"4. nationaler Frankentag" in Roden-Ansbach

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Bis zu 600 Neonazis fanden sich am Samstag, 13.08.2011, in Roden-Ansbach, Unterfranken, zum "4. nationalen Frankentag" ein.
Reden von Uwe Meenen (NPD-Landesvorsitzender, Berlin), Sebastian Schmaus (Anti-Antifa Nürnberg) und dem als Rechtsterroristen verurteilten Martin Wiese (Geisenhausen)

Auftritte der bekannten Rechtsrockband "Die Lunikoff-Verschwörung" (früher: "Landser", Berlin) sowie von "FLAK" (Rheinland) und "Untergrundwehr" (Würzburg)

 

Bis zu 600 Neonazis fanden sich am Samstag, 13.08.2011, in Roden-Ansbach, Unterfranken, zum "4. nationalen Frankentag" ein. Etwa 250 Personen beteiligten sich an einer Kundgebung von "MSP ist bunt!" ein. Eine vom Antifaschistischen Aktionsbündnis Nürnberg angemeldete Kundgebung wurde durch die Polizei um 2 Stunden verzögert, der Bus aus Nürnberg wurde schikanös kontrolliert. Doch auch ohne die Leute aus Nürnberg fanden sich etwa 50 Antifas in Roden-Ansbach ein. 

Während des gesamten Nachmittags fuhren Autoloadungen von Nazis, unbehelligt von der Polizei, durch den kleinen Ort zu einem Grundstück am nord-westlich gelegenen Hang. Dieses gehört einem ortsansässigen Neonazi. Die Nazis hatten zahlreiche Pavillions/Zelte sowie Bauzäune mit Sichtschutz aufgestellt.

Die größere Gegenkundgebung verlief ohne nennenswerte Vorfälle. Das Bürgerliche Bündnis aus Anwohnern, Parteien und Gewerkschaften spulte ein routiniertes Programm ab, bunte Hände auf einer großen Leinwand und "mehr als 99 Luftballons", Musik- und Redebeiträge.

 

Bereits im Vorfeld verschob sich der Fokus der Öffentlichkeit weg von der Neonaziveranstaltung hin zu einem absurden, von der Polizei tatkräftig angefeuerten, Alarmismus vor anreisenden "Linken" Gewalttätern. Dabei klammerte sich die bürgerliche Mitte im Sinne der Extremismustheorie aus dem vermeintlichen "rechts-links"-Konflikt selbst aus. Die eigenen Verstrickung in Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus wurde nicht thematisiert, der Weg zu einer inhaltlichen Kritik der Neonazis wurde sich damit selbst verbaut. Stattdessen wurde eine Gewaltdiskussion eröffnet, es ging nur noch darum alles so "friedlich" wie möglich über die Bühen zu bringen. Gegenstand der Diskussion waren allerdings weniger die mehreren hundert Nazis, die sich angekündigt hatten um die menschenverachtendste und gewalttätigste Ideologie überhaupt zu propagieren und zu feiern, sondern herbeigeredete linke "Krawalltouristen".

 

In diesem Klima war es der Polizei ein leichtes, das Versammlungsrecht zu unterhöhlen und unter dem Vorwand einer notwendigen, gründlichen Kontrolle einen Bus mit extra aus Nürnberg angereisten Antifas über 2 Stunden aufzuhalten. Die Personen, die sich bereits am entsprechenden Kundgebungsort einfanden, mussten sich ebenfalls erniedrigender und mehrmaliger Kontrollen unterziehen. Das "MSP-ist-bunt" Bündnis hatte dazu nichts zu sagen, man hatte sich ja eindeutig positioniert.

 

Dass es, im Gegensatz zu Berichten in den Zeitungen Main Echo und Main Post, zu keinem Zeitpunkt  von Seiten der Polizei notwendig war "Gewaltausbrüche" zu unterbinden, passte auch so gar nicht ins herbeigeredete Bild. Auch dass die Vorkontrollen der Polizei keinerlei Waffen oder ähnliches zu Tage brachte, was dem "anreisende Gewalttäter"-Vorwurf aufrechterhalten hätte können, konnte sie nicht irritieren. (Außer einem Messerfund bei einem Nazi, kleine Randbemerkung). Die Main Post titelte in bester Bildzeitungsmanier "Keine Krawalle" - wohl immer noch besser als gar keine Krawalle. Nazis machten sich den Diskurs auch zu Nutze und stimmten mit einem eigenen Flugblatt in die Hetze gegen Linke ein. Eine komplette Analyse der Zeitungsartikel würde den Rahmen des Artikels sprengen, währe aber lohnend.

 

In den 3 Wochen seit Bekanntwerden des Veranstaltungsortes gab es aber noch nicht einmal öffentlich wahrnehmbare Mobilisierungsaufrufe regionaler Antifagruppen. Mehr als "da sein" war scheinbar nicht drin. Dementsprechend ratlos zeigten sich auch viele Antifas. Während oben am Hang immer mehr Nazis eintrafen, saß man im Dorf fest. Im Vorfeld politisch isoliert, mit weniger als hundert Mobilisierten, blieb nichts übrig als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Es wurden Redbeiträge gegen die Extremismustheorie und über Nazistrukturen des FNS gehalten, Infomaterial verteilt und viele Transpis ausgebreitet. An eine effektive Störung der Naziveranstaltung war nicht zu denken. Es gelang nicht, einen Draht zum lokalen Bündnis aufzubauen und das eigene Anliegen zu vermitteln. Der Tag bedarf einer ausführlichen Nachbetrachtung aus antifaschistischer Sicht, an der sich regionale und über-regionale Zusammenhänge beteiligen sollten.

