25 zu 24: Freiburger Gemeinderäte beschließen Kommunalen Ordnungsdienst

Erstveröffentlicht: 
26.11.2013

Lärmkonflikt

Knapper geht es nicht: Mit 25 zu 24 Stimmen hat der Freiburger Gemeinderat nach einer leidenschaftlich geführten Debatte beschlossen, dass ein Kommunaler Ordnungsdienst eingeführt wird.

 

Von: Joachim Röderer

 

Es ist lange her, dass im Freiburger Gemeinderat bei einem wichtigen Thema eine so knappe Entscheidung gefallen ist. Mehr als drei Stunden hatten die Stadträtinnen und Stadträte über den Konflikt um den Lärm in der Altstadt debattiert (Liveticker zum Nachlesen). Am Ende hat eine einzige Stimme Mehrheit bei den vollzählig anwesenden 48 Gemeinderäten den Ausschlag gegeben: Freiburg bekommt nun einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD).

 

CDU, SPD, FDP und Freie Wähler stimmen dafür, die Grünen, die Unabhängigen Listen und die Grüne Alternative dagegen – ebenso wie Oberbürgermeister Dieter Salomon. Von den Fraktionen pro KOD hatte lediglich SPD-Rätin Karin Seebacher mit "Nein" gestimmt. Ihr Fraktionskollege Hans Eßmann votierte bei der namentlichen Abstimmung – trotz Bedenken – mit Ja.

Befürworter wollen einen KOD "in Freiburger Manier"

Wie der Kommunale Ordnungsdienst aussehen wird, wie viele Mitarbeiter er haben wird und welche Befugnisse diese haben – all dies soll im kommenden Frühjahr entschieden werden. Die Rede war zuletzt von etwa zehn KOD-Mitarbeitern. Die Kosten dafür werden auf rund 500.000 Euro plus Nachtzuschläge taxiert. Die Befürworter wollen einen KOD "in Freiburger Manier". Kritiker im Gemeinderat warfen den vier Fraktionen mit der Mehrheit vor, sie hätten komplett unterschiedliche Auffassung, wie eine städtische Polizei aussehen und was sie leisten solle.


Drei Stunden lang hatten die Räte und die Verwaltungsspitze ebenso leidenschaftlich wie kontrovers diskutiert. Rund 60 Besucherinnen und Besucher verfolgten die Diskussion und die Abstimmung von der Empore des Sitzungssaales.

Takt der Nachtbusse wird an Wochenende erheblich verkürzt

Beschlossen wurde auch, dass der Takt der Nachtbusse an Wochenende von 71 Minuten auf eine halbe Stunde verkürzt werden soll – möglichst schon zum Fahrplanwechsel im März 2014. Geprüft werden soll, ob die Busse dann am Platz der Alten Synagoge bei der Universität abfahren können.

 

Zudem soll die Verwaltung ein Gaststättenkonzept vorlegen. Dabei soll geprüft werden, ob für einzelne Gaststätten die Öffnungszeiten verlängert (bis hin zur Aufhebung der Sperrzeiten) oder verkürzt werden können. Eine generelle Sperrzeitenverlängerung stand nicht mehr zur Debatte. "Wir sind selbst nicht so richtig hinter dem Vorschlag gestanden", gestand OB Dieter Salomon zum Vorschlag aus der Sitzungsvorlage ein. Zwischen Gastronomen, Anwohnern und Stadt soll auch ein Aktionskreis gegründet werden, um Konflikte zu entschärfen.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Ordnungsdienst-Entscheidung
 

MÜNSTERECK: Die Lücke schließen

Es war eine der intensivsten und besten Debatten seit langem im Stadtparlament. Man kann mit gutem Recht gegen eine Stadtpolizei argumentieren. Genauso gut kann man aber ein "leidenschaftliches Plädoyer für das weitere Nichtstun" (FDP-Rat Patrick Evers) sehen, wenn der größten Fraktion im Rat nicht viel mehr einfällt, als den 150. Brief ans Land zu schreiben, die Regierung möge doch bitte die Polizei in Freiburg aufstocken. Klar ist doch: Die Freiburger Polizei hat längst offen die Malaise eingestanden. Sie kann die Sicherheitslücke nicht schließen. Es gibt in manchen Nächten, an manchen Stellen der Altstadt rechtsfreie Räume. In diesen Nächten nach 2 Uhr in der Frühe ist Freiburg eine andere Stadt, die als Breisgau-Ballermann sich selbst überlassen wird. Es erscheint als eine nachvollziehbare Entscheidung der Ratsmehrheit, wenn nun mit Personal auf Kosten der Stadt die bestehende Lücke geschlossen, um den Anwohnern einen Schritt entgegen zu kommen. Es wird trotzdem weiter auf Prävention, auf Kommunikation, auf Toleranz ankommen. Aber ganz am Ende ist manchmal eben auch Repression angesagt, wie ein grüner Oberbürgermeister einer anderen süddeutschen Universitätsstadt einmal gesagt hat. Ein Kritikpunkt ist berechtigt: Die Befürworter des Ordnungsdienstes im Rat hätten ihre Vorstellungen zur Stadtpolizei präzisieren müssen – etwa mit Blick auf die Modelle in Tübingen oder Heidelberg. Die gelten auch mit Stadtsheriffs als liberale Städte. Nach allem, was man weiß, haben auch diese Kommunen bei weitem nicht alle Probleme gelöst. Aber sie haben die ärgsten Auswüchse eingedämmt. Das ist schon sehr viel mehr als nichts. Warum soll Freiburg mit einer ähnlich maßgeschneiderten Lösung nicht der gleiche Erfolg gelingen?

 

Do, 28. November 2013
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.
Von: Joachim Röderer