Erklärung von Diktyo zu Griechenland

oxi

Das linksradikale, griechische Netzwerk für Politische und Soziale Rechte Diktyo hat zum Austeritätspogramm für Griechenland am 12.7. eine Erklärung unter dem Titel "NEIN zum neuen Memorandum, NEIN im Namen der Linken" veröffentlicht.

 

Diktyo, die in Deutschland eng mit der Interventionistischen Linken (iL) befreundet sind hatte sich in der Vergangenheit immer wieder mit der Syriza-Regierung Solidarisiert. Tassia Christodoulopoulou, Aktivistin, Anwältin und historisches Mitglied der Gruppe ist sogar Vize-Ministerin für Migration in der Regierung geworden. Dennoch greifen sie die Tsipras-Regierung massiv für ihr einknicken gegenüber den gläubigern an. Sie tun das nicht auf Basis der oberlehrerhaften Argumente derjenigen, die es eh schon immer besser gewusst haben, sondern mit den aktuellen Folgen der Politik vor Augen und als Teil der kämpfenden Bewegungen auf der Straße. Für die linke in Griechenland, aber auch darüber hinaus brechen mit der sich abzeichnenden Niederlage des Projekts SYRIZAs mit einer Regierungsübernahme den Fokus für eine gesamteuropäische Mobilisierung gegen die von Deutschland und der Troika verordneten Austerität zu setzten und diese so zu Fall zu bringen harte Zeiten an. Diese Niederlage ist auch unsere Niederlage, weil wir es nicht schaffen gegen den Gesellschaftlichen Mainstream zu einem Umschwung der Stimmung in Deutschland oder Zumindest eine Auseinandersetzung mit der grausamen Realität der Austeritätsmaßnahmen  beigetragen zu haben. Umso wichtiger ist es in unserer Solidarität untereinander und insbesondere mit den linken in Griechenland nicht nachzulassen.


NEIN zum neuen Memorandum, NEIN im Namen der Linken



Das überwältigende Ergebnis der Volksabstimmung vom 5. Juli  – insbesondere unter den Umständen, unter denen es stattfand – hat eine globale Botschaft der Würde, der Hoffnung und des Widerstands der Völker gegen den Neoliberalismus ausgesandt, eine Nachricht, die  von Lateinamerika bis nach Gaza, von der Ost-Ukraine bis nach Südafrika gehört wurde. Am Sonntagabend hat der Ministerpräsident, indem er den Rat der Parteichefs einberief , das klare klassenbestimmte Vorzeichen  des Volkswillens annulliert und voller Angst die Botschaft der Volksabstimmung mit "fehlender Ermächtigung, den Euro zu verlassen" übersetzt und sie gleichzeitig als "kräftiges Werkzeug für bessere Verhandlungen" bezeichnet. Aber schon in derselben Nacht erwies sich die harte Haltung der "Partner-Kreditgeber" alles andere als gewandelt, und die griechische Regierung erhielt zwei Tage später ein neues Ultimatum mit einer deutlich klareren Drohung fortgesetzter ökonomischer Strangulierung und völligen Liquiditätsentzugs in allernächster Zukunft .


Die Selbstblockade von SYRIZA in der falschen Strategie, die durch das Diptychon "Schluss mit der Austerität" und gleichzeitig "Verbleib im Euro" zum Ausdruck kommt, ist mittlerweile selbst für die glühendsten Anhänger der linken Logik des "einzigen Wegs Eurozone" überdeutlich erkennbar. Die Illusion, dass die "Partner-Kreditgeber" von der Richtigkeit von Argumenten und der Berechtigung der griechischen Positionen zu überzeugen wären und so die Austerität bei gleichzeitigem Verbleib des Lands in der Eurozone beendet werden könnte, ist eine politische Naivität der Führungsriege von SYRIZA, die sich gleichzeitig als außerordentlich gefährlich für die Gesellschaft herausgestellt hat. Mit dem schriftlichen Vorschlag für eine Vereinbarung an die "Partner-Kreditgeber"  erweist sich die Tsipras-Regierung als den historischen Umständen nicht gewachsen, während sie sich gleichzeitig deutlich – und zwar nach rechts – außerhalb des doppelten Mandats der Bevölkerung vom 25. Januar  und 5. Juli bewegt.


