Bochums Justiz mal wieder auf dem rechten Auge blind?

Ach wie gut das niemand weiß...

Am 10. Juni 2013 fand vor einem Bochumer Schöffengericht ein Strafverfahren gegen einen Wattenscheider wegen zahlreicher Fälle der Brandstiftung, schwerer Brandstiftung, diverser gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen statt. Der Angeklagte wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

(Aktenzeichen:  29 Ls 30 Js 223/11 12/13 )

 

Nach der Anklageverlesung wird der geladene Beklagte befragt. Viel hat er nicht zu sagen, der hagere, ganz in schwarz gekleidete Mann. Ob er dem Gericht erzählen könne, warum er die Brände gelegt hätte? Keine Antwort. Der Richter insistiert. Er müsse doch wissen, warum er die Container, Garteneinrichtungen, die LKW-Abdeckungen und den Wohnwagen in Brand gesetzt hätte? Außer einem Achselzucken und einem verlegenen Grinsen erhält der Vorsitzende von dem 43jährigen Wattenscheider keine Reaktion. Dr. Deutscher beginnt dem Angeklagten goldenen Brücken zu bauen. Hätte er vielleicht einen Hang dazu? Er sei schließlich an den Brandort zurückgekehrt. Um sich die Löscharbeiten anzusehen? Ja, das könne sein, meint der Angeklagte. Nach Aktenlage, so der Richter, sehe er Aussagen bei der Polizei, wonach er den Wunsch geäußert hätte, etwas brennen zu sehen. Auch das er einmal zur Freiwilligen Feuerwehr gewollt hätte. Der Angeklagte reagiert zögerlich. Ja, das hätte er mal gewollt. Dann verfällt der Angeklagte wieder in Schweigen. Beim besten Willen ist dem Bochumer nichts Aufschlussreiches zu entlocken.

Neun Brandstiftungen in fünf Monaten zählt die Anklageschrift für das zweite Halbjahr 2011 in Wattenscheid auf. Papier- und Müllcontainer, Einrichtungen in einer Kleingartenanlage. Mehrere Male Aufbauten und Planen an abgestellten LKWs an der Essenerstraße. Und ein Wohnwagen. Der zählt als schwere Brandstiftung, da dieser komplett ausbrannte. Die meisten Brände wurden früh genug entdeckt, so dass kein großer Schaden entstand. In dem Führerhaus eines der LKWs schlief aber der Kraftfahrer. Der Angeklagte war mit dem Fahrrad zum Tatort geradelt, hatte die Brände gelegt, war weg gefahren und teilweise später wiedergekommen.

 

Der Richter nimmt noch einmal Anlauf. Ob er sich bewusst sei, dass das alles viel schlimmer hätte enden können? Keine Reaktion. Er hätte doch bisher nie Brände gelegt. Ein Gutachten spräche von Alkoholabhängigkeit, Alkoholgenuss mit einhergehender verminderter Steuerungsfähigkeit, geringer Frustrationstoleranz. Wegen der daraus folgenden Taten hätte er ja auch schon öfters Verfahren wegen Körperverletzung gehabt. Aber Brände. Sei dies eine Episode gewesen bei ihm? Schweigen. Es scheint kein Vordringen zum Angeklagten.

Themenwechsel. Was denn diese Aktionen der Blendung von Autofahrern mit dem Laserpointer sollten? Fünf Mal hätte er das gemacht. Verlegenes Grinsen. Ob er sich vorstellen könnte, dass die geblendeten Fahrer die Kontrolle über ihre Fahrzeuge hätten verlieren können? Keine Reaktion. Und die Sache mit der Bauchtasche? Das Wehrmachtsabzeichen mit dem Hakenkreuz im März 2012? Dem Polizeibeamten vor dem Wattenscheider Gertrudiscenter hätte er gesagt, dass sei doch nicht so schlimm. Was sei damit? Schweigen.

