Definitionsmacht aus Betroffenensicht

Als Reaktion auf unseren Text gegen die Angriffe auf die Definitionsmacht auf Indymedia haben wir eine anonyme Zuschrift bekommen, in der wir gebeten werden, den folgenden Text über dieselben Kanäle zu veröffentlichen, die unser Artikel Märchenstunde auf Indymedia genommen hat. Wir halten viele Gedanken des Textes für richtig und eine persönliche Perspektive aus Betroffenensicht für eine große Bereicherung. Wir veröffentlichen und anonymisieren ihn an dieser Stelle mit Einwilligung des*der Autor*in.

Nach den letzten Debatten auf linksunten.indymedia, die alle eher theoretisch geführt wurden, ist das hier ein persönlicher Beitrag.

Im Gegensatz zu den vorher genannten Texten spreche ich hier nicht über fiktive, konstruierte Beispiele, sondern über Ereignisse, die tatsächlich passiert sind. Das ist auch einer der Gründe, warum dieser Text anonym ist: ich möchte nicht offenlegen, um welche Personen es geht. Ich möchte weder selbst erkannt werden, noch möchte ich, dass die Täter (im weitesten Sinne) geoutet werden.

 

Ich war selbst schon Betroffene von sexualisierter Gewalt und von (sexuellen) Grenzüberschreitungen, auch innerhalb von linksradikalen Kreisen.
Ich war auch schon Unterstützerin, wenn die Grenzen anderer FLT* überschritten worden waren.

Aber erst mal allgemein: Grenzüberschreitungen sind kompliziert [1]. Es ist nicht immer von Anfang an klar zu sagen, wo genau eine persönliche Grenze verläuft, da Frauen so sozialisiert werden, dass ihnen die Wahrnehmung und den Respekt für ihre eigenen Grenzen systematisch aberzogen wird und ihr Nein! im Laufe der Sozialisation immer wieder unterhöhlt oder schlichtweg ignoriert wird beziehungsweise ihnen beigebracht wird, dass „Nein!“ nicht erwünscht ist [2].

Dazu kommen mit einiger Wahrscheinlichkeit noch frühere Gewalterfahrungen, die nicht immer bewusst sind und die dazu führen können, dass von anderen als völlig „harmlos“ eingeschätzte Handlungen für die Betroffene sehr bedrohlich wirken.
Außerdem gibt es in allen Gruppen (ausdrückliche oder informelle) Hierarchien, die das Ablehnen oder sich Wehren und die Konfrontation danach schwierig bis unmöglich machen können.

Also: Bei Grenzüberschreitungen, und insbesondere bei sexualisierter Gewalt, spielen gesellschaftliche Machtverhältnisse, Hierarchien und persönliche Vorerfahrungen eine wichtige Rolle [3].

Besonders kompliziert wird Gewalt, wenn sie von Leuten kommt, denen mensch nahe steht und denen mensch vertraut hatte, wie es bei sexualisierter Gewalt meistens der Fall ist [4].

In allen Fällen, in denen meine Grenzen sexuell überschritten wurden, konnte ich mich im Nachhinein zunächst nicht an die konkrete Situation erinnern. Und damit meine ich nicht, dass ich die Situation als unproblematisch empfand und dann später plötzlich als problematisch. Sondern ich wusste tatsächlich nicht mehr, was passiert war. Ein diffuses Gefühl, dass irgendwas nicht in Ordnung war, war zunächst alles. Mit etwas zeitlichem oder räumlichen Abstand kam dann die Erinnerung an die Situation zurück und ich konnte wieder sagen, was passiert war.
(Das betrifft nicht nur Situationen mit sexualisierter Gewalt. Als mein Exfreund mich körperlich angegriffen hatte, konnte ich mich einen Tag lang daran nicht erinnern. Es kam erst wieder, als ich eine_r Freund_in davon erzählte, wie mein Besuch bei ihm gewesen war. Die Stunden unmittelbar nach seinem Angriff wusste ich nichts mehr davon.)

Und mit der Erinnerung an die Angst und das Unbehagen und den Schmerz kam die Frage, wie ich damit umgehen sollte.

Es soll in diesem Text nicht um die Situationen gehen, die ich eindeutig als Vergewaltigung bezeichne, in denen ich mir sicher bin, dass der Täter ziemlich sicher wusste, dass ich das, was er getan hat, nicht wollte, und es ihm vermutlich einfach nur egal war.
Sondern ich möchte über die Situationen schreiben, die irgendwie so waren, dass es zumindest möglich oder wahrscheinlich ist, dass die andere Person nicht wahrgenommen hat, dass ich das nicht wollte. Die Situationen, in denen Mist passiert ist, aber ich davon ausgehen kann, dass es zumindest keine Absicht war, sondern mangelnde Achtsamkeit und dumm gelaufen. Das soll das, was passiert ist, weder entschuldigen noch verharmlosen. Es wäre nicht passiert, wenn sie das Zustimmungskonzept beachtet hätten, und es hätte mir wirklich viel Mist erspart.

In diesen Fällen habe ich – nach etwas Zeit, je nachdem, wann die Erinnerung zurückgekommen war und ich darüber sprechen konnte – den jeweiligen Täter auf die Situation angesprochen.

Rückblickend fällt mir auf, dass deren Reaktion mindestens so einschneidend war wie die ursprüngliche Situation. Wenn der Täter abwehrend reagierte, meine Erfahrung in Frage stellte oder mir die Schuld am Geschehenen zuschrieb, machte das die Situation deutlich schlimmer. Das war teilweise sogar heftiger, als die eigentliche Grenzüberschreitung.

Hinzu kam noch die Enttäuschung darüber, dass Menschen, die sich selbst als politisch links, profeministisch, antisexistisch und so weiter inszenierten, nicht nur meine Grenzen überschritten hatten, sondern offensichtlich noch nicht einmal in der Lage waren, darauf halbwegs passend zu reagieren.

Wenn derjenige mir zuhörte und meine Erfahrung anerkannte, dann war damit zwar nicht automatisch alles gut, aber es war zumindest möglich, darüber zu sprechen und damit einen Umgang zu finden.

Anerkennung von Definitionsmacht ist für mich eine notwendige Voraussetzung für eine Auseinandersetzung damit, was passiert ist. Wenn der Täter nicht verstehen will, was er mir angetan hat, wie sollte er darüber reflektieren können? Wie könnten wir eine politische Lösung finden, wenn wir nicht einmal die Grundlage teilen, dass meine Grenzen wichtiger sind als sein Vergnügen [5] und dass meine Wahrnehmung genauso viel wert ist wie seine [6]? Wie sollte ich einen Menschen ernst nehmen, der der Meinung ist, dass er mehr wert ist als eine Frau*? Wie könnte eine Person in einer linken Gruppe mitarbeiten, die einen zentralen Grundsatz – nämlich dass alle Menschen gleich wichtig sind – nicht teilt?

Eine Grenzüberschreitung bedeutet immer, dass einer Person die Macht über ihren Körper und/oder ihr Leben weggenommen wurde. Das wichtigste ist daher, der betroffenen Person ihre Entscheidungsmöglichkeiten zurückzugeben. Definitionsmacht bedeutet auch, dass nichts gegen den Willen der Betroffenen passiert.
Das kann auch heißen, dass der Täter vielleicht gar nicht konfrontiert wird oder viel weniger Konsequenzen gezogen werden, als Außenstehende manchmal für angemessen halten.

Leider existiert auch in der linken Szene die Vorstellung, dass es ein „richtiges“ Verhalten für Betroffene sexualisierter Gewalt gibt. Weicht eine Person von diesem vorgeschriebenen Weg ab, wird ihr häufig nicht mehr geglaubt. Dieses Bild entspricht im Wesentlichen dem, was auch die bürgerliche Gesellschaft von Vergewaltigungsopfern erwartet: (Bsp: Sofort nach der Tat sicher zu sein, dass es eine Vergewaltigung war, sofort zur Polizei gehen, und so weiter) Wer sich daran nicht hält oder diesem Bild nicht entspricht, deren Glaubwürdigkeit wird angezweifelt.

So wird von der Betroffenen beispielsweise erwartet, dass sie allen Kontakt zum Täter abbricht. Besteht weiterhin Kontakt, so wird das oft dazu genutzt, sie als unglaubwürdig oder den Vorfall als „nicht so schlimm“ darzustellen.
Aber ein totaler Kontaktabbruch ist nicht für alle Betroffenen das, womit es ihnen am besten geht [7]. Es gibt viele Situationen, in denen eine andere Regelung besser sein kann. Zum Beispiel kann es sein, dass die Betroffene dem Täter nicht auf Parties begegnen möchte, um dann nicht mit dem Geschehenen konfrontiert zu werden, aber es für sie relativ unproblematisch ist, ihm bei Demos zu begegnen – oder umgekehrt. Gerade wenn der Täter der Betroffenen sehr nahe steht/stand, kann „Abstand halten“ auch unerwünscht sein, weil es bedeutet, dass nicht nur ihre Grenzen überschritten wurden, sondern dass sie durch das Thematisieren der Grenzverletzung auch noch einen für sie wichtigen Menschen verliert. Letzten Endes kann nur die Betroffene selbst entscheiden, was in ihrer Situation das beste ist.
Es ist wichtig, dass Betroffenen geglaubt wird, auch wenn ihre Entscheidungen anders ausfallen als das Klischee sagt. Ebenso entscheidend ist es, dass Betroffenen nicht ständig nahegelegt wird, dass sie den Kontakt komplett abbrechen, sondern dass ihre Entscheidung respektiert wird, egal wie sie ausfällt – und dass klar ist, dass sie ihre Entscheidung auch wieder ändern können. Auch deshalb ist Defma wichtig: sie ermöglicht Betroffenen, selbst zu entscheiden, wie und ob sie mit der Tat und ihren Folgen umgehen wollen.

Von Defma-Gegner_innen wird ja oft behauptet, dass Defma linke Gruppe schädige oder ähnliches. Ich finde das Argument ziemlich problematisch. In letzter Konsequenz verlangt es nämlich von mir, meine Körperautonomie einer Gruppe unterzuordnen (an sich schon nicht wirklich progressiv...), aber vor allem einer Gruppe, die es offensichtlich nicht schert, wenn ich vergewaltigt werde. So etwas kann natürlich kein linker Ansatz sein. Dennoch gehe ich hier kurz darauf ein, wie die Anwendung von Defma auf Gruppen wirkt.
Nach meiner Beobachtung gibt es im Ernstfall kein Chaos, wenn Definitionsmacht gilt. Wirkliche Probleme gibt es hingegen, wenn ein Fall innerhalb von Gruppen thematisiert wird, in denen Defma nicht oder nur von einem Teil der Leute anerkannt wird. Spaltungen kann es nur dann geben, wenn ein Teil der Leute zu einem (meist nicht einmal einsichtigen) Vergewaltiger hält und nicht zur betroffenen Person.

Es wird auch häufig behauptet, dass bei Defma dem Täter gegenüber „unverhältnismäßige Forderungen“ aufgestellt werden. Erst mal: was eine Betroffene benötigt, um sich wieder sicher(er) zu fühlen, kann nur sie selber sagen. Wer es traurig findet, auf bestimmten Partys nicht mehr erwünscht zu sein – nun,der sollte vielleicht darauf verzichten, andere Menschen zu vergewaltigen.
Was häufig allerdings nicht wahrgenommen wird: Viele Forderungen sind genau deshalb so weitreichend, weil der Täter eben zeigt [8], dass er die Betroffene und ihren Wunsch nach Sicherheit nicht akzeptiert. Wenn hingegen klar ist, dass der Täter z.B. den Wunsch nach Abstand respektiert, kann das die Situation auch mal ändern. Ich war auf einer mehrtägigen Veranstaltung, auf der auch der Mensch war, der meine Grenzen sexuell verletzt hatte. Das ging nur deshalb, weil wir vorher darüber gesprochen hatten und völlig klar war, dass er die Veranstaltung verlässt, wenn es mir durch seine Anwesenheit schlechter geht. Das ging daher auch nur deshalb, weil er Definitionsmacht anerkannt hat und bereit war, danach zu handeln. Hätte ich nicht die Sicherheit gehabt, dass er, falls nötig, ohne Diskussion oder ähnliches verschwindet, dann hätte ich dort nicht gleichzeitig mit ihm sein können.
Aber solche Absprachen setzen voraus, dass die Person, die die Grenze überschritten hat, Defma anwendet und ernsthaft bereit ist, sich damit auseinander zu setzen, was ihre Handlungen bei der betroffenen Person bewirkt haben.

