so gelungener PR-Gag, dass selbst die Linke darauf anspringt.

Links zu Artikeln über Identitäre vor 2012:

2011: Block Identität, ein NPD-Vereinnahmungsversuch der Ideen der Nouvelle Droite

https://linksunten.indymedia.org/de/node/44981

Die Lektüre lohnt sich. Die Analyse bringt viele Merkmale der heutigen identitären Bewegung zutage, beispielsweise die wortspielhafte, manchmal gar lyrische Rhetorik.

Es gibt zahlreiche Hinweise auf Identitäre in Veröffentlichungen zur Secession.de, blaue Narzisse, German Defence League. Das Phänomen ist also nicht so neu und sicher kein aus Österreich importiertes Problem.

Beispiel 2012: https://linksunten.indymedia.org/de/node/73004

Schon im Dezember war die IB in Bundeswehr und Polizei (und burschenschaftlichem Milieu, aber darauf geht der Artikel nicht ein) verwurzelt. Das war kein Blitzerfolg der Ösis. Im Oktober erwähnte publikative.org in einem Artikel (https://linksunten.indymedia.org/de/node/70483) über einen Bundeswehrreservisten der mit Bezug auf die französische Generation Identitaire die German Defence League militärisch ausbilden gedachte.

 

Im Übrigen ist auch das Gründungsdatum der österreichischen IB als 12.10.2012 falsch: Schon am 1.10. warteten die Identitären mit einer rassistischen Aktion auf, nämlich der Umzingelung eines Caritas Workshops für Flüchtlinge. Dies setzt auch schon einen gewissen Organisationsgrad voraus. (Quelle: selber publikative Artikel)

 

Die Aufkleber tauchten in Deutschland ebenfalls schon früher auf. Sie wurden vertrieben von Felix Menzel (Burschenschafter/Kameradschaftsumfeld, Gründer der blauen Narzisse). Dieser bemühte sich auch schon sehr früh um die Gründung eines identitären Zentrums in Dresden.

 

Ich bringe gerade selbst nicht mehr alles zusammen und mir fällt es schwer, die Quellen zusammenzusuchen, aber das ist auch eigentlich Aufgabe der Autor*in des Artikels. Bitte vermeiden Sie in Zukunft schlechte Recherche und machen Sie sich kundig in den fundierten Veröffentlichungen von Publikative, Gamma, (Störungsmelder)... An echter Recherchearbeit führt leider kein Weg vorbei.

Die Identitären haben mit dem häufig verwendeten Slogan: "Wehr Dich!" oder "Wehrt Euch!" einen weiteren Bezug zur SA hergestellt, deren Parole  zu Beginn des Bykotts jüdischer Geschäfte war: "Deutsche, wehrt euch!" Die Boykottkampagne war zwar unmittelbar nicht so gewalttätig wie die Pogrome oder die folgenden Verbrechen, enthielten aber schon den nationalsozialistischen Vernichtungsgedanke. Die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz war Vordenken und Einüben der Vernichtung durch Arbeit selbst, des Kerns der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik.

So muss man auch die popkulturell aufbereitete und wenig gewalttätig untersetzte Parole "Wehr Dich" der Identitären verstehen. Der Kampf gegen "Multikulti" wird derzeit hauptsächlich durch Auskonkurrieren bei der medialen Präsenz geführt. Der kulturalistische (und nicht so sehr materialistische) Ansatz der Identitären führt ja auch logisch zur Popkultur. Das Ausmerzen der gegenläufigen Meinung ist gepaart mit dem behaupteten Kulturkampf gegen den Islam (und seine linken Handlanger) um Leben und Tod, sowohl Vernichtungsdrohung als auch kleines Analogon der Vernichtung selbst.

So einen konstruierten Mist hilft uns hier nicht weiter

 

Die Wurzeln der Identitären liegen nicht bei den Nazis, sondern bei den Jungkonservativen. Man lese "Die Herrschaft der Minderwertigen" von Edgar Julius Jung, das ist genau deren Weltbild, Jung wurde übrigens von den Nazis ermordet.

