BO: Antifaschistisch gegen den Einzug der NPD in das Stadtparlament

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Heute, am 06.11.2009 demonstrierten 150 AntifaschistInnen vom Hauptbahnhof zum Bochumer Rathaus. Aufgerufen hatte die Antifaschistische Jugend Bochum - AJB. Hinter dem Fronttransparent „Ihr habt Ihnen Rosen auf den Weg gestreut...“ ging es eine Stunde durch die Bochumer Innenstadt. Viele PassantInnen aller Altersgruppen schlossen sich an und die Demonstration hatte einen bunten Charakter.

 

Auf dem Husemannplatz gab es eine Zwischenkundgebung, wo der erste Teil des Flugblattes verlesen wurde, was wir unten anhängen. Viele BürgerInnen blieben stehen und hörten interessiert zu. Auf die Nachricht, dass ein Nazi im Bochumer Stadtrat ein Mandat errungen hat, reagierten die meisten erstaunt und auch erschrocken. Nach der Zwischenkundgebung setzte sich die Demonstration Richtung Rathaus fort. Hier wurde der Rest des Flugblatts über den rechtsoffenen Flügel der Bochumer CDU verlesen. Sowie die Forderungen an den Stadtrat verlautbart. Das anhängende Flugblatt wurde in einer Auflagenhöhe von 1500 Exemplare verteilt.

 

Die Demonstration wurde von einem, zu diesem Anlass erstaunlich grossen Polizeiaufgebot begleitet. Allein eine Vertreterin des Ordnungsamt fiel unangenehm auf, weil sie eine Sondergenehmigung für das „Parken“ des Lautsprecherwagens in der Fußgängerzone einforderte. Selbst die Polizei konnte sich ein Schmunzeln über dies absurde Verhalten nicht verkneifen. Im Rathaus verweigerte die Polizei den Zugang zur Besucherempore während der Ratssitzung.und verwies auf einen separaten Raum mit Videoübertragung. Zudem mussten sich die Zuschauer einer Taschen- und Personalienkontrolle unterziehen lassen.

 

Wir freuen uns über die große Teilnahme und bedanken uns herzlich bei allen MitdemonstrantInnen.

 

Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder keine Frage!

 

Antifaschistische Jugend Bochum

Azzoncao, ein Polit-Cafe

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Flugblatt (txt):

Heute, am 6.11.2009, werden die MandatsträgerInnen des Bochumer Stadtrats
vereidigt. Darunter der 30-jährige Wattenscheider Claus Cremer von der
NPD. Somit hat die Stadt Bochum ihren ersten „Nationalen Sozialisten“ im
Rat sitzen. Claus Cremer ist seit ca. 16 Jahren Mitglied der
Neonazistischen Szene in NRW und seit einigen Jahren gehört er zu den
führenden rechtsradikalen Personen in unserer Region. Sei es als
Kameradschaftsführer des „Freien Widerstands Wattenscheid“ oder als
Mitglied der NPD. Für die rechte Szene nimmt Cremer die Schnittstelle
zwischen den offen auftretenden Neonazis und der noch in der Legalität
arbeitenden NPD ein. Innerhalb der NPD hat er die Posten des
Kreisvorsitzenden von Wattenscheid, des Landesvorsitzenden von NRW und
eines Beisitzer im Bundesvorstand inne.