Ich bin nicht der Meinung, dass das Definitionsmacht-Konzept nicht kritisiert werden darf. Es ist nicht ideal, aber es ist meiner Erfahrung nach das am wenigsten schlechte Konzept, mit dem Thema sexualisierte Gewalt und Grenzüberschreitungen umzugehen. Es ist die beste Möglichkeit in einer falschen, gewaltvollen Welt. In einer Utopie würde das vielleicht anders gehen – aber das setzt vorher den Abbau von gesellschaftlichen Herrschaftsstrukturen voraus. Die sind heute da und wir können sie nicht einfach ausblenden und behaupten, sie existierten bei uns nicht, denn dann sind wir keinen Deut besser als die Mehrheitsgesellschaft.
Wem ein besseres Konzept einfällt – gerne. Aber dann sollten diejenigen, die Defma ablehnen, bitte ein Konzept vorschlagen, was die Probleme nicht hat und dennoch in der Lage ist, Betroffene zu unterstützen in einer Welt, die immer noch den Opfern einer Tat die Verantwortung dafür zuschiebt, was ihnen angetan wurde.
Leider habe ich noch nie eine Kritik gehört, die das berücksichtigt. Kritik an Defma läuft in den meisten Fällen darauf hinaus, dass die zugrundeliegenden Probleme einfach ignoriert oder wegdiskutiert werden. Es ist schon ziemlich bezeichnend, wie hierbei – genauso wie in der Mehrheitsgesellschaft – die vage Möglichkeit einer Fehlbeschuldigung eines Mannes viel schwerer eingeschätzt wird als die tatsächliche (teils sexualisierte) Gewalt, der sich FLT* sehr oft ausgesetzt sehen. Damit werden letztendlich die gesellschaftlichen Machtverhältnisse (Patriarchat...) wieder bestärkt, und Betroffene können sich dann überlegen, ob sie weiter mit ihrem Vergewaltiger zusammenarbeiten und so tun, als sei nichts passiert – oder ob sie die Gruppe verlassen.
Meine Vorstellung von linker Politik ist, dass wir die Machtverhältnisse umstürzen und sie nicht bestärken.

In den bisherigen Diskussionen schien es sehr viele Meinungen zu geben von Leuten, die noch nicht direkt mit Defma in Kontakt gekommen sind, viel „Man hört von einem Fall und da war...“, aber relativ wenig direkte Erfahrungen. Dazu ist wichtig zu wissen, dass Unterstützer_innengruppen vieles nicht öffentlich machen (können), da sie unter Umständen die Betroffene schützen müssen [9]. Alles, was mensch hört darüber, wie unfair das doch ablief... ist meistens die Perspektive des Täters. Nicht jeder Fall kommt an die (Szene-)Öffentlichkeit, sondern vor allem die, in denen der Täter die Situation absichtlich weiter eskalieren lässt. Daher werden die Fälle, in denen die Situation mithilfe von Defma halbwegs gut geklärt wurde, meist nicht wahrgenommen. In meinem Fall wissen nur wenige aus meiner Gruppe, dass überhaupt etwas passiert ist – und mir ist mehr als einmal etwas passiert.

Was ich an der Diskussion gerade etwas unpassend finde, ist, dass – wie gesagt – hier ganz überwiegend Menschen, die noch nie von sexualisierter Gewalt in der eigenen Gruppe betroffen waren, konstruierte Beispiele erfinden dazu, wie Defma angeblich angewandt wird. Die Anwendung von Defma kennen die meisten nur aus Gerüchten und Szenetratsch (außer wenn sie mal selber betroffen – oder Täter waren). Es reden also irgendwie Menschen, die etwas nicht kennen, darüber, dass etwas im Umgang damit falsch ist, wobei sie das, was ihrer Meinung nach falsch ist, auch nicht so genau kennen.
Ich fände es passender, wenn diese Debatte vor allem von denen geführt würde, die schon von sexualisierter Gewalt (vor allem aus der linken Szene) betroffen waren. Sie sind diejenigen, um die es hier eigentlich gehen sollte. Welche Erfahrungen, positiv oder negativ, haben sie mit Defma gemacht? Was hat ihnen geholfen? Wo gab es Probleme? Haben sie Kritik an Defma? Wie soll ihrer Meinung nach mit sexualisierter Gewalt innerhalb von linksradikalen Gruppen umgegangen werden?

[1] Eine gute Einführung zum Thema bietet http://unterstuetzerinneninfo.blogsport.de mit ihrem Reader „Kompass“
[2] Vgl. http://fugitivus.wordpress.com/2009/06/26/another-post-about-rape-3/ (englisch)

[3] Linke Menschen haben als Antwort auf diese Probleme das Zustimmungskonzept entwickelt, das sicherstellen soll, dass die Grenzen aller beachtet werden: http://wirliebenkonsens.wordpress.com/was-ist-konsens/ Und: wenn jemand seinen Wunsch, nicht zu kommunizieren, über die Gefahr stellt, eine andere Person zu vergewaltigen – ja, dann hab ich dazu echt nichts mehr zu sagen.

[4] Bei sexualisierter Gewalt ist in den allermeisten Fällen der Täter mit der Betroffenen vorher bekannt/befreundet, in etwas der Hälfte aller Vergewaltigungen ist der Täter der eigene Partner.
[5] Und die Grenzen der anderen Person sind wichtiger als mein eigenes Vergnügen. Aber darum geht es hier nicht.

[6] Falls sich jemand darüber wundert, warum ich das so formuliere: Meine Wahrnehmung sagt mir, ob meine Grenzen überschritten wurden. Seine Wahrnehmung kann ihm nur sagen, ob seine eigenen Grenzen überschritten wurden. Auf keinen Fall kann er aus seiner Wahrnehmung ableiten, dass meine Grenzen nicht überschritten wurden, obwohl ich es sage.

[7] Das geht NICHT gegen Betroffene, die einen Kontaktabbruch wollen, sondern gegen die Normativität, mit der das als der richtige Weg für alle dargestellt wird. Also, wenn ihr den Täter nie wieder sehen wollt: Absolut okay und euer Recht.

[8] Und wie verkorkst ist es bitte, dass die Betroffene sexualisierter Gewalt schlimmere Konsequenzen befürchten muss als der Täter?

[9] Nebenbemerkung: er hat sie nämlich VERGEWALTIGT. Das ist bereits ein deutlicher Beweis dafür, dass er ihre Wünsche und Grenzen nicht respektiert.  Vgl. auch: http://fugitivus.wordpress.com/2009/01/08/another-post-about-rape/

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Der Beitrag ist ein Schlag aufs Wasser. Es ist der Versuch eine Methode zu legitimieren, indem man deren vermeintliche Notwendigkeit an einem emotionalen Fallbeispiel darstellt. Das zielt auf Moral und Emotion ab und nicht auf Rationalität.

 

Genausowenig ist ein Beitrag angebracht, der Defitionsmacht aus der vermeintlichen "Täter" Perspektive beleuchtet und auch dafür gibt es zahlreiche Fallbeispiele.

 

Hier sieht man klar wie die Gruppe cosmonautilus arbeitet. Es geht nicht um Argumentation und Belegung der These. Sobald Thesen widerlegt sind zieht man einfach das Betroffenheits-As aus dem Ärmel. So funktioniert keine Diskussion.

dieser Text ist NICHT von cosmonautilus.

und hätte auch nix zur sache getan. Dieser Kommentar bedient mit dem Emotionalitätsvorwurf außerdem sexistische Klischees.

Der Vorwurf richtet sich an das Verwenden dieses Beitrages als Politikum und nicht an den Beitrag ansich. Lern lesen.

ach, du denkst rape culture & ihre Thematisierung ist nicht politisch?

Und wenn die betroffene Person das halt an cosmonautilus schickt und dies dann veröffentlichen: was änderts daran dass es ne eigenständige und wichtige Message von dem verfassenden Menschen ist?

achso, der Beitrag ist kein Politikum? weil rape culture und der Kommentar einer Betroffenen zur DefMa Debatte ja gar nich politisch sind....

is klar

die mit dem Wort "Betroffenheits-As" einhergehende Vorstellung/Behauptung die Sicht von Betroffenen würde immer akzeptiert widerlegst du mit deinem Kommentar. Außerdem verdrehst du die realen Machtverhältnisse.

Ey, warum nicht gleich Opferabo?

Es ging in dieser Diskussion um eine Betrachtung des Gegenstandes "Definitionsmacht" und zwar aus rationaler Perspektive. Das die Bewegungslinke dazu nicht in der Lage ist verwundert nicht. Deshalb nimmt euch auch keiner ernst. Von "Machtverhältnissen" hast du keine Ahnung. Wenn du darüber sprichst verwendest du die Termini "Patriachat", "Macker", usw. Diese dienen lediglich der Mystifierung und Verschleierung der Tatsache das Machtverhältnisse in der bestehenden Ordnung eine FUNKTION haben. Auch Geschlechter haben eine Funktion aber warum sollte das ein paar "Autonome" stören die für ihren Lifestyle den Kapitalismus brauchen?

ich hab das Wort Macker nicht verwendet und hab auch nicht den Text da oben geschrieben. Autonom bin ich eigntlich auch nicht & ich weiß schon dass Machtverhältnisse ne Funktion haben.

Aber erzähl mir mehr über mich & meinen kapitalismusliebenden Lifestyle, wo du ja so viel drüber zu wissen scheinst.

Ich brauch deine rationale Perspektive so dringend.

Du bist ja lustig.

 

Wenn eine Gruppe nicht erkennbar Betroffener sich eine Fantasiegeschichte(!) um "Matthias" und "Annika" ausdenkt um damit dann gegen Defma  zu argumentieren ist das eine "Diskussion um eine Betrachtung des Gegenstandes Definitionsmacht aus rationaler Perspektive". Wenn Betroffene von sexualisierter Gewalt von ihren Erfahrungen berichten ist das dagegen ein "emotionales Fallbeispiel" das auf "auf Moral und Emotion abzielt".

 

Das ist so widerlich heuchlerisch, dass es einem den Atem verschlägt.

autonome politik ist eine politik, die zu einem guten teil aus moralischen und emotionalen beweggründen entsteht und dementsprechend agiert.jetzt damit zu kommen, dass die bekämpfung von gewaltverhältnissen doch bitte rational und objektiv begründet werden sollten nach einem diskurs, dessen rationalität und objektivität die herrschaftsverhältniss festigt, die es zu bekämpfen gilt, ist inkonsequent. dann wiederum frage ich mich welches betroffenheits-as, das aus dem ärmel gezogen wird? es werden lediglich andere umgangsweisen in betracht gezogen, die innerhalb des konzepts definitionsmacht fungieren als es sonst und diese aus einer persönlichen perspektive erzählt.das emotionale fallbeispiel, wie du es so schön betitelst, weist hierbei mehr differenziertheit auf und bietet mehr input für eine diskussion, als es dein beitrag tut.

Ich bin froh, dass ein derartiges Statement von einer Betroffenen endlich veröffentlicht wurde! Ich hatte vor, in den Tagen etwas Ähnliches zu schreiben, da ich ebenfalls finde, dass Defma besonders von Betroffenen diskutiert werden sollte.

 

Besonders wichtig finde ich die Erwähnung des Nicht-mehr-Erinnerns kurz nach dem Übergriff! Zu diesem danach-nicht-mehr-Erinnern kann nämlich ebenfalls eine Art Ohnmacht unmittelbar während dem Vorfall hinzukommen, wie es bei mehreren Personen, auch mir, der Fall war. Und dies widerlegt das Ampel- und/oder Safeword-Prinzip (Siehe: "Keine Defma! Schützt Opfer und Täter vor der Definitionsmacht!")

Es reicht nicht, während der Handlung darauf zu bauen, dass sich das Gegenüber einschaltet/Bescheid gibt oder schlimmstenfalls wehrt (Notwehr sollte niemals notwendig sein!)! Denn, wenn die Betroffene auf die Frage, ob eine Handlung in Ordnung sei, nicht antwortet, dann ist dies ein Signal, aufzuhören, genauso, wie ein "Nein."

Und ich habe kein Verständnis für Leute, die aus "Bequemlichkeit" oder "Spontanität" oder sonstigen Gründen dieses Frage-Prinzip nicht verfolgen, da nichts-sagen zwar keine eindeutige Ablehnung, aber viel eher und ganz gewiss keine Zustimmung!

Gibt es denn wirklich Menschen, die dieses "Zustimmungskonzept" im Bett anwenden? Die also vor jeder Steigerung der erotischen Handlungen, vom Händchen-Halten bis zum Geschlechtsakt selbst, ihren Partner oder ihre Partnerin explizit und in Worten um Erlaubnis fragen? Vielleicht ist meine Vorstellungskraft etwas konservativ, aber ich kann mir das höchstens als Szene in einem Comedy-Film denken. Meine Befürchtung ist einfach, dass spätestens bei der dritten Nachfrage beiden Beteiligten die Lust vergangen ist und sie sich wieder anziehen. Und außderdem denke ich, dass bei halbwegs einfühlsamen und verständigen Menschen auch die Körpersprache ausreichen sollte, um zu erkennen, ob es dem Gegenüber gefällt oder nicht. In Zweifelsfällen kann man ruhig auch mal nachfragen, aber das zur Norm zu erheben, die JEDE/R STÄNDIG befolgen soll, erscheint mir weltfremd. Aber, wie gesagt, vielleicht belehrt ihr mich eines Besseren und dieses Konzept existiert tatsächlich nicht nur in der Theorie auf Plakaten in linken Cafés, sondern auch in der Praxis.

es gibt Menschen die das Zustimmungskonzept anwenden.

Aber diese Frage beantwortet zu bekommen war sicher nicht der Sinn deines Beitrags.

Ja, es gibt Menschen, die es tun. Ist geil.

Vielleicht mal ausprobieren statt Vorstellungskraft anwenden.

