[MD] Child Abuse Fight e.V. - Nazis in spe?

Transparent in der Menschenkette

Zum 18. Juni 2011 rief der als gemeinnützig anerkannte Verein Child Abuse Fight e.V. zu einer „Menschenkette gegen Kindesmissbrauch“ auf. Das selbst gesteckte Ziel war eine 1 km lange Strecke durch die Magdeburger Innenstadt. Die schätzungsweise 80 Teilnehmenden reichten bei weitem nicht aus. Es beteiligten sich auch stadtbekannte und gut erkennbare Neonazis. Antifaschist_innen verteilten im Umkreis der Menschenkette Flyer, welche sachlich über Kindesmissbrauch informierten und sich von Gruppen wie Child Abuse Fight distanzierten.

 

Child Abuse Fight
Der Verein mit Sitz im Quittenweg 23 (Magdeburg) schreibt sich den 'Kampf gegen Kinderschänder' auf die Fahnen. Auf der Seite der Initiative gibt es neben einer 'Mailberatung' auch einen umfangreichen Onlineshop für Kleidung und Autoaufkleber. Highlights sind dabei Aufdrucke wie 'Erst wenn auf dem Stuhl seine Adern beben, werden unsere Kinder sicher leben' sowie verschiedene Galgen-Motive. Die politische Forderung des Vereins ist eindeutig: Todesstrafe für 'Kinderschänder'.

Inhaltliche Schnittmenge mit neonazistischer Ideologie
Die Forderung nach der Wiedereinführung der Todesstrafe für Pädophilie und Missbrauchsvergehen an Kindern bietet beste Anschlussfähigkeit für neonazistische Ideologie, findet sie sich doch ebenso im NPD-Parteiprogramm und auf etlichen Transparenten bei Naziaufmärschen.
Ebenso passt die populistische Herangehensweise ins Repertoire der Nazis: auf ein möglichst emotional aufgeladenes Konfliktfeld wird mit einem einfachen und 'radikalen' Lösungsvorschlag reagiert, welcher sich dazu noch vom 'demokratischen Konsens' abhebt. Im speziellen Fall des Kindesmissbrauchs wird auf den Seiten von Child Abuse Fight nicht weiter darauf eingegangen, dass die meisten Täter nahe Verwandte der betroffenen Kinder und in vielen Fällen Kindesmissbrauch in Mittäterschaft der Eltern passiert. (Zimmermann 2010) Anstatt sich der Komplexität der Problematik zuzuwenden und damit tatsächlich Kindesmissbrauch vorzubeugen, wird die Bestrafung der Täter – nach erfolgtem Missbrauch – in den Vordergrund gerückt.

Nazis im nahen Umfeld des Vereins
Offiziell wird Child Abuse Fight e.V. nicht von Nazis, sondern von anderen sympathischen Gruppen wie den Bandidos Ulm oder dem Tuningclub 'Waffenschmiede Vierlande' unterstützt. Für die Menschenkette wurden die Teilnehmenden vorher im Internet darauf hingewiesen, dass das 'tragen und mitbringen von politisch extremen Material und Kleidung' untersagt sei. Der Verein sei 'unpolitisch', heißt es auf der Seite. Dennoch waren etwa ein Viertel der Teilnehmenden offensichtlich Neonazis – darunter Frank Hoffmann und Steffen Harbke, Mitglieder der Nazi-Hooligan-Gruppe 'Adrenalin'.

Fazit
Child Abuse Fight ist keine rein neonazistische Initiative, überschneidet sich aber sowohl inhaltlich als auch personell mit der Magdeburger Naziszene. Die Menschenkette am 18. Juni war die erste öffentliche Aktion – es bleibt zu beobachten, wie sich diese Grauzone weiter entwickelt.

 

Quelle: Zimmermann 2010: Expertise zu sexueller Gewalt gegen Kinder in Familien des  Deutschen Jugendinstitut e. V. (DJI)

Anmerkung zum Flyer (siehe Anhang)

Uns stellte es sich als sehr schwierig dar, eine geeignete Aktionsform zu finden, die sich der Brisanz und Wichtigkeit des Themas auf angemessene Weise widmet, aber auch auf die politische Gefährlichkeit von Gruppen wie Child Abuse Fight hinzuweisen. Meist werden öffentliche Kundgebungen gegen Kindesmissbrauch sehr spontan von rechtspopulistischen und neonazistischen

Gruppen abgehalten. Für antifaschistische Gruppen stellt es sich meist als schwierig dar, angemessen zu reagieren. Menschen haben Angst vor der Brisanz des Themas, sind aufgrund der Tabuisierung des Themas nicht ausreichend informiert und stehen meist vor einem Zeitproblem, um

Gegeninformationen in geeignter Handreichungsform zusammenzustellen.

