In Nürnberg werden derzeit zwei erste Mai-Demonstrationen vorbereitet. Die ältere ist die Mai-Demonstration der DGB-Gewerkschaften, die jüngere die revolutionäre 1. Mai-Demonstration. Das bedeutet in Nürnberg jedoch nicht, dass die revolutionäre Demonstration erst kürzlich etabliert wurde. Auch sie existiert schon seit über 20 Jahren. Im Folgenden lest ihr ein Interview mit einer Vertreterin der organisierten autonomie (OA), einer antikapitalistischen Organisation aus Nürnberg, von der seit 1992 die Initiative für die revolutionäre Demo in Nürnberg ausgeht.
Redaktion autonome Nachrichten (Red): Seit über 20 Jahren existieren in Nürnberg zwei 1. Mai-Demonstrationen. Was unterscheidet die denn eigentlich?
Hanna Schmitt, organisierte autonomie (OA): Eine ganze Menge! Die eine ist die 1. Mai-Demonstration des DGB, die andere die vom revolutionären 1. Mai-Bündnis und uns vorbereitete. Dass es unsere überhaupt gibt, hat auch was mit dem Rechtsruck des DGB in den 90ern zu tun. Schon Mitte der 80er war es für uns aufgrund unseres Selbstverständnisses als Teil der ArbeiterInnenklasse klar, dass wir auch ein Teil der 1. Mai-Demonstration der Gewerkschaften sein wollten. Revolutionäre Blöcke gab es dort von 1986 bis 1991. Mit einem weiteren Rechtsruck des DGB und seiner Mithilfe beim Ausverkauf der DDR ganz im Sinne des Großdeutschen Kapitals wurde jedoch der Schritt zu einer eigenständigen revolutionären, klassenkämpferischen und emanzipatorischen Demo notwendig. Wie sehr sich die beiden Demonstrationen unterscheiden, kann man auch dieses Jahr am Motto sehen. Während der DGB unter der Losung „Gute Arbeit. Sichere Rente. Soziales Europa.“ marschiert, lautet unser Motto: “Zusammen die kapitalistische Ruine zum Einsturz bringen – für die soziale Revolution“. Mittlerweile nehmen an der revolutionären Demonstration jährlich etwa 2000-3000 Menschen teil. 1992 waren es noch 100. Wir denken, dass der 1. Mai als Kampftag der ArbeiterInnenklasse einen revolutionären Ausdruck haben muss, damit er überhaupt einen Ausdruck hat. Während der 1. Mai für den DGB nur Traditionspflege ist, die ihres kämpferischen Inhalts leider nahezu völlig entleert wurde, ist der revolutionäre 1. Mai eine Sammelpunkt für alle, die sich mit den herrschenden Verhältnissen nicht arrangieren und Ausbeutung und Unterdrückung tatsächlich abschaffen wollen.
Red.: Euer Motto lautet “Zusammen die kapitalistische Ruine zum Einsturz bringen – für die soziale Revolution“. Was bedeutet das?
OA: Wir glauben, dass die Voraussetzungen zur Überwindung des Kapitalismus längst da sind. Der Kapitalismus ist ein System der Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit der Menschen. Das kapitalistische System funktioniert nur, weil so viele für es funktionieren. Es ist entscheidend, dass es den revolutionären Kräften gelingt aufzuzeigen, dass der Kapitalismus für die Mehrheit ein Übel ist, dass durch etwas besseres überwunden werden muss. Unsere Vorstellung ist, dass es ein Fortschritt für die ganze Menschheit wäre, die Produktion basisdemokratisch nach den Bedürfnissen der Menschen zu organisieren, statt nach kapitalistischen Profitinteressen. Für uns ist der Kapitalismus ein Anachronismus, eine Ruine, die nur deshalb noch steht, weil sie entgegen des Interesses der Mehrheit, immer wieder renoviert wird, anstatt sie endlich umzustürzen und etwas besseres aufzubauen. Um zu dieser Veränderung in der Lage zu sein, müssen sich die Ausgebeuteten und Unterdrückten ihrer Lage und ihrer Macht bewusst werden. Deshalb versuchen wir existierende Basiskämpfe zu unterstützen oder neue selbst zu beginnen. Diese Basiskämpfe, sei es der Kampf um die Befreiung von der Lohnsklaverei, der Kampf gegen das Patriarchat, gegen Faschismus, Rassismus oder Militarismus werden am 1. Mai thematisiert und zusammengeführt zu einem revolutionären Ausdruck.
Red.: Was erwartet die TeilnehmerInnen der 1. Mai Demo denn nun genau?
