Auf dem Weg nach Baku (über Frankfurt)
Vom 16. - 19. Mai 2012 fanden in Frankfurt die Blockupy-Tage statt. Was Blockupy nicht gelang, übernahm die Polizei: Sie legte das gesamte Banken- und Geschäftsviertel lahm, einschließlich zahlreicher Grundrechte.
Die Stadt Frankfurt hob »im Rahmen einer präventiven Notstandsverordnung das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit für weite Teile des Stadtgebiets« (FAS vom 20.5.2012) auf, um es vor jenen zu schützen, die es während der Blockupy-Tage vom 16. – 19. Mai 2012 in Anspruch nehmen wollten.
Kundgebungen, Kulturprogramme, Camps, auch die Demonstration am Samstag sollten verboten werden. Nicht nur die BILD-Zeitung nahm die Ankündigung vom ›Fluten‹ dermaßen wörtlich, dass sie es sich nicht nehmen ließen, den Main über die Ufer treten zu lassen, bis die Innenstadt unter Wasser stand. Dermaßen im Fieber des Ausnahmezustands wollte auch die scheidende Oberbürgermeisterin Petra Roth - in der Stunde der Gefahr und des drohenden Unterganges - dabei sein: »Ich kann die Stadt in diesen Tagen nicht alleine lassen« - und sagte ihre letzte Auslandsreise ab. Obwohl viele damit rechneten, dass die damit befassten Gerichte dem schwarz-grünen Horrortrip nicht folgen werden, taten sie genau dies weitgehend: Bis auf die Demonstration am Samstag bestätigten sie alle Verbotsverfügungen. Dabei lagen sie auf der Linie, die sie bisher in vielen Urteilen vertreten hatten: Alles, was die Demokratie bereichert, ohne den Geschäftsbetrieb zu stören, muss erlaubt sein. Alles, was den Kapitalfluss stören könnte, muss verboten werden.
Bali in Frankfurt zuhause
Im Vorfeld der Blockupy-Tage verschickte die Stadt Frankfurt über 400 ›Aufenthaltsverbote‹ für den gesamten Innenstadtbereich in Frankfurt: »Nach § 31 Abs. 3 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) können die Polizeibehörden einer Person für eine bestimmte Zeit das Betreten und den Aufenthalt in einem bestimmten örtlichen Bereich innerhalb einer Gemeinde verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person in dem Bereich eine Straftat begehen wird. Ein solcher Gefahrenverdacht liegt in Ihrem Falle vor. Aufgrund der polizeilichen Erkenntnisse über Sie im Zusammenhang mit den Ausschreitungen vom 31. März 2012 steht zu befürchten, dass Sie fest in der gewaltbereiten linksextremistischen Szene integriert sind, auch an den verbotenen Versammlungen teilzunehmen beabsichtigen und dabei im oben genannten Gebiet der Stadt Frankfurt am Main Straftaten gemeinschaftlich mit anderen linksextremistischen Gewalttätern Straftaten nach § XYZ begehen werden.«
Davon betroffen waren alle TeilnehmerInnen der M31-Demonstration am 31. Mai 2012, die an diesem Tag festgenommen wurden. Für einige, die in besagtem Sperrgebiet leben, hätte dies Hausarrest bedeutet. Dass die Rechtmäßigkeit von Festnahmen durch die Polizei – in einem bürgerlichen Rechtsstaat – von Gerichten erst festgestellt werden muss, um Sanktionen zu verhängen, kümmerte jene überhaupt nicht, die den Rechtstaat wie einen Schlagstock gebrauchen. Ärgerlich für dieses justizferne Stadtregierung war nur, dass sie diese ›Aufenthaltsverbote‹ durch Richter bestätigen lassen musste. Diese lehnten ihre Selbstauflösung ab – und verweigerten dem präemptiven Rechtsempfinden den richterlichen Segen.
