Am heutigen Samstag demonstrierten in Münster 600 Menschen unter dem Motto „raise your voice – your body, your choice“, um feministische Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen. Organisiert von dem Bündnis „Gegen 1000 Kreuze“ war eine zentrale Forderung unter anderem die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, welche nach § 218 StGB immer noch illegal sind und nur unter bestimmten Umständen straffrei bleiben. Weiterhin ging es um das Recht auf Selbstbestimmung in allen Fragen zu Sexualität, eigenem Körper, Geschlecht und Beziehung.
Anlass dazu bot der jährlich stattfindende sogenannte „1000 Kreuze Marsch“ von christlich fundamentalistischen Abtreibungsgegner*innen. Laut und kraftvoll lief die emanzipatorische Demonstration vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt und über den Prinzipalmarkt und erreichte so viele Menschen in ihrer samstäglichen Routine. Es wurden verschiedene Flyer an Zuschauende verteilt, u.a. der Aufruf der Demonstration und Flyer, die zum Austritt aus der Kirche aufrufen. Zudem gab es Flyer zu „Was tun bei ungewollten Schwangerschaften“. Neben verdutzten Passant*innen konnten wir auch immer wieder beobachten, wie uns am Rand Menschen zuklatschten oder die Faust hoben. Bereits am Hauptbahnhof versuchten 2 Nazis die Demo zu stören, wurden aber von Aktivist*innen sofort und deutlich vertrieben, so dass sie sich in die schützenden Arme der Polizei flüchteten.
Inhaltlich begleitet wurde die Demonstration von vier Redebeiträgen. Der erste bezog sich auf die Tradition des 8. März, da wir ursprünglich davon ausgingen, dass die christlichen Fundamentalist*innen am 8.März auflaufen würden. Der zweite Redebeitrag wurde vor Karstadt von der Gruppe „Dritte Option“ gehalten. Er handelte von den Einschränkungen der Reproduktionsrechte von Inter* und Trans*. Auf dem Prinzipalmarkt schließlich hielten autonome Feministinnen aus NRW einen Redebeitrag zu Schwangerschaftsabbrüchen und der Notwendigkeit ihrer Thematisierung auch in der linken Szene. Den inhaltlichen Abschluss setzte die Emanzipatorische Antifa Münster am Ende der Ludgeriistraße mit einem Beitrag gegen den Gesundheitswahn. Alle Redebeiträge findet ihr in absehbarer Zeit auf der Homepage gegen1000kreuze.blogsport.de. Ebenso ist derzeit ein Solisampler mit der Demomusik geplant. Sollte es diesen geben, werdet ihr auf der Homepage darüber informiert, bzw. könnt ihr ihn auf den Mobilisierungsveranstaltungen nächstes Jahr erwerben.
An der Äegidiikirche endete die Demonstration mit belegten Broten, einer Ankündigung für die diesjährige Take back the night- Demo in Bremen und etwas Musik. Ebenso grüßten wir die Genoss*innen, die gleichzeitig in Köln gegen den Aufmarsch der „besorgten Eltern“ demonstrierten und von den Front Nationale Ordnern angegriffen wurden.
Teil II des Tages
Gegen 14:30 Uhr sammelten sich schließlich die fundamentalistischen Christ*innen an der Äegidiikirche zur Kreuzausgabe. Erschreckend viele waren dieses Jahr anwesend, wir zählten um die 200. Nachdem die Teilnehmer*innenzahl die letzten Jahre eher rückläufig war, scheint die Szene dieses Jahr einen deutlichen Aufschwung zu erleben. Vermutlich auch beflügelt durch die Proteste gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg und gegen den Sexualkundeunterricht in NRW.
Wie bereits im letzten Jahr war die Polizei überfordert mit der Situation, was sie vor allem aggressiv werden lies. Sie schubsten, schlugen und nahmen recht brutal Menschen fest. Das konnte den Großteil der Protestierenden allerdings nicht davon abhalten den Aufzug wie gewohnt mit Konfetti, Kondomen, Glitzer und lautstarken Rufen, Trommeln und Pfeifen zu begleiten. Vereinzelt gelang es Leuten sich unter die Fundamentalist*innen zu mischen und Kondome über die Kreuze zu ziehen.
Erfreulich war, dass der Aufzug die geplante Route abkürzen musste und nicht den gewohnten Rosenabwurf in die Aa vornehmen konnte. Wie bereits 2011 warteten auf der Brücke nämlich bereits zu viele Menschen, die im Vorfeld auch ein Netz in die Aa gehängt hatten um die Rosenblätter rauszufischen. Auch ein Transpi mit der Aufschrift „Tor zur Hölle“ fand sich dort. So zogen die Fundamentalist*innen direkt zu dem Denkmal von Kardinal von Galen und warfen sich ihm zu Füßen. Sein Kreuz war erfreulicherweise von Aktivist*innen im Vorfeld zu Gendersymbolen umdekoriert worden und seine Brust zierte die Aufschrift „Dritte Option“.
Unter langen „Ihr könnt zur Hölle fahrn“ und anderen Rufen packten die Fundamentalist*innen schließlich ihre Sachen und verzogen sich.
Wir freuen uns, dass erneut so viele Menschen mit uns für ein selbstbestimmtes Leben demonstriert haben. Wir sehen selten Demos, die soviel Unterschiedlichkeit vereinen, so lautstark durch die Gegend ziehen und auf denen so viele unterschiedliche Sachen verteilt werden (von Muffins, über Konfetti, inhaltlichen Flyer bis hin zu verschiedenen Postkarten mit Transpimotiven des letzten Jahres). Wir hoffen darauf, dass sich diese Demonstration etablieren wird und bedanken uns bei allen, die mitgeholfen haben den Tag so zu gestalten.
Falls ihr Probleme mit der Polizei hattet oder ihr im Nachlauf mit Repression konfrontiert werdet, wendet euch an die Schwarz-Rote-Hilfe in Münster.
Bis zum nächsten Jahr, wenn es wieder heißt: „Höllo, wir sind wieder da!“
Nazis?
Wer waren denn die beiden Nazis?
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