[B] Proteste gegen den „Marsch für das Leben“

Proteste gegen den "Marsch für das Leben"

In Berlin protestierten am Samstag mehrere hundert Menschen gegen den „Marsch für das Leben“, mit dem christlich Fundamentalist_innen jährlich ihre reaktionäre Weltanschauung auf die Straße tragen und für ein Verbot von Abtreibungen demonstrieren. Die lautstarken und bunten Proteste, zu denen ein Bündnis von feministischen und antifaschistischen Gruppen aufgerufen hatte, richteten sich gegen die Bevormundung von Frauen* und den Abtreibungsverbotsparagrafen 218 und forderten stattdessen die Entscheidungsfreiheit von Menschen über ihre Körper und die Anerkennung der freien Selbstbestimmung.

Die Redebeiträge der Fundamentalist_innen konnten teilweise übertönt werden und ihr „Marsch“ wurde über die gesamt Strecke von Gegendemontrant_innen und feministischen Parolen begleitet. Die Berliner Polizei versuchte indes ihre Überforderung mit ruppigen Vorgehen, willkürlichen Personalienaufnahmen und Platzverweisen zu kompensieren.

 

Jahrelang zog der „Marsch für das Leben“ unbehelligt durch Berlins Mitte. 2008 regten sich erstmals Proteste. Feministische und antifaschistische Gruppen schlossen sich in dem Bündnis „1000 Kreuze in die Spree“ zusammen. Getreu dem Motto der Proteste fand in den folgenden Jahren immer wieder eine Reihe von Kreuzen den Weg ins kühle Nass. 2011 wurde die Route in Reaktion auf die Gegenproteste erstmals so geändert, dass die Abtreibungsgegner_innen auf ihrem Weg vom Bundeskanzler_innenamt zur St. Hedwigs Kathedrale am Bebelplatz das Überqueren der Spree vermieden. Seit letzten Jahr verzichtet der veranstaltende „Bundesverband Lebensrecht“ ebenfalls auf die Nennung von 1000 angeblich täglich in der BRD abgetriebenen Kinder im Titel ihrer Demonstration. Die Änderung der Route und das Abrücken von der absurd in die Höhe geschraubten Zahl von Abtreibungen, sind sicherlich auch auf die seit Jahren andauernden Proteste zurückzuführen. Auch in diesem Jahr organisierte das nun mehr unter dem Namen „What the Fuck“ agierende Bündnis im Vorfeld mehrere Veranstaltungen und Workshops zu verschiedenen Aspekten rund um die Themen Abtreibungspolitik und christlicher Fundamentalismus. Diese beschäftigen sich u.a. mit der vom antifeministischen und autoritären Weltbild des christlichen Fundamentalismus ausgehenden Gefahr, aktuellen Entwicklungen im Abtreibungsrecht in England und Deutschland und der Präimplantationsdiagnostik (Mitschnitte zum Nachhören). Eröffnet wurde die Reihe mit einem Vortrag vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum zur offenen Flanke der selbsternannten Lebenschützer_innen zur extremen Rechten, die nicht zuletzt immer wieder in völkischen und holocaustrelativierende Verlautbarungen zum Ausdruck kommt.

