[B] Euro-Anarchisten demonstrieren

Geheimdienste und Polizeien auflösen

Gestern demonstrierten in Berlin knapp 200 Menschen unter dem Motto „Geheimdienste und Polizeien auflösen – Anarchy in the EU“. Anlass der Demonstration war eine Konferenz der europäischen Polizeiagentur EUROPOL zu den Themenkomplexen „Schienennetzwerke“, „No-Border-Aktivitäten“ und „Federazione Anarchica Informale“ (F.A.I.), die am 24. und 25. April in Den Haag stattfand. In einem in fünf Sprachen erschienen Aufruf zur Demonstration wird die Priorität herausgehoben, die die europäischen Polizeien der Bekämpfung von grenzenübergreifenden sozialen Bewegungen und Aufständen beimessen.

  

 

Wie zum Beleg der staatlichen Angst vor den sogenannten Euro-Anarchisten wurde die Demonstration von Anfang an von einem Großaufgebot der Berliner Polizei begleitet. An der Auftaktkundgebung am Schlesischen Tor warteten so viele Polizisten, dass deren Zahl die der Teilnehmer_innen bis zum Schluss klar überstieg. Auch das PMS, eine Sondereinheit des LKA war mit ca. zwanzig Zivilen vor Ort und analysierte mit ausschweifender Gestik die verschiedenen Personengruppen der Anwesenden, die mental ihrer offiziellen Bezeichnung als Terroristen dadurch etwas näher kamen. Die unschöne Begleitung durch den Berliner Polizei-Pressesprecher hatte dagegen wohl eher den Grund, dass dieser seinem Geltungsdrang vor dem revolutionären 1. Mai nachgehen wollte.


Inhaltlich war die Demonstration in ihrer Außenwirkung mehr als nur eine Antirepressions-Demo. Neben Redebeiträgen zu staatlichen Gegenmaßnahmen, stand auch wiederholt das Thema Stadtbewegung auf der Tagesordnung. An mehreren Orten wurde auf die Gentrifizierung und den teilweise sehr erfolgreichen Widerstand dagegen eingegangen; so zum Beispiel am ursprünglich geplanten Standort des BMW-Werbeprojektes „Guggenheim-Lab“ am Spreeufer. Zahlreiche Anwohner_innen hörten sich dabei von ihren Balkons aus die Redebeiträge an.


Auf der Abschlusskundgebung im Görlitzer Park kam dann noch das Thema Rassismus und dessen Zusammenhang mit Gentrifizierung zur Sprache. Der Park ist seit Jahren ein vom Staat bedrängtes Gebiet, dass durch rassistische Kontrollen und neuerdings durch eine Aufstandsbekämpfungs-Architektur „befriedet“ werden soll. Dabei vermitteln die regelmäßigen Einsätze von Polizei-Hunderschaften eher den Eindruck eines Kriegsgebietes.


Noch zu erwähnen ist, dass ungefähr zeitgleich zur Demonstration in Berlin eine öffentliche Lesung in Den Haag vor dem EUROPOL-Büro stattfand. Auf Indymedia (http://de.indymedia.org/2012/04/328890.shtml) wird berichtet, dass sich ca. 35 Anarchist_innen daran beteiligten. In dem Text wird die „Federazione Anarchica Informale“ (F.A.I.) als Beispiel staatlicher Repression behandelt. Ihr wird dabei unterstellt, eine vom Geheimdienst entworfene Gruppe zur öffentlichen Diskreditierung der anarchistischen Bewegung zu sein. Die Briefbombenanschläge der F.A.I. gegen Politiker und Wirtschaftsfunktionäre trafen in der Tat auf starke Kritik. Auf der Berliner Demonstration kamen Verschwörungstheorien nicht zur Sprache.

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danke für den bericht