Wenn die regierende Linke nicht den politischen Mut zum Bruch hat – trotz des massiven Mandats der Bevölkerung, das in dem NEIN der Volksabstimmung enthalten ist –, sollte sie zumindest die politische Integrität haben, klar und auch öffentlich zu einzuräumen, dass ihre Strategie ausweglos war. Wenn sie nicht ihre tragischen politischen Fehler erkannt und zu dem politischen Entschluss gekommen ist, mit Konsequenz – und zwar schon ab gestern – in Richtung der Vorbereitung eines Plan B zu arbeiten  – zweifellos und unabhängig von jedweder Vereinbarung nach wie vor eine notwendige Angelegenheit –, sollte sie zumindest die politische Moral haben, in dieser von Widersprüchen geprägten Lage – in die sie aufgrund ihrer eigenen Illusionen geraten ist – "aufzugeben" und noch heute der griechischen Bevölkerung ein neues, hartes und gegen das Volk gerichtetes "linkes" Memorandum vorzuschlagen. Die erste Linksregierung des Landes hat weder das Recht – indem sie indirekt auch die gesamte Linke beschmutzt und gleichzeitig ihren moralischen Vorteil, den sie immer gegenüber den  an der Macht befindlichen bürgerlichen Parteien besaß, in Trümmern zurückläßt –, das Volk zu betrügen, wie es über Jahrzehnte ihre Vorgänger gemacht haben, noch unter dem Vorwand , "der beste Manager" dafür zu sein, harte neoliberale Politik zu praktizieren noch durch ihre Politik – sicher unbeabsichtigt; aber im Ergebnis macht das keinen Unterschied – die Resonanz für die gegen die Memoranden gerichtete rechtsextreme Rhetorik im Land und in der Folge den – historisch nachgewiesenen – gefährlichen Aufstieg des Faschismus zu stärken.


Wir verurteilen rundweg die griechische Regierung für ihren schändlichen Vorschlag gegenüber den "Partnern-Gläubigern"; wir rufen die Bevölkerung und die sozialen Bewegungen dazu auf, auf der Straße jegliche neue Memorandum-Vereinbarung zu verhindern.


NEIN zu den Memoranden, NEIN zur Fortsetzung der neoliberalen Politik,

und noch viel mehr NEIN in unserem Namen, NEIN im Namen der Linken!


 

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Dort leben allerdings verschiedene "Völker" und zudem auch noch nicht mal alle wählen dürfen, das, plus die Tatsache, daß nur 60% zur Referendums- und 63% zur Wahlverarschung im Januar kamen, damit kann man eindeutig festhalten, daß die Mehrheit euren asozialen Politikzirkus boykottiert, denn schon Agnoli wußte, daß Politik Scheisse ist, denn Politik ist nur eine Strategie der Herrschaft Widersprüche gegeneinander auszuspielen und zu kanalisieren, anstatt Widersprüche zur Explosion zu bringen, eben Antipolitik.

Wenn die regierende Linke nicht den politischen Mut zum Bruch hat – trotz des massiven Mandats der Bevölkerung, das in dem NEIN der Volksabstimmung enthalten ist –, sollte sie zumindest die politische Integrität haben, klar und auch öffentlich zu einzuräumen, dass ihre Strategie ausweglos war.

 

Naja aber ein weitaus größerer Teil der Bevölkerung will im Euro bleiben... Wenn beides gleichzeitig nicht geht was soll eine Regierung dann machen ? Neuwahlen jetzt würden quasi die sofortige Insolvenz nach sich ziehen....

 

 

 

KEIN ZURÜCKWEICHEN VOR DEN ERPRESSUNGEN DER "GLÄUBIGER"!

 

Die 62 % "Nein" im Referendum vom 5. Juli waren ein kategorisches "Nein" gegenüber dem Terror der EU und des IWF, ein entschlossenes "Nein" gegenüber der Schwarzen Front der systemtreuen Parteien und Massenmedien in Griechenland, ein klassenbestimmtes "Nein" gegenüber der Diktatur der Reichen und neuen Memoranden.

 

Dieses "Nein" stellt ein hervorragendes kämpferisches Vermächtnis dar, und keiner darf es für zum Scheitern verurteilte Verhandlungen herschenken oder versuchen, es zu einem "Ja" umzudeuten. Die Rechte und ihre Tentakel, vernichtend geschlagen und isoliert, versuchen mit unglaublicher Frechheit, Hand in Hand mit den reaktionären Kräften der EU und ihren medialen Lautsprechern, entweder die griechische Regierung zu einer unerträglichen Vereinbarung zu zerren oder sie zu zerschlagen.

 

Nichts ist einfach, weder für uns noch für sie. Der äußerste Mangel an Liquidität wirkt erstickend für die griechische Seite; andererseits verstärkt das "Nein" die zentripetalen Tendenzen und die Destabilisierung der Eurozone. Offenbar wählte nicht die Gesamtheit der "Nein"-Wähler den Austritt aus dem Euro; gleichwohl gibt es keinen Zweifel, daß der Großteil den "einzigen Weg Europa" infrage stellt, begreift, daß der Euro nur zusammen mit Memoranden geht und von der Regierung fordert, daß sie sie kämpferisch auftritt.

 

Die Dinge stehen auf des Messers Schneide. SYRIZA darf keine gegen die Bevölkerung gerichtete Übereinkunft akzeptieren, sondern muß im Gegenteil sofort Maßnahmen zur Kontrolle des Großkapitals, der Banken und der Massenmedien in die Wege leiten, außerdem zur Vorbereitung des Übergangs zu einer nationalen Währung, soweit diese für das Überleben des Volkes erforderlich ist.

 

"Der Krieg ist schlimm und wir müssen alles tun, um ihn zu vermeiden; wenn er aber unvermeidlich wird, müssen wir alles tun, um ihn zu gewinnen." (Sunzi, Die Kunst des Krieges)

 

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