Gibt auch andere Fragen als "darf ich?". Z.B. "worauf hast du Lust?", anstatt das zu tun, wonach dem Einfühlungsvermögen grad ist. Auch weil Körpersprache im Zweifelsfall oft so gedeutet wird, wie es einem_r gerade passt.

und: shocking: Das ist sogar richtig toll! :)

...and I love it!

"Und außderdem denke ich, dass bei halbwegs einfühlsamen und verständigen Menschen auch die Körpersprache ausreichen sollte, um zu erkennen, ob es dem Gegenüber gefällt oder nicht."


Meinst du das im Stile von "Ihr Mund hat 'nein' gesagt, aber ihr Körper wollte mich'?

Wahrscheinlich nicht, oder? Aber genau das kann mit non-verbaler Kommunikation gemacht werden.


Es sollte auch nicht darum gehen, den Sex zu einer Debatte ausarten zu lassen - ich habe das Konsensprinzip immer als Einstiegsmethodik verstanden.

-> Ihr trefft euch auf einer Party, findet euch sympathisch. Coole Sache. Willst du den Moment unbedingt kaputt machen, weil du denkst, sie*er sagt mir mit dieser oder jener Hüftbewegung was sie*er will?

Lieber einmal zu viel gefragt als einmal die*den Andere*n nicht respektiert. ;)

-> Ihr wollt sexuell was Neues im Bett/in der Waschküche/auf dem Friedhof ausprobieren? Coole Sache. Willst du die Horizonterweiterung und damit womöglich auch ähnliche Gelegenheiten in der Zukunft damit kaputt machen, weil du denkst, dass das Endorphin wird schon reichen als Zustimmungindikator?

Lieber einmal zu viel gefragt als ein Traum zu verursachen. ;)

Außerdem: Schlafende oder Tote können nicht zustimmen, also mit den Anbandlungen lieber auf's Aufwachen oder die Zombiekalypse warten.


Liebe Grüße

dennis


PS: Mein Humor soll übrigens kein Zeichen davon sein, dass ich das Thema nicht ernst nehme. Um auf DefMa zurückzukommen, halte ich es für absolut verwerflich, Betroffenen ihre Perspektive streitig zu machen. Hier heternormative, patriarchale oder womöglich gruppendynamische Hierarchien vorzuziehen, kennzeichnet meiner Meinung nach eine Weltbild CSUesken Ausmaßes.

Igitt igitt!

"Hier heteronormative, patriarchale oder womöglich gruppendynamische Hierarchien vorzuziehen, kennzeichnet meiner Meinung nach ein Weltbild CSUesken Ausmaßes."

*Ich habe Defma als heteronormativ erlebt, weil es klar ist, wer die Sanktionen und die Definition der Situation festlegt. Das war durchaus geschlechtsspezifisch normiert (soll es doch auch sein, oder?)

*Ich habe Defma in seiner Methodik als patriarchal erlebt, indem es als Konzept nicht hinterfragbar und - sobald es zum Konflikt kommt - auf Konfrontation und Gewalt angelegt ist.

*Ich habe Defma als ausgesprochen gruppendynamisch erlebt: Die einzelnen in der Gruppe schaukelten sich jeweils gegenseitig hoch, wie widerlich ein bestimmtes Verhalten finden.

Kurz gesagt: Für mich ist Defma CSUesk, nur unter anderen Vorzeichen... Igittigittigittigitt.

Zum Glück gehts allerdings auch anders.

Ich denke, du hast meine unterschwellige Kritik ansatzweise verstanden. DefMa ist nicht Utopie, sie ist Notlösung. So wie der Mindestlohn als Vorstufe zum bedingungslosen Grundeinkommen in Frage käme - um ein fremdes Thema als Beispiel zu bemühen.
Die bisherigen Alternativen dazu finde ich allerdings mehr als bescheiden: Victim Blaming, römisches Recht, Täter-Opfer-Konfrontationen[1], Ignorieren.

Wenn du also die Lösung kennst, nur raus damit. :) Darum dreht sich ja die ganze Diskussion; denn meistens wird von den Kritiker*innen eben nur desktruktiv kritisiert.
Noch das ein oder andere Wort zu den Problemen von DefMa, wobei ich mich darauf nicht versteifen möchte:

DefMa soll Betroffenen helfen. Statistisch gesehen sind das öfter Frauen*, aber die Grundidee - so wie ich es verstanden habe - ist geschlechtsneutral.

Ich habe extra nochmal im Duden "patriarchalisch" nachgeschlagen: Hierbei geht es um den Mann in seiner (abgewandelten) Rolle als familiäres Oberhaupt, das die "Regeln" diktiert. In sofern ist DefMa verkürzt gesagt ähnlich, aber eine Methode, in denen Betroffenen die "Macht" gegeben wird, ist mir alle mal lieber als das Gegenteil. Aber wie gesagt: Notlösung.

Gruppendynamisch sollte es nicht sein, ja. Aber so funktioniert DefMa auch nicht.



[1] Auch nur eine Notlösung - ist für die*den Betroffene*n oft sehr unangenehm.

Die Lösung, die ich vorschlage: Vertrauen, Sensibilität, Verstand, Solidarität - aber ohne Unterwerfung.

Wollen wir sie zusammen entwickeln?

Das klingt ja erstmal nach einer Anhäufung von Worthülsen; wenn du mir den Vorwurf erlaubst.

Sollte etwas dahinterstecken, wäre ich allerdings gerne bereit, dich bei einer Ausarbeitung zu unterstützen. Kannst mich anschreiben unter dennis(a)linksjugend-solid-bayern.de;
Liebe Grüße

dennis

Auf irgend ner Internetplattform? Da habt ihr doch sicher was von Linksjugend, oder?

 

Also na klar sind das auch Worthülsen - worum es mir dabei ging und geht ist, das versucht wird, niemanden zum Objekt zu machen. Weder Betroffene noch die Person, an die der Vorwurf geht. Meiner Ansicht nach ist das möglich - und ich habe das auch schon erlebt. Dass das Ziel nicht in erster Linie die Bestätigung der Feindbilder ist, sondern dass es darum geht, Betroffene zu unterstützen.

 

Wir könnten da auch unsere Erfahrungen ausführlicher austauschen.

Erst schreibst du völlig richtig:

 

"aber erst mal allgemein: grenzüberschreitungen sind kompliziert [1]. es ist nicht immer von anfang an klar zu sagen, wo genau eine persönliche grenze verläuft, da frauen so sozialisiert werden, dass ihnen die wahrnehmung und den respekt für ihre eigenen grenzen systematisch aberzogen wird und ihr nein! im laufe der sozialisation immer wieder unterhöhlt oder schlichtweg ignoriert wird beziehungsweise ihnen beigebracht wird, dass „nein!“ nicht erwünscht ist [2].

dazu kommen mit einiger wahrscheinlichkeit noch frühere gewalterfahrungen, die nicht immer bewusst sind und die dazu führen können, dass von anderen als völlig „harmlos“ eingeschätzte handlungen für die betroffene sehr bedrohlich wirken."

 

dein text geht dann weiter, es geht um grenzverletzung und irgendwann wechselst du plötzlich den begriff. aus der grenzüberschreitung wird der vergewaltiger. dass jemand, der dich festhält, mit gewalt aufs bett drückt und penetriert sofort aus allen zusammenhängen fliegen sollte, ist doch keine diskussion wert! das hat nur nichts mit definitionsmacht zu tun.

 

denn definitionsmacht wird nicht für vergewaltigungen eingefordert, sondern für grenzüberschreitungen. und die sind "kompliziert", denn "es ist nicht immer von anfang an klar zu sagen, wo genau eine persönliche grenze verläuft", hinzu "kommen mit einiger wahrscheinlichkeit noch frühere gewalterfahrungen, die nicht immer bewusst sind" und die dazu führen können, "dass von anderen als völlig „harmlos“ eingeschätzte handlungen für die betroffene sehr bedrohlich wirken".

das heißt, wenn ich eine frau auf einer party um feuer anschnorre, sie kriegt einen flashback, weil sie vor fünf jahren schonmal in einer vergleichbaren situation war und dann später von diesem typen vergewaltigt wurde, dann habe ich ihre grenzen überschritten, kann nach belieben geoutet werden, aus allen zusammenhängen rausgeschmissen werden und dabei wollte ich doch nur eine zigarette rauchen. halt mir bitte nicht vor, dass ich mir was aus den fingern sauge, ich nehme nur das, was du schreibst beim wort.

 

genau das ist das problem der definitionsmacht: ich bin, wenn ich mich im rahmen des normalen sozialen umgangs bewege, nicht dafür verantwortlich, wenn jemand einen flashback bekommt, weil ich irgendwem ähnlich sehe. es mag die grenzen von jemandem wildfremden verletzen, wenn ich diesem die hand gebe. aber das ist halt auch nicht so richtig mein problem. andererseits wenn meine hand aus absicht an seinem po landet, dann muss auch nicht darauf gewartet werden, dass irgendwer auf definitionsmacht besteht, dann darf ich gerne von jeder party fliegen.

 

wenn euer konzept nicht so absolut beliebig wäre, wenn ihr es auf tatsächliche sexuelle übergriffe beschränken würdet, dann spräche nicht viel dagegen. aber in dieser beliebigkeit? ne, danke nein. es ist absolut scheiße, wenn tatsächliche vergewaltiger sich mit verweis auf solche debatten aus der affäre ziehen können, aber die schuld dafür tragen diejenigen, die jeden blick als potentielle grenzüberschreitung verstanden wissen wollen. es gäbe einen riesenkonsens in der szene, dass (tatsächliche) vergewaltiger hier nichts zu suchen haben und dass grapscher hausverbot bekommen etc. aber wenn man sich bei jedem gerücht über eine vorgekommene grenzverletzung fragen muss "oh, hat ein typ einen missverständlichen satz gesagt?", kann man die definitionsmacht nur falsch finden. ich bin es übrigens nicht, der hier sexuelle gewalt verharmlost. das seid ihr, die ihr zwischen vergewaltigung und grenzüberschreitung hin und her jumpt, als wäre es die wahl zwischen himbeer und schokoeis. übertreibt die dinge nicht, bauscht sie nicht durch solche begriffe auf (retraumatisierung, vergewaltigung,...), nennt einen dummen spruch, einen dummen spruch, eine grenzüberschreitung eine grenzüberschreitung, eine vergewaltigung eine vergewaltigung und legt nicht die psychischen probleme oder störungen einer frau in die verantwortung eines mannes, der nichts mit deren zustandekommen zu tun hat. wenn ihr das tut, können wir uns solche debatten hier sparen.

Deine Aussage mit dem Flashback macht mich unglaublich wütend! glaub mir, ich weiß ganz genau, ob du meine Grenzen überschreitest (im herkömmlichen Sinne) oder ob du Flashbacks ausgelöst hast. und ich werde das eine anders handhaben als das andere.

wenn du eine Person getriggert hast, dann solltest du dich entschuldigen (weil du gerade etwas furchtbares bei ihr ausgelöst hast), und du weißt es jetzt und solltest es nicht wieder tun. Aber sonst - meine Güte, ich weiß selber, dass ich oft Flashbacks bekomme, und ich werde dich garantiert nicht für die Tat eines anderen verantwortlich machen.

Wenn dir das mit dem Triggern _versehentlich_ mit mir passiert, hat das keine weiteren Folgen für dich. Bleib mal auf dem Teppich!

ich entschuldige mich für alles, was ich zu verantworten habe. wenn ich etwas getan habe, die konsequenzen aber nicht zu verantworten habe, dann tut es mir leid, dass es dem menschen so geht, aber dafür kann ich nichts.

ich habe situationen erlebt, dass menschen nicht irgendwo hindurften, weil sie einfach nur von der statur irgendwem ähneln. schön, wenn du es unterscheiden kannst, wenn deine grenzen überschritten wurden oder ob jemand flashbacks ausgelöst hat. dann könnte das aber auch in eurem konzept unterschieden werden. solange ihr das aber ganz bewusst offen lasst, ist jeder darauf angewiesen, dass alle so rational zwischen ursache und auslöser unterscheiden wie du. dass man das aber eben nicht voraussetzen kann, dass alle betroffenen damit ganz rational umgehen, wissen wir alle.

und das ärgert mich: ihr stellt deutlich heraus, welche krassen psychologischen folgen erlittene vergewaltigungen haben können, aber anstatt daraus die konsequenz zu ziehen, dass man dies für solche konzepte auch berücksichtigen muss, macht ihr es nur noch viel willkürlicher, um ja auch alle irgendwie gearteten unbehaglichkeiten darunter zu fassen.

 

schön, wenn du trotz gewalterfahrungen damit gut und bewusst umgehen kannst. wenn ich das für alle anderen betroffenen auch sagen könnte, gäbe es keinen wirklichen grund an der definitionsmacht zu zweifeln. aber das kann man nicht! und hier beginnt die definitionsmacht zu einem problem zu werden, weshalb man auch nicht mehr auf dem teppich bleiben kann. deshalb nochmal: es geht bei all der kritik nicht um die fälle, wo ein umgang mit einem lupenreinen übergriff gefunden werden musste. es geht darum, dass es auch verdammt viele fälle gibt, wo missverständnisse oder die vorerfahrung der betroffenen der auslöser waren und nicht das verhalten des mannes.

