[TÜ] Spontankundgebung am Knast

Knast

Am heutigen Abend versammelten sich gegen 21 Uhr knapp 10 Menschen vor dem Untersuchungsknast in Tübingen um den Gefangenen solidarische Grüße zu überbringen und für eine Welt ohne Knäste zu demonstrieren. Mit einem Transparent „Für eine Gesellschaft ohne Knäste“ und einem verlesenen Grußwort an die Menschen im Knast machten die Aktivist*innen auf ihr Anliegen aufmerksam.

 

Die mit reichlich Pyrotechnik untermalte Aktion stieß bei den Gefangenen auf Zuspruch. Durch Zurufen bedankten sie sich bei den Demonstrant*innen. Die Besatzung der mit einiger Verspätung eintreffenden Streifenwägen konnte die Teilnehmer*innen der sich schnell wieder aufgelösten Kundgebung nicht mit Repressalien überziehen.

Für ein schöneres 2014!

 

Hier das verlesene Grußwort:

“Hallo liebe Menschen hinter den Mauern dieser Welt, wir stehen hier draußen in relativ beschissenen, gewalttätigen Verhältnissen. Ihr seid dort drinnen, unter noch beschisseneren und ebenso gewalttätigen Verhältnissen. Hinter dicken Mauern und Stacheldraht. Ihr sitzt dort, weil ihr gegen vorgegebene Gesetze verstoßen habt, aus welchen Gründen auch immer. Ihr sitzt dort, weil ihr euch nicht an die Regeln des Staates gehalten habt. Knäste stellen eine extreme, brutale und widerliche Form der Herrschaftsausübung und Unterdrückung des Staates im Kapitalismus dar.
Wir stehen hier draußen, weil wir eine Gesellschaft erreichen wollen, in der es kein Eigentum, keine Grenzen, aber auch keine Herrschaft von Menschen über Menschen, keinen Sexismus, keine Homophobie, keinen Rassismus und keine anderen Unterdrückungsmechanismen, und somit auch keine Knäste mehr gibt!
Wir stehen nicht hier draußen um uns bedingungslos mit jedem Gesetzesbruch zu solidarisieren. Gleichzeitig halten wir das Einsperren von Menschen für keinen sinnvollen Umgang mit Gewalttaten und sind davon überzeugt, dass Wegsperren nichts ändert.
Wir stehen hier draußen, um euch unsere Solidarität auszudrücken, euch weiterhin viel Mut und Durchhaltevermögen und ein besseres 2014 zu
wünschen!
Für den Kommunismus! Für die Anarchie!"
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Tolle Sache und liebste Grüße aus Freiburg ;)

Ihr sitzt dort, weil ihr euch nicht an die Regeln des Staates gehalten habt. Knäste stellen eine extreme, brutale und widerliche Form der Herrschaftsausübung und Unterdrückung des Staates im Kapitalismus dar.

Regeln, Gesetze und Strafen gab und gibt es in jeder Gesellschaftsform, von den frühantiken Stämmen bis zu allen sozialistischenund kommunistischen Staaten, das nur auf den Kapitalismus zu verengen ist schon sehr scheuklappig.

 

Gleichzeitig halten wir das Einsperren von Menschen für keinen sinnvollen Umgang mit Gewalttaten und sind davon überzeugt, dass Wegsperren nichts ändert.

Die Diskussion, welche Strafen für ganz allgemein gesprochen unerwünschtes Verhalten angemessen sind - und da gibt es schon immer mehrere Perspektiven, nämlich Opfer, Täter und Allgemeinheit - ist uralt und weit. Sich nur gegen Knäste auszusprechen, ohne Alternativen aufzuzeigen, ist ziemlich einfach.

 

Für den Kommunismus! Für die Anarchie!

Was was denn nun? Das sind zwei komplett unterschiedliche Dinge, der Kleinkünstler und das Känguru haben sich deshalb schon mehrfach geprügelt.

1 - Knäste waren noch bis weit in die Neuzeit etwas eher Seltenes, auch Kerker und Verliese hatten nicht die Funktion heutiger Gefängnisse (dafür gab's mehr Körperstrafen und es wurde auch recht exzessiv hingerichtet). Vorläufer der heutigen Knäste waren eher die "Arbeitshäuser", in denen im 18./19. Jhd. missliebige Bevölkerungsgruppen zur Zwangsarbeit interniert wurden. Der Knast ist also von der historischen Entwicklung her gesehen der Bruder der Fabrik -- und damit durchaus mit der Entwicklung des heutigen Kapitalismus verbunden! (Womit auch erklärt ist, warum es ihn auch in nominell nicht kapitalistischen Staaten weiterhin gab/gibt -- da gibt's ja auch Fabriken. Aber ich halt jetzt hier keinen Vortrag über Staatskapitalismus.)

 

2 - Das ist tatsächlich erst der Anfang eines Diskussionsprozesses über das ob und wie gesellschaftlicher Normierung. Aber immerhin ein Ansatzpunkt. Allgemeine Diskussionen gehen doch meistens davon aus, dass man sich an einem konkreten Missstand stört.

 

3 - Schon mal was von Anarchokommunismus gehört?

1. Ja, bekannt, daß Knäste etwas relativ neues sind - und sie galten als zivilisatorischer Fortschritt, im Vergleich zu Verbannung, Exil, Steinbruch, Hand ab oder Kopf ab. Tatsächlich spannend ist die Idee, Knäste parallel zu Fabriken zu sehen.

 

2. Wenn die Entwicklung nun weiter geht, und immer mehr Menschen statt in Fabriken als zuhause oder mobil arbeiten - ist dann die elektronische Fußfessel die entsprechende Sanktionsmaßnahme?

 

3. Kurz nachlesen...liest sich interessant, aber bei der heutigen Bevölkerungsdichte, der heutigen Komplexizität der Infrastruktur und vielen weiteren Gründen würde das wohl nicht klappen. Da hat wohl das Känguru Recht, das würde nur zu Chaos führen.

2. Ja, das ist wohl die aktualisierte Variante des Geschwisterpärchens Knast/Fabrik. Schon irgendwie ne Horrorvision. Sie schauen aus wie freie Menschen, aber in Wirklichkeit dürfen sie sich nur auf genau vorgegebenen Bahnen bewegen...

 

3. Im Gegenteil, mit zunehmender Komplexität funktioniert zentrale Planung immer weniger. Es wird immer wichtiger, dass immer mehr Leute selbstverantwortlich mitdenken und das nicht den Kängurus überlassen.