[S] Vielfältige antikapitalistische Proteste gegen die Einheitsfeier

Ein Teil der Polizei-Trupps am morgen vor dem Linken Zentrum

Gut 400 TeilnehmerInnen auf antikapitalistischer Demo +  Proteste auf dem Bürgerfest + Spontandemo + mehrere militante Aktionen + ...
Aber auch weitreichende Repressionsversuche: massenhafte Personenkontrollen, mehrere Ingewahrsamnahmen, eine Hausdurchsuchung & Belagerung des Linken Zentrums

 

Der 3.Oktober in Stuttgart begann mit einer frühmorgentlichen Hausdurchsuchung bei einer Aktivistin, die, ohne dass Beweise hätten vorgewiesen werden können, mit einer Protestaktion gegen eine geschichtsrevisionistische Ausstellung über die DDR zwei Tage zuvor in Zusammenhang gebracht wird. Den Rest des Tages, bis etwa 20 Uhr, wurde sie unter fadenscheiniger Begründung in Unterbindungsgewahrsam gehalten. Noch am Morgen setzte die Stuttgarter Polizei diesen Repressionskurs fort, indem sie das Linke Zentrum mit mehreren Einsatzwägen umstellte und Personenkontrollen bei allen herauskommenden Menschen durchführte.

Ein kräftiges Zeichen der Solidarität wurde daraufhin von etwa 50 AktivistInnen der Bewegung gegen Stuttgart21 gesetzt. Nach einer Aktion in der Innenstadt gegen den Empfang von Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck, kamen sie mit Transparenten und Fahnen vor das Linke Zentrum, um gegen den Polizeieinsatz zu protestieren. Von dort ging es dann gemeinsam und ohne weitere Personenkontrollen zur Demonstration in der Innenstadt.

Gegen 14 Uhr begann der Auftakt der antikapitalistischen Demo am HBF. Es sammelten sich dort mehr als 400 AktivistInnen aus verschiedenen Spektren der linken Bewegung (Gruppen aus dem antinationalen, anarchistischen und autonomen Spektrum führten parallel eine Demonstration mit etwa 350 TeilnehmerInnen durch). Die antikapitalistische Demo zog unter den Blicken zahlreicher PassantInnen lautstark am Hauptbahnhof vorbei und wurde an der nächsten Kreuzung von einem großen Transparent, mit der Aufschrift "Die Wende? Kommt erst noch! Für den Kommunismus!" und einem Feuerwerk am Wagenburgtunnel begrüßt. Während der Demo gab es immer wieder kurze Redebeiträge, außerdem wurden zahlreiche Flugblätter und Zeitungen gegen die Einheitsfeierlichkeiten verteilt.
In ihrem Verlauf wurde die Demonstration immer wieder unter fadenscheinigen Begründungen – mal waren Knoten an Seitentransparenten das Problem, mal die Transparente an sich – von der Polizei gestoppt. Die DemoteilnehmerInnen ließen sich diese Schikanen  nicht bieten und setzten den Fortgang der Demo gegen die abriegelnden Polizeikräfte mehrere Male durch. Beim Stuttgarter Landgericht fand eine Zwischenkundgebung statt. Entschlossen ging es anschließend weiter in Richtung der Feierlichkeiten. Die nächste Kundgebung, bei der Reden von AktivistInnen der Frauengruppe Stuttgart, des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region und der Revolutionären Aktion Stuttgart gehalten wurden, fand am Rotebühlplatz statt, direkt bei dem mit Gittern abgeriegelten Fest. Sie wurde zur Abschlusskundgebung umgewandelt und die Demo vorzeitig aufgelöst.

