[B] Der 1. Mai - neu erfinden?

Anarchie A

Der erste Mai ist nicht mehr, was er einmal war. Er hat nichts mehr mit politischem Kampf zu tun. Erreicht werden kann an diesem Tag nichts. Der Tag ist verkommen. Verkommen zu einem Tag, an dem Staat, Polizei und Revolutionäre um Prestige kämpfen. Sorgt der Staat für gute Party, die Polizei für eine durch und durch kontrollierbare Demonstration, so geht der Punkt an die Staatsmacht. Gibt es Randale, rote Fahnen, Autos brennen und Bullen haben schmerzen, so können die Organisatoren der „Revolutionären Mai Demo“ einen Punkt nachhause holen.

 

Die Arten sich mit Gewalt zu propagieren, sind nicht mehr erfolgsversprechend. Der Riot (Aufstand) – Charakter der 80er Jahre, der noch bis in die 2000 teilweise überleben konnte ist nicht mehr zu erreichen. Jede Art von Gewalt auf dieser Demo spiegelt nur weniges wieder. Dazu gehört jedoch mitunter: Krawalltourismus und Verzweiflung.

 

Die Menschen scheinen teilweise verblödet und abgestumpft, aber die linke Szene ist zu oft kein besseres Beispiel. Wenn es nicht gelingt für etwas zu kämpfen, das den Menschen in der Stadt hilft - womit sie sich identifizieren können - dann wird die Zustimmung für riesige Polizeieinsätze mit Unterwanderung und Dauerkontrolle zunehmen.

Wohingegen Gewalt gegen den Staat nicht mehr auf fruchtbaren Boden stößt. Damit spielen wir nicht nur konservativen Sicherheitsfanatikern (Henkel) in die Hände, denen ein Polizeistaat unter eigener Kontrolle grade recht wäre, sondern wir schaden allen Menschen, die für mehr Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen und zu guterletzt der gesamten linken Bewegung.

 

Dies soll keine Distanzierung von Militanz zur Selbstverteidigung sein. Der Text soll aber auch deutlich machen, dass es schlecht ist, über Gewaltvideos- und Szenen Jugendliche zu mobilisieren, statt mit Inhalt Aufmerksamkeit zu erregen. Sagen wir beispielsweise Leerstand zu Wohnraum, Nazis vertreiben- Flüchtlinge bleiben, oder kein Gott kein Staat kein Patriarchat, dürfen das nicht nur leere Worte bleiben, sondern müssen auch Folgen in unserem Handeln nach sich ziehen. Erst wenn wir es schaffen Häuser zu besetzen, Nazis aus der Stadt zu jagen, oder für Gleichberechtigung einzustehen, haben wir wieder Dinge für die es sich lohnt zu kämpfen. Dinge an die wir glauben und die uns Kraft geben. Eine Veränderung findet immer zunächst bei sich selbst statt, erst dann kann sie nach außen getragen werden. Statt also Dinge zu fordern, die nicht umgesetzt werden können, sollten wir Dinge umsetzen, die nicht forderbar sind!

 

Wir als Menschen, die nicht Teil von Nationen sein wollen, wir die propagieren dass wir Erdbewohner und keine Deutschen, Russen, Inder oder sonst etwas sind, wir sollten dann auch so handeln. Nicht die Politik für etwas anklagen, was sie nicht besser kann, weil sie gebunden ist. Nicht zu den Politikern sprechen, damit sie uns in den Rücken stechen können! Wir sollten nur mit denen sprechen, die diskutieren können.

Wenn wir weiter mit Parteien und anderen staatlichen Organisationen sprechen und uns über sie beschweren, wenn uns die Presse mal Aufmerksamkeit schenkt, damit wir auch mal die Opfer sind und nicht nur immer die gewaltbereiten Parzifisten, dann bleiben wir immer Teil ihres Systems.


In leere Häuser einziehen! Soziale Hilfe selbst organisieren!
Es gibt genug, wofür man ohne Gewalt kämpfen kann.

Erst es zu verteidigen bestimmt das Mittel zum Zweck!

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"Wir als Menschen, die nicht Teil von Nationen sein wollen, wir die propagieren dass wir Erdbewohner und keine Deutschen, Russen, Inder oder sonst etwas sind, wir sollten dann auch so handeln."

 

Du schreibst das, aber in deinem kompletten Text, steht dein "Wir" für Deutsche bzw. für Linke welche in Deutschland aktive sind!

woraus leitest du ab das er "wir" für deustche meint? weniger interpretieren wäre hilreich.

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weil ich dem taxt nur, bzw. hauptsächlich "deutsche" verhälntnisse herauslese!

