ketzerische thesen zum aufstand in berlin 1980 bis 1982

Squat the World!

Der folgende Text erschien anlässlich der sich selbst abfeiernden “Woche der Widerständigen: Geschichte wird gemacht – 30 Jahre Häuserbewegung” im September 2011 in Berlin. Da der Text bisher nicht besonders weit verbreitet worden ist, und auch auf andere kritische Beiträge aus anderen Zusammenhängen wie "begrabt mein herz am heinrichplatz" im Rahmen der “Woche der Widerständigen" nicht eingegangen wurde, veröffentlichen wir ihn hier nochmal auf linksunten, auch wenn wir nicht mit allen Einordnungen des Textes übereinstimmen.  Wir halten es für vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Ausrichtung der Kämpfe gegen Aufwertung und Vertreibung (kurz gentrifidingsbums wie die Hamburger sagen...) für unabdingbar, sich mit den Erfahrungen der "Häuserkämpfe" der 80iger und 90iger in Berlin auseinanderzusetzen.


Insbesondere, wenn Akteure aus "legalisierten Häusern" (z.B. Willibald Alexis Strassse 34, ehemals besetztes Haus, Vertragsabschluss Anfang der 80iger; Kastanienallee 86, ehemals besetztes Haus, Vertragsabschluss Anfang der 90iger)  wieder als "wohnungspolitische Akteure" auftauchen um ihre Partikularinteressen zu vertreten  und erwarten, dass "die neue Regierung ihre Wahlversprechen umsetzt und plitische Lösungen findet" und als "nächsten Schritt einen Mietengipfel aller Beteiligten" (inclusive die Vertreter der großen Koalition in Berlin) einfordern. Nachzulesen auf mietenstopp.blogsport.de.

Geschichte wiederholt sich als Tragödie oder Farce...

 
Der Text der GenossInnnen:

als im spätsommer 1982 die letzten nicht- verhandler-innenhäuser beschlossen, sich schließlich doch noch unter ein legalisierungskonzept zu flüchten, beschlossen die besetzer-innen der wax39, sich endgültig aus der häuserkampfszene zurückzuziehen. im märz 1983 zog ein kern von ihnen, etwa zehn leute, bestehend aus operaist­_innen, autonomen und antiimper­_innen von der wax39 in die 0192 am heinrichplatz um. da keiner_e nochmals irgendwelche bullendurchsuchungen mehr zulassen wollte, wurde das haus wie eine festung verbarrikadiert. vom keller aus wurde ein tunnel zum so36 gegraben, das damals gerade nicht bespielt wurde. am 14. februar 1984 als die bullen anrückten, verschwanden die besetzer_innen über den tunne! spurlos.
im folgenden nun einige gedanken aus dem dunstkreis der genossJnnen aus der wax39/0192, die ein vielleicht etwas anderes licht auf das werfen, was da im september 2011 so fröhlich gefeiert werden soll.

erster teil

vorspiel: aus der arbeit

1. der aufstand 80 war keine reaktion auf eine offensive von staat oder kapital. er selbst war die offensive, die freilich die politische situation in berlin geschickt für sich zu nutzen wusste.

2. andererseits war er verallgemeinerung und homogenisierung eines massenhaften aber vereinzelten verweigerungsverhaltens gegen die arbeit, das in den fabriken und klitschen aber auch unis ihren anfang genommen hatte.

3. was an lohn und arbeitsbedingungen in den siebzigern durchgesetzt worden war reichte für eine jobberei, die in wenigen monaten das geld zusammenmalochte um für den rest des jahres der knochenmühle fernbleiben zu können.

4. aber auch das kapital vemutzte dieses malocher_innenverhalten, wies es doch die richtung hin zu flexibiifsierung der arbeit, die ab ende der siebziger jahre beispielsweise mit steigendem anteil von leuten vom sklavenhändler in den fabriken forciert wurde.