 

und meine kritik lautet jetzt, dass sich all die defma/unterstützerinnen-aktivisten hierum keinen kopf machen und machen wollen. von der wiege bis zur bahre ist defma das einzig wahre. aber sie müssen halt damit leben, dass sie nur noch in geringem umfang in der szene hierfür unterstützung bekommen. sinnvoller und hilfreicher für die betroffenen fände ich es, ein konzept zu erarbeiten, dass ohne solche widersprüche auskommt und deshalb auch breit akzeptiert wird.

beide beiträge bringen das problem wirklich gut auf den punkt: diese art von verantwortungszuweisung ist tatsächlich total unberechenbar und willkürlich. dran bleiben mit den argumenten!

weil du dich hier vor allem auf flashbacks beziehst, die ja von den leuten in der regel von ner grenzüberschreitung unterschieden werden ist dein argument irgendwie mehr als schwach.

eher ist es ziemlich realistätsverdrehend und nervt voll.

...im Beitrag selbst wird auch von psychischen Aussetzern berichtet (sich nicht mehr erinnern können, keine volle Wahrnehmung mehr haben) und deshalb auch keinen klaren Umgang mit der Situation haben können. Das kenne ich von mir selbst auch und von anderen.

Ich will auf keinen Fall einer Pathologisierung das Wort reden, aber es ist ein Problem, das nicht so nebenbei mal gelöst werden kann durch ein paar Verhaltensregeln.

Es ist echt schwierig schwer traumatisiert zu sein und auf normalen Parties rumzulaufen. Für mich geht das nicht mit all den besoffenen Leuten da. Hilft auch keine Awareness-Polizei. Die müssten als erstes den Leuten das Biertrinken verbieten, weil mich das anekelt.

"in der regel" steht in deinem satz. "in der regel von ner grenzüberschreitung unterschieden werden". wir müssten hier nicht diskutieren, wenn sie immer von einem übergriff unterschieden werden müssten, weil es das konzept so vorsieht. das konzept lässt aber auch die fälle zu, wo flashbacks nicht von einem übergriff unterschieden werden. da es auch leute gibt, die da nicht unterscheiden (können), geht das konzept so nicht.

da es auch leute gibt, die da nicht unterscheiden (können), geht das konzept so nicht.

 

Und weil es Leute gibt die anderer Leute Grenzen nicht respektieren und viele viele die sie danach schützen geht es nicht ohne das Konzept.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Das Konzept das die BRD-Justiz anwendet ist scheiße weil die Beweislast de facto bei der Betroffenen liegt und es nur Knast oder nix gibt. Außerdem fallen viele Sachen einfach nicht unters StGB - sind aber trotzdem sexualisierte Gewalt!

Wir brauchen DefMa. Grade als Mann sehe ich immer wieder wie präsent rape culture und Verharmlosung noch unter meinen eigenen / unseren Genossen sind. Defma setzt dem etwas wirksames entgegen. Defma ist nicht perfekt und das behauptet auch keine_r, aber ich sage: Es ist 1000 Mal besser als die Alternativen!

Danke an die Verfasserin des Artikels!

in der brd justiz liegt die beweislast nicht bei der betroffenen, sie liegt beim staat. da aus gutem grund die ankläger nicht identisch mit dem opfer sein sollen. Dass einiges im stgb nicht erfasst ist, was man als sexuelle gewalt begreifen sollte, stimmt. Aber der punkt ist ein anderer:

das problem an der definitionsmacht ist nicht die beweislast: es geht nicht darum, dass eine frau sagt: "er hat mich vergewaltigt!" und der typ sagt: "aber ich war doch im urlaub und kann es nicht gewesen sein." es geht auch nicht um fälle, wo die frau vergewaltigt wurde und der typ sich irgendwie versucht da rauszuwinden. 

es geht ganz konkret um fälle, wo die frau sachen als übergriff oder vergewaltigung bezeichnet, die man gemeinhin nicht so interpretiert. vor jahren gab es mal einen fall, wo ein typ sich an seine freundin ankuschelte, sie weckte und fragte, ob sie nicht sex haben möchte. das wurde als vergewaltigung bezeichnet und nach allen regeln der kunst per definitionsmacht abgearbeitet. jetzt kann man sagen, dass sein verhalten nicht besonders nett oder höflich war, aber es war halt auch keine vergewaltigung. und das ist der punkt, weshalb die definitionsmacht nicht akzeptabel ist: jedes noch so banale und unproblematische verhalten kann als vergewaltigung verbucht werden, wenn es nur auf eine person trifft, die dem psychisch nicht gewachsen ist.

Ich bin mir sehr unsicher, ob ich jetzt und hier und heute abend etwas schreiben will. Ich tue es, vielleicht liest die eine oder andere es, macht sich Gedanken, vielleicht trägt es zur Diskussion bei.
Vielen Dank auf jeden Fall für deine Geschichte - es ist nicht so einfach, persönlich zu schreiben... Noch weniger einfach ist es, persönlich vor Ort zu reden: Ich teile mit dir die Erfahrung, dass viele Menschen nicht umgehen können damit.
Nicht nur die Sexismus-Debatte (oder diese Defma-Debatte) krankt daran, dass dort, wo es wirklich wichtig wird das Sprechen und die Verständigung oft aufhören.
Es hat ziemlich lange bei mir gebraucht, zu merken, dass viele Szene-Worte eben eher doch Phrasen sind - bei allem guten Willen, der unbestrittenerweise auch da ist.
Für viele von euch wird das jetzt ein Knaller sein, viele werden es nicht glauben oder dahinter eine billige Lüge vermuten - weil ich eben ein Mann bin und Geschichten des Missbrauches durch Frauen erlebt habe.
Ich kann gut nachvollziehen, wenn ihr erlebt habt, dass die "Szene" Übergriffe lieber gerne vergisst und "Geschäft wie normal" machen will.
Bei mir war es so, dass als erstes meine Mutter meine Grenzen mehr als nicht eingehalten hat. Es war aber nicht nur meine Mutter, sondern auch eine Freundin von ihr und später noch eine Frau, bei der ich während eines Schul-Auslandsaufenthaltes in der Familie war. Ich erzähle nicht genau darüber, es tut für diese Diskussion auch nichts zur Sache.
Aber was etwas zu Sache tut, ist Folgendes: In der Sexismusdebatte und bei Defma immer zu hören und zu lesen von den "gesamtgesellschaflichen Zusammenhängen", Patriarchat, Gewalt, Unterdrückung "der Frau*" durch "den Mann" - nachgewiesen durch Statistiken und dann runtergebrochen bis auf den Einzelfall - und dann: "Bei dir ist es etwas anderes, weil ein Missbrauch von Männern durch Frauen sich eben vor einer anderen gesellschaftlichen Kulisse abspielt."

Ich teile die gesellschaftlichen Analysen zu Patriarchat - was ich nicht teile, ist das Runterbrechen dieses Analysen auf jeden einzelnen Menschen.
In der ersten größeren Sexismus-Auseinandersetzung, die ich mitmachte, hörte ich relativ schnell die ziemlich einfache Wahrheit: "Wenn Mädchen als Mädchen missbraucht werden, dann bleiben sie auch als Frauen Opfer. Bei Jungen ist das anders - missbrauchte Jungen werden als Männer Täter!" - dieser Satz und diese Einschätzung verurteilten mich zum Schweigen. (Es stimmt ja manchmal auch: Viele bekannte Mörder/Vergewaltiger waren als Kind selbst Missbrauchsopfer.)
Ich kann diese stumpfen "gesellschaftlichen Analysen", unter die sich dann jede_r begeben soll, nicht mehr hören. Mir ist es egal, ob es nun 5, 15 oder 20 Prozent Männeranteil bei Erleiden missbräuchlichen Verhaltens durch ein anderes Geschlecht sind. Lange genug habe ich das sogar so hingenommen - nach dem Motto: Was Frauen an Missbrauch erleben, ist viel schlimmer. Und viel mehr Frauen erlebten Missbrauch, deshalb beschwere ich mich mal nicht...
Das war falsch und ich mache es so nicht mehr mit.
Ich rate jeder und jedem auf ihre/seine Gefühle und Grenzen zu achten, jede_r seine/ihre Wahrnehmungen ernst zu nehmen, auf den Kopf und den Bauch zu hören, wenn etwas "schief" rüberkommt, "komisch" wird.
Ja - und da kommt jetzt "Definitionsmacht" ins Spiel.
Vielleicht bin ich ein Sonderfall. Aber ich werde einfach gegen niemanden mehr ein Hausverbot durchsetzen, wenn ich nicht das Vertrauen habe, dass es auch o.k. geht mit meiner Wahrnehmung, meinem Gefühl, meinem Verstand. Ich werde nicht jemanden verbannen, nur, weil es eine Gruppe fordert oder eine einzelne, ein einzelner.
Ich schulde das meiner eigenen Geschichte: auf meine Wahrnehmung zu vertrauen und mich nicht zum Werkzeug für irgendjemandes Bedürfnisse oder Interessen zu machen. Ich traue mir selbst zu, Situationen empathisch einschätzen zu können und danach zu handeln, auch wenn ich ein Mann bin. Ich traue mir zu, Arschlöcher als Arschlöcher zu erkennen und mit ihnen auf angemessene Art umzugehen. Ich traue mir zu, sensibel zu sein mit Menschen, denen es schlecht geht und mich für sie einzusetzen.
Aber ich werde auf keinen Fall mehr nur auf anonyme Anordnung und Gerüchte hin irgend jemanden verbannen. Ich werde nicht mehr sagen: "Das ist ein Vergewaltiger!", weil eine Gruppe das so sagt und ich sonst überhaupt nichts darüber weiß.
Soweit erst einmal.

Du selbst sagst dass du nicht über Details schreiben willst (was ich jeder_m zugestehe), aber du schreibst zugleich

Ich werde nicht mehr sagen: "Das ist ein Vergewaltiger!", weil eine Gruppe das so sagt und ich sonst überhaupt nichts darüber weiß.

merkst du das Problem?

 

Es geht bei Defma nicht (wie oft unterstellt und auch hier als Unterstellung mitschwingend) um eine pauschale Männer-Täter zuschreibung, sondern primär um den Schutz der Betroffenen.

Und auch wenn Männer* ebenfalls von (sexualisierter) Gewalt betroffen sind bleibt es dabei dass auch hier die Täter i.d.R. männlich sind und Übergriffe von Männern* auf Frauen* nunmal vor dem Hintergrund ganz anderer Machtverhältnisse stattfinden als Übergriffe die nicht von Männern* ausgehen.

Ich werde einfach nicht mehr gegen meine Gefühle und meinen Verstand, gegen meine Einschätzungen (die ich mit anderen zusammen gewinne) handeln. Es ist dafür nicht nötig, dass ich Details kenne zu Vorwürfen, um zu handeln. Aber wenn ich das Gefühl habe oder beobachte, dass da vielleicht gerade ein Szene-Machtkampf abgeht - dann mache ich dabei nicht mehr mit. Das habe ich erlebt und ich schäme mich heute immer noch, nicht früh und deutlich genug den Mund aufgemacht zu haben.

Es tut mir sehr leid für alle Betroffenen, dass dieses Konzept oft ausgenutzt wurde auf diese Weise. Mir tun sowohl die Betroffenen leid, die Gewalt erfuhren und denen kein Glauben geschenkt wurde als  auch die Betroffenen, die durch einen Übergriffsvorwurf denunziert und aus der Szene verbannt wurden und es in Wirklichkeit um etwas anderes ging als um einen Übergriff.

Und - ich finde es echt für den Einzelfall völlig egal, ob ich im Patriarchat oder im Matriarchat lebe. Ich habe keinen Bock auf gewalttätiges Verhalten. Und ich feiere es auch nicht als emanzipativ ab, wenn sie mal von Frauen ausgeht.

Ich bin kein Pazifist und davon überzeugt, dass sich nur durch durch gutes Zureden das meiste an ätzenden Verhältnissen nicht ändern wird. Das gilt auch fürs Patriarchat.

Aber wenn ich in der Diskussion lese (Defma-Post vorher): "Ein Unterdrückter Mensch ist nur dann wirklich frei, wenn er den ehemaligen Unterdrücker selbst unterdrücken kann, das Machtverhältnis umkehren kann." - da stimme ich nicht zu und mache auch nicht mit.

Weder meine Hautfarbe noch mein Geschlecht bestimmen mein individuelles Verhalten im Ganzen - beides garantiert nicht, auf der richtigen oder falschen "Seite" zu stehen.

Wenn es ein Mensch so sieht - bitte - aber dann führen wir keinen gemeinsamen Kampf, sondern sind dieser Meinung nach Feinde. Wieso sollten Feinde zusammen kämpfen?

Ich habe Defma in erster Linie als sehr konsequente Einteilung von Geschlechterrollen erlebt.

Bin ich ein besserer Mann, wenn ich mich unterdrücken lasse, wenn ich das Machtverhältnis nicht umkehren, sondern auflösen will?

Für mich steht die Antwort da fest. Ein unterdrückter Mensch ist nicht ein besserer Mensch.

it's a construct like "race" is one, pls think about that.

100% -  Do you agree, too? That there is no guarantee to be on the "right" side, because an individual has an experiance as underdog?