„Abtreibung ist der größte Weltkrieg aller Zeiten gegen die Kinder“

Diese Äußerung einer Rednerin bei der Auftaktkundgebung am Samstag ist symptomatisch für die ideologische Verortung der „Lebensschützer_innen“. Auf der unter anderem auch vom Bundesverband der „Jungen Union“ unterstützen „Marsch“ mit etwa 2000 Teilnehmer_innen fanden sich wie auch schon in den Vorjahren Menschen mit T-Shirts der Aktion „Linkstrend stoppen.“ Dabei handelt sich um eine Initiative aus dem Graubereich zwischen Rechtsaußen-Hardlinern der CDU und der „Neuen Rechten.“ Die dazugehörige Petition tritt nicht nur für „konsequenten Lebensschutz“ ein, sondern wettert darüber hinaus auch gegen „Geschlechterumerziehung“ und die „Gefahr der Islamisierung“. Zu den Erstunterzeichner_innen gehören neben diversen „Junge Freiheit“-Autoren und dem Politiker der rechtspopulistischen Partei „die Freiheit“ Rene Stadtkewitz auch der Bundesvorsitzende des „Bundesverbandes Lebensrecht“ Martin Lohmann, der mehrmals Interview-Partner der „Jungen Freiheit“ war. Eine Kuriosität in diesem Kontext war hingegen einer der eingesetzten Ordner_innen, der auf dem Rücken das eindeutig antichristliche, neopaganistische Symbol „Adler fängt Fisch“ trug. Das Zeichen ist markenrechtlich registriert durch die von 1989 bis zu seinem Tod 2009 durch den Neonazi Jürgen Rieger geleitete extrem rechte „Artgemeinschaft germanischen Glaubens – Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung.“ Auch in diesem Jahr gab es Grußworte u.a. vom CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Volker Kauder.

Der „Marsch“ und die Proteste 2012 Das Bündnis „What the Fuck“ hatte für den Tag zwei Kundgebungen am Auftakt und am Abschlussort der Fundamentalist_innen organsiert, ergänzt wurden die Proteste durch eine dritte Kundgebung des „Netzwerk Sexuelle Selbstbestimmung“ am Brandenburger Tor. Bis zu 250 Menschen nahmen jeweils an den Kundgebungen teil. In Redebeiträgen wurde u.a. das Verhältnis von christlichen und Islamischen Fundamentalismus beleuchtet, zudem gab es Grußworte von internationalen Aktivist_innen aus England und Österreich und der Gegenpäpstin Rosa I. Zahlreiche Gegendemonstrant_innen hatten sich bereits bei der Auftaktkundgebung und später beim „Marsch“ unter die Christ_innen gemischt und begleiteten diesen mit feministischen Sprüchen, Konfetti und Lärmartikeln. Die eigentlich zum Schweigen verdonnerten Christ_innen, die in diesem Jahr von vier Bussen aus Polen unterstützt wurden, ließen sich immer wieder aus der Ruhe bringen. Gegner_innen wurden bespuckt und mit Kreuzen geschlagen. Eine junge Frau, die sich gegen einen solchen Angriff zu verteidigen versuchte, wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen. Überhaupt schwankte der massive Polizeieinsatz u.a. mit Hunden und Pferden zwischen übermotiviert und überfordert. Kreuze wurden entrissen und willkürlich Personalien von Anwesen aufgenommen. Ein Teil der angereisten Christ_innen mussten sich vor der Kathedrale die Beine in den Bauch stehen, beim Abschlussgottesdienst in der katholischen St.Hedwigs Kathedrale war nicht genug Platz für alle. Das Bündnis „What the Fuck“ kündigt unterdessen an auch am 21.09.2013 wieder gegen den „Marsch für das Leben“ zu protestieren.

Bilder vom Tag: flickr 1|2, Demotix

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den redebeitrag, der auf der kundgebung die sich gegen den "marsch für das leben" gerichtet hat vom "antifaschistischen berliner bündnis gegen den al quds-tag" gehalten wurde, findet ihr unter http://noalquds.blogsport.de/2012/09/23/redebeitrag-des-buendnis-bei-wha...

AUFRUF ZU GEGENAKTIONEN BEI DER VERANSTALTUNG „FRIEDEN JETZT! MAHNEN & WACHEN“ AM 20.09.2014, WASHINGTONPLATZ, BERLIN

Ort: Washingtonplatz (direkt vor dem Berliner Hauptbahnhof)

Datum: 20.09.2014

Zeit: 15:00 Uhr

Aus dem Umfeld der neuen Montags-Mahnwachen ist für den 20. September ab 15:00 Uhr eine publikumswirksame Kundgebung geplant, wohl um diese vor der drohenden Bedeutungslosigkeit zu retten. Vor dem Berliner Hauptbahnhof sollen daher – neben Hermann Barges, Peter Jürgen Hertel von „MenschTV“ und weiteren Redner – auch Andreas Popp und Jürgen Elsässer auftreten.