 

Wir haben uns dazu entschieden, den hier verlinkten Flyer zu veröffentlichen, damit andere Gruppen nicht vor ähnlichen Problemen stehen wie wir. Unsere kurzfristige Internetrecherche fand zwar ausreichend Infomaterial zum Thema (s.u.), aber Flugblätter oder ähnliches fanden sich nicht.

 

Wir bitten an dieser Stelle, bereits bestehende Flugblätter hier in den Kommentaren zu veröffentlichen, damit andere Gruppen schnell und unkompliziert reagieren können.

Außerdem möchten wir darum bitten, solidarische Kritik an dem Flugblatt zu üben, denn auch wir sind keine ausgewiesenen Experten*innen. Zielgruppe für den Flyer sind Passanten*innen, die sich unmittelbar in der Nähe aufhalten. Außerdem ist der Flyer so konzipiert, dass er unauffällig auch in der Nähe solcher Veranstaltungen verteilt werden kann, ohne große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

 

Weiterführende Informationen zum Thema:

 

Dunkelziffer e.V. - Hilfe für sexuell missbrauchte Kinder

 

gegen-missbrauch e.V. - Verein für Betroffene, Partner und Gegner von sexuellem Kindesmissbrauch

 

kein täter werden - Kostenlose Beratung und Therapie für pädophile Männer


Was Sie über sexuellen Missbrauch wissen sollten“ (Amadeu-Antonio-Stiftung)

"Sexueller Missbrauch: Aus Opfern werden oft Täter“ (aerztezeitung.de)


"Wer am lautesten brüllt... Neonazismus und Pädophilie“ (antifa.marl)


 

"NPD missbraucht weiter“ (npd-blog.info)

 

"Bewährungsstrafe für Volksverhetzer“ (taz.de)

 

 

"Pro und Kontra Todesstrafe“ (Initiative gegen die Todesstrafe)

 

 

Renate-Berenike Schmidt und Uwe Sielert (Hg.): Handbuch Sexualpädagogik

und sexuelle Bildung. Weinheim/München: Juventa, 2008

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Was an dem Flyer als erstes auffällt ist die neue Mode mit dem Unterstrich, der seit kurzem das Binnen-I abgelöst hat, da dieses offenbar nicht effektiv genug war um den Lesefluss zu stören. "den/die Täter_in"... so etwas wirkt einfach nur lächerlich. Ihr mögt euch in Genderdiskursen und sozialwissenschaftlichen Vorlesungen und Seminaren inzwischen daran gewöhnt haben und dagegen abgestumpft sein, die Mehrheit des Volks ist das nicht. Und an die soll das Flugblatt doch gerichtet sein!

 

Glaubt ihr dass es den Nazis hier um missbrauchte Kinder geht? Manche mögen ehrlich entrüstet sein, für die Funktionäre ist das aber garantiert nur populistische Propaganda. Damit kann man nur gut Stimmung machen und so die Leute an ihre Ideologie heranbringen. Populismus ist ein politisches Werkzeug, warum wollen wir in Deutschland das alleine den Rechten überlassen? Die Linke in Südamerika hat gezeigt dass es anders geht, und das man damit Erfolg haben kann. Linke Politik soll eine Politik für die ganze Bevölkerung sein, nicht nur für eine kleine Elite, also muss sie auch die Sprache des Volkes sprechen. Gendertheorien und Unterstrich-Korrektheiten gehören nicht dazu.

 

Weg mit dem Schmarrn, schreibt "die Täter". Die Minderheit der weiblichen Kindesmissbraucherinnen wird diese mangelnde Sensibiliät ihnen gegenüber sicher wegstecken.

Child Abuse Fight e.V. - Nazis in spe? Beudeutet also, dass im Child Abuse Fight e.V. noch keine Nazis sind, aber bald sein werden, richtig?

Ich glaube, damit soll ausgedrückt werden, dass Child Abuse Fight e.V. kein offen neonazistischer Verein ist, aber offenkundig kein Problem hat mit Neonazis zusammenzuarbeiten (die halbherzige Distanzierung, dass der Verein unpolitisch sei und keine "extremistische" Kleidung bei der Menschkette getragen werden sollte, wird ja durch die Bilder eindeutig widerlegt). Der Verein ist meines Erachtens nach in einer Grauzone anzusiedeln - es ist sehr gut möglich, dass er zu einer Art Vorfeldorganisation der Naziszene wird und es den Nazis gelingt auf diese Weise über ihr eigentliches Klientel hinaus Menschen zu erreichen.

a) Der Begriff "Täter_innen" verschleiert die patriarchalen Machtverhältnisse dieser Gesellschaft. 99 Prozent aller Menschen, die Vergewaltigungen begehen sind männlich sozialisiert.