5. nach massenentlassungen ende der siebziger und drastischen Iohnsenkungen in den fabriken verließ die arbeitsverweigerung die fabrik und verstand sich als vereinzelte aber massenhafte verweigerung der arbeit. reproduziert über damals noch beträchtlich höhere transferleistungen wie sozi, bafög oder kohle vom arbeitsamt, “aufgestockt” durch klauen.

6. aus einem widerwillen gegen k-gruppenorthodoxie einerseits, in deren politik nichts an lust und wünschen jenseits der arbeit sich wiederspiegelte, andererseits aus einem glauben, sein_ e eigene _r herr _in in der alternativklitsche sein zu können, formierte sich eine vorstellung von subjektivität, die sich bereits durch die entscheidung “auszusteigen” außerhalb der kapitalverhältnisse wähnte. eine solche politik in erster person vervielfachte die subjekte mit ihrem jeweiligen standpunkt ins unbegrenzte. was unter revolutionärer strategie zu verstehen sei, schien in freiwillig sich zusammenfindenden kollektiven ausdiskutierbar.

7. der hass auf die arbeit und die möglichkeit ihr auszuweichen bezog seit anfang der achtziger aber auch die alternativklitschen mit ein, von nun an wurde auch in bioläden geklaut. wurde der sektor doch nicht mehr als utopisches außerhalb der verwertung gesehen, und streiks gegen beschissene arbeitsbedingungen begannen auch hier.

8. der glaube an die angreifbarkeit der herrschaft außerhalb der verwertung als revolutionäre perspektive zur überwindung des systems hatte sich endgültig in der militanten politik durchgesetzt. macht und herrschaft verkörpert im staat schienen so handstreichartig zu beseitigen zu sein. ausbeutung wurde zur nebenerscheinung, die sich im angriff auf den staat wie von selbst wohl erübrigen sollte. wenig war aber auch selbstkritisch davon zu hören, wieviel system wir in uns tragen, wieviel hierarchie, dominanz und disziplin wir in all unserem handeln mitschleppen, produzieren und reproduzieren.

musik denken und lebensgefühl

9. mit dem punk kam eine letztlich homogene aufstandskultur auf, deren aggressivität alle individualistische virtuosität verabschiedete. am deutlichsten dies im frühen englischen hardcore von etwa discharge, varukers oder antisystem. nichts anderes denn der rhythmus zur destruktion als “soundtracks zum untergang”. no future keinesfalls als perspektivlosigkeit sondern als zerstörung für ein hier und jetzt, als in rausch gelebte endzeit in gegenwart.

10. die melancholie des existenzialismus in der coolness eines public enemy a la jaques mesrine eingefroren, dessen “todestrieb” im raubdruck zum kultbuch gegen alle feministische kritik avancierte, imaginierte sich “der kämpfer” (und der hier durchaus masculin entworfen) als eingeschworener part einer durch straßenschluchten streifenden bande, deren einziger inhalt eine bis ins semantische hinein getriebene zerstörung, die, weniger wütend denn lässig kalt, sich in einer vollkommen neuen lyrik, einem patchwork aus situationismus baudrillard und ravacholl selbst stilisierte.

11. das selbst habe keinen standpunkt. von außen betrachtet scheint es nichts als oszillierende schwerkraft. nur eine konstruktion im nachhinein – nichts als bewegung. dieser aus den theorien von deleuze und guattari etwas freizügig kondensierte antikategoriale imperativ, dessen weiterentwicklung in poststrukturaler politbeliebigkeit verkommen sollte, trug zu beginn des aufstandes 80/81 dazu bei, dass nicht sofort wieder alles in alten politidentitäten verknöcherte. waren letztere doch von bürgerlichen moralismen beträchtlich durchzogen und die vorstellungen von internationalismus trieben dabei die muffigsten blüten bürgerlicher moral.