Im weiteren Verlauf des Tages kam es zu mehreren Protest- und Störaktionen an Bundeswehr- und Polizeiständen im Festgelände. Mit kurzen Kundgebungen, Durchsagen mit dem Megafon, Flyern, Flugblättern und Plakaten vor den Infomobilen wurden die BesucherInnen über die reaktionären Aufgaben und Ziele der staatlichen Organe informiert. Große Teile des Polizei-Werbematerials wurden zudem unschädlich gemacht, was auch die zu spät anrückenden Trupps der Bereitschaftspolizei nicht mehr verhindern konnten. Nach einem erfolgreichen Flashmob gegen die deutsche Kriegspolitik an den Bundeswehr-Ständen wurden einige AktivistInnen für längere Zeit in das Untergeschoss eines Parkhauses gebracht, um sie dort abgeschirmt von der Öffentlichkeit zu kontrollieren, abzufilmen, zu durchsuchen und Platzverweise gegen sie auszusprechen. Der Großteil konnte jedoch ohne weitere polizeiliche Belästigungen in der Menschenmenge untertauchen. Am Abend kam es am Rande der Stuttgarter Innenstadt zu einer nicht angemeldeten Demonstration nach Stuttgart-Heslach, an der sich etwa 40 AktivistInnen beteiligten. Erst nach der Auflösung der Demo trafen dort Polizeikräfte ein und führten willkürlich Personenkontrollen durch.

Neben den Aktivitäten des antikapitalistischen Bündnisses, in Form von Veranstaltungen, Veröffentlichungen und der Demonstration, sowie den genannten Aktionen in der Innenstadt, gab es auch noch weiteren Widerstand gegen die Einheitsfeierlichkeiten: In den Tagen zuvor wurde ein Büro der CDU in der Innenstadt mit Farbe attackiert und ein Großteil der Bilder einer geschichtsrevisionistischen Ausstellung zur DDR entsorgt. Aktive der Bewegung gegen Stuttgart21 protestierten in der Innenstadt und machten an mehreren Orten den Widerstand gegen S21 präsent. Die groß angelegte, massive Repression und die Einschüchterungsversuche am 03.10. wurden am Abend von AktivistInnen mit einem Farbangriff auf Polizeifahrzeuge beantwortet. Zudem wurde berichtet, dass der auf dem Fest als Attraktion ausgestellte Gefangenentransporter der Polizei, vermutlich nach einer Aktion mittels Buttersäure, am Nachmittag wegen unerträglichem Gestank kaum noch zu begehen war.

Ausführlichere Nachbereitungen der Protestaktionen werden noch folgen, gegebenenfalls mit noch vollständigeren Auflistungen der gelaufenen Aktivitäten.



Danke an die Fotografen des Umbruch-Bildarchiv für einen Teil der verwendeten Fotos.

Homepage des antikapitalistischen Bündnisses:
www.dritterzehnter.blogsport.eu

Zeitung der RAS zur Mobilisierung:
www.revolutionaere-aktion.org/images/pdf/RAS-3okt2013-Web.pdf

In der Presse stark thematisierte Aktion gegen eine geschichtsrevisionistische Ausstellung:
www.linksunten.indymedia.org/de/node/96484

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Wenn ihr schon meint, dass ihr an der Spitze mit mehr Fahnen als Leuten laufen müsst, dann ist es einfach nur total sinnlos, da auch noch ein Stangentranspi zu tragen, weil's vor lauter Fahnen niemand mehr lesen kann...

Wie soll man bitte mit mehr Fahnen als Leuten laufen...wie ? wie ??? Jede/r mit 2 Fahnen in der Hand ? Und noch eine im Mund ? Ich bitte dich...

Was eine überspitzte Formulierung ist weißt du schon?

Und  nunja wenn  einem Selbstinszenierung mit möglichst vielen Fahnen wichtiger als die Vermittlung von Inhalten ist, kann man's mit der Politik auch gleich bleiben lassen. Oder einfach mal Kritik annehmen und es nächstes mal besser machen.

Aber schon klar, kindische Kommentare auf Indymedia sind einfacher als Selbstreflexion.

*

...oder einfach mal strategisch denken und aus deiner kleinen Traumwelt aufwachen und kapieren, dass eine Demo auch etwas hergeben muss, und die Inhalte haben die Passant_innen durchaus aufgenommen.

400.00 bis 500.000 feiern friedlich und fröhlich. 400 bis 500, Größenordnung Promille, gehen mit Cops rangeln, hauen ein bißchen auf Werbematerial ein und werben für politische Ideen, die seit langen Jahren bei keiner Wahl aus dem "Sonstige"-Bereich rauskommen.

 

Ist das wirklich (noch) der richtige Weg zu sinnvoller Kritik? Ist das eine brauchbare Außendarstellung? Macht man so Medienarbeit? Begeistert man so Menschen, oder kapselt man sich ab, um sich in der selbstgewählten Isolation nur noch selbst zu bestätigen? Was kommt unter dem Strich raus, als eine Handvoll Fotos?

was ist denn dein Vorschlag? du scheinst die massen agitation ja echt drauf zu haben also komm pack mal aus.