OA: Um 11:30 Uhr ist der Demo-Auftakt in der Bauerngasse, Ecke Knauerstraße. Da es in den vergangenen Jahren hier massive Vorkontrollen der Polizei gegeben hat, wird es, ähnlich wie im letzten Jahr, wieder eine Dokumentation dieser von unserer Seite aus geben. Weiter fordern wir die BesucherInnen unserer Demo dazu auf, sich nicht an eventuell vorhandenen Kontrollpunkten der Polizei anzustellen und alles mitzumachen, sondern ihre Rechte zu nutzen. Wir gehen davon aus, dass die massiven Kontrollen rechtswidrig sind. Das Doku-Team vom letzten Jahr, hat dazu auch ein Video erstellt, zu finden unter: http://www.youtube.com/watch?v=oPY8YpyI8Gg
Die Demonstration wird dann in Richtung Innenstadt ziehen und an bestimmten Punkten, wie z.B. dem Mahnmal für die von der NSU ermordeten Menschen, wird es Redebeiträge der Mai-Bündnisgruppen geben. Thematisch werden in den Reden unterschiedliche Kämpfe thematisiert, z.B. der Kampf um Wohnraum oder gegen eben gegen Naziumtriebe. Die Demonstration hat den Zweck, linke, revolutionäre Inhalte noch außen zu tragen und nicht unmittelbar die Machtfrage zu stellen. Dennoch wird sie sich keinen Polizeischikanen unterwerfen. In den vergangenen Jahren ist es gelungen sowohl das Tragen von Seitentransparenten, dass der Polizei stets ein Dorn im Auge war, durchzusetzen, als auch deutlich zu machen, dass ein Polizeispalier auf Widerstand trifft. In früheren Jahren wurde fast die Hälfte der Demonstration ganz dicht von einem Heer Sondereinheiten der Polizei umgeben. Das schreckte natürlich manche Teilnehmerin ab. Deshalb war es ein Ziel, diese auch auf Veränderung der Außenwirkung abzielende Polizeitaktik zu durchkreuzen und den politischen Preis für das Verhalten der Staatmacht hochzutreiben. Die letzte 1. Mai-Demonstration war dann kaum noch sichtbar direkt von der Polizei begleitet, dafür gab es martialische Aufmärsche der Sondereinheiten entlang der Demo-Route.
Nach der Demo wird es dann in Gostenhof das internationalistische Straßenfest geben.
Red.: Kannst Du dazu noch mehr sagen?
OA: Das Internationalistische Straßenfest in Gostenhof gibt es auch schon seit mehr als 20 Jahren. Hier treffen DemonstrationsteilnehmerInnen auf Menschen aus dem Stadtteil und feiern zusammen. Die Bündnisgruppen präsentieren sich und ihre Inhalte mit Ständen. Wir konnten bisher immer interessante Bands verschiedener Musikrichtungen gewinnen, am Fest zu spielen. Dieses Jahr gibt es eine besonders internationale Zusammensetzung: Aus UK kommen Screama Ballerina, aus Serbien die Brickheads, aus Spanien Oferta especial, Amdamdes aus Landshut und aus Nürnberg Are You Great. Außerdem gibt’s natürlich Essen, auch vegetarisch und vegan und Getränke und noch mehr, was zum feiern gebraucht wird.
Red.: Vielen Dank für das Interview!
Hier nochmal alle Termine zum revolutionären 1. Mai in Nürnberg:
revolutionäre 1. Mai Demo | 11.30h | Bauerngasse Ecke Gostenhofer Hauptstr.
Internationalistisches Straßenfest | 14.00h | Müllner Straße – Ecke Adam Klein Str.
Den Aufruf mit UnterstützerInnen findet ihr hier:
Aktuelle Infos:
redside.tk
Nachträgliche Ergänzung Redaktion autonome Nachrichten (Red)
Hier findet ihr noch einne zweiten Aufruf zum diesjährigen 1. Mai 2013 in Nürnberg, hiermit entschuldigen wir uns offiziel bei allen Lesern und Leser_Innen, dass wir diesen vergessen haben mit aufzulisten. Dies war natürlich nicht beabsichtigt !!!
Mit freundlichen Grüßen
autonome Nachrichten (Red)
https://linksunten.indymedia.org/de/node/83708
Let's Push Things Forward
Der zweite Aufruf ist super, auch inhaltich im gegen Satz, wenn Mensch einen Blick auf das übliche OA geschmiere wirft, dennoch sollte sich inhaltlich noch mehr/stärker auf Themen bezogen werden!!! Da solltet ihr nächstes Jahr den Schwerpunkt legen :). Aber der erste Schritt ist getan einen Kontrast zum üblichen zuschaffen und welcher Ort eignet sich besser als die OA Demo selbst :), hintern zweiten Lauti auf der Demo Mensch ist dabei !
Hoffen wir, dass es nächstes Jahr gesondert eine Demo vom traditionellen 1. Mai geben wird in Nürnbeg, wäre nach ca. 20 Jahren auch längst fällig!!!
Let's Push Things Forward
Für den Kommunis/Libertären Anarchismus
PS: Macht weiter so !!!