Bildungsstreik: Vom Widerstand zur Reform und wieder zurück?

Audimax der Uni Freiburg am 16.11.2009

Um gegen die Missstände in der Bildungspolitik zu protestieren, besetzen, streiken und demonstrieren diesen Herbst hunderttausende SchülerInnen und Studierende. Nachdem der Protest in Wien («Die antikapitalistische Revolution liegt in der Luft») seinen Anfang nahm, schwappt die Welle im Laufe des Novembers – wenn auch gemächlicher – auf Deutschland und die Schweiz über.

 

http://www.unsereuni.at | http://www.unsereuni.ch | http://www.unsereuni.de | http://www.bildungsstreik.net | at.indy | de.indy | de.indy

 

Ankündigungen:

 

Hörsaal-Besetzungen:

  • Hörsaal 14 der Uni Heidelberg am 03.11.09 besetzt
  • Kupferbau der Uni Tübingen am 05.11.09 besetzt
  • Karo 5 der TU Darmstadt am 05.11.09 besetzt
  • Atrium Maximum der Uni Mainz am 10.11.09 besetzt
  • Aula der Uni Basel am 11.11.09 besetzt und am 18.11.09 wieder freigegeben
  • Kupferbau der Uni Tübingen am 16.11.09 nach der Räumung vom 12.11.09 erneut besetzt
  • Tiefenhörsaal der Uni Stuttgart am 16.11.09 besetzt
  • Audimax der Uni Freiburg am 16.11.09 besetzt
  • Audimax des naturwissenschaftlichen Zentrums Weingarten am 16.11.09 besetzt
  • Gelber Hörsaal der TU Kaiserslautern am 17.11.09 besetzt
  • Haus E der Uni Gießen am 16.11.09 besetzt
  • Im weiteren Verlauf der Woche wurden neun weitere Gebäude in Gießen besetzt
  • Hörsäle Daimler und Benz der Uni Karlsuhe am 17.11.09 besetzt
  • Präsidium der Hochschule Darmstadt am 19.11.09 warnbesetzt
  • Aula der Carl von Ossietzky Schule in Wiesbaden am 23.11.09 besetzt und am selben Tag duch die Cops geräumt
  • Hörsaal der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg/ Außenstelle Reutlingen am 23.11.09 besetzt
  • Aula der PH Ludwigsbug am 25.11.09 besetzt
  • H4 der Hochschule Esslingen am 26.11.09 besetzt
  • Nach fast vier Wochen ziehen die Heidelberger BesetzerInnen aus dem Raum 14 in den Raum 18
  • Aula der PH Freiburg am 30.11.09 besetzt
  • Schloß der TU Darmstadt am 30.11.09 besetzt
  • Casino der Uni Frankfurt am 01.12.09 besetzt und am 02.12.09 brutal geräumt

 

Bildungssprint

 

Demos:

Aktionen

 

Kritisch, zynisch, verschrobene Berichterstattung:


Zur Kritik am Bildungsstreik

Bildet euch! Bildet andere! Bildet Ketten!

 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Findet endlich die Zange! (:

 

Guter Übersichtsartikel. Danke.

Sehr zutreffend ist die Beobachtung, dass der Protest sich langsam aber sicher gemäßigt hat. Das liegt sicherlich auch an der mangelnden Involvierung linksradikaler Zusammenhänge, die an Europas Unis nördlich der Alpen scheinbar kaum noch bestehen. Gut ist, dass durch die Auseinandersetzen mit Protestformen und  gesellschaftlichen Feldern wie Bildungsmisere, die das Thema soziale Gerechtigkeit und Staatskritik tangieren sollten, junge Leute politisiert werden. Ob dies, in Zeiten des schnellen Lebens um BA und MA und Shivas Schwengel langfristig Früchte trägt, bleibt abzuwarten. Dennoch besteht vorerst die Gefahr einer entpolitisierung von Protestformen. Damals (als alles besser war) hätten wir solche Besetzungen "sit in" genannt. Einen agitatorischen Schnellkochtopf für konfrontativen Spass. Aber zurück zum schönen...

Hervorragend ist auch die internationale Vernetzung, wenn sie auch voller Blindheit gegenüber Datenschutz und Antirepression daher kommt. Doch wo Repression droht und fruchtet, entstehen auch immer Strukturen, die die Entwicklungen im Blick behalten. Behalten müssen. Es bedarf vieler solcher Aktionen, doch zum Widerstand wird vorerst nicht zurückgekehrt. Vielmehr wird gesäht was in Jahren prachtvoll in die Blüte schiessen kann.

Weder der Kapitalismus noch Überwachung und Kontrolle dürfen das Feld der Bildung beeinflussen. Doch dies vermittelt noch kein Protest um die Gelderverteilung im Bologna-Prozess, für die Abschaffung der (kurzzeit-) Studiengebühren an deutschen Hochschulen oder für die Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft in Bayern. Diese Probleme müssen grenzenlos in den wirtschaftlich/sozialen Gesamtkontext eingebettet und radikal mit den Betroffenen diskutiert und ausgefochten werden. Widerstand muss von unten kommen. Dafür ist ein Forum wie ein besetzter Hörsaal ein guter Schritt. Es kommt drauf an was man draus macht. See you on the barricades :)

Bei der Auflistung wurden einige besetzte Unis sowie Schulen vergessen, unter anderem München, wo das deutschlandweite seinen Anfang nahm (http://www.unsereunibrennt.de/).