Ein Volksverhetzer im Bochumer Stadtparlament

Cremer stand schon mehrmals vor Gericht. Sei es wegen Körperverletzung,
versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
wie z.B. im letzten Jahr. Aber auch wegen Volksverhetzung, für die er
schließlich verurteilt wurde.
Am 26. Juni 2004 fand in Bochum die erste Demonstration gegen den Bau
einer Synagoge in Deutschland nach der Niederschlagung des „Dritten
Reichs“ durch die Alliierten statt. Getarnt als angebliche Kritik wegen
Steuerverschwendung zogen fast 150 Nazis durch Bochum und hetzten gegen
JüdInnen. Claus Cremer hatte diese Demonstration im Namen der NPD
angemeldet. Auf der Demonstration trug er ein T-Shirt mit einem
angedeuteten Hakenkreuz und hielt eine Rede. In dieser Rede hetzte er
gegen Menschen jüdischen Glaubens und nutzte unverhohlen antisemitische
und in nationalsozialistischer Tradition stehende Formulierungen. Dafür
wurde er am 18. Februar 2005 vor dem Bochumer Landgericht wegen
Volksverhetzung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt.
In seiner ins Internet gestellten Neujahrsrede versprach Claus Cremer den
„Kampf um die Parlament, die Köpfe und die Straße“. Was er darunter
verstand, machte er während des diesjährigen Wahlkampfs auch handfest
deutlich. Seine Ansprache endete mit: „Nationaler Sozialismus ist machbar.
Vorwärts für Deutschland“.
Jetzt sitzt dieser Antisemit und Volksverhetzer im Bochumer Stadtrat.
Einem Stadtrat, wo seiner Meinung nach die „etablierten Systemversager“
sitzen, denen er (gemäß dem Rahmenkommunalwahlprogramm der NPD) auf die
Finger „schauen“ und „hauen“ will. Claus Cremer war in den letzten Jahren
auch Mitglied der Bezirksvertretung von Wattenscheid. Dort schaffte er es,
sich neben heimattümelnden Anträgen und populistischen Belanglosigkeiten ,
des öfteren durch Provokationen in Szene zu setzen. Aber nicht nur in der
Bezirkssitzung kam die Öffentlichkeit in den zweifelhaften Genuss seiner
braunen Ergüsse.
■ So verteilte die NPD im August 2007 zeitgleich zu einer
UWG-Veranstaltung zum Thema „Migration und Integration“ rassistische
Flugblätter gegen MigrantInnen. Motto: Heimreise statt Einreise.
■ Im selben Monat verlautbarte die Wattenscheider NPD, dass das
Erinnern an die Reichspogromnacht einem „Schuldkult“ entspringe und
relativierte die Massenvernichtung von Jüdinnen und Juden unter dem
Nationalsozialismus, indem sie die Angriffe der alliierten Fliegerverbände
während des 2. Weltkriegs als „alliierten Bombenholocausts“ bezeichnete.
■ Benjamin Dahlbeck, der stellvertretende Kreisvorsitzende der NPD
Bochum/Wattenscheid und Landesbeauftragte für den Ordnerdienst (OD) der
NPD, bezeichnete den 8. Mai 1945 nicht als Tag der Befreiung der Deutschen
von der NS-Diktatur, sondern „als Beginn eines qualvollen Leidens der
deutschen Bevölkerung“.
■ Im August 2007 bedauerte die Wattenscheider NPD, dass sie
anläßlich des 20. Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess keinen
Infostand in Wattenscheid aufbauen durfte. Die Partei wollte dort die in
Neonazi-Kreisen propagierte These vertreten, dass dieser „Friedensflieger“
ermordet wurde.
■ Im 9. November sieht die Wattenscheider NPD jedes Jahr aufs neue
ein Grund zum Feiern. Laut ihrer Homepage „war es doch ein 09. November im
Jahre 1923, als 16 deutsche Männer für ihre Überzeugung und für die
Freiheit Deutschlands vor der Müchner Feldherrnhalle von der Bayerischen
Landespolizei niedergeschossen wurden.“ So ehrt Claus Cremer und sein
Anhang jedes Jahr die erschossenen Nazis des Hitlerputsches, jene
„Blutzeugen der Bewegung“, gegen die Demokratie von 1923. In diesem Jahr
wird sich wohl die NPD am 15. November wieder ein Stelldichein am teuer
sanierten Wattenscheider „Ehrenmal“ am Bußmannnsweg geben.
■ Zum Anhang des designierten Ratsherren Cremer ist Daniela Wegener
zu zählen. Sie stand auf Platz 2 der Kandidatenliste der NPD für das
Bochumer Stadtparlament; zuvor kandidierte sie im Jahr 2005 für den
NRW-Landtag auf Listenplatz 10. Daniela Wegener ist Kameradschaftführerin
aus dem Sauerland und die stellvertretende Bundesvorsitzende der
Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige
e.V. (HNG). Dies ist eine der größten und einflussreichsten rechtsextremen
Organisationen in Deutschland. Mit ihrem Gewerbe
„Veranstaltungsministerium“, einem Lieferwagen und einer Feldküche
versorgt sie nicht nur Aufmärsche der Naziszene. Ihre zahlreichen gute
Verbindungen zu diversen Naziorganisationen bescherten ihr und ihrem
Lebensgefährten Claus Cremer schon eine Hausdurchsuchung im Oktober 2008.
Anlass war das Verbotsverfahren gegen die Heimattreue Deutschen Jugend
(HDJ), die ein halbes Jahr später durch das Bundesinnenministerium dann
auch verboten wurde.
■ Platz 3 der NPD-Liste für den Stadtrat nahm Markus Schumacher ein.
Der in vielfacher Hinsicht verkrachte Kunsthistoriker trat ebenfalls als
Bundestagskandidat für die NPD an und saß bis 2007 in der
Stadtverordnetenversammlung in Hattingen. Bis vor kurzem gab er sich auf
Website nsbo88.ning.com als Vorsitzender von Pro Bochum e.V. aus. Diese
Anschrift ist identisch mit der Gruppe Nationale Sozialisten Bochum. Auf
dieser Inzernetseite konnte man Markus Schumacher im Braunhemd bewundern.
Die Zahl 88 steht überdies im NS- Jargon für „Heil Hitler“.