Constructs like sex or race - they lead to sexism oder racism.

That is the reason  of their fail.

I never said sth like there's a guarantee to" be on the "right" side, because an individual has an experiance as underdog". no one here said that.

but it's important to realise that these constructed categories (like gender/...) are powerful.

Ignoring their power leads to the reproduction of racism, sexism,... .

 

deconstruction  post-gender bullshit

yes, this game is complicate. 

if you speak about the categories (because they are powerful) and you dont want do ignore them  -> wrong

if you say, your aim ist to destroy them -> wrong bullshit

 

pls, think about that  ^^  just a little bit

nature of master control:

say this - you are wrong

say that - you are wrong

 

it ist not the subject of discussion, it is not the facts, you talk about. it is just you, who is wrong. it is the nature of servant always to accept the masters will, the masters choice and ideas.

 

master say: hey, you are not informed, you are not educated, you dont know the real world.

master say: think about it, please. (dont behave like a little child.)

that is his way of control. you have to follow him.

Du tust als würde hier eine unterdrückte Person als automatisch besser dargestellt - mir ist nicht klar wo das stehen soll.

Sagt hier keine_r (außer dir)

 

Bei dir rückt in den Fokus:

meiner Wahrnehmung, meinem Gefühl, meinem Verstand.

 

Ich, ich ich...

Was macht deine Wahrnehmung so viel besser und wertvoller als die der Betroffenen? Dass nur weiße privilegierte Männer rational sein können?

Es geht bei Defma nicht um Verurteilungen sondern das schaffen von sicheren Räumen und das respektieren der Wünsche der Betroffenen.

Außnahmsweise mal nicht um DICH.

Ich schreibe aus der Perspektive eines Betroffenen, der solidarisch ist mit Opfern sexualisierter Gewalt, weil er sie selbst erlebt hat und versucht hat, damit einen Umgang zu finden. Meine Erfahrung und die von vielen anderen Betroffenen, von denen ich die meisten in Selbsthilfegruppen, Therapie, Klinik kennengelernt habe und einige auch in links-subkulturellen Zentren ist: Vertraue auf deinen Verstand und deine Wahrnehmung. Lass dir nicht von anderen erzählen, dass deine Wahrnehmung nicht stimmt. Lass dir deinen Verstand nicht ausreden.

 

Was du jetzt mir geschrieben hast, das ist es, was Betroffene hören müssen, wenn sie Macht und Gewalt in Frage stellen: "Hier geht es aber nicht um dich!!"

 

An dieser Stelle ähneln sich die Situationen sexualisierter Gewalt in Familie und Beziehung und institutionalisierter Gewalt autoritärer Szene.

 

Ich versuche hier dafür zu werben, dass jeder Mensch sich und seine Wahrnehmungen ernst nimmt und danach handelt gemeinsam mit anderen. Dass er sich nicht unterwirft.

 

Und ich empfehle allen Frauen*: Nehmt euch ernst, verlasst euch auf eure Wahrnehmung, sprecht sie aus, lasst euch kein x für ein u vormachen, nehmt eure Bedürfnisse und Grenzen wahr, verteidigt sie. Und setzt euch ein für andere, wenn ihr seht, dass ihnen der Verstand oder die Wahrnehmung abgesprochen wird. Lasst euch nicht zu Instrumenten der Bedürfnisse anderer machen. Weder im Bett noch im Zentrum.

 

Und wieso sollte ich Männern* etwas anderes raten? Weder ein Chromosom noch Sozialisation macht alle Männer* automatisiert zu unsensiblen gewalttätigen Volldeppen.

 

(Volldeppen gibt es natürlich - immer wieder und überall. Und auch ganz unabhängig von Chromosom oder Sozialisation.)

Genau das ist doch immer noch ein Problem:

Auch wir unterscheiden immer noch die Geschlechter anstatt radikal gegen das gesamte Konstrukt vorzugehen.

Ich sehe ehrlich gesagt keinen Unterschied darin, ob Männer*, Frauen* oder anders fühlende Menschen von (sexualisierter) Gewalt betroffen sind. Und ich glaube, das ist genau das, was er hier meint: ihm geht es nicht um die Prozente der Täter*innen sortiert nach dem Geschlecht, es geht um den Fall an sich.

Natürlich, wir leben im hier und jetzt und Frauenrechte sind deshalb auch wichtig und notwendig. Solange wir im Falschen leben, muss mensch dies berücksichtigen und kann nicht so tun, als gäbe es keine Geschlechterrollen. Aber wenn mensch so an's große Ganze denkt...

 

Zu DefMa:

Was mich insgesamt wundert: es geht in dem Artikel immer wieder darum, Machtverhältnisse abzubauen und letztendlich wird als Antwort darauf DefinitionsMACHT genannt. Die Sache an sich ist gut gemeint: es geht darum, Betroffene zu schützen und deren Bedürfnisse zu berücksichtigen. Und ich würde es auch niemanden absprechen, wenn er*sie sagt, dass er*sie sich unwohl fühlt bzw. in einem Moment so gefühlt hat. Egal, ob mensch das selbst in Einzelfällen nachempfinden kann oder nicht - Gefühle von Betroffenen sind zu berücksichtigen und ernst zu nehmen. Da gehe ich voll und ganz mit dem Konzept mit. Soweit, so gut.

Was ich widerum nicht verstehe, und ich glaube, das ist die Kritik an der ganzen DefMa-Sache: oftmals scheinen wohl Situation durch Szene-Klatsch und Tratsch, bestimmte Forderungen oder sonstiges überspitzt zu werden. Das heißt nicht, dass Betroffene nicht geschützt werden sollen, viel mehr will ich damit sagen, dass oftmals von Vergewaltigung gesprochen wird, obwohl dies im eigentlichen Sinne keine ist, sondern andere Formen von Grenzüberschreitungen, die natürlich dennoch nicht zu tolerieren oder zu beschönigen sind. Insgesamt entwertet dies den Begriff der Vergewaltigung aber grundlegend, wenn das Wort "Vergewaltigung" für jede Form der Grenzüberschreitung genutzt wird. Ein weiterer Kritikpunkt scheint zu sein, dass Menschen nach Grenzüberschreitungen unwideruflich aus den linken Kreisen ausgegrenzt und verbannt wurden. Ganz heikles Thema, was mensch vermutlich nur im Einzelfall betrachten kann. Natürlich sind Vergewaltiger*innen aus linken Strukturen fern zu halten, keine Frage. Aber wie verhält es sich mit anderen Grenzüberschreitungen...? Wo ist die "Grenze"? An sich kann ich die Einstellung teilen, dass Betroffene von Täter*innen geschützt werden müssen. Und wenn sich Betroffene in der Nähe von Täter*innen unwohl fühlen, sollte dies auch von ihnen akzeptiert und reflektiert werden, sodass die Täter*innen Wünschen und Forderungen auch diskussionslos nachgehen. So stelle ich mir einen Umgang in einer linken Struktur vor. Doch wie verhält es sich, wenn es nicht mehr darum geht, ob Täter*innen die DefMa ebenfalls anerkennen und reflektieren, sondern wenn Täter*innen bei Grenzüberschreitungen "verbannt" werden? Das gibt es ja auch.  Im Artikel "Keine Definitionsmacht für niemanden" ging es ja auch darum, dass der Mann in der Geschichte in der unpolitischen Ultra-Szene gelandet ist. Schlussendlich wurde ihm aufgrund seiner Grenzüberschreitung die Möglichkeit genommen, zu reflektieren und sein Verhalten zu ändern. Auf nimmer Wiedersehen. Sicherlich wird dies nicht immer und überall so praktiziert, aber vergleichbare Fälle scheint es ja auch gegeben zu haben; so erkläre ich mir zumindest den Zuspruch in den Kommentaren unter dem "Keine DefMa"-Artikel.

Generell frage ich mich dabei - und das schien wohl die Kritik an DefMa-Praktiken zu sein -, wie mensch weiter vorgehen will, wenn mensch an das große Ganze denkt...? Wohin sollen Täter*innen auf lange Sicht gehen? Streben wir nicht alle eine Revolution, einen Wandel an? Was passiert während oder nach dem Wandel mit Grenzüberschreiter*innen, mit Gegner*innen? Das ist so ähnlich wie mit dem "Nazis raus"-Spruch... Wohin?

Insgesamt frage ich mich einfach, wie mensch das Konzept der DefMa gesamtgesellschaftlich verpacken kann, um auch auf das "große Ganze" hinzuarbeiten...

- nirgendwo in dem Artikel geht es um "Verbannung" von Tätern als Ziel, im Gegenteil, hier werden explizit Situationen genannt, in denen das anders geregelt werden konnte.

- zum "Macht"-Begriff: Definitionsmacht heißt, dass jede Person die "Macht" über ihre EIGENE Erfahrung hat. und nur darüber. daher kommt der Begriff. (ich kann NICHT sagen, dass die Grenzen einer anderen Person NICHT überschritten wurden)

--> es geht hier nicht um Macht über andere, sondern um Macht (ob mensch das jetzt so nennt, bleibt jede_r selbst überlassen) über das eigene Leben. Wiederaneignung und so.

Hast du schon einmal mit jemand gesprochen, der/die bestreitet, dass jeder Mensch eine eigene Erfahrung hat?

Darum geht es doch bei Defma gar nicht. Es geht darum, festzustellen, dass eine Person die Macht hat, für alle Tellnehmenden die Situation zu definieren und daraus dann die entsprechenden Maßnahmen und Sanktionen herzuleiten.

Es wird ja gerade bestritten, dass es in einer Situation es mehrfache Deutungen geben kann.

Und nur an dieser Stelle gibt es doch auch Probleme. Wenn eine_r sagt: "Du bist Vergewaltiger!" und die/der andere sagt: "Aber ich habe nicht vergewaltigt!"

Vor einer Strafe / Schutz versucht die Definitionsmacht gerade das Gegenteil, als verschiedenen Menschen verschiedene Erfahrungen zuzubilligen, indem sie eine Erfahrung oder Definition durchsetzt.

Trotzdem sollte es besser Strafmacht/Sanktionsmacht heißen, weil es in doch in den Auseinandersetzungen nicht um die Deutung der Situationen geht, sondern um die Durchsetzung von Sanktionen aufgrund der Deutungen.

 

Es ging mir hier nicht primär um den Artikel, sondern um die DefMa-Kritik an sich.

Denn so gut die Theorie auch sein mag (mensch will ja immer auf Bedürfnisse und Empfinden einzelner eingehen) - es gibt doch Situationen, in denen Täter*innen verbannt werden. Ich kenne selbst eine Situation, in der ein Täter dann nach seiner eigenen Einsicht und nachdem zusätzliche alle linken Locations benachrichtigt worden, seinen Job geschmissen und die Stadt verlassen hat. Ob er jetzt noch in politische Kreise, wo auch immer er gelandet ist, jemals zurückkehren kann, ist fraglich.

Daher denke ich, ohne den Täter vor dem Opfer in Schutz nehmen zu wollen, dass es zu "Macht"positionen kommen kann. Das geschieht unterschwellig, indem eine Person im weitesten Sinne die Macht hat, zu entscheiden, was für sie*ihn in Situation XY gut ist (insofern nachvollziehbar). Schlussfolge könnte sein, dass es Täter*innen passieren kann, die sich diesem unangenehmen Gefühl seitens der Betroffenen evtl. bislang gar nicht bewusst waren, dass sie sich nicht mehr in gewissen Locations in Gegenwart der Betroffenen aufhalten dürfen.

Ich denke, hier gibt es zwei Seiten der Medaille - einerseits Betroffene, auf deren Bedürfnisse eingegangen werden sollte; andererseits Täter*innen, die sich ihrem Täter*innensein bislang nicht bewusst gewesen sein könnten (dabei geht es mir hier nicht um Vergewaltigungen, sondern um andere Grenzüberschreitungen)... Daher bleibt die Frage, inwieweit letztere alleine durch das Gefühl der Betroffenen, was sie vielleicht zum Zeitpunkt der Grenzüberschreitung noch nicht äußern konnten und somit die Täter*innen noch weniger bescheid wussten, sanktioniert werden.

Daher kämen wir auch wieder zum Zustimmungskonzept zurück... Ich muss ja selbst auch gestehen, dass ich mich bislang nie mit dem Zustimmungskonzept befasst habe und es mir auch noch ein wenig fremd wirkt, gerade bei Bettgeschichten bei jedem Schritt nach Zustimmung zu fragen. Natürlich ist es wichtig, über Bedürfnisse und auch No Gos zu sprechen... Reden ist das A und O in Punkto Sex. Aber so, wie hier bislang dieses Konzept vorgestellt wurde, habe ich mich selbst auch noch nicht wieder gefunden. Was also tun, wenn auch andere Menschen vorher noch nicht mit dem Zustimmungskonzept vertraut waren? Kann mensch davon ausgehen, dass uns immer schon "fertige" Menschen begegnen...?

mit Blick auf das große Ganze: ja, Täterarbeit muss gemacht werden, und Täter müssen sich damit auseinandersetzen, was sie getan haben und wie sie es künftig vermeiden können. Da gebe ich dir völlig Rech, dass langfristig die Lösung nicht einfach "Raus" heißt.

