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Magdeburg: Nazis blockiert, trotzdem nix passiert
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Am 19. Januar 2014 wollen mal wieder Nazis gegen alliierte Düsenjäger auf die Tränendrüse drücken. Ich reise an als Teil der Berliner Szene, die in moralischer Mission ihr Hauptstadtrockertum aufs ostdeutsche Umland ausbreitet: “Ihr sexuell behinderten Wendeverlierer, wenn ihr keine Arbeit findet, kommt doch Party machen!”
Die Bullen setzen auf Verwirrung und gaben die Marschroute der Nazis nicht bekannt. Es gibt drei mögliche Startpunkte. Die meisten angereisten Gegner_innen treffen sich am Hauptbahnhof, wo eine peinliche Bürgi-Ini ein Musikzelt “für ein weltoffenes Sachsen-Anhalt” aufgebaut hat. Die Bullen haben den Hauptbahnhof abgeriegelt; Linke dürfen nicht rein, Rechte nicht raus.
An Weltoffenheit herrscht im Osten seit der Privatisierung kein Mangel mehr. Hier gehört eh alles “den Fremden”: Deutsche Bank, Amazon, ArcelorMittal, Randstad. Die Kleinkriege zwischen dem ostdeutschen Lumpenproletariat und seinen greifbaren Feindbildern verblassen vor der Macht des globalen Monopolkapitals. Auch wir Nazifeinde akzeptieren die Übermacht des “GloMoKap” – wir wüssten gar nicht wo bei uns selbst anzufangen – also konzentrieren wir uns lieber auf die Kleinkarierten.
Die ostdeutschen Innenstädte strotzen vor Prunkbauten der Weltkriegs- und Wendegewinner_innen: Personalleasingagenturen, Banken, Einkaufszentren, Sexshops, Casinos, in besseren Lagen auch mal ein Bioladen. Als die Jobs verschwanden, kamen die Waren. Arbeitslosigkeit und “Ausländerfeindlichkeit” wurden zum “Wendekrebs”. Jetzt tun mir die Nazis schon wieder leid. Sind ja eh nur Deutsche hier um gegen ihre peinlichen Volkskameraden zu demonstrieren.
Sicher, die Randale ist toll, die Bullen sind auch wirklich Arschlöcher. Sogar aus Hessen und Berlin kommen die Hundertschaften. Sie lotsen die Nazis auf die rechte Seite der Elbe, die Linken auf die linke. Nach einer Hetzjagd durch ein altes Industriegebiet blockieren Gegendemonstrant_innen – Randgruppen der Mitte – Punks, Autonome, die freundlichen Verdächtigen – die Bahnbrücke über die Elbe. Somit steht der Regionalzug mit dem Großteil der Nazis auf der linkselbischen Seite still.
Mehr als 500 Demonstrant_innen blockieren den einzigen möglichen Ausstiegsbahnhof Magdeburg-Neustadt mit einer Tanzveranstaltung. Vom Lautsprecherwagen dröhnt Minimal House, der DJ sieht aus wie Dr. Motte. Liebesbotschaften zieren die Northfacejacken der Tanzenden. Auf dem Gleis steht der Regionalzug mit den Sonnenbrillen tragenden Glatzköpfen. Aus einem Erstgeschossfenster am Bahnhofsplatz beobachten zwei alte Männer den Karneval. Diese eine Bruchbude von vielen in der Nachbarschaft ist das Gebäude der Magdeburger Synagogengemeinde. Die Männer sehen skeptisch aus. Was wollen diese Kartoffeln schon wieder?
Nachdem gegen 15 Uhr der Zug mit den Nazis aus der Magdeburger Innenstadt verschwunden ist und der Verfolgungsweg von den Polizisten blockiert ist, beginnt die Triumphparade. Auf dem Marsch zum Bahnhof gibt es einen lustigen Zwischenfall: Sechs oder sieben Studis laufen vor einem Korso von Polizeitransportern auf den Tramgleisen. Aus dem ersten Wagen steigt ein gepanzerter Schläger aus, um die “Hippies” zur Seite zu prügeln.
Das gelingt ihm auch zuerst, aber als er gerade den letzten Demonstranten in den Demozug schubst, tackelt ihn ein schmaler, junger Mensch mit voller Wucht. Der Gepanzerte fällt voll auf die Fresse und braucht einen Moment, um wieder aufzustehen. Der Kleine nutzte den kurzen Schock und verschwindet in der Menge. Da alle Bullen schwer gepanzert sind, kann ihm auch keiner hinterherlaufen.