Ihr habt ihnen
Rosen auf den Weg gestreut!

Mit 1417 Stimmen schaffte es die NPD in Bochum bei der Kommunalwahl am 30.
August fast 1 % der abgegebenen Wählerstimmen zu erringen. Dies reichte
aus, um der rechtsradikalen Partei ein Mandat zu bescheren und den
vorbestraften Claus Cremer in den Bochumer Stadtrat zu bringen.
Am 1.9 hieß es in der Bochumer WAZ, dass die anderen Parteien mit
Betroffenheit auf den Einzug Cremers reagiert hätten. Das verwundert uns
stark. Auch dass der SPD-Fraktionschef Heinz-Dieter Fleskes das Ganze „ein
eher bestürzendes Ereignis“ nannte.
Wir dürfen die Parteien mal daran erinnern, dass sie es waren, die den
Nazis (frei nach Tucholsky) Rosen auf den Weg gestreut haben.
Unter großer Beteiligung fast aller Medien wurde Anfang der 90ziger Jahre
in das teutonische Horn der Überfremdung nach der Melodie „das Boot ist
voll“ gestoßen. Fast jede Partei entdeckte die Ursache aller Krisen in
hilfesuchenden Flüchtlingen, die nach Deutschland kamen. Die Kampagnen
zeigten ihre Wirkung. Überfälle, Brandstiftungen, Morde und Pogrome waren
an der Tagesordnung. Schuld waren nach der staatlichen Version nicht die
zu deutschen Interessenvertretern mutierten Neonazis und die
aufgestachelte rassistische Normalbevölkerung. Nein, die Flüchtlinge waren
Schuld daran. Und nachdem die Polizei sich in Hoyerswerda und Rostock fast
wochenlang nicht imstande sah, einige hundert Brandschatzer zu verhaften,
war die Republik soweit das Asylrecht faktisch abzuschaffen. Der § 16,
eine Errungenschaft aus den Erfahrungen der NS-Diktatur, wurde so
ausgehöhlt, dass in der BRD fast niemand mehr politisches Asyl bekommt.
Wer waren diese Liquitatoren der Freiheitsrechte? CDU/CSU, FDP und SPD.
Danach wurden die hofierten Nazi-Organisationen lästig. Zu sehr waren
Menschen im Ausland an die Zeit von 1933 bis 1945 erinnert worden. Zwar
verbat man einige Nazi-Organisationen, Hatte jedoch der braunen Szene
schon einen riesigen Aufwind verschafft. Für die Umsetzung ihrer
rassistischen Ideologie sorgte der Staat selber: Lager, Sondergesetze,
Abschiebegefängnisse. Und immer wieder Tote durch diese rassistische
Maschinerie und die Beamten, die sie durchführen. Bis heute.
Rassismus ist zur Norm, nicht zur Abweichung geworden. Ob Jürgen Rüttgers
(„faule Rumänen“, „Kinder statt Inder“, etc.), Roland Koch („Wer sich als
Ausländer nicht an unsere Regeln hält, ist hier fehl am Platz“), Martin
Hohmann (CDU-“Hohmann-Affäre“), bis Oskar Lafontaine, jeder bedient sich
des Rechtspopulismus, solange er an den Futtertrog der Macht will und
billigt oder forciert dadurch den rassistischen Normalzustand, in dem
Nazis sich wie Fische im Wasser bewegen.
Dann der Einsatz der Bundeswehr im Ausland. 1999 waren die Grünen die
Eisbrecher. Ausschwitz wurde von Joschka Fischer heuchlerisch als Grund
für diesen „humanitären Einsatz“ in Ex-Jugoslavien instrumentalisiert. Das
deutsche Militär müsse einschreiten, um eine Wiederholung des
Holocausts zu verhindern. Die SPD wurde im Jahr 2002 im Hinblick auf den
Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr schon sachlicher: Deutsche
(Kapital-)Interessen sind am Hindukusch zu verteidigen. Das die
Waffenlobby der CDU/CSU dafür war, stand ehedem fest. Nach dem Zweiten
Weltkrieg sah die Beschränkung der Bundeswehr auf die Landesverteidigung
vor, dass es nicht wieder zu einem aggressiven deutschen Imperialismus
kommen sollte. Dank SPD und Grüne haben wir ihn wieder. Die Nazis freute
es: Deutschland auf dem Weg in den UN-Sicherheitsrat und wieder zur
Militärmacht. Für die Nazis allerdings noch mit den falschen Zielen.
Die Aushöhlung von Grundrechten durch die antisoziale Hartz IV
Gesetzgebung, der Ausbau des Polizei- und Überwachungsstaats. Die
Milliardengeschenke aus den Steuerabgaben der BürgerInnen für die
Industrie und Banken. Die Liste der antisozialen, antidemokratischen und
rechtsautoritären Maßnahmen und Gesetzgebungen Rot-Grüner, Rot-Schwarzer
und jetzt Schwarz-Gelber Regierungen ist lang. Publizistisch angefeuert
durch die willigen Schreiberlinge der Presse und karrieregeile
PolitikerInnen. Alles das zeigt Wirkung. Nicht nur die Politik wandert
geschlossen nach Rechts. Auch die Bevölkerung. Man fragt sich manchmal
schon, wer zuerst ankommt.
Eine Empörung über Nazis in den Parlamenten scheint absurd. Denn die
kapitalistische Gesellschaft erntet das, was sie gesät hat. Die Empörung
ist moralisch gespielt und bei den meisten alles andere als echt. Genau
wie die Demokratie, die die meisten zu leben vorgeben. Beides existiert
mithin als Feigenblatt. Dieses Land ist längst auf dem Weg in einen
autoritären Staat. Die Nazis haben neben ihrer Funktion als reaktionäre
Grenzüberschreiter und ideologische Stichwortgeber noch die, dass sich die
anderen Parteien zu gegebenen Anlässen positiv als demokratisch und „die
Mitte der Gesellschaft“ abgrenzen können. Aber längst setzen die sich
