Zum LZ-Beitrag „Revolution, Revolte? Randale“: Das Interview mit der Leipziger Polizei zum 12. Dezember

Erstveröffentlicht: 
09.01.2016

Eine "Weihnachtsfeier" in der Südvorstadt und die Folgen

Für Menschen mit radikalisierten Positionen war nach dem 12. Dezember 2015 alles klar. Die einen riefen „Sieg“ und feierten die massiven Steinattacken gegen die eingesetzte Polizei. Andere riefen Sieg und meinten den des Beweises, wer nun also schlimmer sei – die Linksextremisten demnach vor den Rechtsextremisten. Die meisten hatten gar nichts zu rufen und waren eher entsetzt über das Ausmaß der Gewalt auf der Karl-Liebknecht-Straße. Darunter auch die Leipziger Polizei.

 

Die Dimension der Angriffe auf die Polizeibeamten vor Ort war mit geschätzt 1.000 Angreifern derart groß, dass sich auch der Leipziger Stadtrat nach einer ersten Aussprache am 16. Dezember auch am 20. Januar 2016 nochmals in einer aktuellen Stunde mit den Vorgängen befassen wird. In ihrer aktuellen Ausgabe befasste sich auch die LEIPZIGER ZEITUNG ausführlich mit den Folgen der Randale, im Vorfeld fand auch ein reger Schriftwechsel mit der Polizeidirektion Leipzig statt. Geantwortet hat Andreas Loepki, Sprecher der Leipziger Polizei, Platz zur Publikation war eher hier im Netz als in der gedruckten LZ. Hier ein Versuch einer Einordnung der Gewalt vom 12. Dezember 2015 seitens der Beamten.

Herr Loepki, vorab möchte ich den verletzten Kollegen alles Gute und baldige Genesung wünschen, dies gebietet die außergewöhnliche Situation, welcher sich die Polizei am 12. Dezember 2015 gegenüber sah. Deshalb zum Einstieg, wie kam es im Einzelnen zu den Verletzungen der 69 Beamten am 12. Dezember 2015?

Dies kann ich Ihnen im Detail nicht sagen, da im Regelfall seitens der eingesetzten Hundertschaften nur die Anzahl der Verletzten und der Verletzungsgrad (leicht, schwer, weiter dienstfähig etc.) gemeldet wird. Allerdings sind die Gründe erfahrungsgemäß vielfältig – inkl. Verletzungen ohne Fremdeinwirkung. Angesichts der Ereignisse vom Samstag, 12. Dezember, wird die Mehrzahl aber sicherlich direkt (Bewurf, Schlagen …) oder indirekt (Verletzung bei Anwendung unmittelbaren Zwangs, Stolpern über Wurfgeschosse…) durch Dritte hervorgerufen worden sein.

Es war im Nachgang von 23 Gewahrsamnahmen die Rede. Wie viele dieser Personen befinden sich noch im Gewahrsam?

Alle Gewahrsamnahmen wurden nach dem Wegfall der Gewahrsamsgründe beendet. Es befindet sich keine Person mehr in Gewahrsam.

Warum wurden mutmaßliche Mittäter wieder entlassen und nicht in Haft genommen?

Weil es keine Gründe für eine Haft gab.

Was weiß die PD Leipzig über die Zusammensetzung, also der Herkunft der linksextremen Gewalttäter? Sind alle Angreifer in Leipzig zu verorten oder gibt es Erkenntnisse über angereiste Linksextremisten?

Die objektive Klärung ist Bestandteil der Ermittlungstätigkeit, aber aufgrund der Mobilisierungsaufrufe und nachträglicher „Freudebekundungen“ (indymedia) ist klar zu vermuten, dass ein erheblicher Teil der Täter nicht aus Leipzig stammte.

Warum wurde laut Ihren Erkenntnissen ausgerechnet der Jenaer Pfarrer Lothar König erneut in Gewahrsam genommen? Und was führte zur Entscheidung, den Wagen („Lauti“) während des Einsatzes polizeilich vorübergehend stillzulegen?

Welche strafprozessualen Vorwürfe im Raum stehen, dürfte bekannt sein. Die gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen verfolgten den Zweck, die Fortsetzung von Straftaten zu unterbinden.

Wie viele Beamte waren (es kreisen Zahlen zwischen 1.600 bis über 2.000) am 12. Dezember mit Bezug auf die Ausschreitungen und Demonstrationen im Einsatz?

Die PD Leipzig hat keine konkreten Zahlen genannt, jedoch trifft die Zahl von gerundet 1.600 zu, welche nach meinem Wissen seitens des SMI veröffentlicht wurde.

Wie viele Beamte hat die PD Leipzig für den 12. Dezember angefordert gehabt? Wurden die Anforderungen erfüllt?

Einzelne Maßnahmen der Einsatzvorbereitung können regelmäßig aus einsatztaktischen Gesichtspunkten nicht erläutert werden. Dies betrifft insbesondere die Kräfteanforderung.