Die radikale Linke in Berlin ist nicht mehr Existent, das ist das Fazit von gestern. Die Ursachen dafür sind vielfältig: vom einem übermächtigen Kapitalismus, der mittlerweile eine unüberschaubare und nahezu unlösbare Flut an Konfliktfeldern liefert, über die Intelligenz und Professionalisierung des Systems was den Umgang mit Kritik angeht (wenn z.B. diese selbst zum kommerziellen Produkt wird wie das Mai-Fest) bis hin zu linken Spaltungprozessen, allen voran die "Antideutschen" und deren Nachfolgeorganisationen, die Kritik und Angriffe auf die Akteure und Institutionen des System mit der Mär vom "abstrakten Kapitalismus" zu verhindern versuchen oder gar mit kruden Antisemitismusvorwürfen dagegen vorgehen und damit vor allem den jüngeren Nachwuchs ordentlich verwirren. Bezeichnend dafür ist beispielsweise, wenn die "Radikale Linke Berlin" ihr Mobi-Video mit pseudolinker Musik von Bands wie "Neonschwarz" unterlegt, ohne zu merken, dass sie damit längst den Soundtrack des Neoliberalismus spielen.
Nein, der 1. Mai gestern hat gezeigt, dass eine linksradikale Politik komplett neu gedacht und organisiert werden muss, jenseits von Mai-Fest & Traditionsfolklore a la 18 Uhr-Demo. Die Frage ist, ob es dazu in der Stadt überhaupt noch das Potenzial gibt, oder ob die gesellschaftlichen Verhältnisse mittlerweile derart sind, dass der Linksradikalismus eben einfach woanders stattfindet. Für mich ist klar: Nächstes Jahr lieber mit 2000 Leuten ein wirklich linksradikales & antikapitalitstisches Programmm an Stellen wo es wehtut und Relevanz hat, anstatt mit 20.000 Leuten durch den Szenekiez latschen!

dem ist nichts hinzuzufügen!!!!

jedes jahr auf's neue, wird beschwert und dann wieder beschwört. aber jede_r, die/der gestern genau beobachtet hat, hatte wahrscheinlich das gefühl, dass es nicht die richtige richtung ist, in den die radikale linke in berlin geht. der ansatz sollte nicht sein: jetzt machen wir mal staatlich begalubigten krawall am 1.mai in berlin und zeigen den menschen mal wie scheiße der kapitalismus ist, sondern eher wir emanzipieren uns (zumindest teilweise) von den gesellschaftlichen verhältnissen und regen andere zum mitmachen an. alles andere kann heutzutage mirnichts dirnichts vom totalen kapitalismus aufgesogen und mit dem vorzeichen des kapitals versehen werden.

genau das ist es der erste mai ist zum kommerz geworden.man der gemeine bürger asoziert immer krawalle damit.noch ein grund auf krawalle wenn möglich zu verzichten. ist dem staat keinen öffentlichen grund dafür zugeben noch mehr aufzurüsten.ich war einmal zum ersten mai in berlin das ist schon etliche jahre her!mir sieht so einiges auch aus als würde der staat gezielt gruppierungen missbrauchen um politische forderungen leichter umzusetzen.und das meine ich nicht im positiven sinne!

nur bist du leider keine "2000 Leute", sondern nur eine (1) Pappnase mit einem Computer.

also ich bin dabei, dann sind wir schonmal zu zweit. und ein paar weitere sollten sich sicherlich problemlos finden wenn ich mir die kommentare hier so durchlese.

immer das gleiche nach dem ersten mai! - alles was hier im text wie in den kommentaren die geschrieben wurden,und ich bin sicher in denen die noch kommen, wurde in den letzten jahren zum teil sehr richtiger weise formuliert und diskutiert.

 

das problem ist doch das ein schlüssiges neues konzept fehlt. und zwar eins das die leute und die szene auch interessiert und mitzieht.mensch kann noch soviel worthülsen füllen und von utopischen kampagnen,demos und freiräumen reden - wenn niemand eine struktur hinstellt oder organisiert die dann arbeitet und neue konzepte umsetzt ist das alles für die katz!

 

und der immer gleiche ausspruch "lieber mit 2000 guten als mit 20000 festbesuchern"...was sollen wir damit anfangen?das ist doch sonst schon meisstens so, das nur die ganz politisch überzeugten kommen,wenn man monatelang mobilisiert hat für weltbewegende themen.der erste mai ist nunmal ein tag geworden an dem man das tun kann, was die verhasste formel "von da abholen, wo sie stehen" bedeutet - unpolitischen leuten zeigen das es alternativen gibt.