Die Wiege der Demokratie im Polizeikessel
Von diesen minimalen Rückschlägen ließ sich die Stadtregierung nicht beeindrucken und machte sich an die Arbeit, was nicht einmal der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung entgangen ist: »Frankfurt hatte sich zum Bürgerkrieg gerüstet: Nato-Draht vor der Sparkasse, ein Großaufgebot von achttausend Polizisten mit mindestens ebenso vielen Absperrgittern im Bankenviertel. Die Straßen leer wie am autofreien Sonntag, die Edelboutiquen in der Goethestraße mit Spanplatten vernagelt…. Nach den Vorgaben des Absurden Theaters verteidigte und blockierte eine stets in der Überzahl befindliche Polizei eine weitgehend menschenleere Innenstadt« (FAS vom 20.5.2012) Die schwarz-grüne Regierung tat alles, im globalen Wettbewerb mit Bali, Baku und Moskau zu bestehen. Am Donnerstag wurde der erste Versuch unternommen, das Demonstrationsverbot zu durchbrechen. Ca. 1.000 Menschen gelang es, in die Innenstadt zu kommen, um für mehrere Stunden den Paulsplatz bzw. den Römer zu okkupieren. Einige TeilnehmerInnen verteilten an der Wiege der Demokratie das ›Grundgesetz‹, inklusive Artikel Nr.8, der allen das Recht zusichert, sich ohne Anmeldung oder Genehmigung zu versammeln. Ob das ein eindeutiges Anzeichen für Krawall und Chaos war, oder bereits deren verbotene Anwesenheit, darf hier offen bleiben. Eine Großzahl der Anwesenden wurde jedenfalls eingekesselt, der Platz geräumt. Viele betrachten diese temporäre Rückgewinnung eines Grundrechts trotz alledem als Erfolg, als ermutigendes Zeichen für den nächsten Tag.
Der Tag der Blockaden
Das Konzept sah vor, am 18.5.2012 mit tausenden Beteiligten die Europäische Zentralbank/EBZ von 6 Uhr morgens bis 12 Uhr mittags zu blockieren. Anschließend sollte das Bankenviertel dicht gemacht werden. Weder das eine, noch das andere war möglich. Vielleicht waren es eintausend Personen, die sich an verschiedenen Punkten außerhalb der Sperrzone versammelt hatten, um das Blockadekonzept umzusetzen. Meist weit davon entfernt wurden die Gruppen eingekesselt. Dabei spielte es für die Polizei keine Rolle, ob es zehn Personen waren (wie im Westend) oder einhundert am Willy Brandt Platz. An den meisten Orten waren die Beteiligten auf sich alleine gestellt. Vieles war dem Zufall, vor allem der massiven Polizeipräsens überlassen. Nicht nur die Zahl der Beteiligten lag weit unterhalb der Erwartungen. Das generelle Demonstrations- und Versammlungsverbot zu durchbrechen, hätte dreierlei vorausgesetzt: Eine Großzahl an Beteiligten, zahlreiche Gruppen, die eigenständig agieren können und eine Koordination, die die unterschiedlichen Aktionsorte miteinander verbinden und aufeinander abstimmen kann. Alle drei Bedingungen waren an diesem Tag nicht gegeben. Es kam zu über 500 Ingewahrsamnahmen - die Gefangenensammelstellen waren überfüllt. Zum Teil wurden Festgenommene mit beschlagnahmten Bussen am Rand der Stadt ausgesetzt. »Die EZB wird derzeit nicht von uns, aber wegen uns blockiert«, bilanzierte eine Blockupy-Sprecherin. So schön das wäre, so falsch ist dies. Die Polizei hat nicht das Bankenviertel abgeriegelt, weil der Protest so stark war, weil ihr nichts anderes übrig blieb, sondern weil sie als Einzige in Lage war, ihrem Aberwitz Realität zu verleihen. Um zu verhindern, dass der Geschäftsbetrieb der Banken eingeschränkt wird, haben sie ihn selbst lahmgelegt. Das entspricht der Logik von Bodyguards, die ihren Chef anhaltslos zu Boden werfen, um ihn vor einem möglichen Angriff zu schützen - und ihm dabei einen Zeh brechen. Dieser Irrsinn wird auch deutlich, wenn man sich den ›Sachschaden‹ anschaut, den die Stadt Frankfurt und die Polizeiführung angerichtet haben: Der eingeschränkte Geschäftsbetrieb der Banken und Edelboutiquen im Innenstadtbereich und der viertägige Einsatz von über 5.000 Polizeibeamten überschreitet spielend den Sachschaden, die die M31-Demo im März 2012 im Triple-A-Zentrum hinterlassen hat und der als Begründung für das Demonstrations- und Versammlungsverbot während der Blockupy-Tage herhalten