Dresdner Burschenschaft mit Vorsitz im Dachverband

Cheruscia-Wappen & Wappen der Falange

Am 1. Februar 2014 übernahm die Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia den Vorsitz des Dachverbandes “Deutsche Burschenschaft” (DB). Ihr Vorgänger, die Wiener akademische Burschenschaft Teutonia, verabschiedete sich auf ihrer Facebook-Präsenz mit folgendem Eintrag von dem Amt: “Das Ende des Vorsitzjahres wird in Dresden gefeiert und der Vorsitz an die Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia übergeben! Heil Deutsche Burschenschaft”. Im kommenden Semester wird damit diese Dresdner Burschenschaft die DB repräsentieren und sich um die Organisation von Verbands-Veranstaltungen kümmern. Vom 2. bis zum 4. Mai ist z.B. in Dresden bereits ein DB-Verbandstagung geplant.

 

Die derzeitige Lage in der DB

 

Die Cheruscia übernimmt den Vorsitz über einen Dachverband, von dem in den letzten Jahren die Mitgliedsbünde abfielen, wie bei einem Baum im Herbst die Blätter. Zählte die DB im Jahr 1995 noch 130 Mitgliedsbünde, so waren davon im März diesen Jahres nur noch 66 übrig. Noch dazu sind viele der verbliebenen Mitgliedsbünde, besonders diejenigen aus Österreich, mitgliederschwach, womit sich die pro Kopf entrichteten Mitgliedsbeiträge an den Dachverband enorm verringert haben dürften. Auslöser für die gesteigerte Verbands-Flucht der letzten Jahre waren auch an die Öffentlichkeit gedrungene Details über interne Vorgänge. Beispielsweise, dass Hardliner versuchten ihre extrem rassistische Mitglieds-Kriterien im ganzen Verband verbindlich festzulegen. Hinter diesen Versuchen steckte zumeist die, von österreichischen Burschenschaften dominierte, radikal-völkische Fraktion “Burschenschaftliche Gemeinschaft” (BG). Die extrem rechte BG, die in Österreich personelle Überschneidungen zur rechtspopulistischen FPÖ aufweist, stellt u.a. bis heute den Grenzverlauf zu Italien oder Polen in Frage.

 

Obwohl sich die aus der DB entlaufenen Burschenschaften gerne als “liberal” bzw. “liberal-konservativ” darstellen, waren auch bei ihnen häufig wieder extrem rechte Tendenzen zu bemerken. So sind diese Burschenschaften in Wahrheit eher nationalliberal und rechtskonservativ und akzeptierten in ihren Reihen durchaus auch Mitglieder, die in der extremen Rechten aktiv waren oder sind. Häufig waren es sehr pragmatische und weniger inhaltliche Motive, die diese Burschenschaften zum Verlassen der DB veranlassten. Ein Verbleib in einem Dachverband, der derart im Fokus der öffentlichen Kritik, steht, konnte nämlich sogar die Karrieren von Burschenschaftern gefährden. So musste sich der Michael Büge (CDU) in Berlin zwischen seinem Job als Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und seiner Mitgliedschaft in der Berliner Burschenschaft Gothia entscheiden. Er entschied sich für seinen Männerbund. Der verstärkte Wegzug von Einzelbünden hat die DB jedenfalls entscheidend geschwächt. Vom eigentlich als Quartalsschrift angelegten Verbandsorgan “Burschenschaftliche Blätter” erschien zuletzt die Nr. 2/2013.

 

Politische Stellung der Cheruscia


Die im Jahr 1991 wiedergegründete Burschenschaft Cheruscia in Dresden ist nicht Mitglied der BG, weist aber trotzdem eine rechte Schräglage auf. So reicht es bei der Cheruscia politisch für die Einladung von ReferentInnen aus der extrem rechten Szene. So trat im November 2003 der damalige Rechtsaußen-CDU-Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche bei der Cheruscia auf und machte bei seinem Vortrag eine abfällige Bemerkung über türkische Muslime. Am 9. Dezember 2004 sprach der entlassene General Reinhard Günzel trotz Protesten zum Thema “Ethos des Offizierskorps am Beispiel der Affäre Hohmann/Günzel”. Günzel war entlassen worden, weil er sich mit dem Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann solidarisiert hatte, der in die Kritik geraten war, nachdem er eine mit antisemitischen Stereotypen gespickte Rede gehalten hatte. Etwas mehr als ein Jahr später, am 10. November 2005, sprach bei der Cheruscia Hans Meiser aus Österreich zum Thema “Das Tribunal – die Nürnberger Prozesse”. Von ihm ist ein gleichnamiges Buch im extrem rechten Grabert Verlag erschienen. Es folgte im April 2006 Peer Lars Döhnert, der über “Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland am Beispiel der ‘Jungen Freiheit’” sprach. Döhnert war 2005 bis 2010 und ab 2012 Vertriebsleiter der ultrarechten Wochenzeitung “Junge Freiheit” und ist als Alter Herr des VDSt Berlin und Charlottenburg ebenfalls ein Verbindungsstudent.