 

lange rede,kurzer sinn:

nicht immer nur reden und die kritisieren die etwas tun(eventuell mit dne gleichen gedanken,aber aus einem linken pflichtbewusstsein heraus den tag bespielen zu müssen),sondern selber den arsch hoch kriegen - nicht auf indymedia sondern in der eigenen groß oder kleingruppe,im eigenen kiez oder der eigenen kleinstadt und die großen töne die mensch immer spuckt wenn es um die politischen ausrichtungen geht umsetzen in konstruktive kritik die entweder politische realitäten verändert oder wenigstens die akteure erreicht die handeln statt quatschen.

 

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Wer sich dennoch einen weiteren Videoeindruck von der 1.Mai Demo in Berlin machen möchte:

https://www.youtube.com/watch?v=6e4Bz6Q_FuM&feature=youtu.be

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bischen aktion gabs ja doch am ende, da fehlen dann aber die 20 000 um dies richtig umzusetzen :-)

bei minute 4 sieht man wie ein paar wenige cops einfach eine festnahme machen können ohne dabei gestört zu werden, obwohl mehrere dutzend umstehende leute eingreifen und das verhindern könnten. kurz vorher das selbe aus der demo heraus, unglaublich. so was passiert nur wenn die leute planlos, unorganisiert und nicht kampfbereit sind. mindestens deswegen ist die veranstaltung auch nicht mehr revolutionär sondern affirmativ. kritik mehr als berechtigt.

wie wärs denn mal damit die 18 Uhr Demo nicht direkt am Maifest starten zu lassen?! Aber nein das geht ja nicht, die Tradition von Wegen Lausitzer Platz muss ja erhalten bleiben *kotz*

Dann kann man an dem Tag, wie anderswo auch, Generalstreiks mobilisieren, z.b. im antifaschistischen Griechenland, dort hat man noch Tradition und weiß, daß der Feiertag von den Nazis eingeführt wurde, es galt als Widerstand dieses deutsche Joch nicht mit zu feiern; von den Nazis wurde auch der Lampenzwang für Fahrräder und Kutschen eingeführt, damit man mehr Autos verkaufen konnte.

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falsch, der tag kommt aus den usa bzw. australien und wurde in paris zum tag des klassenkampfes, alles im 18 Jahrhundert!

wahre Freunde verpixeln Fotos und Videos

wir brauchen gar nicht erst über konzepte etc zu labern, wenn wir es in unseren dörfern städten etc unsere gruppenarbeit nicht vernünftig hinbekommen und uns besser vernetzen. und dazu die linke- u. anarchoszene nicht so sehr als lifestyle gesehen würde. wenn das alles klappen würde, dann wäre der 1mai weniger wichtig.

Weit über 20.000 Menschen, die offensichtlich keinen Szene Hintergrund haben, gehen für die soziale Revolution auf die Straße und alle jammern anstatt sich zu freuen.

 

Angesprochene Defizite sind natürlich vorhanden, aber warum konzentrieren sich die vielen linken Aktivist*innen (ja, die gibt es in Berlin wirklich) nicht mal ein wenig darauf, ihre Erfahrungen weiter zu geben?

 

Ich freue mich trotz Alltagsrassismus, Gentrifizierung und Polizeiterror in einer Stadt zu leben, in der mehrere Zehntausend wissen, was sie vom Kapitalismus nichts halten und eine andere, freie Gesellschaft für möglich halten.

 

Neue Formen für den Protest finden? - Ja, gerne. Und vielleicht wird dann ja mal wieder Widerstand draus.

hier gehts einfach darum das man an den revolutionären absichten der 20tsd zweifelt. die demo ist einfach zu einem identitären event verkommen, eine touri-attraktion und so wird sie auch von außen wahrgenommen. vielleicht noch etwas politischer als das maifest aber auf dem besten weg dahin. da ist nichts mehr, was das system wirklich in frage stellt oder angreift. die demo ist quasi teil des systems, die kritik am kapitalismus als kapitalistisches produkt.

die frage ist, woran misst du revolutionäre absichten? anzahl zerboxter bullenfressen, anzahl brennender wannen, anzahl kaputter bankenscheiben und abgetretener seitenspiegel? je "krasser" desto mehr revo?

Also ich bin auch der Meinung, ein paar Mindeststandards sollten für eine Demo die sich revolutionär schimpft und gegen Kapitalismus ist schon gelten. Z.B. geht es garnicht, dass eine handvoll Cops irgendwelche Leute aus der Demo heraus ohne Gegenwehr rauszieht, genausowenig wie das Ablaufen einer angemeldeten Strecke. Zur der peinlichen Modenschau von Addidas-Nike-Carharrt hinterm Fronttranspi muss ich wohl kein Wort verlieren. Adorno & Dialektik hin oder her, das Auftreten sollte sich schon irgendwie mit den politischen Forderungen decken. Weiter gehts mit den Slogans und Parolen: Da gibt es fast nur noch irgendwelche szenekodierten Insiderrufe ohne jede Außenwirkung. Die Demo sollte klare Forderungen an die Herrschenden formulieren, genauso wie den Passanten klar gemacht werden muss, um was es konkret geht. Gerade akutell mit der Situation in Südeuropa (Krise, Flüchtlinge etc) und den politischen Spannungen die täglich durch die Medien geistern, könnte da einiges passieren. Und Fakt ist: Ohne brennende Autos und Krawall wird über die Demo weder in der Tagesschau und schon garnicht in den ausländischen Medien berichtet. Auch wenn 30.000 Leute mitlaufen bleibt sie damit eine belanglose Party, denn auf der Loveparade waren eine halbe Million.