sollte. Warten auf Godot und 2.000 gewaltbereite Autonome... Während sowohl die OrganisatorInnen als auch alle anderen Gruppen Schwierigkeiten hatten, aufgrund unsicherer Zahlen und Zusagen eine Planung und Koordinierung der Aktionen zu gewährleisten, wusste die Polizeiführung genau, was Sache ist: Über 2.000 gewaltbereite Autonome kommen und legen die Stadt in Schutt und Asche. Dass man sie am Donnerstag noch nicht gesichtet hatte, lag wahrscheinlich an der langen Anreise und dem schweren Gepäck. Aber am Freitag, dem Tag der Blockaden, durfte man mit ihrer brandschatzenden Anwesenheit rechnen. An diesem Tag mangelte es an vielem. In Gänze fehlte der ›Schwarze Block‹. Das entging selbst der FAZ nicht: »Von den ›2.000 Gewaltbereiten‹, deren Kommen von staatlicher Seite zugesichert worden war, keine Spur.« (FAS vom 20.5.2012). Dafür nahmen über 5.000 Gewaltbereite ihren Platz ein.
Auf das Ausbleiben des angekündigten Horrorszenarios angesprochen, erklärte der hessische Innenminister Rhein, dass die starke Polizeipräsenz das Erscheinen jener Apokalypse verhindert habe. Aber es blieb ja noch der Samstag, der Tag der internationalen Demonstration, die letzte Chance, um den Ausnahmezustand zu rechtfertigen. Abermals wurden Autobahnen gesperrt, die Innenstadt in einen Hochsicherheitstrakt verwandelt. Alles, was einen Polizeistaat auszeichnet, wurde aufgeboten - selbst Räumpanzer durften nicht fehlen. Und selbstverständlich nicht die sich in der Endlosschleife befindlichen Begründung für diesen Ausnahmezustand: »Der Polizeisprecher bestätigte, dass etliche Kontrollstellen eingerichtet wurden. ›Wir müssen noch immer mit bis zu 2.000 Gewaltbereiten aus der linken Szene kalkulieren‹, sagte er.« (Handelsblatt.com vom 19.5.2012). Die Polizei versuchte einiges, um die letzte Chance zu nutzen, das schwarz-grüne Armageddon wahr zu machen. Wenn man gutwillig ist, konnten man in der Masse der ca. 20.000 DemonstrationsteilnehmerInnen vielleicht 500 zu dem zählen, was den Ausnahmezustand in Frankfurt für vier Tage rechtfertigen sollte. An der schmalsten Stelle am Untermainkai gab sich dann auch die Polizeiführung alle Mühe, aus dieser Gruppierung das herauskitzeln, was dann später Ausschreitungen genannt werden sollte. Schwerbewaffnete, vermummte und gepanzerte BFE-Einheiten drängten sich in die Demo, derweil am Mainufer und in der gegenüberliegenden Seitenstraße weitere BFE-Einheiten darauf warteten, jene aus der Bedrängnis zu befreien, die sich pflichtbewusst in eine solche brachten. Jetzt erst, dank professioneller Ausrüstung sah das, was Schwarzer Block sein sollte, annähernd so aus. An den jeweiligen Seiten und mitten in der Demonstration marschierten die einzigen Gewaltbereiten - uniformiert und vermummt. Dass diese polizeiliche Eskalation gesucht wurde, bestätigte der Innenminister Rhein auf einer Pressekonferenz indirekt: »… man habe auch während der Demonstration am Samstag ›intensiv diskutiert‹, den schwarzen Block aus der Demonstration ›herauszunehmen‹…« (FR vom 22.5.2012)
Obwohl jede angemessene und organisierte Antwort eine andere gewesen wäre, als dies hinzunehmen, fand man sich mit diesen bewaffneten ›KapitalismuskritikerInnen‹ in den eigenen Reihen ab. Die Presse-AG von Blockupy bedankte sich für dieses Verhalten: »Respekt für unseren Schwarzen Block, der sich trotz permanenter massiver Polizeiübergriffe nicht provozieren ließ, überlegt, überlegen und kämpferisch auftrat.« (http://blockupy-frankfurt.org/de/node/433) Viel mehr kann man diese Umstände nicht verbiegen: Angesichts dessen, dass die Demoleitung keine Anstrengungen unternahm, auf diese Eskalationen zu reagieren (»Wir verwehren uns gegen mögliche diskriminierende und einschüchternde Kontrollen im Vorfeld der Demonstration, gegen die Anwesenheit von Polizeibeamten in Zivil in unserer Demonstration und gegen die mögliche Bedrängung von Teilen der Demonstration durch die Polizei«), blieb den Betroffenen nicht anderes übrig, als alles hinzunehmen. Das hat nichts mit kämpferischem Handeln zu tun, sondern mit Ohnmacht!