Der große Demozug wird kurz vor dem Hauptbahnhof wieder von den Bullen gestoppt. Der Lautsprecherwagen spielt statt aggressiver Propaganda immer noch einlullende Tanzmusik. Auf der Laderampe zappelt eine betrunkene Erstsemesterstudentin mit leerem Blick vor einer Kiste leerer Bierflaschen. Wie viele andere Kleingruppen bricht auch meine zur dezentralen Randale auf.
Auf einer großen Kreuzung haben ssich ein Transporter und ein Streifenwagen der örtlichen Polizei, erkennbar am verzeifelten “Verstärkung gesucht” Schild an der Seitentür, in eine größere Gruppe Demonstrant_innen verbissen. Ein älterer Bulle mit Signalweste, ohne Einsatzpanzer, hat gerade seine Pistole gezogen. Einige Vermummte hielten Stöcke und Steine. Die Kolleg_innen sitzen noch im Wagen. Nach Zurufen aus dem Wagen und aus der Menge, steigt der Alte wieder ein, die zwei Autos rauschen ab. Jemand wirft dem Transporter noch einen Stein an die hintere Stoßstange.
Inzwischen hat sich ein großer Zug gebildet. Bald rauschen dutzende Mannschaftswagen an uns vorbei, Leute zünden ein Mülltonnen an, verbarrikadieren die Straße. Ein wütender Bulle rennt allein aus dem Wagen und schubst wahllos Zuschauer_innen. Bis auf die Mülltonnen bleibt die Mikroheimat der Genossenschaftsbau-Bewohner_innen geschont, aber selbst diese “chaotischen” Zustände entlocken den Wutbürger_innen nur Unverständnis. Anarchie ist für sie schlimmer als Diktatur, so bevorzugen sie Hitler und Honecker der späten Weimarer Republik. “Wönn irschnwö Näzis üffmarschiern, wärüm söll ischn dänn Mülldüdn üffm Räsn lieschnhäm?”
Die Polizei greift zu Pfeffersprayattacken und Massenfestsetzungen. Eine Gruppe Demonstrant_innen wird im Schnellverfahren an der Backsteinmauer eines Netto-Markts abfotografiert. Als wir dieses schaurige Bild aufnehmen wollen, werden wir weggeschubst. Als wir die Repression kritisieren, wird uns angedroht “ebenfalls Teil der polizeilichen Maßnahme zu werden.” Ist ja kein Grund zu Besorgnis, wenn arische Bullen Protestierende in der Kälte stundenlang an die Wand stellen und degradierender Personalienaufnahme unterziehen.
Am Ende der freiheitlich-demokratischen Diskussionskultur steht die Gewalt. Im Schatten jeder Verhandlungsrunde lauern die Mörder. Ohne Gewaltpotential, kein Verhandlungspotential. Sei es in auf der Straße, in der Bezirksverordnetenversammlung oder in der UNO – politische Macht kommt aus dem Gewehrlauf. So können auch nur militante Gruppen der Politik Konzessionen abringen, selbst wenn später ihre gemäßigten Fürsprecher_innen die Verträge unterzeichnen. Aber allein um annehmbare Vertragsbedingungen zu bekommen, braucht man einen “Drohstoff” als Tauschware.
Die meisten Bürger_innen merken schnell, dass Widerstand zwecklos ist, so finden sich auf Demos, die was verändern wollen, somit auch “radikal” sind, größtenteils nur Kinder der Privilegierten. Unsere Eltern sind die Arbeitgeber_innen und Armutsverwalter_innen der Proleten, die später zwischen Polizei und Parkbank wählen können. Das muss die autonome Linke leider bedenken, wenn sie gegen Nazis protestiert. Wir hassen “den Pöbel” ebenso wie die Eliten. |
Ähm...
Wie wärs mal, wenn du weniger Drogen konsumierst? Der Text ist grauenhaft und hat so viel mit Politik zu tun wie der Partywagen, auf dem Joints am Fließband gedreht wurden, exzessiver Drogenkonsum propagiert wurde und wo noch ein fahrbarer Bratwurststand mitgefahren ist.
Bei dir sind einige Rädchen nicht mehr ganz rund, was deine unsäglichen Kategorisierungen im Text beweisen ("Kartoffeln", "arische Bullen", Ossi-Hass usw.).
Und vergesse nicht:
Nicht von dir selbst auf andere schließen. Dein Subjektivismus ist zum Kotzen. Bleib bloß in der Hauptstadt!
