Hamburg, den 6.7.09
* ROBIN WOOD: Betriebserlaubnis für AKW Krümmel widerrufen
* 2.904 Störfällen in den Alt-Reaktoren seit Inbetriebnahme muss sofortige Stilllegung zur Konsequenz haben
Die jüngste Störfallserie am AKW Krümmel ist aus Sicht von ROBIN WOOD ein weiterer Beleg dafür, dass der Energiekonzern Vattenfall Atomreaktoren nicht zuverlässig betreiben kann. ROBIN WOOD fordert von Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht, die angekündigte Überprüfung der Zuverlässigkeit von Vattenfall konsequent und zügig voranzutreiben und das AKW Krümmel für immer stillzulegen.
In den letzten zehn Tagen hat es am AKW Krümmel drei meldepflichtige Störfälle gegeben, obwohl das AKW nach einer zweijährigen Überprüfung gerade erst wieder ans Netz gegangen war. Hamburgs Stromversorgung war nach dem letzten Störfall teilweise zusammengebrochen, ein Transformator hätte beinahe erneut Feuer gefangen. Außerdem wurde ein defektes Brennelement im Reaktor gefunden. "Vattenfall hat in Krümmel
zweifelsfrei bewiesen, dass das Unternehmen einen sicheren Betrieb des Atommeilers nicht gewährleisten kann. Die Betriebsgenehmigung muss widerrufen werden", fordert ROBIN WOD-Energiereferent Dirk Seifert.
Das AKW Krümmel und die sieben ältesten Atomkraftwerke sind besonders störanfällig. Seit 1974 bis September 2008 hat es nach Recherchen von ROBIN WOOD in den deutschen Atomkraftwerken insgesamt 5.648 Störfälle gegeben. Die Zahl umfasst sowohl die Störfälle in den 17 heute noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken als auch solche in den bereits stillgelegten Meilern Obrigheim, Würgassen, Stade, Hamm-Uentrop und Mühlheim-Kärlich.
Mehr als die Hälfte dieser Störfälle, nämlich 2.904, ereigneten sich in den sieben ältesten Atomkraftwerken - Biblis A und B, Neckarwestheim 1, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1 und Unterweser - sowie im AKW Krümmel. Der Atommeiler in Krümmel ist zwar erst 1984 fertig gestellt worden, gehört aber technisch weitgehend zu der konzeptionell veralteten Linie der Siedewasserreaktoren der Baureihe 1969.
Außerdem sind diese acht Atomkraftwerke nicht oder nur unzureichend gegen Flugzeugabstürze gesichert.
"Die Störanfälligkeit der alten Atomkraftwerke stellt ein besonders großes Risiko dar. Deshalb ist es unverantwortlich, dass sie nicht längst abgeschaltet sind", so Seifert. "Der Sicherheitsgewinn dadurch wäre ohne Probleme bei der Stromversorgung zu haben. Die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel waren ohnehin fast zwei Jahre abgeschaltet, ohne dass es Versorgungsengpässe gegeben hätte."
Für Rückfragen:
Dirk Seifert, Energiereferent, Tel. 0176 / 48 11 84 42, energie@robinwood.de
Ute Bertrand, Pressesprecherin, Tel. 040 / 380 892 22 oder 0171 / 835 95
15, presse@robinwood.de
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Reaktor Inbetriebnahme Summe seit Inbetriebnahme bis Betriebsjahre bis 2009 Ende Sept. 2008 KKB Jun 76 455 33 KKK Sep 83 313 29 GKN 1 Mai 76 418 33 Biblis A Jul 74 405 35 Biblis B Mrz 76 398 33 KKI
1 Nov 77 270 32
KKP
1 Mrz 79 325 30
Summe: 2904 Abkürzungen: KKB: Brunsbüttel, KKK: Krümmel, GKN1: Neckarwestheim1, KKI
‐1: Isar 1, KKU: Unterweser, KKP‐1: Philippsburg 1
Diese Übersicht gibt's bei Robin Wood als pdf-Datei.
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ROBIN WOOD ruft gemeinsam mit vielen anderen Organisationen vor der Bundestagswahl zu einer Großdemonstration gegen Atomkraft am 5.9.2009 in
Berlin auf. Weitere Infos dazu ebenfalls unter: http://www.robinwood.de/energie/
KKU Sep 78 320 31
Anzahl Störfälle in den sieben ältesten AKW und Krümmel seit Inbetriebnahme
Anhang zur Pressemitteilung vom 6. Juli 2009
Protestaktion: Vattenfall Lizenz entziehen!
Atomkraftgegner_innen haben heute in Kiel vor dem Sozialministerium, der zuständigen Atomaufsichtsbehörde, gefordert, dem AKW-Betreiber Vattenfall sofort die Betriebslizenz für Atomkraftwerke zu entziehen und den Reaktor endgültig still zu legen. Mit Transparenten, Klettereraktionen, Jonglage und einem qualmenden Modell-AKW verliehen sie ihren Forderungen Ausdruck.
´Es liegt in der Handlungsmacht der Ministerin Trauernicht, dem Konzern dauerhaft die Erlaubnis zum Betrieb von Atomkraftwerken zu entziehen. Die aktuellen schweren Störfälle verdeutlichen die dringende Notwendigkeit eines solchen Schrittes. Ein Entzug der Lizenz für Vattenfall reicht jedoch nicht aus. Es muss zwingend die dauerhafte Stilllegung des Pannen-Reaktors Krümmel folgen” so Hanna Poddig, eine der Aktivist_innen vor Ort.
Der Störfall am Samstag führte unter anderem zu Wasserversorgungsproblemen in Krankenhäusern (u.a. im UKE), einem Giftgas-Unfall und Verkehrschaos sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene im Großraum Hamburg. Im Kreis Bad Segeberg kam es zeitweise sogar zum Ausfall der Notrufnummer ´112´.
´Die verheerenden Auswirkungen eines Unfalls lassen nur einen Schluss zu: Die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit” so Poddig.
Weitere Informationen und Bilder: www.contratom.de/kruemmel
http://www.contratom.de/krummel
BI Lüchow Dannenberg: Atomkraft ist unbeherrschbar
Als Reaktion auf die Pannenserie im AKW Krümmel, schlägt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, den unter Rot-Grün ausgehandelten "Atomkompromiss" auf die alten Reaktoren anzuwenden: Danach würden zwar Uralt-Reaktoren wie Biblis A und Brunsbüttel rasch stillgelegt, nicht aber das AKW Krümmel. "Dieser Reaktor ging erst am 14.9.83 ans Netz und könnte "theoretisch" bis zum Jahr 2016 laufen. Das offenbart das grundlegende Dilemma jenes "Atomkompromisses": Atomkraft ist nicht beherrschbarer, wenn es um neuere Reaktoren geht", kommentiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Eine Laufzeitverlängerung aller Reaktoren, wie es CDU/CSU und die FDP fordern, sei auf diesem Hintergrund absurd und fordere den Protest heraus.
Bei der Übertragung von Reststrommengen von alten auf neuere Reaktorlinien bleibe im Übrigen das Atommüllproblem. "Asse II, Morsleben und Gorleben lassen grüßen", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Die BI ist mit ihrer Infotour für den Atomausstieg und den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien gestern von Gorleben aus gestartet. 32 atomare Brennpunkte im In- und Ausland werden angesteuert, um für die Großdemo am 5. September in Berlin zu werben.
Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06
www.anti-atom-treck.de
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20,
29439 Lüchow,
Telefon 05841 4684,
Fax 05841 3197
buero@bi-luechow-dannenberg.de www.bi-luechow-dannenberg.de