Damit Täterarbeit aber überhaupt stattfinden kann, muss der Täter die Definitionsmacht der Betroffenen anerkennen, d.h. akzeptieren, dass er da einer anderen Person wirklich geschadet hat (sonst hätte er ja keinen Grund, zu reflektieren, wenn er weiterhin der Meinung ist, sein Verhalten war okay). Genau das ist doch der Kern von Defma.

Wenn ich mit einem Auto mit 50 kmh eine Straße entlang fahre und ein Kind springt plötzlich zwischen geparkten Autos hervor, das ich nicht sehen konnte. Habe ich ihm geschadet? Sicherlich, ich habe es überfahren. Konnte ich etwas dafür und bin deshalb Täter? Wohl eher nicht. Man kann einer Person auch schaden, ohne dass man eine Verantwortung für das Zustandekommen des Schadens hat. Z.B. weil die Betroffene ihre Vorerfahrung in die Situation hineinprojiziert.

soweit ich weiß, juristisch ja, solange das Kind unter 14 ist, bist du voll verantwortlich.

 

und: egal wie versehentlich du ein Kind anfährst, du würdest doch sicher dem Kind / den Eltern des toten Kindes sagen, dass es dir leid tut, dass du das Kind überfahren hast??? Genau darum geht es.

was nicht stimmt, ist deine juristische einschätzung: was du meinst sind haftungsrechtliche fragen. ein kind haftet bis zu einem bestimmten alter nicht. d. h. der autofahrer hat pech in bezug auf seinen eigenen schaden. er muss aber nicht den schaden des kindes bezahlen, wenn dieses den unfall verursacht hat und es unvermeidbar für den autofahrer war.

 

was stimmt ist, dass es mir leid täte und genau darum geht es oder geht es nicht: ich ziehe explizit einen unterschied zwischen auswirkungen meines verhaltens, die ich zu verantworten habe und die, die ich nicht zu verantworten habe. darin liegt exakt der unterschied zu den definitionsmachtbefürwörtern. wenn die auswirkungen meines verhaltens erwartbar waren, dann muss ich dafür verantwortung übernehmen. wenn die auswirkungen nicht vorhersehbar waren, dann tut es mir leid, ich kann aber dafür nicht in haftung genommen werden.

Wenn du an einer Straße mit geparkten Autos so schnell vorbeifährst, dass du nicht mehr bremsen kannst, wenn ein Kind plötzlich auftaucht - ich fürchte, dann läge tatsächlich auch die juristische Schuld bei dir. Weil du darauf hättest achten müssen, dass aus geparkten Autos in Wohngebieten Kinder rausspringen können, und du in Sichtweite bremsbereit sein musst.

 

Die juristische Seite ist mir allerdings ehrlich gesagt egal. Aber das Bsp passt ganz gut: Wenn du etwas machst, was ein gewisses Risiko für einen massiven Schaden bei jemand anderes hat -  wie zb zu schnell fahren an einer Stelle, wo Kinder sein könnten - oder sexuell so lange weitermachen, solange du kein Stop hörst, obwohl du auch keine klare Zustimmung der anderen Person hast - dann riskierst du mit deinem Verhalten, jemand anderem massiv zu schaden. Think about it.

Finde das Beispiel eigentlich ganz gut:

Immer schön vorsichtig und umsichtig fahren, weil es eben sein kann, dass mal ein Kind zwischen zwei Autos hervorschießt, das vorher nicht gesehen werden konnte.

 

Und so ist es dann auch beim Umgang zwischen den Geschlechtern und Menschen - vielleicht ist dein Gegenüber eben etwas empfindlicher. Das sollte Berücksichtigung finden, ganz normal.

 

Trotzdem kann es eben auch vorkommen, dass trotz langsamen und vorsichtigen Fahrens was passiert. Das ist traurig - aber niemand trägt die Schuld dafür. Deshalb muss sich auch niemand entschuldigen.

 

Und solche Dinge passieren eben auch in Beziehungen: Furchtbare Schmerzen, für die niemand etwas kann. Zum Beispiel bei Trennungen. Ich kenne durchaus Leute, die da schon sehr rachdürstig durch die Gegend gelaufen sind, Männer und Frauen und * auch.

 

Der letzte "Defma-Fall", mit dem ich zu tun hatte, drehte sich um eine solche Beziehung. Der Mann hatte sicherlich ein unsympathisches Verhalten. Aber ich kann bis heute nicht einschätzen, ob sich die Frau letztlich nur "von ihm verarscht" (er hatte sich von ihr getrennt, nachdem er auch fremdgegangen war) gefühlt hat und sie ihn deshalb nicht mehr in der Szene haben wollte. Sie hat nicht weiter etwas dazu gesagt - und mir wurde nur gesagt, dass er ein Vergewaltiger ist. Die Vorwürfe kamen etwa ein Jahr, nachdem er sich getrennt hatte.  Und ausgelöst wurde das ganze auch nicht in erster Linie durch die Frau, sondern durch die Unterstützerinnengruppe. So richtig konnte ich im nachhinein der Frau nicht mehr glauben, weil sie auf einmal Forderungen auch an andere Männer hatte, die sie "nicht mehr sehen konnte".

Es hat ziemlich genau ein Jahr gedauert, bis ich kapiert und akzeptiert hatte, dass mein Exfreund mich vergewaltigt hat, als ich ihn verlassen habe. Vorher war in meinem Kopf irgendwas im Sinne von

"Naja, er hat mich unter Druck gesetzt ... und er hat mein nein nicht akzeptiert ... und es hat scheiße wehgetan... aber ich hab mich ja nicht gewehrt ... und es war auch gar nicht so unterschiedlich zu sonst, wenn wir "Sex" hatten, den ich eigentlich nicht wollte..." (rate mal warum es wenig unterschied war - weil er vorher schon nicht korrekt gehandelt hat.) - usw. plus das unvermeidliche "Vielleicht hab ichs ja verdient? vielleicht hab ich es provoziert?"

 

Ich war etwas über ein Jahr lang der festen Überzeugung, dass es "ganz ähnlich wie eine Vergewaltigung war, aber..." , bis ich dann irgendwann mir eingestehen konnte, dass es eine war.

Und ich war vorher schon Feministin und alles, und wenn mir eine meiner Freundinnen was ähnliches erzählt hätte, wäre mir sofort klar gewesen, dass das ne krasse Sache war - nur für mich selber ging das aus irgendeinem Grund nicht.

Vergewaltigungsmythen wirken, nicht nur bei Leuten wie dir, sondern auch in den Köpfen der Betroffenen, und es kann eine Weile dauern, bis man soweit ist, dass etwas, was eben keine "Klischee-Vergewaltigung" (du weißt schon, unbekannter Täter, Überfall im dunklen Park , usw) war, trotzdem eine Vergewaltigung sein kann - auch wenns auf der Theorieebene längst klar ist.

 

Also: sag nicht, dass eine Betroffene weniger glaubwürdig ist, wenn sie es erst spät so bezeichnet. das heißt nicht, dass es keine Vergewaltigung war.

Und da du sicher weißt, dass bei über der Hälfte aller Vergewaltigungen der Täter der eigene (Ex-)Partner ist, denk vielleicht noch mal über die Sache nach?

Also erstmal: Scheiße, was dir passiert ist. Das tut mir sehr leid. Scheiße, was dein Freund gemacht hat. Gut, dass du dich getrennt und dass jetzt klar hast.

 

Und dann: Ich finds wichtig, dafür einzustehen, dass Sexualität und Nähe einvernehmlich läuft - das klar ist, was gemocht wird, was nicht, worüber noch keine Sicherheit da ist und so... Und dafür finde ich dann wichtig, die eigenen Wahrnehmungen zu stärken, das jede_r überhaupt erst einmal merkt, wann ihm/ihr was gefällt und wann nicht und wann überhaupt nicht. Das gilt insgesamt für alle.

 

Und dafür einzutreten, dass jede_r ihre/seine Ansichten vorbringen kann, sagen kann, wenn sie/er was schräg findet, übergriffig oder unstimmig.

 

Und dafür einzutreten, dass nicht irgendjemand anders bestimmt, was "richtig" oder "falsch" ist. Sondern jede_r das Recht hat, das zu bestimmen für sich. Und wenn es mehr Leute betrifft: Sich nichts sagen zu lassen, sondern eine Auseinandersetzung drüber zu führen.

 

Nicht unterwürfig zu sein bedeutet einen Schutz gegen Übergriffe. Es bedeutet, die eigenen Grenzen wahren zu können. Das ist meine Erfahrung.

 

Und gerade, weil ich deine Erfahrung ja teile, reagiere ich so überaus allergisch darauf, wenn mir jemand sagt, was ich tun und lassen soll, ohne dass ich nachfragen darf. Wenn ich dann ein schlechtes Gefühl bei der Sache hab und mein Verstand mir auch noch sagt, dass es nicht mit guten Dingen zugeht  - dann fällt bei mir ne Klappe. Sozusagen Selbstschutz. Und ich bin froh darüber - und wünsche dir das auch!

 

Ich hoffe sehr, dass du Solidarität und Vertrauen erfahren hast.

Hier nochmal Input zur Kritik an Definitionsmacht, weil es scheint, als würde im oben stehden Text die Kritikerseite nur unzureichend dargestellt (bzw. falsch wiedergegeben):
https://linksunten.indymedia.org/node/23759

Die Überschrift und Einleitung des Textes haben bei mir schon zu einem dezenten Augenrollen geführt. "Betroffenensicht", "persönliche Perspektive aus Betroffenensicht", ja,ich hab's ja verstanden, was jetzt kommt, hat wirklich Gewicht und kann eigentlich nicht hinterfragt werden, von mir als Mann schon mal gar nicht. Aber na ja,dachte ich mir, die  folgenden Ausführungen der anonymen Autorin sind ja vielleicht wirklich geeignet,mich zm Umdenken bzgl. der Defma zu zwingen. Der Anfang des Textes ist schon ernüchternd.

Nach den letzten Debatten auf linksunten.indymedia, die alle eher theoretisch geführt wurden, ist das hier ein persönlicher Beitrag. Im Gegensatz zu den vorher genannten Texten spreche ich hier nicht über fiktive, konstruierte Beispiele, sondern über Ereignisse, die tatsächlich passiert sind. Ich war selbst schon Betroffene von sexualisierter Gewalt und von (sexuellen) Grenzüberschreitungen, auch innerhalb von linksradikalen Kreisen. Ich war auch schon Unterstützerin, wenn die Grenzen anderer FLT* überschritten worden waren.

Ja,alle haben nur rum spekuliert, jetzt kommt eine, die wirklich weiß, wie's ist, weil sie halt wirklich dabei war,und deswegen halten jetzt alle mal die Schnauze und hören sich einfach die reine Wahrheit an... Ne, sorry, sowas weckt in mir nur die Vermutung, dass du deine Glaubwürdigkeit so vehement einfordern musst, weil dein Text selbst einfach nicht glaubwürdig genug ist. Sag doch einfach, was du zu sagen hast. So, es folgen diverse Infos zum Thema sexualisierte Gewalt aus einschlägigen Broschüren, ein paar eigene Erfahrungen,und dann wird's plötzlich wüst.

 

Wenn derjenige mir zuhörte und meine Erfahrung anerkannte, dann war damit zwar nicht automatisch alles gut, aber es war zumindest möglich, darüber zu sprechen und damit einen Umgang zu finden. Anerkennung von Definitionsmacht ist für mich eine notwendige Voraussetzung für eine Auseinandersetzung damit, was passiert ist. Wenn der Täter nicht verstehen will, was er mir angetan hat, wie sollte er darüber reflektieren können? Wie könnten wir eine politische Lösung finden, wenn wir nicht einmal die Grundlage teilen, dass meine Grenzen wichtiger sind als sein Vergnügen [5] und dass meine Wahrnehmung genauso viel wert ist wie seine [6]? Wie sollte ich einen Menschen ernst nehmen, der der Meinung ist, dass er mehr wert ist als eine Frau*? Wie könnte eine Person in einer linken Gruppe mitarbeiten, die einen zentralen Grundsatz – nämlich dass alle Menschen gleich wichtig sind – nicht teilt?

Moment mal,du definierst hier Defma einfach mal willkürlich um. Dass er mit dir redet, dir zuhört,sich bemüht, dich zu verstehen und deine Erfahrung anerkennt, zeugt von Vernunft, Reflexions- und Einfühlungsvermögen, mit anderen Worten: es sollte für erwachsene Menschen selbstverständlich sein, Konflikte so zu lösen. Aber das ist nicht das Defma-Konzept.Die Unterstützung der Defma ist auch keine Vorraussetzung dafür, so zu handeln. Die Defma beinhaltet, dass sexualisierte Gewalt ausschließlich subjektiv zu erfahren ist, und jeder Versuch,  einer objektiven Bestimmung nicht nur scheitern muss, sondern sogar verwerflich ist. Du kannst also niemandem  erklären, was dir passiert ist,wenn du die Defma ernst nimmst.Und es kann dich auch n niemand verstehen.  Entweder hast du deine ganz eigene,vernünftige Vorstellung von Defma (was ich nicht glaube), oder du versuchst ganz bewusst die Defma durch solche Täuschungsmanöver aus der Kritik zu nehmen.Um für weitere Verwirrung zu sorgen,stellst du der Defma dann die vermeintlich einzigen Alternativen gegenüber.Und da wird es dann grob unverschämt. "Defma anerkennen oder Frauen verachten; Defma anerkennen oder Selbstreflexion verweigern usw. usw." Diese Widersprüche existieren natürlich nicht. Aber du lügst hier ganz bewusst, um den Lesern die Vorstellung "Wenn ich Defma ablehne,bin ich ein mieser Sexist" in die Köpfe zu hämmern.  Schön finde ich, dass du die Defma damit verteidigst,dass du so den für dich richtigen Umgang mit dem Täter finden kannst,während man bei der maedchenmanschaft unter dem tag "definitionsmacht" alles, was kein konsequenter täterausschluss ist, zur "mitschuld" erklärt. aber das nur am Rande.Ansonsten drischst du witer auf Strohmänner ein.

