[B] Hausbesetzung in der Franz-Künstler-Straße

[B] Hausbesetzung in der Franz-Künstler-Straße

Wir haben ein Haus besetzt. Jetzt steht es wieder leer. Es steht leer, während durch Zwangsräumungen Menschen auf der Straße leben. Es steht leer, während Geflüchtete unmenschlichen Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Es steht leer, während vielen die Mieten zu teuer werden. Es steht leer, während Menschen vereinsamen und verzweifeln. [english version]


Wir sind Freund_innen, Nachbar_innen und Menschen dieser Stadt (mit und ohne Fluchterfahrung). Wir wollten das Haus für ein selbstorganisiertes Hausprojekt. Wir besetzten dieses Haus um zusammen zu leben, um die Isolation und die politischen Ketten zu durchbrechen. Um solidarisch zu handeln und emanzipatorische Perspektiven zu entwickeln. Um uns aus der Defensive heraus zu holen. Um die Kriminalisierung von Geflüchteten, zum Beispiel durch die Unterbringung in Lagern, zu stoppen. Wir wollen ein würdevolles Leben für alle, nicht eines, in dem das Leben von Menschen illegalisiert werden kann.


Wir haben die leeren Versprechen der Politiker_innen satt. Ihre einzige Lösung ist das Auflisten von Namen und das Anbieten von Unterkünften, in denen dieselben Bedingungen herrschen wie in Lagern. Das ist keine Lösung, das ist Teil des Problems! Was ist passiert?


Aus den oben genannten Gründen haben wir uns entschieden ein Haus in der Franz-Künstler-Straße in Kreuzberg zu besetzten. Zur gleichen Zeit fand eine Demonstration für die Anwendung des §23 AufenthG und gegen die angekündigte Räumung der besetzten Schule in der Ohlauer Straße statt. Als sich einige Leute von der Demonstration zum besetzten Gebäude bewegten, reagierte die Polizei gewaltsam. Vier Personen wurden festgenommen und es scheint, als wäre eine Person von der Polizei zusammengeschlagen worden.


Ein Teil der Demo erreichte das Haus und begann eine Blockade vor dem Eingang, so dass eine Räumung in diesem Moment nicht möglich war. Auch noch mehr Nachbar_innen und Menschen von der Demo kamen zum Haus, um entschlossen ihre Solidarität zu zeigen. Viele von ihnen wurden von der Polizei nicht zum Haus durchgelassen und blieben auf der Straße davor. Zunächst war die Polizei verwirrt, umstellte jedoch bald das Gebäude. Nach einiger Zeit baten uns Jana Brökmann, die Bezirksverantwortliche für Finanzen und damit rechtliche Besitzerin des Gebäudes und Hans Pannhoff, der Bezirksstadtrat von Kreuzberg-Friedrichshain um ein Verhandlungsgespräch. Wir entschlossen uns mit Canan Bayram (Die Grünen), welche die gesamte Zeit anwesend war, und Brökmann im Haus zu reden. Auf Grund des fehlenden Vertrauens, wollten wir kein Gespräch mit Pannhoff. Am Beispiel der Schule zeigte er uns bereits, dass er seine Versprechen nicht hält. Außerdem forderten wir, dass die Polizei das Gebäude nicht betritt und auch aufhört es zu umstellen.


Dazu kam noch, dass wir unseren Anwalt verlangten, der von der Polizei aber lange nicht zu uns durchgelassen wurde. Während des Verhandlungsgespräches stellten sich aber weitere Polizist_innen mit Hunden hinter das Haus, die Unterstützenden hielten die Blockade vor der Eingangstür.


Von Beginn an sagte uns Brökmann, dass wir unter keinen Umständen im Gebäude bleiben könnten, nicht mal bis zu möglichen Verhandlungen am nächsten Tag. Der Hauptgrund war der fehlende Brandschutz im Gebäude, wir könnten aber fünf Millionen Euro sammeln um das Gebäude zu renovieren-da der Bezirk scheinbar kein Geld dafür hat. Insgesamt lobte sie unservorgestelltes Konzept zur Nutzung des Hauses, sagte jedoch die Umsetzung sei in diesem Gebäude nicht möglich und dass es momentan keine weiteren leeren Gebäude des Bezirks in Kreuzberg gäbe.


