Amtsgericht Freiburg
Anti-Nato-Demonstrant wegen Rauchbombe verurteilt
Weil er während der Freiburger Anti-Nato-Demo am 30. März einen sogenannten Rauchkörper warf, hat das Amtsgericht einen 21-Jährigen zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Ein Polizeibeamter hatte den Angeklagten als Werfer identifiziert.
Gut 2000 Menschen demonstrierten an jenem 30. März in der Freiburger Innenstadt gegen den bevorstehenden Nato-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden. Begleitet wurden sie dabei von einem der größten Polizeiaufgebote, die die Stadt in den letzten Jahrzehnten erlebte. Vor der Demonstration hatte es Befürchtungen gegeben, die Situation könne eskalieren, doch der unangemeldete Protestzug verlief weitgehend friedlich.
Trotzdem stand gestern Vormittag nun ein Familienpflegeschüler aus Freiburg vor dem Amtsgericht. Der Vorwurf: Während die Demo durch die Kaiser-Joseph-Straße in Richtung Siegesdenkmal zog, habe er auf Höhe des Karstadt eine Rauchbombe in Richtung einer Gruppe von Polizisten geschleudert, die die Demonstration filmten. Die qualmende Kugel flog über die Gruppe hinweg, landete auf dem Dach eines Einsatzfahrzeugs und konnte dank des nahen Bächles von Beamten gelöscht werden; verletzt wurde niemand.
Noch während der Demonstration war der Angeklagte am Friedrichring festgenommen worden. Bei der Polizei hatte der nicht vorbestrafte Mann den Wurf abgestritten und erklärt, der Protest gegen den Nato-Gipfel sei seine erste Demo überhaupt gewesen. Vor Gericht schwieg er nun zu den Vorwürfen, äußerte sich lediglich kurz zu seiner Person und reagierte ansonsten nur mit gelegentlichem Lächeln oder leichtem Kopfschütteln auf die Schilderungen der vier als Zeugen geladenen Polizisten.
Wirklich Belastendes konnte nur einer von ihnen aussagen: Jener Beamte, der den Angeklagten schon während der Demo als Werfer erkannt hatte. Er habe in der Nähe des Angeklagten gestanden und filmende Kollegen geschützt, erklärte der Polizist. Der Angeklagte sei direkt hinter dem sogenannten Schwarzen Block an der Spitze des Zuges gelaufen und sei wegen seiner hellbraunen Jacke gut zu erkennen gewesen. Auch auf Nachfrage von Richterin und Verteidigerin blieb der Mann vor Gericht bei seiner Aussage: Er sei sich sicher, dass der Angeklagte den Rauchkörper geworfen habe.
Worum es sich bei der laut Zeugen etwa tennisballgroßen qualmenden Kugel aus Alufolie genau handelte, blieb vor Gericht offen: Der Gegenstand war nicht sichergestellt worden. Ebenso ungeklärt blieb, warum nur Fotos, aber keine Videoaufnahmen der Demo zur Verfügung standen. Diese befänden sich in der Abteilung Staatsschutz, erklärte ein Polizeibeamter im Zuschauerraum, seien aber nicht auf den Vorfall hin ausgewertet worden.
Der Richterin reichte jedoch die Aussage des Belastungszeugen. Da auch die Gefährlichkeit der Rauchbombe nicht ernsthaft in Frage stehe, verurteilte sie den Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und – weil er zeitweise ein Palästinensertuch vor dem Mund trug – einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Als Bewährungsauflage muss er 1200 Euro an die Polizeistiftung Baden-Württemberg zahlen.
Wegen Art und Bedeutung der Tat sei eine Freiheitsstrafe notwendig, begründete die Richterin ihr Urteil. Die Verteidigerin nannte die Entscheidung dagegen abwegig; sie werde mit ihrem Mandanten ernsthaft erwägen, in Berufung zu gehen.
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