Rechtsextreme Wolpertshausenerin zu Polizistenmord befragt

Erstveröffentlicht: 
03.12.2014

34 Jahre alt, Friseurmeisterin und rechtsextrem: Eine Wolpertshausenerin wurde vom LKA zum Heilbronner Polizistenmord befragt. Ermittler schließen nicht aus, dass sie das mutmaßliche NSU-Trio kannte. SVEN ULLENBRUCH/THUMILAN SELVAKUMARAN

 

Die eine trägt ein weiß gepunktetes Kleid, die andere ein grünes. Jürgen Silberzahn lächelt verlegen. Zwischen den beiden schwarzhaarigen Schwestern scheint sich der Wolpertshausener Bürgermeister wohlzufühlen. Persönlich überreichte er Blumensträuße zum Zehnjährigen des Friseursalons. Das Bild ist im Gemeindeblatt, außerdem auf der Facebookseite des Salons zu sehen. Eigentlich eine nette Geste des Schultes - wäre da nicht der politische Hintergrund: Die Ältere der zwei ist eine bundesweit agierende Rechtsextremistin.

Die Frau hatte 2009 bei der Bundestagswahl für die NPD kandidiert, ebenfalls bei der Landtagswahl 2011. Aus einem Schriftverkehr des Landeskriminalamts (LKA) an das entsprechende Bundesamt (BKA) wird deutlich, dass die in Roschinskoje (Kasachstan) geborene 34-Jährige stark in der Skinheadszene im Osten vernetzt ist. Es bestanden enge Kontakte zu Alexander Neidlein, NPD-Landesvorsitzender, der sich durch militante Aktionen einen Namen gemacht hat.

Der Mann der Friseurin ist ebenfalls in der Szene aktiv, unter anderem als Musiker. 2009 ermittelte das LKA Sachsen gegen ihn wegen Unterstützung der verbotenen Neonazi-Organisation "Blood and Honour". Bei der Landtagswahl 2006 war er NPD-Ersatzkandidat für Lars Käppler (Wahlkreis Hall).

Brisant wird die Rolle der Friseurin durch Aussagen der ehemaligen V-Frau "Krokus". Sie stellt eine Verbindung zwischen ihr und dem Polizistenmord in Heilbronn (2007) her. Damals starb Michèle Kiesewetter. Die Tat wird dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugeschrieben. Die Hintergründe sind bis heute nicht aufgeklärt. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass nur Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als Täter infrage kommen. Daran haben unter anderem Clemens Binninger (CDU) und Eva Högl (SPD), Mitglieder im einstigen Berliner NSU-Untersuchungsausschuss, Zweifel. Sie vermuten Helfer aus der Region.

Kurz nach dem Mord war "Krokus" im Salon der Friseurin, auf die sie vom Verfassungsschutz angesetzt worden war. Als Kundin war damals Lilli S. zugegen, eine Krankenschwester - just aus jener Klinik, in der der verletzte Polizist Martin A. behandelt wurde. Im Gespräch der beiden sei es darum gegangen, ob sich A. an die Tat erinnern könne - und ob von den Rechtsextremisten "noch etwas zu tun sei".

Dies will "Krokus" ihrem Quellenführer gemeldet haben. Er habe sie aufgefordert, sich herauszuhalten. Sollte das stimmen, hatte die Behörde vier Jahre vor Auffliegen des NSU Hinweise auf rechtsextreme Hintergründe zum Mord. Der Beamte bestritt dies vor dem NSU-Ausschuss. "Krokus" wurde nicht befragt.

"Bewusst habe ich sie nie gesehen"

Allerdings bekam die Friseurin am 17. Dezember 2012 Besuch vom LKA, wie ein Vernehmungsprotokoll belegt. Das Gespräch mit der Krankenschwester habe stattgefunden, sagte sie aus. Sie seien nur zufällig auf den Polizisten zu sprechen gekommen. Die Friseurmeisterin wurde von den Ermittlern gefragt, ob sie Zschäpe, Mundlos oder Böhnhardt persönlich gekannt hat. "Bewusst habe ich sie nie gesehen. Vielleicht vor zehn bis 15 Jahren mal unbewusst, aber nicht in Zusammenhang mit dem NSU, wenn es den überhaupt gibt", sagte sie. Kiesewetter habe sie nie gekannt. "Ich habe nur mit einigen Polizeibeamten aus Hall im Rahmen meiner Nazi-Karriere zu tun gehabt, das war aber das Übliche."

 

Als Kiesewetter starb, war die Friseurin selbst in Heilbronn. "Ich war (. . .) von 8 bis 14 Uhr in der Meisterschule" - gegenüber der Harmonie, in der Nähe des Tatorts Theresienwiese. Das LKA vermerkte: "Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie einen oder mehrere Angehörige des Trios kennenlernte."

 

Über das politische Engagement der 34-Jährigen ist Bürgermeister Silberzahn informiert. Er beschreibt die Familie gestern auf Nachfrage als "freundlich und engagiert". Sie beteilige sich im Ort und böte bei Festen Kinderschminken an. "Ich fühle mich für alle Bürger der Gemeinde verantwortlich und will auch bei Jubiläen keine Unterschiede machen. Vorausgesetzt, sie bewegen sich im freiheitlich-demokratischen Raum." Ihm wäre aber lieber, wenn sie "in der ÖDP aktiv wäre. Die NPD ist nicht meine Partei". Aber letztlich sei die "NPD noch nicht verboten".

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Bei der Nazi-Friseurin handelt es sich um Nelly Rühle.