Am 15.01 versammelten sich ca 80, vorwiegend junge, Antifaschist*Innen an der Kurt-Helbig-Halle in Plauen, um gegen den alltäglichen Rassismus und den "III. Weg" zu protestieren. Beim III. Weg handelt es sich um eine neonazistische Partei, die am selben Abend zu einer rassistischen Kundgebung ins Stadtzentrum mobilisierte. Seit 2014 etabliert diese auch in Plauen einen ihrer sogenannten "Stützpunkte" und versucht seitdem ständig, durch Kundgebungen und Demonstrationen rassistisches und nationalistisches Gedankengut auf Plauens Straßen zu bringen.
Die Route der Antifademo führte durch vorwiegend dicht bewohnte und demonstrationsungewohnte Stadtviertel, was der Demo einige Aufmerksamkeit einbrachte. Von Beginn an wurde die Antifademo massiver Repression unterzogen. Unter Führung der Leipziger Einsatzleitung wurde bereits der Auftaktort von fast 20 Wannen umstellt und Demonstrationsteilnehmer*Innen - unter ihnen auch Familien mit Kindern - mussten sich Vorkontrollen unterziehen. Nach 400m begannen die Cops das Abfilmen der Demonstration und drohten an, diese aufzulösen. Spätere Begründung und Legitimationsversuch: das Rufen der Parole "Solidarität muss praktisch werden - Feuer und Flamme den Abschiebebehörden." stelle nach neusten Rechtsauslegungen einen Aufruf zu Straftaten dar. Kritik an Institutionen, die Menschen in den Tod schicken, ist im rechtskonservativsten Bundesland Deutschlands natürlich unerwünscht und damit potentiell extremismusverdächtig.
Im Anschluss an die Demo wurden Demonstrationsteilnehmer*Innen aufgrund dieses Vorwurfs mit einer Anzeige belegt. In Zeiten, in denen tätliche Übergiffe auf (Unterkünfte von) Asylbewerber*Innen und Migrant*Innen zum sächsischen Alltag geworden sind und die Cops nicht willens und in der Lage sind, Menschen zu schützen, ist das ein bezeichnendes Abbild der sächsischen Zustände. Schön anzusehen war, dass sich die Teinehmer*Innen von diesen Repressalien nicht abschrecken ließen und lautstark durch Plauens Straßen bis zum Kundgebungsort der Nazis zogen. Auf den Zwischenkundgebungen wurden Redebeiträge verlesen, die sich mit der rechtspopulistischen Debatte um die Vorfälle in Köln in der Silvesternacht auseinandersetzen und allen Opfern sexualisierter Gewalt vollste Solidarität aussprachen, auf das rassistische Mobilisierungspotential im Vogtland eingingen und die Wichtigkeit antifaschistischer, widerständiger Strukturen im provinziellen Hinterland betonten. Am Rande der Demonstration wurden auch Flyer an Passant*Innen und Anwohner*Innen verteilt, die über Organisationsstruktur, Inhalte und Ziele der Neonazipartei "III. Weg" aufklären sollten.
Auf der Nazikundgebung befanden sich an dem Tag gerade mal 40 Menschen, die zu Goebbels-ähnlichen Reden aus Rico Döhlers Privat-Lauti verloren im Schnee herumstanden - was bei fast einem Monat Mobilisierungszeit lächerlich erscheint. Weiterhin bestätigt das die Tatsache, dass die Partei mit ihren Positionen bei breiten Teilen der Plauner Bevölkerung (noch) keine Anknüpfungspunkte finden kann und das weiterhin dem rechtspopulistischen BürgerInnenbündnis "Wir sind Deutschland" überlassen muss. Dieses rückt inzwischen ebenfalls immer deutlicher nach rechts und wird vermutlich in absehbarer Zeit keinen großen inhaltlichen Unterschied zum "III. Weg" ausmachen.
Wir werden auch weitere Versuche des III. Wegs, in der Stadt Fuß zu fassen, kritisch begleiten.
Es gibt kein ruhiges Hinterland!
AGV(antifaschistische Gruppen der Vogtlands)
Logik der Zahlen
Wenn 40 Nazis lächerlich sind, was sind dann 80 Antifaschisten? Halb so lächerlich?
Solche Zuschreibungen sind schon deshalb gefährlich, weil sie den falschen Eindruck erwecken, dass kleinere Gruppen von Nazis ungefährlich wären.
Die Nazis im Osten fahren offensichtlich eine Doppelstrategie - einerseits im breiten Bündnis mit den Wutbürger-Rassisten agieren, andererseits die bestehenden Szene- und Parteistrukturen festigen, um als militante Avantgarde bzw. politischer Kern der Rassistenbewegung zu fungieren.