Zum sechsten Mal haben verschiedene faschistische Gruppen unter dem Label “March for England” am 21.04.2013 Brighton heimgesucht. Die von ihnen großspurig angekündigte Rache für den massiven antifaschistischen Widerstand gegen ihren Aufmarsch im letzten Jahr ist dank einer starken Gegenmobilisierung ausgeblieben. Gleichzeitig hat die Stadt die größte Polizeioperation seit über 20 Jahren erlebt.
Die Aufstellung am letzten Sonntag: 230 Faschos vs. 1500 Antifaschist_innen vs. 700 Cops
Da im letzten Jahr der „March for England“ in den engen Gassen Brightons durch spontane Blockaden massiv behindert werden konnte, sollte er dieses mal auf der breiten Küstenstraße an der Strandpromenade stattfinden. Bereits am Tag zuvor hatte die Polizei entlang der relativ kurzen Demoroute Gitter aufstellen lassen, um den Gegenprotest unter Kontrolle halten zu können.
Die breite Mobilisierung durch Infostände in Fußgängerzonen, Infoveranstaltungen und einen eindeutigen Sieg im Aufkleber-Krieg hatte Wirkung gezeigt: viele Menschen säumten die Aufmarsch-Route und deckten die anrückenden Faschos mit antirassistischen Parolen ein. Der lautstarke und zahlreiche Gegenprotest beschäftigte die Polizei ausgiebig, so dass außerhalb der designierten Protestzone genug Raum für weniger kontrollierte Bewegung entstand.
Die Faschos sollten an einem geheim gehaltenen Bahnhof in der näheren Umgebung ankommen und dann mit Bussen zu ihrem Aufmarsch geshuttelt werden. Viele von ihnen zogen es allerdings vor, sich zu Fuß in kleinen Gruppen in Richtung Strand zu bewegen. Dabei stießen sie auf zahlreiche Antifas die sich außerhalb der offiziellen Protestzone befanden und mussten in der Folge ziemlich schnell rennen. Die Polizei versuchte zwar, Antifas und Faschos auseinanderzuhalten – dank des rücksichtslosen Einsatzes von Pferden gelang dies teilweise auch – doch es konnten auf Seiten der Antifa einige Erfolge verbucht werden.
Durch das massive Polizeiaufgebot wurde der „March for England“ durchgesetzt. Das weitestgehend einzige Publikum stellten allerdings die Gegendemonstrant_innen dar. Über die entstandenen Kosten wollte die Stadtverwaltung keine Auskunft geben. Dass diese Operation extrem teuer war, steht allerdings außer Frage. Schon jetzt regen sich zahlreiche Stimmen, die verlangen dass der „March for England“ nächstes Jahr unterbunden werden sollte.
Nachdem die Faschos einmal die Küstenstrasse hoch und wieder runter gelaufen waren, stand die Frage im Raum, wie sie wieder aus Brighton herauskommen sollten. Antifas versuchten, an möglichen Abreisepunkten Präsenz zu zeigen und noch einmal Druck aufzubauen. Gerüchten zufolge sollten Busse die Faschos zum Brightoner Bahnhof bringen. So machte sich eine ca. 250 Personen starke spontane antifaschistische Demo vom Strand zum Bahnhof auf – lautstark und ohne polizeiliche Begleitung.
Am Bahnhof angekommen dauerte es nicht lange bis die Nachricht durchkam dass nicht alle Faschos die Busse bestiegen hatten und wiederum zu Fuß ihre Demoroute verließen, diesmal allerdings von Polizei eskortiert. Der einzige Bus hatte sich derweil in eine andere Richtung als den Bahnhof aufgemacht. Somit eilte die antifaschistische Demo zu ihrem Ausgangsort zurück. Trotz der Polizeieskorte gelang es einigen Antifas, noch einmal nahe an die Faschos heranzukommen und sie gebührend zu verabschieden.
Der Tag fand schließlich seinen Ausklang in gemütlicher Runde in einem lokalen Pub, hin und wieder unterbrochen von Nachrichten dass noch irgendwo vereinzelte Faschos gesichtet worden seien. Der Prisoner Support machte sich derweil auf den Weg, um vor der Polizeistation auf die Freilassung der 13 Gefangenen zu warten. Gegen Mittag des nächsten Tages wurde die letzte Person freigelassen.
Obwohl der „March for England“ polizeilich durchgesetzt wurde, kann der Tag aus antifaschistischer Sicht als Erfolg gewertet werden. Der anfänglich als Familienausflug getarnte nationalistische Aufmarsch am „St. Georges Day“ ist schon lange als widerliche rassistische Veranstaltung enttarnt und während der Widerstand dagegen jedes Jahr wächst, schrumpft die Beteiligung an der von English Defense League (EDL), Casuals United, North West Infidels, South East Alliance (SEA), English Golden Dawn und anderen faschistischen Gruppen getragenen Veranstaltung.
Der wachsende Widerstand ist unter anderem der guten Zusammenarbeit von verschiedenen antifaschistischen Gruppierungen zu verdanken. Das eher bürgerliche Spektrum fühlt sich von United Against Fascism (UAF) angesprochen, während Brighton Antifascists den radikaleren Teil mobilisieren. Die Zusammenarbeit der großbritannien-weiten UAF mit antifaschistischen Gruppen war nicht immer selbstverständlich und ist außerhalb von Brighton häufig noch schwierig. Es gab und gibt immer noch viele Auseinandersetzungen um die verschiedenen Aktionsformen. In Brighton allerdings wird von den Gruppen zu gegenseitigem Respekt und Wertschätzung aller Aktionsformen aufgerufen, und dieser Aufruf zeigt Wirkung.