12. die destruktivität in den geräusch- und klangschlachten von “einstürzenden neubauten”, “tödliche doris” bis hin zum atonalfestival, kondensierten sich als kunst-griff aus dem hardcore zu etwas, das noch tanz und erschöpfung verweigerte: entblößte zerstörung augenblick ohne davor und danach, eine krisis die alle weiterführende kritik verabschiedete.

logik der aneignung

13. die qualität des häuserkampfes lag nicht in der aneignung sondern in deren kollektivität. plünderungen wie besetzungen stabilisierten erobertes terrain, weiteten es aus, forcierten kämpfe. aneignung als vergegenständlichung von macht, sich deren ausdehnung versichernd. aneignung als kommunizieren dessen was gemeinsam möglich ist. verstanden als unmittelbarer angriff auf verhältnisse war hier – zumindest für eine weile – nichts mehr zu integrieren.

14. aneignung als durchsetzung einer reproduktion ausserhalb der verwertung. die verweigerung der arbeit. der gelebte hass auf die arbeit kollektiv und verallgemeinert: in einer geradezu rauschhaften weise löste der häuserkampf all dies ein, machte es lebbar, wurde leben und verschenkte es zugleich in seiner exklusivität.

15. momente und nur für momente: von der aneignung die eigentumsverhältnisse in frage gestellt und das in plünderungsaktionen, die die waren in kollektiveigentum verwandelten. das geklaute zusammen gekocht, getrunken; drucken von fahrkarten der bvg und verteilen dieser im kiez; fälschen von bahn- wie konzertkarten; aufmachen von läden und die “waren” einfach für alle herausgeholt und auf der straße verteilt; klauen’ und abfressen in trupps dass keine_r abgegriffen wird; gemeinsame besuche bei sachbearbeitern von sozi oder a.amt, wenn keine kohle bezahlt wurde oder werden sollte.
erst jahre später aber, am 1. Mai 87 sollten sich plünderung und aneignung und leider nur für eine nacht tatsächlich kiezweit vergesellschaften.

16. aneignung als verweigerung aller art von arbeit und arbeit allein für die aneignung und im sinne von kollektivverlust. was gelernt oder gekonnt wurde -
ob lkwführerschein, wissen wie eine druckmaschine oder funk/senderanlagen funktionieren, schweissen … – für kampf und aneignung eingesetzt, für sonst aber nichts außer für lust und vergnügen.

17. erst monate nach dem dezember 80 und auch nur nach anstoß aus italien wurde versucht, das was da eigentlich passierte als identität autonomer bewegung theoretisch zu fassen um dem nun massiv hereinbrechenden sozialtechniken und bulleneinsätzen eine interne diskussions- und kampfgrundlage entgegenzusetzen.
aber weder kapitalistische produktionsverhältnisse noch ausbeutung spielten darin eine bedeutsame rolle, stattdessen eine beschreibung einer art existentialistischer gefühlslage, die von sich spricht als gehe es immer so weiter. ein geradezu rasendes bestehen auf das hier und jetzt hatte scheinbar seinen endgültigen grund irgendwie in sich selbst gefunden. anziehend am aufstand waren ja nicht allein seine “inhalte”, sondern die militanz eines vollkommen absoluten NEIN.

18. mit der vorstellung von hausbesetzung als aneignung, als angriff auf die eigentumsverhältnisse setzte die in den straßenschlachten zu einer bewegung zusammengekommene und radikalisierte proletarische masse dem an skandal orientierten, und mittels moral sich rechtfertigenden begriff der “instandbesetzung” einen ganz praktischen und offenen begriff von macht entgegen, der sich einzig am kampf um aneignung und dem was zu erobern möglich ist messen lassen wollte. keine forderungen sollten gestellt werden, durchgesetzt was durchzusetzen ist: macht als materiell spürbares erleben, als auf der straße erfahrbare allesmöglichkeit.

