Der Sturm vor dem Sturm (Ägypten)

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Schon vor den angekündigten landesweiten Protesten am 30. Juni sind in ganz Ägypten weit über 100.000 Menschen gegen Mursi und die Herrschaft der Islamisten auf die Strasse gegangen.
Auf dem Tahrir Platz stieg die Zahl der Protestierenden im Laufe des Abends auf mehrere zehntausend (Video), nachdem die verschiedenen Demozüge auf dem Platz angekommen waren.

Gleichzeitig sammelten sich Zehntausende von Islamisten im Bezirk Nasr City, außer den Anhängern der Moslembrüder hatten sich auch über 40 andere islamistische Parteien und Gruppen dem Aufruf zur Unterstützung Mursis angeschlossen. Am Abend waren Milizen zu sehen, die in paramilitärischer Formation am Rande des Kundgebungplatzes im Laufschritt auftraten. Etliche der Islamisten waren mit Helmen und Knüppeln ausgerüstet.

Heute wurden auf den Tahrirplatz weitere Zelte aufgebaut, weitere Zelte und eine Bühne für die morgigen Proteste gegen Mursi wurden in unmittelbarer Nähe des Präsidentenpalastes errichtet.
Die Armee, die bereits gestern mit Schützenpanzern in die Innenstadt von Kairo eingerückt ist, hat mittlerweile starke Verbände mit zahllosen schweren Panzern sowohl an den Rändern von Kairo als auch an den Rändern von anderen Grosstädten deutlich sichtbar in Stellung gebracht.

Innerhalb des opposionellen Spektrums gibt es Spannungen, einige Aktivisten haben demonstrativ den Tahrir Platz verlassen, nachdem dort ungehindert Devotionalien von Mubarak verkauft werden konnten. Auch über das Verhältnis zum Militär gibt es Streit.
Während auf Spruchbändern "Das Volk und das Militär Hand in Hand" gefordert wurde, haben in einer Erklärung, die u.a. von der "Bewegung des 6. April" und den"Revolutionären Sozialisten" unterzeichnet wurde, verschiedene Oppostionsgruppen erklärt, es gehe um den "Fortgang der Revolution", die "nicht mit dem Sturz Mubaraks beendet worden sei", außerdem wolle man weder "die Rückkehr der Alliierten von Mubarak noch des Militärs in die Politik".
Das Militär selber spielt sich derzeit als "Beschützer aller Ägypter auf", auf den in die Innenstadt von Kairo entsandten Panzer waren sogar Banner mit entsprechenden Losungen angebracht.

Außerhalb von Kairo war der gestrige Tag geprägt von zahlreichen Angriffen auf Büros des politischen Arms der Moslembrüder. Bei den schweren Kämpfen in Alexandria, die sich über den ganzen Tag erstreckten und mittlerweile ein drittes Todesopfer gefordert haben, setzten die Faschisten u.a. teilweise selbstgefertigte Handfeuerwaffen ein (Video).
Bei den Kämpfen rund um das örtliche Hauptquartier der Moslembrüder gelang es der wütenden Menge trotz der militanten Gegenwehr der islamistischen Milizen, Teile des Gebäudes zu verwüsten und in Brand zu setzen (Video) .
Die Bullen waren nicht ansatzweise in der Lage, die Situation in Alexandria unter Kontrolle zu bekommen, im Gegensatz zu den letzten Konfrontationen in Kairo, bei denen Bullen und Islamisten häufig eng verzahnt vorgegangen waren, griffen sie diesmal auch mehrmals die Islamisten an (Video).

Die Proteste gegen die Islamisten und die direkten Auseinandersetzungen mit ihnen waren gestern landesweit und dies noch bevor die eigentlichen Massenproteste am 30. Juni stattfinden werden. Eine unvollständige Übersicht.

Angriff auf das HQ der Moslembrüder in Al-Khanka am Freitag

Angriff auf das HQ der Moslembrüder in Zagazig am Donnerstag, dabei wird ein Mitglied der Moslembrüder erschossen

15 000 auf der Demo gegen Mursi in Damietta

Angriff auf das Büro der Moslembrüder in Gharbiya, verwüstet

Angriff auf das Büro der Moslembrüder in Kafr El-Sheikh, verwüstet

Angriff auf das Büro der Moslembrüder in Daqahliya, verwüstet und in Brand gesetzt

Angriff auf das Büro der Moslembrüder in Beheira, verwüstet - anschliessend Kämpfe mit den Islamisten

In Mahalla gingen tausende von Beschäftigten der Textilindustrie gemeinsam auf die Strasse. um die "Kampagne der Rebellion" zu unterstützen. Das alte Regime sei nur durch ein neues Regime abgelöst worden, die Erklärung dazu auf englisch findet sich hier

4 000 auf oppositioneller Demo in Damanhour

Weitere Demos in Sharqiya am Freitag, am Donnerstag hatte es bei heftigen Kämpfen mit den Islamisten einen Toten gegeben

In Mansoura, wo es am Mittwoch und Donnerstag heftigste Kämpfe mit drei Toten gegeben hatte, beteiligen sich Tausende an vier Demozügen, während an einem zentralem Platz Zelte für ein sit in aufgebaut werden, dass mindestens bis zum 30. Juni andauern soll. Die Islamisten haben sich von den Strassen zurückgezogen.

Demos auch in Suez, hier hat das Militär die Kontrolle übernommen, an allen wichtigen Punkten sind Einheiten stationiert.

Unterdessen gibt es auch die ersten Solidaritätsaktionen außerhalb von Ägypten.
Zu einer Kundgebung am Sonntag in Paris vor der ägyptischen Botschaft rufen Menschen aus der ägyptischen community gemeinsam mit französichen linken Gruppen auf.

 

Eine Sammlung von deutschsprachigen Berichten über die aktuelle Entwicklung in Ägypten auf unserem blog 

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http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/22-Millionen-Untersch...

 

http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/tote-bei-anti...

 

http://derstandard.at/1371171021981/Tote-und-Verletzte-bei-Zusammenstoes... http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/558249_Tote-bei...

 

ÄgypterInnen unzufrieden mit Mursi und den Muslimbrüdern:

Am Sonntag, den 30. Juni kann der ägyptische Präsident Mohammed Mursi auf ein Jahr Präsidentschaft zurückblicken, doch er hat keine Muse zu feiern, ihm steht einie riesige Protestwell ins Haus. Hektisch hat Mursi zwar ein paar Maßnahmen beschlossen, die die Wut dämpfen sollen, doch dafür könnte es zu spät sein. Mamdouh Habashi, einer der Gründer der Sozialistischen Partei Ägyptens berichtet über den Vertrauensverlust des Präsidenten aus der Sicht eines ägyptischen Linken.

 

http://www.freie-radios.net/56824