Das offizielle Fazit: Alle haben gewonnen, alle sind Sieger…
Kaum war die Demonstration vorbei, erklärten sich alle zum Sieger. Dass dies die schwarz-grüne Stadtregierung und ihre Polizeiführung tuen werden, dass sie sich auch von der Wirklichkeit nicht täuschen lassen, war zu erwarten. Wenn jedoch Blockupy-VertreterInnen dabei mitmachen, ist das nicht etwas anders, sondern besonders dumm.
»Dass trotz der Verbotsorgie im Vorfeld so viele zum Demonstrieren nach Frankfurt gekommen sind, ist ein großer Erfolg.« (Werner Rätz/Attac und Sprecher von Blockupy)
»Unser Einsatzkonzept ist aufgegangen.« (Thomas Mozdzynski, Polizeiführer der Frankfurter Bundespolizei)
»Danke an die Polizei - und die Demonstranten.« (BILD vom 20.5.2012)
Selbstverständlich waren alle erleichtert, dass zumindest der Samstag, die Beteiligung an der Demonstration die Erwartungen und Hoffnungen erfüllt hatte. Doch mit dieser Demonstration alles zuzudecken, was in den Tagen davor passiert bzw. nicht passiert ist, leugnet den Kern des Blockupy-Konzeptes. Dabei ging es nicht darum, abermals Zehntausende auf die Straße zu bringen, die abermals in ihrer Freizeit den Kapitalismus kritisierten, um ihm dann wieder voll und ganz zur Verfügung zu stehen. Kern von Blockupy war, selbst dafür zu sorgen, dass das, was man nicht länger hinnehmen will, auch nicht länger (reibungs- und störungslos) geschieht. Und genau dieser notwendige Schritt, aus der Symbolik, aus der Anklage, aus dem Kreislauf von Forderungen und Parolen herauszutreten, gelang nicht. Daran ändert auch der ›glückliche‹ Umstand nichts, dass die Polizei professionell, effizient und schadensrelevant das Bankenviertel weitgehend lahmgelegt hatte.
Woran scheiterte Blockupy?