Und deine alternative zum Sozialismus denn du ja scheinbar für nicht mehr aktuell hältst.

Würd mich sehr interessieren was du stattdesen vorschlägst. Sich mit der kapitalistischen Herrschaft zu arrangieren wahrscheinlich.

Wahlergebnisse sind kein Gradmesser für revolutionäre Politik!
Höchstens lässt sich aus der sinkenden Wahlbeteiligung ablesen, dass vor allem die unteren Einkommensschichten keine Illusionen mehr in parlamentarische Reformpolitik haben.

Politik die Menschen begeistert, wird aktionistisch und die Begeisterung wird schnell zu Frust, wenn plötzlich nichts mehr geht.

 

In mühsamer Kleinstarbeit müßten mit den unteren Schichten des Proletariats Kampfformen gegen deren alltägliche Zumutungen entwickelt werden. Das heißt gemeinsame Hilfe am Arbeitsamt, Kämpfe am Arbeitsplatz gegen Niedriglöhne, Zeitarbeit, Stress. Dass kann natürlich keine Pop-Antifa oder eine Gruppe von Studenten aus der Mittelschicht leisten, sondern nur jemand der sich in der Ausbeutung bewegt wie ein Fisch im Wasser.
Aus solchen Alltagskämpfen könnte ein neues (Klassen-)Selbstbewußtsein entstehen, die Vereinzelung durchbrochen werden,...

Höchstens lässt sich aus der sinkenden Wahlbeteiligung ablesen, dass vor allem die unteren Einkommensschichten keine Illusionen mehr in parlamentarische Reformpolitik haben.

 

Dies könnte der Fall sein, wenn es den eine sinkende Wahlbeteiligung gäbe. Zuletzt nahm die Wahlbeteiligung aber noch zu.

 

Dass kann natürlich keine Pop-Antifa oder eine Gruppe von Studenten aus der Mittelschicht leisten, sondern nur jemand der sich in der Ausbeutung bewegt wie ein Fisch im Wasser.

 

Also kann das natürlich auch keine marxistisch-leninistische Organisation. In meiner Stadt bestehen die ML-Gruppen nämlich, wie alle anderen Linken Gruppen genauso, zu 90 Prozent nur aus Studierenden und KleinbürgerInnen. Hieße letztlich, dass man nun revolutionäre Arbeit dem kollaborationistischen DGB oder den mehr oder weniger unbedeutenden KleinstarbeiterInnen-Organisationen wie der FAU oder IWW überlassen müsste.

Also ich weiß ja nicht wo du wohnst, aber hier gehts um Proteste in Stuttgart, und zumindest diejenigen die an den antikapitalitstischen Protestaktionen teilnahmen waren tatsächlich Größtenteils ArbeiterInnen. Und Übrigens: Nicht alle StudentInnen (und übrigens auch SchülerInnen) entspringen der Mittelschicht. Da scheinst du offensichtlich was zu verwechseln.

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Nicht alle StudentInnen (und übrigens auch SchülerInnen) entspringen der Mittelschicht.

 

Das ist mir schon klar, nur ließ selbiges obiger Kommentar suggerieren. Bin ja selbst Student und im Gegensatz zu vielen der leninistischen Studierenden in meiner Stadt, die sich für so tolle ArbeiterInnenkinder halten, könnte ich ohne Bafög und Nebenjob es mir garnicht leisten zu studieren. Aber im grunde ist das ist das sowieso unerheblich, die Gründe warum der Klassenkampf hierzulande nicht im geringsten auf der Tagesordnung steht sind vielfältig, doch der Klassenhintergrund von Linksradikalen ist dabei bestensfalls eine kaum bedeutsame Nebenursache. Aber Umstände, auf die das determinierte Weltbild millenaristischer LeninistInnen keine adäquate Antwort weiß werden dann eben solange zurechtgebogen bis es irgendwie ins eigene Schema passt und für Fehler werden eben Sündenböcke gesucht. Und in diesem Fall wird  für die hierzulande herrschende Marginalität der Linken vermeintliche "Pop-Antifa-Gruppen" und "Mittelschichtkids" (die derzeit eig in Allen Linken Spektren in D. einen großen Teil ausmachen) verantwortlich gemacht.