 

Der Richter ändert die Fahrtrichtung. Wie es denn mit dem Alkoholkonsum stehe? Er sei bei einigen seiner Taten ja leicht angetrunken gewesen. Der Angeklagte erwidert, dass er nicht mehr so viel trinken würde. Was denn mit dem geplanten Entzug sei? Dazu kann der Angeklagte nicht viel sagen. Er weiß nicht einmal, ob die Therapie bewilligt ist. Es wird eine kurze Pause eingelegt und ein Zwiegespräch mit seinem Anwalt und seinen Begleitern auf dem Flur gehalten. Sein Anwalt erläutert dem Gericht, dass in Bezug zu der anvisierten Entziehungskur in Lüdenscheid der Ausgang des Verfahrens abgewartet werden sollte. Der Richter ergreift das Heft, lässt sich von dem Angeklagten eine Zusage zu einem Entzug geben und dies als Aussage des Angeklagten in das Prozessprotokoll aufnehmen. Dr. Deutscher zieht das Vorstrafenregister der Angeklagten zu Rate. Geboren 1970 erfolgte die erste Verurteilung 1988. Danach 21 Einträge. Bedrohung, Beleidigung, Körperverletzung, schwere Körperverletzung, Diebstahl, mehrfache Vorstrafen wegen Verwendung von Abzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen, Geldstrafen, Haftstrafen, zur Zeit vier Monate auf Bewährung. Eine lange Liste. Ein früheres Gutachten spricht von seinen Alkohol und Kontrollproblemen. Er hätte eine Persönlichkeitsstörung. Er hätte ein Hang zu Waffen. Armeekleidung und zur Schau gestellte Messer, etc. gelten ihm als Statussymbol. Er hätte eine Persönlichkeitsstörung.

Persönliche Verhältnisse? Thorsten K., geboren 9. Mai 1970. Hauptschulabschluß, abgebrochene Schreinerlehre, derzeit ALG II Empfänger. Ein Kind aus einer früherer Beziehung. Lebt zusammen mit Partnerin.

Zu den aktuellen Anklagepunkten befragt, meint der Angeklagte karg, dass alle Tatvorwürfe zutreffen würden. Dann schweigt er wieder.

Die Staatsanwaltschaft übernimmt ihren Part und führt die Gefährlichkeit der Straftaten aus. Kann Nichts Abschwächendes finden, die Liste der Vorstrafen ist zu lang, zu eindeutig. Allein, es sei zum Glück nur Sachschaden entstanden, der Angeklagte zeige sich geständig und wolle sich einer Therapie unterziehen. Eine letzte Mahnung. Zwei Jahre auf Bewährung. Der Anwalt kann dem nur zustimmen. Herr Dr. Deutscher wird etwas lauter und eindringlicher. Das Urteil zwei Jahre Gefängnis ausgesetzt auf vier Jahre Bewährung. Dazu 100 Sozialstunden. Er will den Angeklagten hier nie wieder sehen. Ob er sich dessen bewusst sei? Eine letzte Chance. Therapie sei jetzt ein Muss. Falls er diese abbrechen würde, gebe es zusätzlich 200 Sozialstunden. Er würde dies und die Bewährungsauflagen persönlich kontrollieren. Der Prozess ist zu Ende.

 

 

Der Prozess bot ein erschreckendes Beispiel über den persönlichen Niedergang eines Menschen. Ein verpfuschtes und verpfuschendes Leben, ohne große Chancen auf einen gelingenden Alltag und sichere Zukunft für sich und andere. Es sei dem Mann gegönnt, dass es anders wird.