Wir hatten 2010 als Georg-Büchner-Initiative unser Vorhaben, für einen ganzen Arbeitstag eine Finanzzentrale in Frankfurt zu blockieren, aus drei Gründen abgesagt: 1. Die einigermaßen sicheren Zusagen einer Beteiligung lagen bei 1.000 -1.500 Personen. Das war und ist für eine Blockade zu wenig. 2. Um ein variables und handlungsfähiges Blockadekonzept (auch im Hinblick auf eine große Polizeipräsenz) durchzusetzen, braucht es viele Gruppen, die eigenständig und in enger Absprache agieren können. Diese gab es nicht. Das galt sowohl für die Rhein-Main-Region, als auch bundesweit. 3. Die inhaltlichen Differenzen im Bündnis und drum herum wirkten sich lähmend und irritierend aus. Alle drei Gründe, die zu der Absage geführt hatten, waren auch zwei Jahre später nicht ausgeräumt. Was wir 2010 befürchteten, hat sich am Blockadetag von Blockupy bewahrheitet. Alles andere als eine von uns erwünschte Bestätigung benannter Bedenken. Von Erfolg zu Erfolg …
Christoph Kleine hat für die Interventionistische Linke/IL einen klassischen und ebenso falschen Ausblick geliefert: »Das heute war ein Erfolg, den die Menschen errungen haben … Blockupy war erst der Anfang.« (FR vom 21.5.2012)
Jede Kampagne (von Heiligendamm 2007 bis M-31) behauptet von sich, erst der Anfang zu sein, ein Startzeichen, ein Startschuss für etwas zu sein … was dann bei der nächsten Kampagne erneut beschworen werden muss. Es ist doch offensichtlich, dass das Problem antikapitalistischer Proteste nicht mit Kampagnen zu lösen ist, auch nicht mit der x-ten Demonstration. Wenn wir Antikapitalismus nicht als einen kritischen Gestus verstehen, der vor allem unsere Freizeit kostet, dann müssen wir aus dem Kampagnenkarusell aussteigen und uns Zeit nehmen, um folgende Fragen zu beantworten:
Worum kommen über 20.000 zu einer Demonstration, wenn sie erlaubt ist und gerade einmal 1.000 - 1.500, wenn es verboten ist, den Kapitalfluss zu stören?
Wie muss ein Antikapitalismus aussehen, der den Schritt von der kritischen zur materiellen Negation kapitalistischer Verhältnisse wagt? Warum ist in aller Regel nach jeder Kampagne die Luft raus, wenn es darauf ankommt, die politischen Konsequenzen und Ausdeutungen nicht der Gegenseite zu überlassen?
Wie kann es gelingen, dass die Orgie von Rechtsbrüchen (von Verbotsverfügungen über Aufenthaltsverbote, Verschleppungen bis hin zu willkürlichen Festnahmen und vorsätzlichen Polizeiprovokationen) nicht als Ohnmachtserfahrung der Betroffenen zurückbleibt, sondern der schwarz-gelben hessischen Landesregierung und der schwarz-grünen Stadtregierung den Kopf kosten?
Welche Strukturen brauchen wir für diese Schritte, wenn wir uns eingestehen, dass eine Mehrheit aus Individuen und Vereinzelten einer kleiner (völlig überforderten) Minderheit von Organisierten gegenübersteht?
Wolf Wetzel
Krise des Kapitalismus und krisenhafte Proteste, Edition Assemblage, 2012
Eine ausführliche Version findet ihr hier: wolfwetzel.wordpress.com
Eine Bilderreise durch das schwarz-grüne Armageddon findet ihr hier
redfront
Das Verhalten der Genoss_Innen war total unsolidarisch. Die Leute in der ersten Reihe werden einfach von hinten gegen die Bullen gedrückt, man kriegt Knüppel ab, und eine Genossin wurde sogar von einem Stein aus einer hinteren Reihe getroffen. Was soll die Scheiße?!?!
Vielen Dank für diese Übersicht und Analyse
Mensch kann dem Autoren in vieler Hinsicht Recht geben.
Zum Einen, ist antikapitalistische Kritik zur rhetorischen Übung geworden.
Mangelnde, bis keine Praxis im Alltag. Geschweige im Beruf, dem Wohn- und poitischen Zusammenhang. Marktradikales Verhalten sich über antikapitalistische Rhetorik und dem sogenannten Uni-Bluff im Mini-Kosmos der letzten Zirkelchen zum Hahn auf dem Misthaufen zu kreieren. Gelebte Utopie - nicht bei diesen Linken. (könnt einem ja die eingebildete Karriere und die Ruhe kosten.)
Zum Anderen, außer (Kampagnen) Spesen Nichts gewesen.