19. ende 80 mussten dem in bauskandal und korruption ersaufenden senat die ersten besetzungen aus alternativen lebens- und arbeitszusammenhängen der jahre zuvor – für sich genommen – wie ein potentieller befreiungsschlag erscheinen; galt es doch den militanten sich (sozial- oder sonst wie) revolutionär begreifenden teil der bewegung abzuspalten und zu kriminalisieren. andererseits schwenkte der senat freilich liebend gern auf die von den instandbesetzern eingeschlagene ebene der öffentlichkeitsarbeit und aufklärung ein. reumütige geständnisse und schwüre von seiten der regierenden, von den besetzungen aufgedeckte “missstände” anzugehen, süppchen daraus wiederum von den grünalternativen in gestalt von wahlprogramm und “forderungen” gekocht, musste alle verhandelei auch ohne die forderung nach freilassung der gefangenen wie ein “weiter so” an staat und kapital gelesen werden.

20. nichts desto trotz hatten wucht und dauer des aufstandes nur in diesem taktischen ineinander von verhandelei und nichtverhandelei sich zu entfalten vormocht. hielten sich beide fraktionen jeweils mit der anderen den rücken frei.

21. die anfänglich breite solidarität der “umwohnenden”, von kämpfer_innen fälschlicherweisew als unterstützung missverstanden, zeugte von einem klaren gespür für die gemeinsame ausbeutungslage derer, die mit essen, werkzeug, möbeln oder dem angebot mitanzupacken auftauchten. eine starke wenn auch wage hoffnung lag darin, aus den kämpfen heraus könnten sich noch ganz andere dinge erkämpfen lassen.

22. die aneignung in ihrer ausschließenden und ausschließlichen form führte über die hervorragend funktionierende reproduktion innerhalb der bewegung zu einer art klassenspaltung, die von den bewegten in ihrem selbstverständnis “wir kämpfen für uns und führen keine stellvertreterkriege” in maßloser selbstüberschätzung gar nicht begriffen wurde. einzig auf sich bezogen erkannte die entwickelte und sich entwickelnde macht nicht die chance, sich auf einen schlag zu einer homogenisierten homogenisierenden unüberwindbarkeit zu weiten. 80 zeigt – und freilich im nachhinein – dass revolte nicht unbedingt revolte bleiben muss. sie ist nicht allein, wie foucault sagt, das feuerwerk das das dunkel der macht für einen moment erhellt. im aufstand steckte auch durchaus das potential, eine ganz andere wucht und breite zu entfalten. kaum wurden etwa ernsthafte versuche unternommen, mietstreiks zu organisieren.
die militante macht wurde nicht genutzt um zwangsräumungen zu verhindern, die organisation eines stromboykotts wurde angegangen als die bewegung bereits bröckelte und auch nur aus eben den defensive heraus. selbst 82, zu einer zeit, als der angriff des staates in breiter front abzusehen war, wurde mit plakat- und flugblattaktionen, die inhaltlich sowohl den gegenangriff wie dessen vereinheitlichende dimension recht präzise analysierten, noch immer im jargon des wir und ihr gesprochen.

23. wie tief der riss zwischen bewegung und klasse klaffte, sollte, als die
aneignungen 82 nicht mehr so wie bisher erkämpft werden konnten, allzu deutlich beim heinzelmännchenstreik (studentische jobvermittlung) werden, als die blockade für mehr kohle, ablehnung von jobs mit miesen arbeitsbedingungen sowie jobs, die rassistisch und/oder sexistisch ausgrenzten,
von militanten häuserkämpfer_innen mit der begründung, man brauche jetzt aber mal kohle, kurzerhand abgebrochen wurde, nachdem allerdings die streikposten autonom verpennt hatten.