Es wird auch häufig behauptet, dass bei Defma dem Täter gegenüber „unverhältnismäßige Forderungen“ aufgestellt werden. Erst mal: was eine Betroffene benötigt, um sich wieder sicher(er) zu fühlen, kann nur sie selber sagen. Wer es traurig findet, auf bestimmten Partys nicht mehr erwünscht zu sein – nun,der sollte vielleicht darauf verzichten, andere Menschen zu vergewaltigen.

Ich würde dem ja zustimmen. Das Problem ist allerdings, dass die Defma dafür sorgt, dass niemand wissen kann, was "Vergewaltigung" gerade heißt,weil die Definition eben zu 100% der subjektiven Willkür überantwortet wird. Was der Täter tatsächlich getan haben soll,kann nicht mal der Täter wissen (ohne irgendeine objektive Bestimmung geht das halt nicht)und nachfragen darf er auch nicht. Überhaupt darf nicht einmal versucht werden, irgend etwas zu ermitteln. Das ist dann die Basis, auf der die sog. UnterstützerInnen ohne nachzufragen jede (!) Strafforderung des Opfers exekutieren sollen? Sorry, aber das kann man nicht ernsthaft wollen.

Was ich an der Diskussion gerade etwas unpassend finde, ist, dass – wie gesagt – hier ganz überwiegend Menschen, die noch nie von sexualisierter Gewalt in der eigenen Gruppe betroffen waren, konstruierte Beispiele erfinden dazu, wie Defma angeblich angewandt wird. Ich fände es passender, wenn diese Debatte vor allem von denen geführt würde, die schon von sexualisierter Gewalt (vor allem aus der linken Szene) betroffen waren. Sie sind diejenigen, um die es hier eigentlich gehen sollte. Welche Erfahrungen, positiv oder negativ, haben sie mit Defma gemacht?

Für jemanden, der so vollmundig von "Reflexion" spricht, ist es echt merkwürdig, subjektive Erfahrung zur einzig wahren Diskussionsgrundlage machen zu wollen. Aber ich versteh auch,dass du das willst: Dann würde endgültig jede Verpflichtung wegfallen,logisch nachvollziehbar zu argumentieren. Man müsste sich nicht mehr auf den Gegenstand einlassen, sondern ausschließlich durch Emotionen die Diskussion dominieren. Dann könnte man ganz dem blöden frauenfeindlichen Klischee entsprechen, das man eigentlich mal bekämofen wollte.

dieser Kommentar ist so UNFASSBAR respektlos gegenüber der verfasserin dass du dich damit selbst disqualifizierst.

 

Dein einfordern von rationalität klappt nur für privilegierte.

 

dicken respekt an die autorin!

Könntest du noch begründen, worin die Respektlosigkeit und die Selbstdisqualifikation des Kommentars besteht?

Er hat sich doch mit dem Artikel Absatz für Absatz auseinandergesetzt und sich relativ viel Arbeit damit gemacht. Er hat seine Fragen und seine Kritik.

Wieso "klappt" seine "Rationalität nur für Priviligierte"?

Wieso findest du es unnötig, deine Sicht auf seine Argumentation so auszuführen, dass sie für andere nachvollziehbar wird?

Der Autor spricht zu Beginn der Verfasserin des Artikels die Glaubwürdigkeit ab. Das nenne ich gegenüber einer die aus der Betroffenenposition spricht extrem respektlos und zeigt, dass der Verfasser nur Erfahrungen anerkennt die ihm in den Kram passen.

 

Ich meine, dass Rationalität hier als Herrschaftsinstrument eingesetzt wurde. Die Vorstellung die in der Regel mit der rational - irrational- Zweiteilung einhergeht ist die, dass bestimmte z.B. "zu emotionale" Leute sich nicht äußern sollten oder ihre Meinung nichts wert ist. Das Gegenteil ist meistens in die eigen Sprecher_innenposition, die in Abgrenzung zum irrationalen Anderen als rein rational gilt.  Das spricht allen die nicht ins herrschende Kozept von "rational" passen (und wer bestimmt denn was rational ist?) die Wichtigkeit ab. 

...er setzt sich mit dem Zusammenhang der Erfahrungen der Verfasserin und dem Definitionsmacht-Konzept auseinander - und vertritt eine andere Meinung als sie. Das wiederum begründet er. Ihr Beitrag wurde doch sicherlich geschrieben, damit es eine Diskussion darüber gibt.

Und sein Verweis auf Nachvollziehbarkeit von Erfahrungen, Verständigung und Gespräch finde ich auch nicht verwerflich.

Vielleicht verwendete er mit "Rationalität" den falschen Begriff, - ich glaube, es ging ihm um Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit.

Sich selbst in eine Ohnmacht zu versetzen, indem Erfahrungen als "unaussprechlich" auch undiskutierbar gemacht werden - darin liegt nicht die Lösung.

Du plädierst letztlich dafür, dass Erfahrungen und Einschätzungen nicht kollektiv ver- und bearbeitet werden können.

Einer Wahrnehmung, Meinung oder einem Gefühl Respekt, Mitgefühl oder Solidarität heißt nicht, dass keine eigene Einschätzung mehr vorhanden ist. Und die darf jeder Mensch zu jeder Zeit immer äußern - mit Mitgefühl und Respekt.

Alles andere ist tatsächlich der Prototyp patriarchalen Verhalten, nach dem Motto des Vaters: "Zolle mir Respekt! Tue, was ich von dir will! Und wage es nicht, selbst zu denken!"

-

Nur zum letzten Teil: Ich schrieb, dass die Debatte "vor allem" von Betroffenen geführt werden sollte. Das ist nicht das gleiche wie "Alle nicht-Betroffenen halten für ewig die Klappe!"

 

Kannst du mir bitte erklären, wieso eine stärkere Beteiligung von Leuten, die etwas selber erfahren haben, sofort und automatisch ein Wegfallen jeglicher Argumentation bedeutet sollte?

Können Menschen deiner Meinung nach nur dann über etwas schreiben, wenn sie selber davon ganz weit weg sind?

 

Ich glaube kaum, dass du mir den Vorwurf machen kannst, ich würde nicht (auch) Argumente liefern - vielleicht gefallen die dir nicht, aber sie sind da.

Bis jetzt habe ich die Debatte um DefMa hier auf linksunten nur beobachtet, aber mir scheint die ganze Diskussion ist auf einer sehr verzerrten Ebene angelangt.

 

Vorneweg, ich bin mit der Umsetzung(!) von DefMa nicht unbedingt einverstanden.

Jedoch denke ich, dass es außer Frage stehen sollte, dass einem Menschen, der einen Übergriff erlebt hat erstmal geglaubt wird.

Darüber wird hier wahnsinnig gestritten, aber das ist doch gar nicht der Punkt. Leider habe ich den Eindruck, dass die DefMa-Befürworter*innen dies (vielleicht sogar bewußt) unterstellen. Ich kenne wirklich niemanden unserer ach so tollen Szene, der dies in Frage stellt.

 

Das Problem liegt viel eher in der praktischen Umsetzung und ich finde hier ist eine Diskussion mehr als notwendig.

Es wurde ja schon oft in dieser gesamten Debatte geschrieben, daher will ich es nur kurz umreißen, aber wichtige Fragen sind doch:

 

-Relativierung des Begriffs der Vergewaltigung

-Problematischer Umgang mit Täter*innen, d.h. dass der betroffene Mensch gar nicht erfährt was er*sie getan hat.

-Durch diese Unwissenheit und durch Verbannung wird eine Aufarbeitung/Selbstreflexion fast unmöglich.

-Abstrahierung von "Nein heißt nein", wodurch alles was nicht explizit "ja" heißt negativ interpretiert werden muss (und nein, "vielleicht" heißt zwar nicht "nein" aber noch lange nicht "ja")

 

Mein Wunsch ist es, dass um obige Punkte (und alles was ich veressen habe) mal sachlich und ohne Polemik von beiden Seiten diskutiert wird, aber das wird wohl nicht passieren

 

P.S.: In obigem Text hat z.B. die betroffene Person mit dem Täter gesprochen, was ich für richtig erachte (wahrscheinlich besser: Dass dies Unterstützer*innen erledigen). Von daher passt der Text nicht zur Debatte, sondern bestätigt eher, dass es daran hapert Betroffene ernst zu nehmen. Und das ist ein Armutszeugnis für uns.

Als selber betroffener mensch bedanke ich mich für diesen ehrlichen beitrag ABER: auch ich muss sagen, dass von beiden seiten hier massiv relativiert wird! zum einen versuchen hier defma gegner*innen sexualisierte gewalt zu verharmlosen zum anderen können defma befürworter*innen nicht differenzieren. ich war in meinem fall einem SEXUALISIERTEN ÜBERGRIFF ausgesetzt das macht den/die täter*in noch nicht zu einem*r vergewaltiger*in. ihr tut opfern und täter*innen gleichermaszen einen gefallen wenn ihr verdammt nochmal unterscheidet zwischen SEXUALISIERENDEM VERHALTEN und GESTEN, SEXUALISIERTEN HANDLUNGEN , SEXUALISIERTER GEWALT und VERGEWALTIGUNG ansonsten ruft ihr gerade solche reaktionen herbei wie sie von den hier postenden defma-gegner*innen kommen. (und nein das ist kein stockholm syndrom denn defma heiszt auch dass das OPFER entscheidet welche grenzverletzung vorliegt und nicht irgendwelche scheisz plenas ja?) ich habe die schnauze voll von relativierenden defma-gegner*innen und irgendwelchen besser wissenden defma-befürworter*innen.

Defma für die Opfer und sonst für niemanden!

?

Es tut mir sehr leid, was dir passiert ist, trotzdem...

 

...da wäre ich nicht mit einverstanden, dass du mir sagst, ob ich jemanden rausschmeiße, weil du ihn nicht sehen kannst. Und ihn, wenn er dann nicht freiwillig geht, dann rausprügeln soll.

Es sei denn, ich würde dich kennen und dir vertrauen: Das würde aber auch heißen, dass ich die Umstände kennen und einschätzen könnte. Das wäre also etwas völlig anderes, als mit Defma gemeint ist.

Erst recht nicht wäre ich damit einverstanden, über jemanden Flugblätter zu erstellen, Plakate zu kleben, die jemanden sozial ächten, ohne, dass ich im Groben ein Vertrauen auf deine Schilderungen habe. Ich muss auch mit dir darüber übereinstimmen, dass etwas schlimmes passiert ist, dass mein Handeln für mich begründet.

 

Wie gesagt, es ist schlimm, was dir passiert ist. Ich bin mit dir solidarisch. Aber Solidarität bedeutet für mich nicht bedingungslose Unterordnung. Für mich bedeutet das, dass wir zusammen gucken, was wir machen können.

 

Wenn ich mich bedingungslos unterordnen sollte unter dich, Personen oder Gruppen oder Gesetze ohne die Möglichkeit dazu zu bekommen, es aus eigener freier Entscheidung und Einschätzung zu tun - dann würde das meine gesamte Haltung, alles, wofür ich einstehe, auf den Kopf stellen.

 

Es könnte sein, dass ich dann auch genau das mache, was du möchtest - den Typen rausschmeißen, Hausverbot etc - aber: Der Unterschied, dass ich mich selbst entscheide, Subjekt bleibe, das ist tatsächlich in Unterschied ums Ganze. Und den werde ich nie freiwillig aufgeben. Und das, was ich daran krass finde ist: Das ist meine Einstellung, weil ich selbst Übergriffe erlitten habe, selbst traumatisiert bin. Ich werde mich nie mehr freiwillig in eine Ohnmachtssituation begeben.

.

Vielen dank fuer diesen text!

er kann menschen eine perspektive eroeffnen, die sie sich vll selbst nicht vorstellen koennen.

herabwuerdigende kommentare aus annonymisierter hand  halte ich fuer absolut nicht angebracht. 

Konstruktive Kritik dagegen waere wuenschenswert.

 

wenn taeter nicht mit ihrer tat konfrontiert werden und sie ihnen wohlmoeglich nicht bewusst ist, werden sie sie hoechstwarscheinlich wieder begehen.

natuerlich sollte eine betroffene zunaechsteinmal an sich denken,

doch mir scheint eine konfrontation in was fuer einem rahmen auch immer sehr wichtig um taetern die moeglichkeit zu geben, sich mit ihrer tat auseinander zusetzen und um zu vermeiden das andere menschen aehnliches erleben.