„demokratisch“ gebenden Parteien die rassistische Abschottung Europas
durch. Beuten die so genannte 3. Welt weiter hemmungslos aus. Machen aus
der Natur ein Kloake, treten die Rechte von Menschen und Tieren mit Füßen.
Und liquidieren Grund und Freiheitsrechte.
Das Zusammenstreichen von ehedem kläglichen Förderprogrammen gegen Rechts,
der dilletantische Versuch die NPD zu verbieten, das windelweiche Vorgehen
der Polizei gegen Naziaufmärsche und Aktionen, das augenzwinkernde
Verhältnis der Justiz zu angeklagten Nazis, der
fahrlässige und dumm-dreiste Einsatz schwerkrimineller Neonazis als
V-Männer durch den NRW-Verfassungsschutz. Das alles spricht Bände. Und so
haben die Nazis der NPD innerhalb einer Wahlperiode bundesweit ihre
Kommunalmandate von einigen Dutzend auf weit mehr als 300 erhöht.
Aber man braucht gar nicht in die Ferne schweifen, um die Verpflechtung
von gutbürgerlicher Mitte mit Nationalsozialisten oder deren Gedankengut
zu belegen. Ein Blick auf Bochums Lokalgeschichte reicht.
■ 1994 avancierte der Nazi Marcus Scholz zum Pressesprecher der
CDU-Ortsverbandes Wattenscheid-Mitte. Er war Mitglied der Nazigruppe
Volkswille von Marc Meier zu Hartum. Diese auf Terror gegen Linke
spezialisierte Anti-Antifa-Gruppe flog nach zahlreichen Gewalttaten auf
und stand 1995 vor der Dortmunder Staatsschutzkammer wegen § 129, Bildung
einer kriminellen Vereinigung. Laut der niederländischen Zeitung Frij
Nederland wußte der CDU-Vorstand von der Einstellung seines
Pressesprechers.
■ Im Jahr 2007 schloss auf antifaschistischen Druck in Bochum der
Bekleidungsladen Goaliat. Ein Laden der rechtsextremen Modemarke Thor
Steinar. Die Bochumer Junge Union begann gegen die Jusos und die Antifa zu
polemisieren und sprach von Hetze. Dabei wurde bekannt, dass ihre
Mitglieder nicht nur auf offiziellen Anlässen diese rechtsextreme
Modemarke trugen, sondern auch für diese Werbung machten.
■ Ebenfalls 2007 flogen mehrere JU- und CDU-Mitglieder mit einer
eindeutig zum Rechtsextremismus tendierenden Internet-site namens „Bochum
gegen links“ auf. Namhaft wurden Hendrik Schäfer von der JU Querenburg und
der Integrationsbeauftragte der Bochumer CDU Dirk Schmidt. Dirk Schmidt
sitzt nun wieder im Bochumer Stadtrat. Genauso wie Hendrik Schäfers
damaliger enger Parteifreund Lars Lammert, aus dem Lammert-Clan.
■ Wie es die Lammerts mit den Faschisten halten, konnte man im
Februar 2007 an der Bochumer Universität bestaunen. Der amtierende
Bundestagspräsident Norbert Lammert trat als Redner und Schirmherr einer
ultrakonserativen/rechten Veranstaltung auf, Titel: “Dialektik der
Säkularisierung”. Einer der Hauptredner war der rassistische, homophobe
und erzreaktionäre Roberto de Mattei, Vice Presidente del Consiglio
Nazionale, aus Rom. Dieser Mann war niemand Geringeres als der persönliche
Berater des damaligen Präsidenten der faschistischen Partei Alleanza
Nazionale (AN) aus Italien. Soweit zur Wertediskussion, die Herr Lammert
zu pflegen beabsichtigt.
Soweit zum Demokratieverständnis und Antifaschismus der CDU.
Bochums Grüne betreiben einen Antifaschismus der ganz besonderen Art. Der
Nachwuchs-Grüne und jetztige Ratsherr Christian Michalak lud am 28.2.2008
nicht nur die Grüne Bundestagsabgeordnete Monika Lazar, sondern auch den
Verfassungsschützer Thomas Grumke ein. Auf Betreiben gerade der der NRW
Grünen findet seit zwei Jahren eine Integration des Überwachungs- und
Repressionsorgan des VS in Strukturen der Zivilgesellschaft statt. Der VS
wird dabei als der Spezialist und neutrale Ansprechpartner der BürgerInnen
in Fragen des Antifaschismus hingestellt. So unterstützten die NRW Grünen
auch das Pilotprojekt des VS an die Schulen zu gehen und SchülerInnen in
ihren Sinne zu beeinflussen. Dies angesichts des gesetztlichen Auftrags
des VS, die Gesellschaft auszuspähen, dessen katastrophale Rolle beim
NPD-Verbot und dessen Unterstützung der neonazistischen Szene in NRW, in
dem er diese mit Waffen und Sprengstoff belieferte (siehe dazu Fall des
VS-Agenten Sebastian Seemann). Die Rolle zivilgesellschaftlicher
Organisationen ist das kritische Beäugen stattlicher Instanzen und
Aktionen. Und nicht die Verschmelzung mit Ausspäh- und
Repressionsapparaten des Staates. Aber der karriereorientierte Herr
Michalak hat die Zeichen der Zeit erkannt und schenkte jovial dem VS'ler
zum Abschied noch eine Flasche Rotwein: auf gute Zusammenarbeit! Die
Diffamierung von Antifa-Demonstrationen durch die Soziale Liste sollte ja
mittlerweile schon bekannt sein. Und der saisonbedingte
Wahlkampf-Antifaschismus der Linkspartei und der SPD ebenfalls.
Keine rosigen Aussichten für den Antifaschismus, wenn man die gewählten
Parteien im Bochumer Stadtparlament betrachtet. Ein Grund mehr nicht nur
Claus Cremer, sondern auch den Vertretern der anderen Parteien im Umgang
mit der NPD auf die Finger zu schauen.