internationalismus und bewaffneter kampf

24. obschon die aneignung als angriff auf die kapitalistischen eigentumsverhältnisse verstanden wurden, stützten sich auch die auf eine soziale revolution setzenden teile des häuserkampfes auf moralische argumentation wie auch auf moral gegründete mobilisierungen – sei es in der knastargumentation, die allerdings auch taktisch gegen verhandelei eingesetzt wurde, als auch im bereich des internationalismus und dem verhältnis zur raf und ihrem anfang 81 beginnenden hungerstreik, der so zu einem grandiosem comeback der raf führte, was sich auch in einer änderung ihres konzeptes mit stärkerer einbindung des “widerstandes” im mai 82 niederschlagen sollte. ganz grundsätzlich öffnete die standpunktlosigkeit der ausbeutung gegenüber im internationalismusverständnis – gepaart mit moralischer beliebigkeit als solidarität – beifallsbekundungen für nationalismen aller couleur tür und tor, deutlich etwa an der sehr regen ira- solidarität die schon fast ins irrational/mystische kippte.

25. ganz unterschiedlich sich in den aufstand 80 einmischend, gelang es den
guerillagruppen entsprechend unterschiedlich in erscheinung zu treten. die rz etwa spielten eher eine rolle im kopf, etwas worauf sich ganz diffus bezogen wurde, etwas das irgendwie bei aktionen im hinterkopf mitschwang. was die rz selbst betraf, so jagte sie, als hätte es gegolten, wenigstens ein- zweimal im häuserkampf aufzutauchen, die neue heimat in die luft, was freilich in jedem falle das richtige ziel gewesen war. die dazu abgegebene erklärung aber schien darauf hin zu deuten, dass die genoss innen nicht so ganz auf der höhe damaliger bewegungsdiskussion waren. – auf bauskandale zum x-ten male hinzuweisen wurde langsam schal, auch wenn deftig auf die schweine dabei geflucht und gedroht wurde. mit einem über die damalige situation hinausweisenden revolutionären ansatz hatten diese zeilen nichts zu tun.

26. grundsätzlich aber sind die waffen das problem in der beziehung zwischen einer aufstandsbewegung und einer guerilla, die vorgibt, sich auf diese zu beziehen. wer die waffen hat bestimmt die linie und da helfen auch keine bekenntnisse, mit avantgarde habe man nichts am hut. bemerkenswert aber, dass während des aufstandes in berlin ansonsten eben nicht gerade massenweise aktionen der rz liefen, so als wäre da verstanden worden, dass der aufstand seine aktionen schon selber organisiert.

27. paradoxerweise war es gerade die raf als organisation mit dem höchsten und ausschließlichsten avantgardeanspruch, die sich mittels moralischer einforderung von solidarität mit dem hungerstreik am tiefsten in die bewegung eingrub, obschon sie mit ihren forderungen denen der knastgruppen geradezu diametral entgegenstand: von normalvollzug wollte die kämpfende elite nichts wissen, geschweige denn von einer forderung wie “freiheit für alle gefangenen”, wie sie damals nicht selten ganz breit formuliert wurde.

Knappe ausblicke über ende und darüber hinaus

28. mit den tranzferleistungen hatte der staat in den siebziger jahren die für das kapital anstehende offensive in den fabriken abzuferdern versucht. Indem diese vom aufstand offensiv genutzt wurden, wurde er selbst zum letzten proletarischen schlag der figur der massenarbeiterin, der es allerdings nicht gelang, in einer breiten homogenisierung der kämpfe ihre politische neuzusammensetzung zu finden. Im gegenteil: viel genauer als die aufstandsbewegten hatte der staat die basis des aufstandes begriffen und neben bullenmaßnahmen griff er jetzt den ganzen tranzferbereich, verbunden unter anderem mit dem arbeitnehmerüberlassungsgesetz (sklavenhändlergesetz) an.

29. war der begriff freiraum, ursprünglich ausdruck erkämpften terrains, ds militant verteidigt werden sollte und wurde – illusion angesichts der isolation bereits damals – verkam er im rahmen von forderungen und verhandlungen endgültig zur reformistischen spielwiese von leuten, die keinerlei probleme damit hatten, sich vom staat die bedingungen für ihr schöner wohnen-konzept diktieren zu lassen.