Vor einigen Tagen erreichte uns ein zweiter Text, den wir auf Bitte des*der Autor*in nun hiermit ebenfalls anonym veröffentlichen.

http://cosmonautilus.blogsport.de/2013/07/23/stand-up-speak-up


[Triggerwarnung: Beschreibung von Vergew*******g]

 

Ich werde über persönliche Erfahrungen schreiben. Bitte versucht entsprechend ein Mindestmaß an persönlichem Respekt aufzubringen.

Dies ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich öffentlich als Betroffene einer Vergewaltigung und wiederholter sexualisierter Übergriffe in der linken Szene äußere. Bisher hatte ich Schiss davor, und die aktuelle Debatte auf linksunten.indymedia zeigt mir, dass das nicht zu Unrecht war.

Es geht in diesem Artikel nicht um eine „neutrale“ Sicht auf die Debatte oder die Definitionsmacht, ich gebe offen zu: Ich spreche aus der Position einer Betroffenen, ich bin nicht neutral und will auch nicht so tun. Doch: Auch die vielen Cis-Männer die sich hier ablehnend zu Definitionsmacht geäußert haben, sind keineswegs neutral. Doch viele tun so. Auch sie haben eigene Interessen und Ängste, die die Debatte beeinflussen. Neutralität ist eine Illusion!!!

 

Ich bin seit ich 15 bin in linksradikalen Gruppen aktiv. Ich war immer in kleineren Gruppen mit einem insgesamt guten Klima, ich war in unterschiedlichen Gruppen und Räumen unterwegs, also sagt mir nicht dass meine Erfahrungen eine krasse Ausnahme sind oder nichts wert.

 

Als ich 16 war hat mich ein Bekannter (der nicht mit der linken Szene in meiner damaligen Stadt verbunden war) vergewaltigt. Er zwang mich gegen meinen erklärten Willen (ich habe deutlich gesagt dass ich das nicht will) zu sexualisierten Sachen. Ich wusste sofort dass es eine Vergewaltigung war. Nach den deutschen Gesetzen war und ist es nicht sicher eine. Ich war danach völlig allein. Ich habe mich schrecklich gefühlt. Ich wusste nicht an wen ich mich wenden könnte. Ich bin in meine Schule gegangen, habe Kaffee getrunken, habe Kette geraucht und mir stundenlang nur gewünscht zu vergessen, mir gewünscht mich nicht mehr zu ekeln. Ich habe mir tagelang gewünscht, das Verlangen dauernd zu duschen ginge endlich weg.

 

Obwohl mir unmittelbar nach der Tat klar war, dass es eine Vergewaltigung war, habe ich mit niemandem geredet, denn ich wusste nicht mit wem. In meiner damaligen Politgruppe waren zwar alle voll für Emanzipation, aber konkret waren ihre Forderungen nach der „Frauenbefreiung“ weder glaubhaft noch realistisch für mich: Entweder sie fanden andere Themen „wichtiger“ oder sie äußerten sich relativierend zum Thema Sexismus und sexualisierte Übergriffe: „Aber ein Kind braucht doch seine Mutter“ , „Aber das ist doch natürlich“, „Die Befreiung der Frau erfolgt im Sozialismus“, etc. waren normale Aussagen zum Thema.

Zu Übergriffen hatte sich kein Mitglied der Politgruppe damals je geäußert, es war jedoch mehrmals vorgekommen dass sowas „nebenbei“ mal Thema wurde und meine Genoss_innen (die Frauen* waren in der Minderheit, wie in den meisten linken Gruppen) beteuerten, die Betroffenen übertreibe oder das sei alles nur ein Szenestreit.

 

Ich stand also völlig alleine da und habe es mehrere Jahre nicht gewagt auch nur einer Person aus der Gruppe zu erzählen dass ich vergewaltigt worden war. Und heute gratuliere ich mir dazu, denn ich bin sicher ich hätte damals Hohn und Spott statt Unterstützung geerntet.

Von Definitionsmacht erfuhr ich mit 18, als ich von einer Klein- in eine Großstadt zog. Dort erzählten mir Freundinnen, dass ihre Gruppen nach diesem Prinzip handelt, und mein erster Gedanke war: Freaks!

 

Ich konnte nicht verstehen, wie diese Gruppen das Risiko eine „Verurteilung“ Unschuldiger auf sich nehmen konnten, nur um „ein paar“ Betroffene in der Gruppe zu schützen.

 

Ich fand das Konzept wahnsinnig komisch, verstand nicht, warum die Konfliktparteien nicht einfach mal vernünftig reden konnten. Eine radikal_feministische Freundin erzählte mir in einem persönlichen Gespräch was ihre Gründe für die Anerkennung der Definitionsmacht waren.

Sie sprach über die Beweislast, die bei Prozessen vor BRD-Gerichten bei den „Opfern“ lag, über die Demütigung einen Übergriff vor Gericht schildern zu müssen und von der Empfehlung von Expert_innen sich bei einem gewaltsamen Übergriff nicht mehr zu wehren wenn es aussichtslos ist, weil mensch sich damit nur selbst gefährdet. Zugleich erklärte sie mir, dass ohne diese Gegenwehr (von der abgeraten wird) kaum Spuren einer Vergewaltigung existierten und eine Verurteilung des Täters unwahrscheinlich sei. Sie sprach auch über das Fühlen und Setzen der eigenen Grenzen und ich entdeckte in vielen Dingen die sie erzählte völlig neue Ansätze für mich: Ich war zwar schon 20 Jahre alt, doch dass es wichtig ist auf meine eigenen Grenzen zu achten hatte mir bisher niemand gesagt. Das ist Rape Culture: 20 werden ohne über die eigenen Grenzen nachzudenken

 

Ich fand es spannend, doch weit weg von mir und meinem Leben, unrealistisch und „zu radikal“.

 

Bis ich selbst einen körperlichen sexualisierten Übergriff von einem Macker einer anderen Gruppe erlebte. Auf einer Party alberte ich mit einem „Kumpel“ rum, wir rissen nach dem 1. Bier ein paar (ganz unverfängliche) Witze darüber, wie cool es ist Single zu sein. Plötzlich griff er mir an die Brüste und machte einen sexualisierten Spruch dazu. Er schien es einfach nur witzig zu finden, für mich war es mehr als krass: Er machte sich einen Spaß daraus meinen Körper nicht zu respektieren. Ich war inzwischen selbstbewusster und schrie ihn nach einem Schreckensmoment an. 5 Genoss_innen waren dabei. Eine unterstützte mich und verließ mit mir die Party. Der Täter feierte weiter. Unterstützung? Die gab mir eine von 5! Mit damals 21 Jahren hatte ich es das erste Mal geschafft meine eigenen Grenzen einzufordern. Erst war ich stolz auf mich, doch dann wurde mir immer bewusster dass ich von vielen Leuten plötzlich gemieden wurde. Von den 4 Anwesenden die sich in der akuten Situation nicht geäußert hatten entschuldigte sich eine Person später. 2 verteidigten das Anpacken durch den Bekannten von mir. Die Story sprach sich herum, und statt zu fragen was los war mieden mich plötzlich viele Leute. Mir wurde sehr misstraut, ein Strömungskampf unterstellt und schließlich veröffentlichten sogar Leute Positionen zu dem Übergriff, die mehrt als weit weg von meinem Problem damit waren.

Meine Erfahrung ist: Rape Culture, im Sinne von: öffentliche Durchsetzung und Akzeptanz einer Kultur die es normal findet über Frauenkörper zu verfügen, macht vor der linken Szene auf keinen Fall Halt!

 

Ich kenne dutzende Frauen* denen in der linken Szene, auch in großen und bekannten Gruppen, Ähnliches passiert ist.

 

Die Definitionsmacht als Gegenkonzept kann ermöglichen dass Frauen die Handlungsräume die ihnen zustehen überhaupt erst bekommen.

 

Ich finde besonders wichtig: Falschanschuldigungen sind äußerst unwahrscheinlich und selten. Seit ich vor 3 Jahren bemerkt habe wie gut mir Definitionsmacht tut, habe ich auch gemerkt, dass es mir trotz Definitionsmacht sehr schwer fiel Übergriffe zu benennen und ich auch echt gehasst wurde dafür sie anzusprechen.

 

Defma ist nicht perfekt, erfüllt aber einen zentralen Zweck:
Jetzt müssen nicht mehr die Betroffenen erklären, dass echt was passiert ist, sondern die Täter müssen Stellung nehmen. Es ist absurd anzunehmen, denn die Falschbechuldigungen zunehmen würden oder der Vergewaltigungsvorwurf als politisches Instrument verwendet werden könnte, denn das „Geständnis“ vergewaltigt worden zu sein ist noch immer nicht leicht. Ich danke der ersten Betroffenen die unter dem Titel „Definitionsmacht aus Betroffenensicht“ vieles erklärte.

 

Ich hätte ohne das Wissen dass meine Wahrnehmung zählt und respektiert wird nie geschafft, die Vergewaltigungen als solche zu benennen.

Es ist absurd anzunehmen, denn die Falschbechuldigungen zunehmen würden oder der Vergewaltigungsvorwurf als politisches Instrument verwendet werden könnte, denn das „Geständnis“ vergewaltigt worden zu sein ist noch immer nicht leicht.

Das ist der zentrale Punkt: für Vergewaltigte ist das sicher nicht leicht, da gebe ich dir Recht. Aber wenn irgendwer die Definitionsmacht als politisches Instrument missbraucht, dann wurde die Person ja eben nicht (zwangsläufig) vergewaltigt. Und genau deswegen ist die Definitionsmacht abzulehnen: sie gilt nicht nur für Opfer von sexuellen Übergriffen, sie gilt für jede Person und kann daher missbraucht werden.

...soll ich jetzt die Antworten und Fragen daran hier noch einmal reinkopieren, so wie du es mit deinem Betrag gemacht hast. Hm. Na gut.

 

Deine Wahrnehmung zählt - aber die anderer Menschen auch...:

Vielen Dank für deine offene Schilderung... du hast sie sicher auch als Beispiel geschrieben, damit sich andere damit auseinandersetzen können. Deine Erfahrungen sind traurig und deshalb ist es schwierig damit umzugehen.

Aber ich glaube trotzdem, dass das Defma-Konzept ingesamt keine neuen Spielräume für Frauen eröffnet, herbeiführt oder verteidigt. Auch, wenn du aus deiner Perspektive diese Erfahrung gemacht hast. Im Grunde bestätigt das auch deine Erfahrung - denn es gibt das Definitionsmachtkonzept seit den 90-er Jahren - und wie es scheint, hat es nicht zu einer Veränderung oder Verbesserung für Frauen geführt.

Die Leute, die dir auf der Party nicht beigestanden haben und ihr Verhalten ist das Problem.... und das Definitionsmacht-Konzept führt meiner Erfahrung nicht zu einem offensiveren Umgang mit solchen beschissenen Situationen... sondern eher zu Gemisch aus defensivem und passiv-aggressiven (entschulidige) Polit-Zirkus.

Die letzten Wochen sind hunderte Kommentare hierzu geschrieben worden, die mich zusammen mit anderen Artikel dazu bewogen haben, jetzt andere Wege zu suchen.

Was ich mich immer frage: Wieso ist es für für viele andere Frauen oft so schwierig zu ihrer Wahrnehmung zu stehen und sie zu verteidigen?

Deine beiden Beispiele sind doch glasklar! Und ebenso ein Umgang damit!

Für mich ändert Defma da überhaupt nichts dran - sondern nur eine offensive Auseinandersetzung, die mit klaren Worten benennt, wo die Probleme liegen.

Das Defma-Konzept stärkt eher eine defensiv-schwache Position.

Das ist doch wirklich absurd!

die Argumentation, dass Defma eben nicht funktionieren kann, weil sie aktuell nicht von allen angewandt wird, und daran würde mensch doch sehen, dass sie nicht funktionieren könnte usw...

merkt ihr nicht, wie unlogisch es ist, das Defma-Konzept zu verwerfen, weil es zur Zeit nicht von allen anerkannt wird, aber eure Kritik, die eben auch nicht von allen geteilt wird, als allgemeingültig und von allen akzeptiert hinzustellen?

"du hast gestern dein t-shirt beim zelten ausgezogen und es trotz zweifacher aufforderung nicht wieder angezogen. jemand, der anonym bleiben möchte, will, dass du deine sachen packst und nach hause fährst.", "au ja, das klingt vernünftig, ich bin gleich weg."

Ich habe überhaupt gar nichts dagegen, wenn du für dich definierst, was mit dir passiert ist, wie schlimm es war. Ich finds gut, wenn du dich einsetzt für dich.

Aber ich bin auch ein Mensch, habe meine Wahrnehmungen und meinen Verstand und meine Menchlichkeit, nach der ich mich auch richten will.

Deshalb führt für mich kein Weg dran vorbei: Wir müssen schon gemeinsam sehen, wie wir gegen Sexismus und Sexisten vorgehen.

Ich will meinen eigenen Verstand und mein Gefühl nicht aufgeben, lass mir beides bitte.

Und: Geh nicht automatisch davon aus, dass du nur Feinde hast. Wenn du angegriffen wirst, bin ich auf deiner Seite.

Aber eben als ganzer Mensch und aus freier Entscheidung