 

Und wieder mal ein Beispiel des Wegschauens der Justiz und der Presse was rassistischen und faschistische Gewalt angeht. Der Angeklagte hatte mehrere Einträge über die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Das Gericht ging nicht auf die Umstände ein, in welchem Zusammenhang diese rechten Taten stattgefunden hatten. Das war ihm keine Nachfragen wert. Diese Nachfragen hätten sich aber Angesichts der angezündeten LKW-Aufbauten von osteuropäischen Firmen geboten. Gerade mit dem dritten Anklagepunkt des öffentlichen Tragens eines Hakenkreuzes hätten sich Nachfragen geradezu aufgedrängt. Auch das Auftreten des Angeklagten hätte Nachfragen in diese Richtung provozieren können. Millimeter kurzer Haarschnitt, schwarze Kleidung, typische Skintattoos auf den Hand- und Fingerrücken, schwarzes Londsdale-Kappe und „Böhse Onkels“ Weste. Aber weder Staatsanwalt noch Richter sahen einen Anlass der Nachfrage, ob es sich bei seiner Suche für geeignete Brandobjekte vielleicht um rassistisch motivierte Ziele handelte. Allein auf den Alkoholkonsum des Angeklagten bezogen sich die Nachfragen. Die Beweggründe wurde allein in der persönlichen Misere des Mannes gesucht.

 

In der WAZ war die Kleidung des Angeklagten für den Standardschreiber im sozialrassistischen Jargon „schluderig“. Nicht besser die RN, die gleich die ganze „Alkoholiker-Szene am Bochumer Hauptbahnhof“ mit verhaften wollte. Die RN ging auf die vergangenen rechten Straftaten ein. Verband diese aber ohne jeden Beleg und Beweis mit dem Gutachten, dessen Rahmenbedingungen überhaupt nicht  benannt worden waren. Der Charakter und die Hintergründe der früheren rechten Strafhandlungen waren zudem gänzlich ausgeblendet in diesem Prozess. Welch Kombinationsgabe. So einfach gehen Entlastungsstrategien. Sozialrassistische Milieubetrachtungen, tendenziöse Vermutungen und Ausblendung offensichtlicher Tatsachen.

 

 

Presse:

https://linksunten.indymedia.org/de/node/88588

https://linksunten.indymedia.org/de/node/88589

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hat er nicht seinerzeit für die npd kandidiert?

Am 18. März 2014 meldete die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin:

 

Arm zum verbotenen Hitlergruß erhoben - Bundespolizei stellt Unbelehrbaren

Bochum (ots) - Mit einem Unbelehrbaren hatten es Einsatzkräfte der Bundespolizei gestern Abend (17. März) zu tun, als sie den Bochumer Hauptbahnhof bestreiften.

Als Bundespolizisten sich gegen 22:45 Uhr in der Haupthalle aufhielten, positionierte sich ein 43-jähriger Bochumer gegenüber den Beamten und hob provokativ seinen rechten Arm zum Hitlergruß.

Einsatzkräfte überprüften daraufhin den 43-Jährigen. Dabei stellte sich heraus, dass der Bochumer bereits schon öfter wegen ähnlichen Verhalten polizeilich in Erscheinung getreten war.

Gegen den bereits wegen Körperverletzung, Brandstiftung, Nötigung und Volksverhetzung polizeibekannten Mann wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Mit einem Platzverweis und einer Strafanzeige mehr verließ er den Bochumer Hauptbahnhof.“

(xxx.presseportal.de/polizeipresse/pm/70116/2690103/bpold-sta-arm-zum-verbotenen-hitlergruss-erhoben-bundespolizei-stellt-unbelehrbaren)

 

Alter, Vorstrafen und Tatort passen auf den Verurteilten Thorsten K.. Keine 9 Monate nach seiner Verurteilung vor dem Amtsgericht scheint er wieder auffällig geworden zu sein.

Am Mittwoch, den 09. Juli 2014 sollte eigentlich die Verhandlung gegen Thorsten K. wegen der erneuten Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen stattfinden. Er soll am Bochumer Haupfbahnhof den Hitlergruß entrichtet haben. Erschienen war er mit seinem Bochumer Rechtsanwalt Dressler. Aber bevor noch der Prozess begann wurde Thorsten K. von Polizeibeamten im Gerichtssaal verhaftet. Vorwurf: Verdacht auf besonders schwere Brandstiftung. Er soll einen Wohnwagen angezündet und Menschen gefährdet haben.

Die Richterin Frau Susanne Pirc vertagte darauf den Prozess (Aktenzeichen: 91 Ds 285/14) auf unbekannte Zeit.