 

Oder glaubt hier jemand die SPD sei marxistisch? "Die reden aber beide von sozialer Gerechtigkeit!!!11!!1!!"

Es werden gleichartig sich zeigende Symptome vermengt, bei denen es sich scheinbar um selbe Sachverhalte handelt. Beispielsweise ist jemand, der mit dem derzeitigen Geldsystem ein Problem hat, eindeutig Antisemit und wer ein Problem mit den Freihandelsabkommen hat, ist Nazi. Diese schwachsinnige Pauschalisierung, die von einer überwiegenden Mehrheit linker Kreise getragen wird, ohne auch nur ansatzweise zu erkennen oder erkennen zu wollen, daß das Unsinn ist, ist eine der Hauptursachen dafür, daß jetzt - oh Wunder - die tatsächlichen Nazis, Rassisten und Antisemiten massiven Zulauf bekommen. Ob das in den 30ern des letzten Jahrhunderts ähnlich war, kann ich nicht beurteilen, vermute allerdings, daß dem so war. Die Linke der Gesellschaft muß die Herzen der Menschen gewinnen und das erreicht man eher nicht mit "kraftvollen Spontis" bzw. martialischem Auftreten.

Und was ich noch empfehle: Hinterfragt die Führungsstrukturen und hinterfragt diejenigen, die immer wieder offensiv oder subtil gewisse Meinungen und Handlungsweisen vorgeben. Auch ein scheinbar basisdemokratisches Plenum wird von gewissen Meinungsbildnern, die immer wieder aus den selben Leuten bestehen, zu "Konsensentscheidungen" hingeführt.

Am Ende sind diejenigen es nämlich, die die gesellschaftliche Linke immer wieder zum Scheitern bringen - ob bewußt oder unbewußt, sei einmal dahingestellt...

Die Rechte tritt heute ein wenig anders auf, legt den Schwerpunkt auf Kulturkampf und konstruiert aus dieser Ecke her den völkischen Überlebenskampf, trotzdem steht damit Vernichtung schon im Raum. Davor darf man die Augen nicht verschließen. Es ist auch nicht so, dass die Identitären hauptsächlich bei den Jungekonservativen wurzeln, die früh auftretenden Persönlichkeiten stammen aus dem Milieu rechtsextremer Burschenschaften, Landsmannschaften und heimattreuer Jugendverbände. Diese sind nicht konservativ, auch nicht nationalkonservativ, sondern völkisch nazistisch. Die Unsterblichen und "autonomen" Nationalisten sind eng mit den Identitären verbandelt und ebenfalls keine konservative, sondern eine moderne nazistische Strömung.

Auch heute treten Personen in den Vordergrund die beispielsweise Vergangenheiten in Wehrsportgruppen haben.

Ich möchte dabei aber nicht bestreiten, dass die IB viel Anklang im konservativen Milieu findet (wie auch die parteiförmige AfD). Zunehmend erhalten sie Zuspruch aus dem "gemäßigteren" burschenschaftlichen Milieu.  Die Angst vor der Islamisierung verfängt auch bei christlichen Verbindungen und nationalkonservativen. Auch in der JU gibt es Sympathisanten. Es wäre aber wirklich irreführend, den völkischen Kern und Ursprung zu leugnen, welches Vorbild auch immer sie derzeit zu haben behaupten.

