Amtsgericht Emmendingen – Experte: Bombe der Rechtsradikalen war lebensgefährlich

Erstveröffentlicht: 
16.10.2015

Rechtsradikale Bombenbastler sollen einen Anschlag auf ein antifaschistisches Sommerlager für Jugendliche geplant haben. Vor Gericht wird nun die Gefährlichkeit des Projekts deutlich.

 

War der Bombenangriff mit einem Modellflugzeug auf ein antifaschistisches Jugendlager nur eine Schnapsidee, der die Staatsanwaltschaft aufgesessen und die die Medien aufgebauscht haben? So jedenfalls stellen es die drei Angeklagten dar, die sich seit Donnerstag vor dem Emmendinger Schöffengericht für diesen angeblichen Plan verantworten müssen.


Daneben wird ihnen, unterschiedlich zugeordnet, die Herstellung, der Besitz von illegalen Sprengkörpern und zuletzt Körperverletzung mit einem solchen Sprengsatz vorgeworfen.

Sprengversuche eingeräumt


Wer am Donnerstag ins Amtsgericht wollte, musste eine Schleuse passieren und metallene Gegenstände abgeben. Der Sicherheitsaufwand war groß, ebenso wie das Medieninteresse, denn der Fall, über den Richter Günter Schmalen und zwei Schöffinnen verhandeln, birgt Sprengkraft. Nicht zuletzt, weil die Sprengkörper, die ein 44-jähriger Kreisbewohner bastelte, eine tödliche Wirkung besaßen. Zumindest für die Fische, die bei mehreren − von den Angeklagten eingeräumten − Sprengversuchen verendeten.

Wie gefährlich die Sprengsätze für Menschen waren, verdeutlichte der Gutachter des Landeskriminalamts und bestätigte, was Staatsanwalt Florian Rink aus der Klageschrift zitierte. "In einem Abstand von bis zu fünf Metern sei, bei Treffern im ungeschützten Hals- und Kopfbereich, durchaus mit lebensgefährlichen bis tödliche Folgen zu rechnen."

Rohrbombe mit Metallkette


Während der Angeklagte sich als Freizeitsprenger darstellte und von einem "Blendsatz" sprach, ging der Fachmann von einer Rohrbombe aus. Insbesondere, weil diese nicht nur aus einer großen Menge explosiven Gemischs aus Kalium-chlorid bestand, sondern auch noch mit einer Metallkette bestückt war.

Ohne diese Kugelkette, wie sie beispielsweise zur Fixierung von Waschbeckenstöpseln bekannt ist, wäre es nur ein "riesiger Kracher" gewesen, sagte der Spezialist. Der hätte, bei der rund 130-fachen Menge eines üblichen Silvesterknallers, so schon für einen Feuerball und Schallwellen gesorgt, die Verbrennungen und Schäden am Ohr verursachen können.

Was sollte mit der Waffe passieren?


Lebensbedrohlich sei jedoch die Kette gewesen, die selbst bei bekleideten Körperpartien Verletzungen hätte hervorrufen können. Davon, dass diese "Kügelchen bei der Explosion verkohlen", wie es der Angeklagte sich vorgestellt hatte, könne bestimmt keine Rede sein.

Die verbotene Waffe jedenfalls war da, doch was sollte damit geschehen? Ein Angriff auf ein Jugendlager von Antifaschisten in Bayern? "Völliger Quatsch, reine Spinnerei eines besoffenen Abends", verweisen die Angeklagten diese Vermutung unisono ins Reich der Spekulation. Und der Bombenbauer, mit dessen Modellflugzeug das hätte geschehen sollen, schiebt nach. "Mit dem Flieger, den die Polizei beschlagnahmt hat und den sie immer noch hat, wäre das gar nicht möglich gewesen", behauptet er.

Und überhaupt, mit der rechten Szene habe und hatte er nie etwas zu tun. Die Mitangeklagten habe er zwar bei einem "Heldengedenken" kennengelernt, doch sei er nur dort gewesen, um zu schauen, was das sei. "Ich werde völlig falsch dargestellt", sagte er, wobei ihm Richter Schmalen entgegen hielt, dass die Anklage keinen Vorwurf dieser Art enthalte.

Kontakte zur rechten Szene haben auch zwei Anwälte


Dagegen lassen sich die beiden Mitangeklagten durchaus dem rechten Spektrum zuordnen. Auch wenn einer zur "aktuellen politischen Gesinnung nichts äußern will", und für den anderen sein Verteidiger Alexander Heinig erklärt, dass "er keinen Kontakt mehr zur rechtsradikalen Szene hat".

Er sollte es wissen, in seiner Vita steht, wie auch bei seinem Kollegen Steffen Hammer, die Mitgliedschaft in rechts orientierten Rockbands. Dass er rechts war, sogar rechtsaktiv und bei einer Demo in Dortmund einen kleinen Sprengsatz geworfen hat, mit dem fünf Menschen verletzt wurden, räumt der Angeklagte ein. Jedoch Bomben werfen? Das sei "alles nur Rumgerede".

Als solches sollen auch die eingestreuten Smileys im Chat gelten, die protokolliert sind. Dort ist von "Zeltlager aufmischen" die Rede, von "Vorsicht, mit den Orangenen" − gemeint sind wohl Zündschnüre − und nicht zuletzt davon, dass "es schon die Richtigen treffen wird". Eine Bewertung wird in der kommenden Sitzung am Mittwoch, 21. Oktober, mit den Plädoyers erfolgen.

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