 

Ein großes Problem dieses Bildungsstreik ist, dass sich die Radikale Linke nicht in der Lage befindet, sich einzubringen und den Protest in eine gute Richtung zu weisen. Dies liegt zum Großteil daran, dass die Auseinandersetzung mit Gemäßigten oder sogar Reaktionären, wie sie bei diesem "Es geht nur um kleine Bildungsreformen"-Topic zuhauf auftreten, gescheut wird, zum Anderen auch an der Angst der eben genannten vor einem radikaleren Protest bzw. Forderungen, weil dies komplettes Neuland ist, und es sie die bürgerlichen Gedanken in ihren Köpfen eingeimpft bekommen haben. Ein Aufruf also an die Linksradikalen: Beteiligt euch, bringt euch ein, steckt viel Arbeit hinein, hier kann viel erreicht werden! Auch auf konkreten Aktionen wie Demos kann ein ziviler Ungehorsam angewandt werden, Stürmungen von Autobahnen, Landtägen usw., dass werden sogar Jusos mitmachen, wenn nur genug voran laufen!

In Freiburg ist die Situation eine etwas andere.

Das Plenum im besetzten Audimax beschloss vor einigen Tagen, dass "linke" bzw. "linksradikale" Inhalte nichts bei der Besetzung zu suchen hätten. Einige Linksradikale Menschen haben Hausverbot (!!!) für das besetzte Audimax bekommen, ein Security-Dienst wird von Anfang an eingesetzt. Teilweise kommt mensch nur noch mit Studiausweis ins Audimax.

 

Und was zivilen Ungehorsam angeht: Die Freiburger Bildungsdemo am 17.11. war ähnlich straff organisiert wie ein Naziaufmarsch. der NPD Sobald irgendetwas passierte, was "radikal" erschien (Sprint, Parolen wie "One solution: revolution" etc), stellten sich die autoritätsgeilen OrdnerInnen von SDS und U-Asta in den Weg, glichen die Parolen mit Megaphonen an usw. Also nix mit "da werden sogar die Jusos mitmachen".

Kein Wunder, dass beim Bildungsstreik kaum linksradikele (bis auf ein paar arschkriechende, autoritäre Kommis) mitmachen wollen / können.

 

 

offensichtlich hast du keine / kaum Ahnung,

 

es stimmt zwar das eine Linksradikale Strömung innerhalb des Protestes im Moment kaum zum Zuge kommt,

diese sind aber da ,, und gerade in diesem Moment werden Strategien zur Radikalisierung und zum weiteren Protest beraten.

 

Traditionell Linke sind da weniger dabei ... aber sie sind sicher da.

 

Deine Beschreibungen, eher Übertreibungen zur Türoffensive, Hausverbot etc. sind einfach nur Humbug und zeigen das du lange nicht mehr hier warst und eher aus deinem Kämmerlien heraus eine Geschichte, einen Zustand kritisierst der so nicht vorzufinden ist und so einfach nur eine Falschdarstellung ist.

 

Es gab mal Sicherheitsdienst, der wurde aber schnell Zurück beordert und hat sich das ganze betreffende Wochenende dann nur noch sitzend in der Ecke gelangweilt.

Es gab ganz ganz Kurz Kontrollen, die wurden aber wieder abgeschafft - jeder hat Zugang.

Es gibt immer wieder Reden für Radikalisierung des Protestes .. das Plenum ist da nur weniger der geeignete Ort.

Ordner sind motivierte junge Menschen die aus dem Bildungsbürgertum kommen und seltsam verschrobene Vorstellungen haben, teilweise kennen sie aber auch einfach nur den "strategischen" Background . der Aktionen (oder nicht Aktionen)

 

Mein Vorschlag, komm vorbei und Überzeug dich mal was wirklich geht

wenn das so ist, wie du beschreibst, dann liegt das wohl daran dass sich die linksradikalen im vorfeld nicht durchsetzen konnten bzw. von anfang an zahlenmäßig unterlegen waren. wenn von anfang an die inhalte mitbestimmt werden, von anfang an linksradikel sich in diesen protest involvieren und tragende aufgaben übernehmen, dann passiert sowas nicht. die meisten der studentInnen, die dann zum audimax plenum kommen und nicht aktiv mitarbeiten kann mensch leicht auf die richtige seite ziehen, wenn man nur argumentativ gut ist und masse stellt.

In Tübingen wird mit linksradikalen Inhalten zugunsten des Pragmatismus auch zurückgehalten. Immerhin gibt es aber mit der Libertären Plattform eine Gruppe/Ak, der sich mit den politischen Hintergrund fragen linker Provenienz beschäftigt. Gleichwohl ist die Skepsis droß, sämtliche linksradikale Inhalte in den Protest zu integrieren. Die ohnehin schon überlangen Plena noch mit grundsätzlicher (und berechtigter) Kritik an Tierrecht, Gentrifizierung usw. zu füllen, würde ein sicheres Auslaufen des Protests in die Unendlichkeit folgen.

 

Im Übrigen fand in Tübingen am 17.11 auch eine unangemeldete Demo statt, in dessen Zug wichtige Straßen Tübingens sowie das Rathaus kurzfristig besetzt wurden.