Kampagnenpolitik als Marktstrategie sein "linkes Ding" zu verkaufen. Mediales Gezaubere für sich und die Medien um angebliche Relevanz. PR-Mechanismen für den kapitalistischen Medienmarkt als Kampfstrategie - man muss nur noch ein paar letzte DemonstrantInnen finden, die mediengerecht die passenden Bilder liefern.
Das einem Kritiker, wie diesem Autoren oben, der Vorwurf gemacht wird, sich wie eine "beleidigte Leberwurst" zu verhalten, belegt seine Kritik. Statt einer inhaltlichen politischen Antwort - und die müßte eine strukturelle sein - gibt es eine persönliche Anfeindung, die ihm die Position des übersensiblen, psychisch labilen "Verlierers" verabreicht. Personalisierung und Individualisierung, Entpolitisierung und Psychologisierung eines Menschen, der eine politisch-strukturelle Kritik übt. Darüber die implizite Machtattetüte des Kommentators, den Kritiker als "looser" zu definieren. Bitter Häme für den Kritiker. Aber ein weiterer Beleg dafür, wie Recht er mit seiner Kritik hat. Denn solcher Art Exklusionstaktik gegen KritikerInnen beweist die Ohnmacht, Orientierungslosigkeit und Gewalttätigkeit der Kritisierten.
Vielden Dank noch einmal für den Artikel!
...
tja vielen "(radikalen) Linken" geht es halt einfach viel zu gut und ein wenig theoretische "(pseudo-)Kritik" ist halt wichtiger und cooler als effektiv auch was auf der Straße zu erkämpfen -was ja dann eh alles nur verkürzt ist laut diesen "Genoss_innen"... na gut ein wenig eine_n auf "Sportgruppe" gemacht und das eigene Ego ist gefriedigt und im Umfeld kann mensch ein wenig damit prahlen wie "kämpferisch" mensch doch ist...
die "Linken" in Gewerkschaften und Parteien sind da zum großen Teil auch nicht besser. Um es kurz mit Slime auf den Punkt zu bringen: "ihr seid nichts als linke Spießer", egal ob Jusos, SPD, Grüne, DGB, etc., von der Seite ist in nächster Zeit nicht wirklich viel zu erwarten, wo ist auch nur ansatzweise sowas wie Solidarität oder gar Widerstand? Oder geht das Grundübel nicht gar von hier auch zu nicht unerheblichen Teilen mit aus?
Der Gesamtzustand der deutschen Linken ist ein Trauerspiel und da wird sich so schnell auch nichts dran ändern.
Wo sind denn die großen überregionalen Aktionen um Menschen in Suppenküchen, Tafelläden, Jobcentern oder auch in Betrieben, Schulen, usw. zu erreichen? Nein viel wichiger ist doch tolle Blogs an den Start zu bringen, auf innerlinken Veranstaltungen wieder und wieder zu glänzen, sei es durch schlaue Flugblätter, Vorträge, Lesekreise, etc.
Nichts gegen Theorie, ist nicht unwichtig, aber wie soll sich dadurch kurz-, mittel- oder auch nur langfristig irgendetwas in Schland ändern?
Zu jedem noch so kleinen Naziaufmarsch wird mittlerweile in schier nicht mehr auszuhaltendem Umfang mobilisiert. Klar tut auch hier Widerstand not, aber muss nahezu jede Energie hierein gesteckt werden? Wäre es nicht viel effektiver überregionale Aktionen zu starten um wenigstens mittelfristig die Leute zu erreichen? Bekommen die "Rechten" nicht vielmehr gerade dadurch immer mehr an Zulauf? Ist die Tendenz denn nicht jetzt schon an den Wahlergebnissen zu sehen?
Nein, so wird das auf Dauer nichts, aber rein gar nichts werden mit einer Veränderung im Positiven!
@Wolf W.: Danke für den Beitrag, auch wenn ich jetzt nicht alles so schwarz-weiß sehen würde, im Gros triffts das aber ganz gut!
Das Kampagnen- und Gegengipfelspektakel
hat schon einen Sinn, aber wir sollten uns nicht über die Grenzen hinweg täuschen. Sowohl von Politik- als auch von Bewegungsseite läuft es heute auf ein eingespieltes management hinaus.