Lagen Warnungen von Staatsschutz oder/und Verfassungsschutz für den 12. Dezember 2015 vor?

Die PD Leipzig hat im Vorfeld aufgrund ihrer Gefahrenprognose auf drohende Gewalttätigkeiten hingewiesen. Die Gefahrenprognose fußte auf einer entsprechenden Informationslage, z. B. Ankündigungen der beiden extremen Lager, die jedermann zugänglich waren, auch dem LfV oder dem Staatsschutz.

Welches Bild ergab sich aus diesen Hinweisen vorab?

Es war mit Gewalttätigkeiten zu rechnen.

Hätte man mit einer größeren Zahl von Einsatzbeamten die Krawalle und den Eigenschutz der Beamten wirksamer unterbinden und deeskalieren können? Wenn ja, wie hoch müsste die Anzahl der Beamten sein? Wenn nein – ist dann ein solcher Gewaltexzess letztlich nicht verhinderbar?

Mit einem Mehr an Kräften hätte die Polizei lediglich einen größeren Bereich sichern können. An dessen Rändern wäre es mit Sicherheit zu gleichen/ähnlichen Angriffen durch linksradikale Kriminelle gekommen. Deren Ziel bestand klar darin, Gewalt auszuüben. Dieses selbstherrliche Imponiergehabe lässt sich mit mehr Polizei nur an andere Orte verdrängen, aber kaum/nicht verhindern. Im Übrigen hatte der Personenkreis zu keinem Zeitpunkt den Willen, sich für Deeskalation offen zu zeigen.

Durch die Anreise vieler Demonstranten am Vorabend des 12. Dezember gab es Vorabschätzungen, wie viele Gewaltbereite sich am 12. selbst in der Stadt aufhalten würden?

Ja.

Zum  Einsatz des Tränengases: Wie viele Kartuschen wurden in etwa während des Einsatzes verbraucht?

Keine Angaben möglich, da nicht jeder einzelne Abschuss statistisch erfasst wird.

Was hat der behauptete Einsatz der sogenannten IMSI-Catcher erbracht?

Die Frage kann ja nur lauten, ob der Einsatz bestätigt oder dementiert wird. Er wird dementiert.

Wie sehen die kommenden Schritte der PD Leipzig in der Strafverfolgung aus?

Wir werden im Benehmen mit der Staatsanwaltschaft Leipzig gemäß § 163 StPO handeln.

Im Nachgang kam auch aus Polizeikreisen und seitens vor Ort eingesetzter Beamter der Vorwurf auf, es seien nicht genügend sogenannte Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE) vor Ort gewesen. Auch der rechtlich mögliche Einsatz von Sondereinsatzkommandos (SEK) habe nicht stattgefunden …

Eine BFE ist natürlich noch geschulter bei der beweissicheren Ergreifung und Festnahme als es sonstige Kräfte geschlossener Einheiten sind. Aber auch diese Beamten müssen auf Eigensicherung achten und sind nicht unverwundbar. Die vor Ort anwesenden BFE-Beamten waren auch nicht in der Lage, die Distanzen zu den Angreifern so schnell zu überbrücken, um mehr Zugriffe durchzuführen – insbesondere im Hagel der Wurfgeschosse.

Zudem musste über einen längeren Zeitabschnitt die Lagebereinigung/-eindämmung und nicht die Strafverfolgung im Vordergrund stehen – für alle Einsatzkräfte.

Ungeachtet der Umstände, ob Zugriffe objektiv möglich gewesen wären, hätten sich solche auch zweischneidig erwiesen. Jeder Zugriff bindet Polizeikräfte (Festnahme, Protokollarbeit, Fotodokumentation etc.), die dann für andere Maßnahmen fehlen. Angesichts der großen Gruppe linksautonomer Gewalttäter und deren Agieren war es zu bevorzugen, möglichst viele Kräfte mobil und vor Ort zu halten.

Also waren genügend Einsatzkräfte am 12. Dezember 2015 vor Ort?

Unter dem Hinweis, dass Bereitstellung und Verfügbarkeit zwei Paar Schuhe sind, lasse ich mich nur insoweit ein, als dass die PD Leipzig den Einsatz ursprünglich mit einem höheren Kräfteaufgebot konzipiert hatte.

Gleichwohl wurde im Vorfeld eingeschätzt, die Versammlungslage auch mit den verfügbaren Kräften durchführen zu können. Unter Beachtung meiner Ausführungen zur (Nicht-) Wirkung einer größeren Personalressource – immer in Bezug auf den Gewaltwillen der linksradikalen Kriminellen – hatte ich mich bereits geäußert.

Zu Gründen des (Nicht-) Einsatzes des SEK könnte ich nur Angaben machen, wenn ich zugleich einsatztaktische Gesichtspunkte darlege, weshalb hierzu eben keine Ausführungen erfolgen können.

Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Vorgängen und Folgen des 12. Dezembers 2015 findet sich in der aktuellen Ausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG, seit Freitag, 8. Januar 2016 überall in Leipzig, wo es Zeitungen gibt.

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