Kleinkariert
Grauenhaft? Nö. Ist doch ganz schick der Text, auch wenn er nicht durchgehend im Szenejargon geschrieben is.
Subjektiv isser. Soll er so wie ich ihn verstanden hab auch sein. Naja, ich nehm mir auch raus Kartoffeldeutsche als Kartoffeldeutsche zu bezeichnen. Wenn du dich davon angegriffen fühlst, ist das ganz allein dein Problem.
Aber...
..er ist doch extra mitgefahren um dieses Meisterwerk zu schreiben
und es dann bei Indy hinzukotzen !
So grauenhaft wie die Wirklichkeit eben ist
Ich weiß ja nicht wo du herkommst und in was für Zusammenhängen du unterwegs bist, aber ist doch viel Wahres dran an dem Text. Ist meiner Meinung nach recht ehrlich geschrieben, ohne die Sache in so ne politische Sprache zu verpacken.
Und was deinen größten Aufreger angeht "Wir hassen "den Pöbel" ebenso wie die Eliten." gibts mehrere Sachen anzumerken:
1.) in gewissen Antifa-Kreisen Ostdeutschlands trifft das einfach mal zu - wenn nicht gar der Pöbel noch mehr gehasst werden als die Eliten. Nicht das ich das genauso sehe, oder irgendwie toll finde... Pöbel heißt hier in der Provinz eben nicht "Arbeiterklasse", Pöbel bedeutet hier eben auch Pogrom, der Pöbel hier hat kein Problem mit den netten Kameradschafts-Nazis von nebenan.
2.) eher politisch ausgedrückt: Das sich die Verhältnisse nicht ändern, alles so schrecklich bleibt wie es ist, liegt nicht nur am "Kapitalisten". Solange das Proletariat das bleibt was es ist, solange wird der Kapitalismus bestehen bleiben. Wenn das Proletariat sich selbst abschafft wird auch der Kapitalismus nicht mehr existieren. Wenn also der Pöbel aufhört Pöbel zu sein, wir nicht mehr für Geld arbeiten gehen, wir das was wir "produzieren" nicht mehr für Profit weggeben, usw. So gesehen spricht nichts dagegen "den Pöbel" zu hassen, nicht die Menschen - aber die Funktion die sie erfüllen um dieses ganze Scheißsystem am laufen zu halten.
Danke, danke, danke...
für diesen Beweis, dass es in der Linken noch Menschen gibt, die literarisch anspruchsvolle Texte schreiben können - unabhängig davon, ob man nun alle Standpunkte teilt. War schön, diesen Text zu lesen!
was fehlt:
Was leider fehlt ist das absolut peinliche Rumgeprolle einiger Berliner Reisegruppen am Abend im Hauptbahnhof. Stichwort Weißensee gegen Spandau.
Geht zum Fußball, ihr Vollidioten!
Wer "hier regiert die bunte Kuh!" und ähnlichen Schwachsin meint grölen zu müssen, verrät übrigens einiges über seinen Hang zur Selbstdarstellung.
Breitlatschen
Das hier "öffentlich" zu bewerten und mit Namen und Orten zu dokumentieren macht es nicht besser.
Natürlich nerven solche Aktionen, stimme ich dir zu aber vllt. ist der Effekt von Kritik größer wenn einfach mal abgewartet wird bis sich die Situation beruhigt und ein kurzer Hinweis an die Menschen erfolgt. Manchmal bedarf es nur solch einen Schritt...
Scheiss Fotos
" Als wir dieses schaurige Bild aufnehmen wollen, werden wir weggeschubst."
Achso "IHR" gehört also zu den Menschen die meinen, das es sinnvoll ist mit einer Kamera an einer Gruppe Menschen die grade festgenommen wird, und somit eh schon unter stress steht, vorbei zugehen und Fotos oder Videos zu machen??
Sowas ist echt das letzte im ernst. Egal zu welchem zweck, nicht alle haben bock drauf nach einem Demo tag auf Flicker oder Youtube zuladen nur weil sie vestgenommen, verprügelt oder sonst was wurden.
Nochmal an alle Menschen die zu Demos fahren lasst diese scheiss filmerei, es hielft einfach niemanden!!!
selber schreiben?
liebe kritikerInnen,
sinnvolle kritik ist ja schön und gut, aber stumpfes haten führt doch zu nichts.
schreibt doch selbst berichte über magdeburg und versucht, die situation passend zu beschreiben.
meiner meinung nach trifft dieser artikel die impressionen von samstag ziemlich gut.