 

Also ich weiß ja nicht wo du wohnst

 

Also ich bezweifle das es in Stuttgart groß anders ist. Aber die leninistischen KleinbürgerInnen in meiner Stadt reden sich auch oft ein was für tolle ProletarierInnen sie doch seien.

"Nicht alle StudentInnen (und übrigens auch SchülerInnen) entspringen der Mittelschicht." Zwar nicht alle - der überwiegende Teil jedoch schon. Dies belegen Studien. Zur ersten groben Veranschaulichung: "Von 100 Akademiker-Kindern studieren 77; von 100 Kindern aus Familien ohne akademischen Hintergrund schaffen nur 24 den Sprung an eine Hochschule." Dieses Verhältnis klafft noch weiter auseinander, so die Hürden Studienabschluss und hiernach die Erlangung einer leitenden Position gemeistert werden sollen. Die Aussiebung beginnt allerdings schon ab dem Ende der Grundschule ...

an die menschen, die diesen artikel gepostet haben und alle, die sonst noch photos von protesten und aktionen posten: so zu "verpixeln" wie das hier gemacht wurde, bringt leider gar nichts. erstens lässt sich das digital rekonstruieren, und zweitens erkennt mensch die leute auch mit bloßem auge bestens. der verfassungsschutz braucht so gar nicht mehr selber photographieren. im zweifelsfall echt lieber übermalen, oder eben so verwischen, dass dabei auch die proportionen wie augen/nase/mund-abstand verzerrt werden. sonst ist es kaum die mühe wert, es überhaupt zu machen.

 

aber wenn ihr die tollen leute von umbruch auf der demo photographieren lasst, landet ja eh jedes gesicht im internet... *kopfschüttel*

Klar, ohne die Fotos hier wären Bullen und VS natürlich total aufgeschmissen. Ist ja nicht so das die eh durchgängig mit zig Kameras filmen...

[Sarkasmus]Und weil das so ist, ist es natürlich total sinnlos Gesichter zu verpixeln/auszuschneiden/zu löschen....und sowieso, die Leute brauchen ja gar nicht erst versuchen anonym zu agieren da die Bullen ja eh alle kennen, am besten tragen dann jetzt alle Leute Schilder mit Namen und Addressen auf Demos herum weil die Bullen wissen ja eh wer sie sind.

 

Aber konstruktive Kritik an Fotoarbeit einiger Leute ist ja wirklich TOTAL sinnlos und überzogen.

 

[/Sarkasmus]

Schau dir die Leute an, ihre Klamottenfarbe, auf welcher Höhe die Transpis gehalten werden. Merkst was? Wir haben zum Glück nix mehr mit dem Kaspertheater der letzten Jahre zu tun. Und wenn wir nicht gerade Action machen stehen wir auch mit unseren Gesichtern für unsere Sache ein!

Das Argument, dass Leute für ihre Politik Gesicht zeigen, zählt für mich nicht. Ihr habt das ganz sicher nicht mit der Demonstration vorher abgesprochen, deshalb werden auch Leute durch diese Argumentation vereinnahmt, die keine Einwilligung dazu gegeben haben, dass ihre Fotos veröffentlicht werden.

Ich habe überlegt, ob ich (wie so oft bei Artikeln aus Stuttgart), die Fotos wegen der schlecht verpixelten Gesichter löschen soll/muss. Ich habe mich in diesem Fall dagegen entschieden, weil zumindest verpixelt wurde, wenn auch teilweise sehr schlecht. Ob die schlechte Verpixelung Inkompetenz oder Absicht ist, weiß ich nicht.

Bitte nur zu, aber hört dafür in Zukunft auf rumzuflennen und um Solidarität zu betteln, wenn eure Leute wieder in den Bau einfahren.

niemand bettelt um solidarität und es ist auch noch nie jemand wegen unverpixelten bildern eingefahren.

du hast es also geschafft, in einem satz gleich zwei mal quatsch zu schreiben und null mal was vernünftiges.

Überwältigend was am 03.10. in Stuttgart von roter Seite aus alles gestartet und auf die Beine gestellt wurde! Weiter so Genossen! Blutrote Grüße zurück ;)