Insurrection Days in Berlin

Insurrection Days

Vor kurzem erschien ein Text auf de.indymedia.org der „Insurrection Days“ für Ende April in Berlin ankündigt. Die Reaktionen auf diesen Text waren verhalten, zu mehr als den üblichen Nonsens Ergänzungen sahen sich die LeserInnen nicht in der Lage. Das überrascht etwas, immerhin gibt es einen unterschwelligen Diskurs zu dem Begriff „Insurrection“, der in Teilen sogar den Wunsch nach Deutungshoheit über die richtige Verwendung dieser Bezeichnung vermuten lässt.


Der Versuch den 1.Mai und die Tage davor aus den festgefahrenen Ritualen der letzten Jahre zu ziehen ist an sich schon begrüßenswert, ob das mit einer ideologisierten Version der mehrmals erfolgreichen „Action Days“ funktioniert hängt auch davon ab, wie gut die Perspektive des Aufstands vermittelt wird.
Der Name „Insurrection Days“ erweckt die Hoffnung, das sich Menschen an Aktionen beteiligen, weil eine Veränderung des Status Quo unausweichlich scheint und das es zum Bestehenden mehr gibt als nur eine rationelle Ablehnung, nämlich Hass und Wut.

Zu untersuchen wäre also dann: Gibt es Hass und Wut in Berlin auf die herrschende Ordnung und deren Repräsentanten?
Sicherlich gibt es diese in den Kreisen der üblichen Verdächtigen in einem nicht unbedingt explosiven Ausmaß zu bestimmten Themen. Doch wie verhält es sich bei Belangen, die über den anarchistischen Mikrokosmos hinausgehen und deren Anschlussfähigkeit an andere Randgruppen oder Unterschichten nötig ist um den Unterschied zwischen punktuellem Randale Ereignis und aufständischem Klima zu signalisieren?

Beispiel Mieten, Wohnungsmarkt und Verdrängung
In Berlin wird täglich viel neuer Wohnraum gebaut. Doch seit Jahren ist in dieser Stadt nicht eine einzige Wohnung neu entstanden, die mit geringem Einkommen bezahlbar ist oder vom Jobcenter bezahlt wird. Die Verdrängung aus den Innenstadtbezirken ist ein allgemein anerkannter Zustand.
Nun gab es vor etwa einem Jahr in der Interim Nr. 721 einen Text, der einen Aufruf zu einer Anti Tourismuskampagne enthielt. Egal wie man den Text findet, er hätte die Möglichkeit geboten sich diesem Thema weiter unkonventionell anzunähern.
An Reaktionen wurde bekannt:
Die britische Zeitung The Guardian griff die Drohung aus der Interim auf,
http://www.guardian.co.uk/world/2011/jan/16/berlin-gentrification-yuppif...
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2011/may/09/berliners-angry-over...

Ein Artikel darüber im Tagesspiegel brachte es auf 131 Kommentare,
http://www.tagesspiegel.de/berlin/chaoten-wollen-berlin-touristen-angrei...

Die ALB distanzierte sich via TAZ,
http://www.taz.de/!63221/

Eine Resonanz kam von jenen, gegen die sich der Aufruf richtete,
http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=3864&title=Autonome+wollen+Be...
http://fm4.orf.at/stories/1672334/

Einen Anschlag gab es auch, https://directactionde.ucrony.net/node/1053

Danach befassten sich Parteien mit der Angelegenheit um diese in geordnete Bahnen zu lenken und sogar noch Wählerstimmen abzugreifen, http://www.berliner-zeitung.de/archiv/die-kreuzberger-gruenen-wollen-ueb...
http://www.tagesspiegel.de/berlin/das-ist-nicht-mehr-unser-wrangelkiez/3...


Die Anschlussfähigkeit dieser Problematik wurde nicht zuletzt durch eine große aber jede Wut entbehrende Mietenstopp Demonstration im Herbst deutlich.
Der Verzicht auf Forderungen im Aufruf zu den „Insurrection Days“ ist nicht unlogisch, aber wenn es im letzten Jahr nicht gelungen ist eines der zentralen Problemthemen in dieser Stadt radikal zu besetzen, wer soll sich dann im April mit uns gegen das Bestehende wenden. Die untergründig vorhandene Wut bricht selten aus den BerlinerInnen heraus, kurzfristig zur Liebig Räumung und auf der 1.Mai Demo, manchmal bei rassistischen Polizeikontrollen in Wedding oder Neukölln. Um dieser Wut eine Richtung zu zeigen, müsste eine Mobilisierung zu den „Insurrection Days“ das Internet verlassen und die Menschen dort abholen, wo sie mit der ganzen Arroganz des Systems konfrontiert werden.
Sollte das nicht geschehen sondern wieder nur über die üblichen Kanäle die linksradikale Szene angesprochen werden, müsste eher von „Action Days“ gesprochen werden, zu denen wir uns dann vom 26.04.-01.05.2012 in Berlin treffen.

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Was fuer eine Scheiße! Wenn mich jemand angreifen würde, mit der Begründung "ich sei Tourist" würds aber scheppern...

 

 

Jeder ist Tourist, fast überall!

das sehe ich genau so.

kommt mal endlich aus dem lokal(patriotischen)sprachgebrauch raus, bitte!