 

Für die Nazis war der Tag wohl ein Erfolg. Sie brüsten sich mit der hohen Teilnehmerzahl von bis zu 600 aus dem In- und Auslang angereister, was auch nach antifaschistischer Einschätzung im realistischen Bereich liegt. Gegen 17 Uhr befanden sich bereits an die 300 Nazis auf dem Gelände, viele, wohl eher Erlebnisorientierte, reisten aber erst Abends für das Konzert an. Die von der Tagespresse kolportierten niedrigen Teilnehmerzahlen auf der Naziveranstaltung sind nicht nachvollziehbar und müssen als gezielte Verharmlosung betrachtet werden.

 

Auch scheinen einige Anwohner Roden-Ansbachs weitaus weniger Berührungsängste zu Nazis zu haben, als es zunächst den Anschein hat. Nach einem Bericht auf der Website des "Bund-Frankenland" hielt sich ein Sohn des Bürgermeisters länger Zeit auf der Veranstaltung auf. Nazipropaganda ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, dennoch darf die Wirkung der Veranstaltung gerade auf Jugendliche aus den angrenzenden Landkreisen nicht unterschätzt werden. In den meisten Dörfern gibt es rechts-orientierte Jugendcliquen, die irgendwo zwischen Auto-Tuning, Onkelz(mittlerweile Freiwild) hören und Saufen auch eine Affinität zu rechtem Gedankengut hegen. Politisch (noch) nicht gefestigt, patriotisch und möchtegern-rebellisch. Harte Nazimusik gehört zum Partyspaß wie der Hitlergruß nach dem 6. Bier. Und es ist genau dieses Milieu, welches von der Musik der "Lunikoff-Verschwörung" angezogen und anpolitisiert wird. Welche Auswirkungen die Veranstaltung auf die regionale Naziszene haben wird, muss jetzt genau beobachtet werden.

 

Sollte der Frankentag oder andere Naziveranstaltungen erneut in Roden-Ansbach stattfinden, muss vieles anders laufen. Vor allem muss verhindert werden, dass die unterfränkische Naziszene dort einen dauerhaften Treffpunkt etabliert. Ein effektiver Protest ist auch in einem kleinen Dorf wie Roden-Ansbach machbar. Die Art & Weise muss jetzt von allen Interessierten diskutiert werden.

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gibts von Robert Andreasch bei "Mut gegen rechte Gewalt":

http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/news/reportagen/frankentag-2011/

.. manipuliert wurde, im vorfeld durch die lokalen medien, wäre es dann nicht sinnvoll das auch klar und deutlich zum ausdruck zubringen gegenüber der bevölkerung? bzgl. bspw. gräfenberg hat das ja auch ganz gut geklappt - mit den menschen in kontakt kommen und drüber reden. positionen verdeutlichen und gleichwohl einen konsens anstreben - dekonstruktion erzeugen.

 

dass sich die lokalen und regionalen antifas isolieren (lassen) und die parteien/gewerkschaften ihr spiel treiben lassen, kanns doch nicht sein. ihr schreibt doch selbst dass es im verfeld absehbar war dass der besuch der antifas durch bullen und politik krimialisiert wird. gab es denn flyer die explizit (und ausschliesslich!) eben genau diese situation angesprachen und versucht haben zu vermitteln? warum haben sich die antifas isolieren lassen?

 

antifaschismus ist eine gesellschaftliche aufgabe, und hier sollten die verschiedenen störmungen kooperieren: regliöse, parteien, gewerkschaften, unabhänige bürger und nunmal auch antifas.

wenn sich in solchen situationen die antifas eben nicht zur extremismusdebatte äussern, dann find ich das peinlich. es reicht nicht sich im nachhinein über die situation zu beschweren und rumzuheulen, es ist eine sofortige intervention notwendig.

Freundinnen und Freunde des Boxsports hätten beste Beschäftigungsmöglichkeiten gehabt. Teilweise sind die Nazis in 2er Gruppen alleine durchs Dorf marschiert um Kippen zu holen oder Dinge im Auto zu verstauen. Leider war wohl niemand vor Ort der sich gerne sportlich betätigt.

... FreundInnen und Freunde des Boxsports hätten sich dann gut überlegen müssen wie man in einem 400 Einwohner Dorf

ohne Rückzugsmöglichkeiten und mit Polizeiüberwachung unauffällig die Platte putzt.

Nächstes mal sollten die Kundgebungen und vor allem die Leute länger in den Abend hinein andauern/dableiben,

um den Nazis nicht das Dorf zu überlassen. Den Nazis gingen ja auf ihrem Grundstück schon die Parkplätze aus, wenn

sie aus Sicherheitsgründen nicht im Dorf parken können ist das schonmal ziemlich lästig. Wenn man dann die Örtlichkeiten für sich nutzt,

z.B. den Zufahrtsweg belagert (von freiem Feld umgeben) oder die beiden Quartiere im Dorf(siehe oben verlinkten Artikel), könnte man die Veranstaltung

empfindlich stören. Diese Jahr war ein riesen Fail, aber wenn aus den Fehlern die richtigen Konsequenzen gezogen werden, kann es nächstes Jahr schon

ganz anders aussehen.

hier zu