Wir hatten zwei Möglichkeiten: Mit Gewalt geräumt zu werden und Repressionen ausgesetzt zu sein oder bis 24 Uhr zur Blockade vorm Eingang zu gehen ohne die Aufnahme unserer Personalien. Zur letzteren Möglichkeit gehörte die Vereinbarung weiterführender Verhandlungen mit Brökmann am Montag den 16.Juni, um unsere Forderungen zu verdeutlichen. Außerdem forderten wir unser Recht auf eine Sponti zum Kottbusser Tor nach dem Verlassen des Gebäudes. Wir wurden durchgehend unter Zeitdruck gesetzt und ohne eine schnelle Entscheidung, hätte die Polizei das Gebäude gewaltsam geräumt. Am Ende entschieden wir uns das Gebäude zu verlassen, um der Räumung zu entgehen. Dies war keine freigetroffene Entscheidung. Wir schlossen uns der Blockade vor der Tür an und starteten gemeinsam eine laute Sponti. Die Polizei wirkte gewaltbereit, nahm aber niemanden mehr fest.


Im Haus in der Franz-Künstler-Straße hätte es Raum gegeben für Wohnungen, Sprachkurse, ein Nachbarschaftscafé, Kino, Konzerte, politische und kulturelle Veranstaltungen, niedrigschwellige Beratungsangebote, Vokü und all das, was wir als sinnvoll erachten und ausprobieren wollen – es hätte ein Ort sein können, an dem wir die Möglichkeit gehabt hätten unsere Leben selbst zu gestalten, weit weg von der Realität der Lager, in der es nicht einmal die Möglichkeit gibt, es zu versuchen.


Dieses Haus hätte uns die Möglichkeit gegeben, etwas gegen die gegenwärtigen Zustände zu tun und für eine Veränderung einzutreten. Es wäre ein „exterritorialer Bereich“ gewesen, in dem die Menschen u.a. geschützt gewesen wären vor rassistischen Kontrollen und wo es keinen Unterschied gemacht hätte, ob und welchen Pass eine Person hat. Aber die Tatsache, dass wir in diesem Haus nicht bleiben konnten, bedeutet nicht, dass wir solche Orte nicht erschaffen können.


Politiker_innen wollen nicht nur Orte wie die besetzte Schule in der Ohlauer Straße, den Oranienplatz oder das Haus, das wir am Samstag besetzt haben räumen, sondern unserer Meinung nach wollen sie Bewegungen aus dem Weg räumen. Sie wollen die Möglichkeit freier Entscheidungen und der Selbstorganisation zerstören und stehlen sich aus ihrer Verantwortung auf Kosten marginalisierter Menschen.


Stop Abschiebungen!
Stop Zwangsräumungen!
FreiRäume, keine Lager!
Das ist unsere Stadt, das ist unser Leben!
Freiheit wird uns nicht gegeben, wir müssen sie uns nehmen!

 

Besetzer_innengruppe, Berlin Juni 2014

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Ich bin auch dafür auf alles zu scheißen und mache das was ich will, wer sich mir in den Weg stellt wird platt gemacht

Wie waers denn dann, wenn Ihr selbst mal das Geld fuer den Brandschutz aufbringt, z.B. ueber Spenden, dann koennt Ihr Euer Projekt in dem Haus sicher verwirklichen. Das waer doch mal was! Eigeninitiative. Aber mehr als ein Haus besetzen und nen Kommentar drueber schreiben ist scheinbar nicht drin. 

Ja genau, weil es nämlich genau so im Kapitalismus läuft, das System ist ja weithin bekannt für seine humanistischen und sozialen Errungenschaften.

Sag mal, bist du wirklich so verblendet?

Als ob die Leute nicht selbst darauf kommen würden und das auch machen würden, das kann aber eben erst passieren wenn sie im Haus geduldet werden und da stehen die Gier und Profitinteressen der Eigentümer_innen im Wege, die dann auch gerne mit Gewalt gegen solche Aktionen durchgesetzt werden.

 

Aber das würdest du sehen wenn du aus deiner kleinen, sicheren bürgerlichen Ecke mal heraus kriechen und die Augen öffnen würdest.