So kam es in der offiziellen Protestzone zu wundervoll solidarischen Szenen, als beispielsweise eine Aktivistin kurzzeitig eine Absperrung überkletterte um den Faschos tatkräftig ihre Meinung zu zeigen. Die Polizei nahm sie darauf hin kurzzeitig fest, sie wurde jedoch sofort von den Umstehenden befreit und die Polizei musste sich unverrichteter Dinge zurückziehen.
Auch gab es kaum abfällige Worte gegenüber den zahlreichen Vermummten, die sich immer wieder mit den bunteren Protestierenden vermischten. Selbst Stein- und Farbflaschenwürfe gegen Faschos und Polizei ernteten keine abfälligen Bemerkungen.
Dies ist nicht selbstverständlich und Ergebnis von einer intensiven Kampagne im Vorfeld, die die Stadt Brighton als Ganzes angesprochen hat, um sich gegen den Besuch der Faschos zu wehren. Eine allein im szene-sprech gehaltene Mobilisierung hätte sicher eine weitaus geringere Wirkung gezeigt, da die radikale antifaschistische Szene in Großbritannien doch recht klein ausfällt. Es muss allerdings bedacht werden, dass Brighton eine Ausnahme-Stadt ist, die bereits über ein linkes, alternatives Selbstbild verfügt und sich in ihrer Diversität auch mit einer antifaschistischen Identität leicht tut. Außerdem gibt es einen unausgesprochenen Konsens, durch den militante Aktionen ein bestimmtes Level nicht überschreiten. Dadurch wird eine solidarische Haltung unter den Menschen in Brighton erleichtert, aber gleichzeitig auch das Potential militanter Aktionsformen limitiert und eine grundlegende radikale Gesellschaftskritik erschwert.
Auch wenn die Mitgliederzahlen der faschistischen Gruppen Großbritanniens seit zwei Jahren sinken, ist es nicht angebracht, Entwarnung zu geben. Bei Aufmärschen in anderen Städten (z.B. Manchester 02.03.2013) waren die Kräfteverhältnisse weitaus ungünstiger und in den Internetforen der EDL sind immer wieder auch optimistische Stimmen zu finden, die den erhofften Untergang der Gruppe als noch lange nicht erreicht markierten.
Infos zum „March for England“:
http://stopmfe.wordpress.com/mfe-fact-file/
Infos zur „English Defense League“:
http://whileromeburnsjournal.wordpress.com/2012/10/31/walthamstow-2-edl-nil-what-next-for-anti-fascism-after-the-return-to-walthamstow/ [ab Zwischenüberschrift „A little bit of history“]
Über den 21.04.2013:
http://www.indymedia.org.uk/en/2013/04/508857.html?c=on#comments
http://m.theargus.co.uk/news/10370361.City_counting_cost_of_street_march/
Bilder:
http://reelnews.co.uk/edl-humiliated-in-brighton-again/
Videos:
http://www.youtube.com/watch?v=O5_nsiKPRDA
Hey
Danke für den schönen Bericht!
Wichtiger Link
Wenn Ihr über Brighton schreibt, darf doch das linke Info-Portal nicht fehlen:
http://www.schnews.org.uk/
bla
EDL sind keine Faschos, sondern ZionstInnen
Nicht alles, was nicht links ist, ist gleich fascho. Die Puplikatioen der EDL machen mehr als deutlich, dass es sich um ZionistInnen, PhilosemitInnen und KriegsbefürworterInnen des westlichen Kapitalismus handelt. Was soll daran fascho sein. Widerstand dagegen ist natürlich trotzdem wichtig.
x
EDL sind sowas wie die Antideutschen in England.
Nope
Diese beiden Kommentare sind natürlich ziemlicher Quatsch
oh doch
Die EDL kann als faschistisch bezeichnet werden, da sie einem übersteigerten Nationalismus anhängt und "Englisch-sein" über andere Identitäten stellt. Sie verfolgt dabei einen vorrangig anti-muslimisch geprägten Rassismus und fordert die Ausweisung von Mulimen aus Großbritannien. Ihr Rassismus beschränkt sich allerdings nicht darauf: Am Sonntag waren Aussagen zu hören wie beispielsweise "I'm not a bad person, I just don't like black people." Gleichfalls bleibt es nicht bei verbalem Rassismus, sondern es kommt immer wieder zu rassistisch motivierten Angriffen durch Mitglieder der EDL. Dies geschieht mal spontan, mal durch geplante Aktionen (zuletzt ein durch die Cops vereitelter Angriff auf eine Moschee).
Einige von ihnen hängen direkt der Nazi-Ideologie an: schnell zuckt mal bei Demos der rechte Arm nach oben; auf Facebook werden schon mal Fotos vom eigenen Hakenkreuz-Tatoo oder lustigen aufgemalten Hilter-Bärtchen bei einer Party hochgeladen.
In ihren Flyern und auf ihren Webseiten gibt die EDL vor, weder rassistisch noch homophob zu sein. Sie gibt sich familienfreundlich und als Unterstützerin der Schwachen in der Gesellschaft. Aus diesem Grund hat es auch viel Recherche und Öffentlichkeitsarbeit gebraucht, um den March for England als faschistische Veranstaltung zu enttarnen. Zumal March for England wiederum versucht, sich von der EDL zu distanzieren, obwohl ein Großteil der Teilnehmenden mit der EDL assoziiert sind.
Das Bild, das die EDL nach außen hin vermitteln will und ihre tatsächliche Praxis sind meilenweit voneinander entfernt.
EDL
Die "Straßenpräsenz" der EDL besteht hauptsächlich aus Paki-bashing Hools. Das mit Israel ist eher ne theoretische Sache (Hauptsache gegen Moslems).