Der antikapitalistische Widerstand muss direkt aus den Unterdrückungs- und Arbeitsverhältnissen heraus geführt werden. Und zwar auch in der gesellschaftlichen Breite, um wirklich etwas zu bewirken. Gerade diese Formen der politischen Praxis fehlen uns.
Konzert und co.
So sehr ich die Irie Revoltes auch höre und mag, wir sollten uns einmal über den Sinn Gedanken machen, bei Plena mit "lecker Bierchen" locken zu wollen und auf Demos Konzerte mit Partyatmosphäre zu veranstalten. "BLOCKOUPPPAAAAAYYYY WOLLT IHR EUCH BEWEGEEEEENNN!!!!????"
Wer soll diese Proteste dann noch als etwas anderes verstehen als bestenfalls ein subkulturelles Ritual? Der Kapitalismus ist ach so scheisse und uns geht es deswegen allen schlecht, deswegen feiern wir, bis die Schwarte kracht?
Man hätte das Konzi auch gerne irgendwann abends veranstalten können statt unmittelbar am Ende von einer Großdemo, wo es letztendlich nur unsere Seriösität zerstört. Solange Protestaktionen so aussehen, geht es uns allen noch viel zu gut!
Konzert unseriös?
Warum soll es denn unseriös, wenn auf der Abschlusskundgebung auch noch zwei Bands spielen? Aber um Gottes willen, dann haben die Leute am Ende auch noch Spaß auf der Kundgebung und dies darf auf keinen Fall sein. Und die Bands haben ja keine Hool-Songs gespielt, sondern hatten (zumindest soweit ich zugehört habe) durchaus politische Texte, die gut zur Demo gepasst haben.
Meine Lieblingsplakate auf der Demo waren übrigens "My Bank is OK, the problem is capitalism!" und "Kapitalismus, leider habe ich heute kein Foto für dich!" Aber die findest du sicher unseriös?
Darum geht es nicht!
Das ist auch nur das Standard-Getrolle wenn jemand etwas gegen diese Form von Protest sagt und natürlich haben die Bands politische Texte. Nur glauben nun alle, wir hätten megahaft was bewegt, weil 30000 Leute einen Spaziergang durchs Bankenviertel unternehmen (das und nichts anderes war die Demo) und anschließend auf ein Konzert gehen? Klasse, wir haben Musik mit politischen Texten gespielt, die man eh nur versteht, wenn man die Bands so schon kennt. Der herbeipostulierte große antikapitalistische Aufstand sieht jedenfalls anders aus. Herumhüpfende Clowns, Bier und gute Musik sind Unterhaltung, mit politischen Texten eben Unterhaltung für eine bestimmte Zielgruppe, aber eben kein Aufstand. (Das Konzi hätte sich auf dem Camp gut gemacht, welches ja nicht zustande kam.)
Das Problem ist im Hirn der Menschen, solange ein Bündnis mit Partyfaktor Leute anlocken muss um dann zu hoffen dass sie die Message kapieren wird sich jedenfalls nichts in unseren Breiten groß ändern.
Radikal
Ich denke, der Polizeistaat ist einfach schon viel weiter als wir es bewusst wahrnehmen ( wollen ). Schreibe aus der CH. Auch unsere Demos sind nicht mehr sehr revolutionär. Warum nicht? In den letzten 12 Monaten sind an ein paar wenigen Demos weit über 1'000 Teilnehmer verhaftet und zu extrem hohen Bussen und noch höheren bedingten Strafen verurteilt worden. Ja, ich wäre auch gerne aktiver, aber über € 5'000.-- oder sogar Gefängniss kann ich mir im Moment wirklich nicht leisten, also bleibt mir nichts anderes übrig als in nächster Zeit ruhiger zu sein, bis "der Bedingte" abgelaufen ist.