Wir fordern folgenden Minimalumgang mit der NPD im Bochumer Stadtrat:
H Gemeinsames Vorgehen im Parlament gegen die rechtsradikale NPD. Die
Auseinandersetzung mit Rechtsextremen kann nur Erfolg haben, wenn man
zusammen arbeitet.
H Der menschenverachtende Hintergrund der Positionen der NPD muss immer
hervor gehoben werden! Dem Versuch der NPD sich als ganz normale Partei
und politischen Faktor in unserer Stadt zu etablieren muss vom Anfang an
entgegen getreten werden.
H Keine Einkalkulierung von Stimmen der NPD in Ratsentscheidungen! Dadurch
wird diese Partei versuchen politischen Einfluss und öffentliche
Aufmerksamkeit zu gewinnen.
H Ablehnung jedes Antrags der NPD! Egal wie harmlos und ideologiefrei er
erscheint: Die NPD wird eine Zustimmung immer als Erfolg auf ihrem Weg der
angestrebten Normalisierung feiern. Aber begründen Sie immer öffentlich
und inhaltlich die generellen Ablehnungen. Unbegründet würde sich die NPD
nur wieder als Opfer inszenieren können
H Schweigen und Ignorieren sind völlig fehl am Platz! Aktive inhaltliche
Auseinandersetzung mit den rechtsradikalen Inhalten ist gefragt. Um die
braunen Demagogen zu demaskieren, muss ihr antidemokratischer,
menschenverachtender und archaische Charakter der Bevölkerung immer wieder
deutlich gemacht werden. Dafür ist eine breite und ernstzunehmende Debatte
über die grundlegenden Werte einer demokratischen und an den
Menschenrechten orientierten Gesellschaftnotwendig. Kein phrasenhafter
Monolog mit gleichzeitigem Ausschluss der Betroffenen, wie wir ihn nur
allzugut kennen.
H Machen Sie auch persönlich deutlich, was Sie von einem rechtsradikalen
Mandatsträger und seinen Angestellten halten. Ein öffentlich wahrnehmbares
Verhalten gegenüber dem „netten Amtskollegen“, der leider ein Nazi ist,
wäre ein fatales Signale in der Öffentlichkeit und würde das
gesellschaftliche Klima zu Gunsten der Nazis beeinflussen.
H Einschränkung des Spielraums der NPD mit vorhandenen Mitteln!
Konsequente Nutzung der Mittel des Rates, wie Geschäftsordnung und
Sitzungsleitung, um Störungen und Provokationen durch rechtsextreme
MandatsträgerInnen zu unterbinden. Fortwährende Prüfung der Äußerungen
Cremers nach strafrechtlicher Relevanz. All dies darf natürlich die
inhaltliche Auseinandersetzung nicht ersetzen.