Für die Veranstaltung sind folgende Themen vorgesehen:

• der Ukrainekonflikt,
• die „Gleichschaltung“ der „Mainstream-Medien“,
• das Finanzsystem & als Sahnehäubchen ein Friedensvertrag für Deutschland

Bitte erscheint zahlreich, um diesen Aufmarsch von Geschichtsrevisionisten, Reichsbürgern, Neu-Rechten und Gegnern einer offenen und demokratischen Gesellschaft nicht unbeantwortet zu lassen.

Keinen Fußbreit den antidemokratischen Kräften, Antisemiten, LGBT-Hassern, Staatsleugnern und Anti-Aufklärern! Lasst uns gemeinsam diese Querfront verhindern!

https://www.youtube.com/watch?v=fgJaAzhQkuE

HINWEIS: Am gleichen Tag findet zuvor bereits ab 13.00 Uhr der „Marsch für das Leben“ von AbtreibungsgegnerInnen und christlichen FundamentalistInnen vor dem Kanzleramt statt. Dazu ist eine Gegendemonstration geplant, die ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs endet. Wir rufen auch herzlich zu den Gegenveranstaltungen um 11.30 (U-Bahnhof Kochstraße) und 13.00 am Kanzleramt auf und hoffen auf rege Beteiligung an beiden Veranstaltungen.
Infos dazu unter:
https://www.facebook.com/1000KreuzeWTF/info
http://whatthefuck.noblogs.org/
http://no218nofundis.wordpress.com/

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Kurzinfos zu den Hauptrednern:

Der bekannte Querfrontstratege JÜRGEN ELSÄSSER ist Herausgeber und Chefredakteur der rechtspopulistischen Zeitschrift „COMPACT – Magazin für Souveränität“. Elsässer wurde bereits 2009 vom damaligen NPD-Vorsitzenden Holger Apfel als „Eisbrecher“ gelobt, der „auf nationaler Grundlage den Dualismus von rechts und links überwinden will“.
Elsässer ist ein nationalistischer, rechtspopulistischer Agitator, dem Jutta Ditfurth öffentlich vorwarf, ein „glühender Antisemit“ zu sein. In seiner Polit-Postille bietet er einer großen Bandbreite von menschenfeindlichen Positionen ein Forum. Jürgen Elsässer war maßgeblich daran beteiligt, dass der russische Propaganda-Sender „Russia Today“ nun bald auf deutsch ausgestrahlt wird. Auch dem russischen Nationalisten und eurasischen Chefideologen Alexander Dugin stellte er in seinem Magazin eine Plattform zur Verfügung, ebenso den russischen Kreml-Abgeordneten, die das Anti-Homo-Gesetz maßgeblich auf den Weg gebracht hatten. Neben Putin gilt seine Bewunderung der Rechtsextremistin Beate Zschäpe, die er als Opfer der Justiz darstellt.
Die Dragqueen Conchita Wurst bezeichnet er dagegen als „Ekel-Wurst“. Sie verhöhne „das Frausein mit Salafisten-Bart“, so der ehemalige „Konkret“-Autor und Mitbegründer der „Jungle World“, der scheinbar ungebremst nach rechts abdriftet. Er spricht von „Gender-Propaganda“, „sexueller Umerziehung“, „Geburtensturz“ und fürchtet sich vor dem Volkstod durch eine sich vermeintlich immer stärker ausbreitende homosexuelle Lebensweise, die uns von einer „geschlechtsvergessenen Minderheit“ aufgezwungen werde.
2009 gratulierte er dem damaligen iranischen Präsidentschaftskandidaten Mahmud Ahmadinedschad, der ihm im gleichen Jahr eine „Privataudienz“ gab, zum Wahlsieg und kommentierte die Massenproteste der Opposition folgendermaßen: „Hier wollen Discomiezen, Teheraner Drogenjunkies und die Strichjungen des Finanzkapitals eine Party feiern. Gut, dass Ahmadinedschads Leute ein bisschen aufpassen und den einen oder anderen in einen Darkroom befördert haben.“ Bereits 2006 schrieb er in der „Jungen Welt“: „Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden.“
In letzter Zeit tritt Elsässer immer wieder als Wahlkämpfer für die AfD auf und pflegt über seine „Compact“-Autoren Harald Harzheim („Junge Freiheit“) Kontakte zur Neuen Rechten und über Niki Vogt („Kopp-Verlag“, „Schild Verlag“) zu Verschwörungsideologen und esoterischen Kreisen. Nebenbei trat er 2014 auf der „Anti-Zensur-Konferenz“ des Schweizer Sektengründers Ivo Sasek auf, bei der auch Holocaust-LeugnerInnen wie Sylvia Stolz und andere Verschwörungsideologen bzw. rechte Führungspersönlichkeiten zu Wort kommen.