Stimmt leider
...ist in Deutschland zB an der Tendenz zu sehen, dass Angriffe auf Polizisten, egal welcher Art, sofort zu versuchten Morden oder Totschlägen gepusht werden. Das dient vor allem dazu, den Etat für die Ermittlungen, die der Polizei zur Verfügung gestellt wird, zu verfolgen. Aber auch hier lautet der Schutz Masse: wer hätte in Ägypten noch Sonderkommissionen einrichten können, um wegen jedem geworfenen Stein ein Ermittlungsverfahren einleiten zu können? Der Bürokratieapperat in Mitteieuropa kann auch nur hier funktionieren. Schon in Griechenland würde er maßlos an seine Grenzen stoßen. Auch wenn es nicht verwundert, denn das Konzept, dass es keine rechtsfreien Räume geben darf und jedem stets das Gesetz im Nacken sitzen muss, geht nunmal auf Hegel zurück, und der kam auch von hier.
Dennoch hat die Kriminalisierung on Straßenprotest extrem zugenommen, laut der heutigen Polizeilogik wären viele 68er-Studenten jetzt noch im Knast. Ich kenne Bilder von Angriffen mit Holzlatten auf ungeschützte Polizisten, es hagelte Mollis und das Mitbringen von Vermummungs- und Schutzausrüstung war noch erlaubt. Heute hätte das Hunderte Ermittlungsverfahen wegen Tötungsdelikten gegeben, und viele dieser Menschen sind nun fest integriert in unsere Gesellschaft, obwohl sie für die heutige Polizei eigentlich Mörder sein müssten. Aber irgendwie ist einen Brandsatz werfen damals etwas anderes gewesen als heute........?
was ist da los?
Zu wenig selbstkritisch
Lieber Wolf, Ihr von Georg Büchner habt eure Aktion abgesagt. Dass es nun die IL u.a. geschafft hat, 30.000 Leute in Frankfurt auf die Straße zu bringen, ist natürlich super. Es war beeindruckend. Ihr dürft das natürlich nicht eingestehen. Wenigstens hat Stoodt – obwohl er im Vorfeld gegen Blockupy gehetzt hat – sich dem Protest angeschlossen und z.B. auf dem Paulsplatz gesprochen. Nur dich, lieber Wolf, hat man nirgendwo gesehen.
Blockupy - zu wenig, zu viel..
Hallo Petra,
danke für deine Rückmeldung. Ich bin mir ganz sicher, dass das im Text steht: Bei Blockupy wie bei Georg-Büchner ging es um die Blockade, um die Um- und Durchsetzung einer Blockade, die von vielen getragen wird und die Strukturen vorfindet, die ein solches Vorhaben umsetzen können. Das läßt sich mit einer Demo nicht zudecken, auch wenn sie groß war und sich - wie ebenfalls geschrieben – die Befürchtungen, dass auch unter den Erwartungen bleibt, sich glückerlicherweise nicht bewahrheitet haben.
Im Text - auf den Du mit keinem Wort eingehst - geht es darum, dieselben Kriterien an M-31, Blockupy wie an Georg-Büchner anzusetzen und zu fragen, ob wir aufgrund derselben politischen und strukturellen Probleme einen anderen Weg einschlagen sollen/müssen.
Um diese Fragen zu stellen, muss man da dabei sein? Werden diese Fragen erst richtig, wenn man dabei ist? Hast du, die dabei war, auf die Fragen eine Antwort? Oder hälst du sie für abwegig und bereits abgehakt? Und wird der Text erst dann lesenswert, wenn ich dir sagen, dass ich an allen drei Tagen dabei war? Brauchen wir eine Anwesensheitsliste?
Im übrigen finde ich es äußerst angebracht, wenn Du Kritik an bestimmten Personen hast, dass Du es schaffst, diese direkt dorthin zu adressieren, was für dich kein Problem sein dürfte. Alles andere sollten wir nicht im blinden Netz antriggern, sondern an einem öffentlichen Ort, damit wirkliche Kontroversen für mehr Menschen nachvollziehbar, als für all die "Eingeweihten".
Das vielleicht als erste Antwort.
herzliche Grüße Wolf
verspäteter Rückblick auf die Krisenproteste
Ein verspäteter Rückblick auf die Krisenproteste von M31 und Blockupy unter http://bea.blogsport.de/2012/08/07/verspaeteter-rueckblick-krisenprotest...