 

Am 11. Dezember 2008 referierte Ralf Küttelwesch über “Der konservative Rausch”. Küttelwelsch war Anfang der 1990er Funktionär der “Initiative Gesamtdeutschland” und aktiv in der völkischen Jugendorganisation “Sturmvogel”, einer Abspaltung der 1994 vom deutschen Innenminister verbotenen “Wiking-Jugend” (WJ). Am 26. April 2012 sprach nur sechs Tage nach dem Geburtstag Hitlers Hans-Ulrich Pieper aus Berlin zum Thema “Zur Verantwortung Adolf Hitlers und der Reichsregierung gegenüber dem eigenen Volk”. Pieper engagierte sich in Vergangenheit für die Republikaner-Partei, u.a. kandidierte er 2001 auf der Landesliste der Republikaner für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin. Zuletzt organisierte Pieper braune Gesprächskreise. Als der britische Holocaustleugner David Irving 2013 plante, nach Berlin zu reisen und dort aufzutreten, benannte er im Internet Pieper als Organisator.


 

Ob Alexander Kleber, jahrelang Anmelder des Februar-Nazi-Aufmarsches und Holger Szymanski, Pressesprecher der NPD-Landtagsfraktion, tatsächlich Cheruscia-Mitglieder waren bzw. noch sind, ist ungeklärt. Ein “Alter Herr” der Cheruscia war auf jeden Fall aber der inzwischen verstorbener Uwe-Wilhelm Walther (1910-2010). Dieser war Mitglied einer Wehrmachts-Sondereinheit und Schulleiter für Wehrkunde in Hamburg im SA-Hochschulamt. Im Jahr 2006 war er Mitverfasser eines im extrem rechten “Pour le Mérite”-Verlag erschienenen Buches. Im Nachruf auf Walther in den “Burschenschaftliche Blättern” 1-2011 heißt es: “Wilhelm Walther hat seiner Burschenschaft Cheruscia bis zu seinem Tod die Treue gehalten. [...] Wilhelm Walther war, so oft er konnte, dort und hat an Veranstaltungen gern teilgenommen, wo er meist aufgrund seiner Persönlichkeit und Ausstrahlung im Mittelpunkt stand. Über seine vielfältigen und spannenden Kriegseinsätze hat er an einem langen Abend im Verbindungshaus vor vielen Zuhörern gesprochen. Eine Tonbandaufnahme hält seine Erlebnisse für immer fest.”

 

Ein politisches Näheverhältnis scheint zwischen der Cheruscia und dem extrem rechten Infoportal “Blaue Narzisse” und dem diesem angeschlossenen “Zentrum für Jugend, Identität und Kultur” auf dem Weißen Hirsch zu bestehen. Wobei die Bezeichnung ‘Zentrum’ anmaßend scheint, in Wahrheit handelt es sich lediglich um einem angemieteten Kellerraum. Hier halten u.a. der neurechte Vordenker Felix Menzel und seine Schar Seminare und Gesprächskreise ab. So ging es am 3. März 2014 um “die Zukunft der Deutschen Burschenschaft”. Mit dabei war laut “Blaue Narzisse Online” ein “Vertreter der Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia, die 2014 den Vorsitz des Dachverbandes DB inne hat”. Das dürfte zutreffen, gehört doch zum engeren Umfeld des Schülerburschenschafters Menzel das Cheruscia-Mitglied Martin Lochschmidt, ein Autor für “Blaue Narzisse Online”.

 

Ansonsten hält mann sich bei der Cheruscia nach außen hin bedeckt, was politische Aussagen angeht. Allerdings ist es durchaus als eine Aussage zu werten, wenn am 26. Mai 2011 der Dresdner Professor Werner J. Patzelt (CDU) sich bei der Cheruscia der Frage widmet: “Wieviel Platz ist zwischen CDU und NPD?” Patzelt hatte übrigens bereits am 8. Juni 2006 die Festrede für die “Deutsche Burschenschaft” gehalten. Eventuell haben Mitglieder der Cheruscia nun genau diesen Platz “zwischen CDU und NPD” gefunden. Bei der kommenden Kommunalwahl am 25. Mai kandidiert mit Gordon Engler ein Cherusce für die “Alternative für Deutschland” (AfD) in Dresden. Dass die Cheruscia bei ihrer “Griechenlandparty” auf dem Flyer angab, es gäbe auch “Inselversteigerungen”, passt dann auch perfekt in das von der AfD verkörperte Bild des Wohlstandschauvinismus und Abwehrnationalismus.

 

(1) facebook.com/photo.php?fbid=644568052268484&set=a.644568515601771.1073741825.153793201345974

 

Bildunterschrift:

Interessant wäre es auch einmal zu erfahren, warum die Cheruscia in ihrem Wappen ein Symbol aufweist, welches frappierend an das Symbol der faschistischen Falange in Spanien erinnert: Hinter einem Joch kreuzen sich fünf Pfeile mit den Spitzen zum Himmel gerichtet.

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Solche Pfeilbündel sind heraldische Ableitungen der "Liktorenbündel" oder "Fascis", stammen als Amtszeichen aus dem alten Rom, und bedeuten grob "Einigkeit durch Stärke", aber auch "Wehrhaftigkeit". Verwendet wurde das Symbol später von Faschisten (die Ableitung des Namens davon ist umstritten), aber auch republikanischen Organisationen und Staaten (u.a. USA, Frankreich), die sich in römischer Tradition wähnen.

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Fascis

http://de.wikipedia.org/wiki/Pfeil_und_Bogen