Ihr nennt eine Touristendemo Revolutionäre 1. Mai Demo???? Ich lach mich schlapp. So einen jämmerlichen Kindergarten habe ich schon lange nicht mehr gesehen!!!!

der ansatz des artikels ist aus meiner sicht richtig. auch viele der kommentare scheinen sich darin einig zu sein, dass es so nicht weitergehen sollte. das heisst ja aber nicht, das linksradikale nicht mehr den ersten mai begehen sollten. stattdessen sollten wir die vorschläge und ansätze sortieren und zu neuen auswertungen kommen.
eine kritik ist doch, dass blosse randale ausser dem identitären sich selbst aufplustern vor allem negative nebenwirkungen hat; sei es die staatliche aufrüstung; sei es das bürgerlich-reflexhafte sich distanzieren, weil inhalte neben den medial so leicht auszuschlachtenden gewaltszenen keinen beachtung mehr finden können.

als vorschlag zu zeitgemässen ansätzen folgendes:
– da es sich um einen traditionstag handelt, der auf die anarchistischen opfer des Haymarket-protestes gegen staatsgewalt vor dem hintergrund der massenstreiks zur einführung des achtstundentags in den usa im jahr 1886 zurückgeht, wäre es angebracht, nein notwendig, diesen bezug deutlich zu machen. das geht bei mobi-veranstaltungen im vorfeld, aber auch direkt am 1. mai.
– wenn die aktuellen sozialen kämpfe vor ort eingebunden werden können, kann die thematische breite der abwehrkämpfe und die notwendigkeit einer kollektiven aneignung von freiräumen und der aufbau eigener strukturen sinnvoll einbezogen werden. ansätze dazu gibt es, doch sie sind leider marginal, weil die möglichkeiten der darstellung dieser zusammenhänge in der praxis von uns linksradikalen nicht genug umgesetzt werden.
der erste mai bietet genau diese chance, da aufmerksamkeit schon vorhanden ist und dafür genutzt werden kann.
– organisieren wir uns! ohne aktionsformen im vorfeld der aktivitäten miteinander abgestimmt zu haben, werden wir kein geschlossenes bild mit selbst bestimmten inhalten und schwerpunkten nach aussen abgeben können. heisst: die staats- und medienmacht hat leichtes spiel dabei, unsere inhalte zu unterdrücken und so massenhaften anschluss an unsere analyse und thesen zu verhindern. wenn ihnen das gelingt und wir das durch unorganisiertes handeln, sind wir selbst schuld. ansätze dem entgegen können in der organisierten vorbereitung, im aushandeln von aktionskonsensen (auch zur gewaltfrage) und in inhaltlicher schwerpunktsetzung liegen. die ursprünge des 1. mai, wie oben beschrieben, jähren sich nächstes jahr zum beispiel zum 130sten mal!

soweit. lasst uns anfangen!

Ein guter Kommentar zum Thema in der Zeit: http://www.zeit.de/freitext/2015/05/04/kreuzberg-berlin-erster-mai/

Leute,

was haltet ihr davon, als eine Konsequenz aus der Entpolitisierung und dem Ballermann-Irrsinn des 1. Mai in Kreuzberg sich dafür einzusetzen, das My-Fest abzuschaffen. Das ist ja bekanntlich deswegen eingeführt worden, um die Randale am 1. Mai in Kreuzberg einzudämmen, mit Senat, Bullerei und Leuten aus Kreuzberg selber. Nicht, dass ich der Randale hinterhertrauere. Aber es wird jetzt Zeit, sich gegen diese verordnete Verblödung und die Abtreibung von jedem Inhalt zur Wehr zu setzen. Damit kann man die Widersprüche - zumindest im besten Fall - in Bewegung bringen. Wie das im Einzelnen aussehen kann, weiß ich nicht, aber sicher ist, dass es beim Widerstand gegen das neoliberale Umkrempeln von Kreuzberg auch darum geht, nicht der Abfeier- und Partybezirk von Berlin zu sein, in dem es für die BewohnerInnen immer weniger zu lachen gibt.