Großer Protest gegen NPD-Ratsherrn in Bochum
WAZ, 06.11.2009, Michael Weeke, Marc Wolko

Bochum. Vor der ersten Sitzung des neuen Bochumer Stadtrates demonstrierten das Bochumer Bündnis gegen Rechts und die Antifaschistische Jugend gegen den Einzug eines NPD-Politikers in das Stadtparlament.

Rund 200 Menschen protestierten am Freitag bei zwei unterschiedlichen Demonstrationen gegen den Einzug des rechtsextremen Claus Cremer in den Stadtrat. Vor der konstituierenden Sitzung hatte das Bochumer Bündnis gegen Rechts unmittelbar vor dem Rathaus zu einer Kundgebung aufgerufen. Wenig später traf sich am Hauptbahnhof die „Antifaschistische Jugend”.

Einhellig verurteilten die Redner, die Präsenz von Cremer im Rat der Stadt und forderten eine Erneuerung des Vorstoßes, um die NPD zu verbieten. Ralf Feldmann, Richter und Ratsmitglied für die Linken, rief: „Die NPD gehört nicht in den Rat und die Parlamente, sie gehört verboten.”
Breites Bündnis quer durch die Parteien

Für die Grünen schilderte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Manfred Preuß, dass sich die Fraktionen im Ältestenrat auf ein gemeinsames Auftreten gegenüber der NPD verständigt hätten. Man habe sich darauf geeinigt, ihn schlicht nicht zu beachten. „Ziel ist es, dem Vertreter der NPD keine mediale Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.” Außerdem sei verabredet worden, im Rat keine Entscheidungen herbeizuführen, bei der die Stimme von Claus Cremer den Ausschlag geben könne.

Bei dem Demonstrationszug der Antifaschisten beteiligten sich vor allem viele Jugendliche. Eine 16-jährige Schülerin aus Essen: „Ich demonstriere, um zu zeigen, dass ich gegen Nazis bin und dass man was dagegen tun kann.

In Bochum hatte sich als Reaktion auf rechte Demonstrationen gegen den Bau der neuen Synagoge ein breites Bündnis quer durch alle demokratischen Parteien gebildet. bis heute hängt die Kernaussage am Rathaus: „Wir sind Bochum. Nazis sind es nicht.”