30. auch gegen ende hin war die bewegung nicht in der lage von sich zu abstrahieren um wieder auf das zu stoßen, wo heraus sie überhaupt entstanden war. grundsätzlich strategische entscheidungen entfielen und was folgte waren vor allem taktische überlegungen entlang der auswüchse von kapital und staat. War die basis des aufstandes, die verweigerung der arbeit, wurde der qualitative schritt, diese als kampf gegen die ausbeutung umzudrehen nicht breit angegangen. selbst die, die die ab 82 in die fabrik gingen, verhielten sich eine beträchtliche weile dort in einer abgehobenen arroganz, wunderbare strohfeuer inszenierend, die die alten risse nur fortschrieben.

31. jede diskussion, die versucht, die kämpfe damals mit der heutigen situation in beziehung zu setzten, wird zunächst feststellen, dass viele vorstellungen aus den aufstandszeiten vom kapital mittlerweile zum zentralen movens seiner entwicklung umgedreht wurden. Ob selbstverwirklichung, kreativität, lust/begehren/wunsch bis hin zur alternativökonomischen phantasie von der novellierung des unterschiedes zwischen arbeit und freizeit: mittels internet ist der damals als subversiv revolutionär gefeierte ansatz der maschinentheorie von deleuze/guattari – in freilich umgebauter form – zum modell kapitalistischer akkululation avanziert.

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Teilweise ganz interessant. Aber teilweise dann doch sehr schematisch. Bei „Internationalismus und bewaffneter Kampf“ wird völlig darüber hinweggebügelt, dass es es spätens ab ca. 1984 eine tiefe Spaltung zwischen „Autonomen“ und „Antiimps“ gab. Die RAF war für weite Teile der Autonomen ab diesem Zeitpunkt kein Thema mehr. Anders übrigens als RZ und - in geringerem Umfang - die Reste des Blues. Auch die zügige Degeneration der Flucht aus der Lohnarbeit in ein sich selbst genügendes Ökosystem prekärerer Reproduktion und die Aufgabe des Versuches, den Kapitalismus dort anzugreifen, wo er akkumuliert, kommen zu kurz. Ebenso wie Frage nach der Klassenherkunft vieler Protagonisten. Wer die Chance hatte, jederzeit sein Studium zu beenden und einen vergleichsweise gutbezahlten Job, wie es sie in den 80ern 90ern noch zu Hauf gab, zu ergattern, dem fällt das Revolution spielen halt deutlich leichter. Und diese Bürgerkinder waren in der Szene die große Mehrheit. Kein Wunder, dass heute z.B. der größte Teil der „Radikal“-MacherInnen in wohldotierten Professoren- und Dozenten-Stellen an der Alma Mater gelandet ist.

Unterschiede, massive Unterschiede in Theorie und Ansatz gab es sicher, aber eine "tiefe Spaltung" gab es zumindest in Berlin nicht. Sonst hätte es nicht die zahlreichen Demos zu Türkei, Kurdistan (Özal, Evren) und Palästina, die Antieuropa - Tage in Rotterdam, IWF/WB, Hafentage, Kampagne gegen Volkszählung, 1. Mai Demos, gemeinsamen Verhalten zu Gefangenen und Hungerstreiks, Reagan - und Bush - Demo, Moon - Sekte etc. gemeinsam gegeben.

 

Das war vielleicht in deinem Kontext so, aber verallgemeinern solltest du das ganz sicher nicht!

 

Es gab immer Punkte, wo "Antiimps" und "Autonome" zusammenargiert haben, zumal es noch 3 - dutzend "Unterschattierungen" gab!

Was schmerzlich fehlte, war eine kulturrevolutionäre und proletarische Kampfpartei wie z.B. die KPD/ML

der späten 60er/ganz frühen 70er.

 

http://www.trend.infopartisan.net/trd0911/t580911.html