Im Übrigen ist es auch nicht so, dass es vollkommen aus dem Rahmen fallen würde, wenn die ein oder andere Identitärengruppe sich wirklich für die faschistisch Verfolgten hält. Psychologisch ist eine solche Opferrolle ja sehr nützlich, um gleiches zu rechtfertigen. Dieses Phänomen (Inversion) tritt in der neuen Rechten häufig auf, ein nettes Beispiel ist die berüchtigte (und von der Presse leider unverstandene) Rede von Akif Pirinci mit der invertierten KZ-Drohung. Man merkt eine gewisse Zwiespältigkeit auch an der Ästhetik. Gemein bekannt und im Artikel erwähnt ist die Entlehnung des Lambda aus dem Film 300. Aus demselben Streifen stammt aber auch die Verkleidung der Unsterblichen (wenngleich sich diese ebenfalls an den linken Aktionen d. sog. Überflüssigen orientierten) Die Unsterblichen sind im Film 300 aber genau die ebenbürtigen Gegner der Spartiaten. In der neuen Rechten wird diese widersprüchliche Ästhetik gerne aufgenommen. Sie ist auch ideologisch vorhanden und wird weitergestrickt.

In Wien sind die Identitären unter dem Namen Wiens Identitäre Richtung (W.I.R) am 31.3.2012 das erste mal mit einem Infotisch und einer Reisetasche voller Aufkleber aufgefallen. Davor waren einige der Gründer bereits unter dem Namen der Funke (derfunke.info) aktiv.

Gibt es dazu einen Artikel? Welche Motive hatten die Sticker? Ist die Herkunft der Sticker bekannt?

Alter, das ist ja schon fast ein Werbeartikel für diese Luftnummern. Wie "gut" es aktuell für sie läuft, hat der Tag in Wien gestern gezeigt:

- trotz internationaler Mobi und "Flüchtlingskrise" gleichviele - wenn nicht weniger - Teilnehmer_innen wie bei den letzten zwei Demos in Wien

- trotz massiver Polizeipräsenz eine lächerlich kurze Strecke gelaufen - in einem Zeitraum vom mehr als zwei Stunden

- selbst das FPÖ-nahe Hetzblatt "Kronenzeitung" spricht von "Rechtsradikalen"; kein ernst zu nehmendes Medium in Österreich nimmt der IB ihre Behauptung, "nicht rechtsextrem/rassistisch, sondern identitär" zu sein, noch ab

- einen Tag vor der Demo erschien ein größerer Rechercheartikel im Standard, dass die IB Kohle aus Russland bekommt

 

Natürlich bleiben diese Faschos weiterhin gefährlich, sie haben im Laufe des letzten Jahres zuhauf ihre Bereitschaft dazu demonstriert. Aber so zu tun, als sei die IB DAS kommende Ding schlechthin, ist Bullshit. Die sind nach wie vor angreifbar, mit den gleichen Mitteln, wie alle anderen Faschisten auch: Recherche, Aufmärsche zum Desaster machen, Hausbesuche usw.

Der Vergleich SA/IB hinkt nicht so sehr. Der Blood & Honour Aktivist Alexander Christian war ebenfalls bei der Demo in Wien anwesend.

 

https://twitter.com/RechtsdrallC/status/741779159383474176

"auf der Demo", aber er ist kein Mitglied und darum geht es. Auf Antifa-Demos sind auch Anti-Imps und Antideutsche, man schliesst sich dann eben für einen höheren Zweck zusammen, bei den Rechtsextremen genau das gleiche. Zudem sind die Nazis froh, wenn sie endlich mal wieder irgendwo mitlaufen dürfen, schliesslich war die Szene in Ö in einer Art Wachkoma

.

Eine krittische Betrachtung und das neutrale Recherchieren der gemachten Behauptungen + grafischen Darstellungen sollte auf beiden Seiten der Medallie gemacht werden.

 

Das Emblem der "SA Sturmabteilung" ist hier offenbar falsch dargestellt, und falsch eingefärbt.

Stattdessen sah es so aus:

http://murphsmilitaria.com/cart/images/IMG_20160403_0012.jpg

Vergleich:

https://humanrightsreporters.files.wordpress.com/2011/11/vergleichsstudi...

 

Wenn das Verhalten entsprechender Gegenbewegungen genauer betrachtet wird, zeigen sich enorme  Gemeinsamkeiten zwischen dem, was angeblich bekämpft wird, und dem eigenen Auftreten.