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ANDREAS POPP, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Popp AG (Edelmetalle), ist mit Rico Albrecht alleiniger Betreiber der „Wissensmanufaktur“ („Institut für Wirtschaftsforschung“).
Der selbsternannte Kämpfer gegen „Political Correctness“ widmet sich neben seiner Autorentätigkeit (z. B. für den pseudowissenschaftlichen „Kopp-Verlag“), ganz seiner Rolle als Gastredner für rechts-esoterische Medienformate, wie die der Unternehmer Jo Conrad („Bewusst.tv“) und Michael Vogt („Quer-Denken.tv“/„Alpenparlament.tv“). Außerdem ist er ebenfalls Stammgast bei der „Anti-Zensur-Koalition“ („AZK-Konferenz“) und scheut auch keine Kooperation mit der rechten Regierungspartei Fidesz in Ungarn.
Der Reichsbürger-Ideologie nahestehend, versteht Popp die Bundesrepublik Deutschland als keinen legalen Staat, denn die Alliierten hätten das Deutsche Reich annektiert.
Popp pflegt ein erzkonservatives Familienbild: Er verteidigt Eva Herman und spricht immer wieder verachtend über eine Gesellschaft, die Kinder in Krippen abschiebe, um deren Mütter arbeiten zu lassen.
Sein krudes Weltbild verbreitet Andreas Popp nicht nur über oben genannte Medien, er ist auch selbst Veranstalter von anti-aufklärerischen Konferenzen. Gegen Bezahlung von überteuerten Eintrittspreisen erwartet den Besucher hier eine sektenartig organisierte Parallelwelt aus Verschwörungstheorien, Pseudowissenschaften und brauner Esoterik, die sich zirkelartig nur um eigene, sich gegenseitig bestätigende Quellen dreht. Der ehemalige Goldhändler scheint es hier mit seiner Kritik am Geldsystem und der Federal Reserve Bank (FED) nicht allzu genau zu nehmen, gleichen diese Veranstaltungen doch eher einem lukrativen Geschäftsmodell, als einer ernsthaft um Aufklärung bemühten Initiative.
Immer wieder stand Andreas Popp wegen antisemitischer und antiamerikanischer Untertöne in der Kritik.

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PETER JÜRGEN HERTEL ist Betreiber einer Minigolf-Anlage, Videoproduzent des YouTube-Kanals „MenschTV“ und sogenannter „Reichsbürger“. Seiner Ideologie nach ist Deutschland bis heute eine von den Alliierten besetzte Kolonie, das Deutsche Reich sei daher legal noch existent. Die deutsche Bevölkerung ist für ihn lediglich das Personal einer BRD-GmbH mit Sitz in den Vereinigten Staaten. Hertel gerät durch diese Haltung immer wieder in Konflikt mit den öffentlichen Behörden, die er sich weigert anzuerkennen.

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Der Staatsleugner, Geschichtsrevisionist und Reichsbürger HERMANN BARGES ist Landschaftsgärtner und als solcher war er Mitglied der Initiative „100% Tempelhofer Feld“. Ähnlich wie Peter Jürgen Hertel betrachtet auch er die Bundesrepublik Deutschland nicht als legitimen Staat, sondern als eine Firma, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA auf dem Staatsgebiet des Deutschen Reiches installiert wurde. Seiner Ansicht nach befindet sich die Bundesrepublik immer noch in einem Kriegszustand, da nie legale Friedensverträge abgeschlossen worden seien.