PUSSY RIOT Die Punk-Mädchen leiden in Straflagern – und bei anderen rollt der Rubel

PUSSY RIOT-----Die Punk-Mädchen leiden in Straflagern – und bei anderen rollt der Rubel

 

Während Nadeschda Tolokonnikowa (23) und Maria Aljochina (24) wegen eines öffentlichen Punkgebets in Straflagern eine zweijährige Haftstrafe absitzen, bereichern sich andere an ihrem Elend. Sogar Tolokonnikowas Ehemann hat versucht, den Rubel für sich ins Rollen zu bringen.

Um die Marke Pussy Riot ist eine Schlacht entbrannt, weil alle damit Geld verdienen wollten – nur die Band nicht, die darin die Prinzipien des Punk verletzt sieht.

„Die Kommerzialisierung der Gruppe Pussy Riot ist in vollem Gange. Und die Anträge auf einen Eintrag ins Markenregister werden inzwischen überall auf der Welt gestellt”, sagte der frühere Verteidiger Mark Fejgin unlängst Moskauer Medien.

Vor allem die auf Bewährung freigelassene Jekaterina Samuzewitsch (30) empörte sich über Versuche, mit Pussy Riot Geld zu verdienen.
 
Anwalt Fejgin selbst hat versucht, Profit aus dem Namen Pussy Riot zu schlagen. Er hat versucht, sich die Marke rechtlich schützen zu lassen, um mit dem Logo Spielzeug, DVDs und Kleidung bedrucken zu lassen, wie der „Spiegel“ berichtete.

Eine Firma mit Name Web-Bio – eingetragen auf Feijgins Frau – reichte den Antrag beim russischen Patentamt ein, das lehnte jedoch ab. Tolokonnikowa und Aljochina feuerten ihren Verteidiger daraufhin.

Pop-Star Madonna, die sich während des Prozesses in Konzerten für die Punk-Mädchen stark gemacht hatte, verkauft in ihrem Online-Shop inzwischen auch T-Shirts mit dem Pussy-Riot-Aufdruck, schreibt der „Spiegel“. Preis: 19,95 Dollar.

Auch der Buchmarkt profitiert von dem spektakulären Fall der russischen Protest-Ikonen.

Vier Bücher, darunter „Pussy Riot! Ein Punk-Gebet für Freiheit” in der Hamburger Edition Nautilus, beleuchten inzwischen den Fall der Musikerinnen. Die Autoren kritisieren die Justizwillkür in Russland und loben den Mut der jungen Frauen, für das Recht auf Meinungsäußerung ihre Gesundheit und Freiheit zu opfern.

Nachzulesen sind in der deutschen Broschüre auch die Gedichte der unerschrockenen Feministinnen sowie ihre glühenden Reden vor Gericht, das sie zu zwei Jahren Straflager wegen Rowdytums aus religiösem Hass verurteilt hatte. Ein Teil des Bucherlöses werde der Band zugutekommen, teilte eine Verlagssprecherin mit.
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 EHEMANN SCHLACHTET NAMEN AUS

Der Ehemann von Nadeschda Tolokonnikowa hat Rubel-Zeichen in den Augen und hat versucht hohe Honorare für sich bei öffentlichen Anlässen zu erwirtschaften. Angeblich fließt das Geld in den „Free Pussy Riot Campaign Fund“, wie der „Spiegel“ schreibt.

Seiner Frau jedoch erschien das allzu geschäftstüchtig und sie pfiff ihn mittels eines öffentlichen Brief zurück. „Verrat an der Idee des Punk und an Pussy Riot“ warf sie ihm vor.

Doch die russische Justiz lässt auch nach dem Urteil nicht locker. Ein Moskauer Gericht stufte am Donnerstag ein Internetvideo von der politischen Kirchenaktion als „extremistisch” ein und verbot damit den Clip offiziell. Das Punk-Konzert in der Erlöserkathedrale sei ein Aufruf zu Unruhen nach dem Vorbild des Arabischen Frühlings, argumentierte Richterin Marina Mussimowitsch.

 

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Ähhh, ist das jetzt Scheichwerbung für  Edition Nautilus?

Will da jemand einen Rubel...Euro...machen?

 

Und NIx gegen die Frauen, aber ob Pussy Riot oder FEMEN.

Sex sells, "oben ohne"-Provokationen in russisch orthodoxen Kirchen

oder auf Aufmärschen der religiösen Rechte wie letzten Monat in Paris

gibt halt ne Menge Presse. Auch wegen Geschlecht, Jugend und Nacktheit der

Protestierenden.

Da können zehntausende abgemergelte, ärmlich bekleidete ältere Frauen und Männer gegen die

Rentenstreichungen, für etwas Essen und ein warmes Dach über den Kopf demonstrieren.

Sie können zusammengeschlagen und ihnhaftiert werden. Das alles hat kein Gewicht.

 

Aber Titten Raus - Kameras - Medien - Popstars - das zählt!!

Auch für Linke.

Wie erbärmlich!

Zumal die Menschenverachtung der der Mädels nur durch die kapitalistische Verbiegung der ganzen Pussy-Story notdürftig kaschiert wird. Leider sind tatsächlich viele Linke darauf angesprungen, weil sie hier eine Art Revolution wähnten. Die Pussy-Story ist vor allem auch eine über kritisches Bewusstsein innerhalb der Linken.

Pussy Riot war zunächst mal ein Teil der viel breiteren Anti-Putin-Bewegung (und hat eben nicht nach dem Prinzip "Titten raus" gearbeitet). In Russland waren ihre Auftritte und Videos in diesem Umfeld Kult, hier im Westen waren sie vor den Verhaftungen der drei (und auch noch eine Weile danach) nur Leuten bekannt, die sich mit der autonomen/anarchistischen Widerstandsbewegung befasst haben (auf de.indy gab's schon den einen oder anderen Artikel). Die westlichen Massenmedien sind erst danach aufgesprungen, als es zu den bunten Masken auch Gesichter gab. Und damit wurde meiner Ansicht nach wirklich eine Denkblockade durchbrochen, denn diese Medien haben den Widerstand in Russland bisher fast nur dann wahrgenommen, wenn er in den parteiförmigen Gleisen westlicher Demokratiemodelle stattfand. Kasparow hält ne Rede vor 50 Fans -- Top-Meldung! Selbst die Massenproteste rund um die Wahl wurden hauptsächlich unter diesem Gesichtspunkt gesehen. Dabei ist der Widerstand in Russland viel anarchischer (nicht unbedingt anarchistisch), als es das ZDF erlaubt.

Weiß nicht, ob der Ehemann da wirklich so was Verwerfliches tut. Es zeigt sich jetzt halt auch der Effekt der Verlegung ins Straflager - die Kommunikation zwischen den beiden wird dadurch erheblich erschwert, entsprechend scheint es Probleme bei den Absprachen zu geben. Also ich würde da jetzt nicht gleich "Verrat" schreien.

 

Kohle können sie für das Verfahren auf jeden Fall noch brauchen, erstens gibt es juristisch noch ein paar Möglichkeiten (und Justiz ist in Russland nicht billiger als in Deutschland), zweitens kostet eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung auch Geld für Anwalt und Behörden (wobei der Übergang zwischen Gebühren und Schmiergeld fließend ist) und drittens lassen sich (gerade in Russland) die Lebensbedingungen im Straflager mit Geld durchaus verbessern (bzw. ohne gibt's halt nix: die staatliche Finanzierung dieser Lager ergibt pro Gefangener und Tag einen Kopekenbetrag, und darin ist alles enthalten, Personalkosten, Bauunterhalt, medizinische Versorgung...).