 

b) Ihr schreibt: "Missbrauchstäter_innen handeln [...] aus einem sexuellen Trieb heraus, den sie selbst kaum kontrollieren können". Dies ist schlicht und ergreifend nicht richtig; die Hauptmotive für Vergewaltigung sind: Wut/Aggression; Sadismus; der Wunsch nach Macht.

 

c) Sich auf "internationale Verträge" und "Menschenrechte" zu berufen, kann problematisch sein, denn was ist, wenn diese Verträge annuliert werden? Handeln aufgrund von Gesetzen, bzw. "Rechten", die von staatlichen Stellen gewährt werden, als "richtig" oder "falsch" zu kategorisieren, ist aus emanzipatorischer Perspektive also mindestens fragwürdig.

 

d) Eine generelle Kritk am System von Strafe und Knast fehlt leider völlig.

a) Der Begriff "Täter_innen" verschleiert die patriarchalen Machtverhältnisse dieser Gesellschaft. 99 Prozent aller Menschen, die Vergewaltigungen begehen sind männlich sozialisiert.

 

Du willst ernsthaft behaupten dass ein Begriff der wenigstens 1 % einer Gesellschaft gerecht wird (das sind immerhin paar Tausend, eventuell mindestens eine Million Menschen !), statistischen Raum für ihr Schicksal gibt, die sexistische Gewalt der Gesamtgesellschaft verschleiert? Das begründest Du nicht ernsthaft mit dem Patriarchiat, dass Du diesen Männern hilfst ihre 99% Machtverhältnisse zu behalten in dem Du die Vergewaltigungen die nicht auf ihr Konto gehen verschweigst ?

 

b) Ihr schreibt: "Missbrauchstäter_innen handeln [...] aus einem sexuellen Trieb heraus, den sie selbst kaum kontrollieren können". Dies ist schlicht und ergreifend nicht richtig; die Hauptmotive für Vergewaltigung sind: Wut/Aggression; Sadismus; der Wunsch nach Macht.

 

Ach und diesen Motiven nachzugeben ist kein "Trieb"-orientiertes, Triebgesteuertes, Triebhingegebenes Verhalten, nein?

 

c) Sich auf "internationale Verträge" und "Menschenrechte" zu berufen, kann problematisch sein, denn was ist, wenn diese Verträge annuliert werden? Handeln aufgrund von Gesetzen, bzw. "Rechten", die von staatlichen Stellen gewährt werden, als "richtig" oder "falsch" zu kategorisieren, ist aus emanzipatorischer Perspektive also mindestens fragwürdig.

 

Was soll schon sein wenn diese Verträge annuliert werden? Dann wird es neue geben auf die man sich berufen kann. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dass grundlegende Verträge die gesellschaftlich fundierte Bedürfnisse darstellen Annulationsgrund geben. Oder hast Du in den letzten 200 Jahren schon einmal mitbekommen dass das Recht auf körperliche Unversährtheit irgendwo in Frage gestellt wurde, wenn es darum ging ein "angenehmes Leben" rechtlich zu bestimmen? Oder die Notwendigkeit Nahrungsproduktionen aufzubauen, damit die Bevölkerung etwas zu Essen hat? Ich nicht. Ich glaube auch nicht daran dass meine Urenkel diesen Tag miterleben werden. Menschenrechte und Grundrechte sind "Verträge" die nur durch die Realität an Gültigkeit verlieren, weil sich bisher die Mehrheit weigerte sie einzuhalten. Genau das gibt Grund sich als Minderheit darauf berufen zu wollen und noch mehr Grund sich wenn eine Mehrheit erreicht wurde, dafür verantwortlich zu zeigen, diese Haltung einzuhalten. Erklär mir mal wie es eine emanzipatorische Perspektive (vor allem eine Perspektive) geben soll, wenn Du nicht nach Recht und festgelegten Regeln handeln möchtest ? Bzw. wenn Du nicht dazu bereit bist, wer soll denn dann sonst die Emanzipation herbeiführen wenn nicht eine staatliche Institution die das im Namen all derjenigen durchsetzt, die befreit werden wollen? Erklär mir jetzt mal was daran fragwürdig ist und was Du als emanzipatorisch definierst, abgesehen davon dass Du unseren Wortlaut den ich die vergangenen Jahre auf Indymedia angebracht habe perfekt zu immitieren weißt ?

 

d) Eine generelle Kritk am System von Strafe und Knast fehlt leider völlig.

Warum leider? Muss in jedem Artikel erwähnt werden was man nicht gerne hat oder kann es auch mal genügen das realistische was man hat, realisieren möchte anzusprechen ohne gleich immer eine Utopie in den Raum zu stellen die man dann ohnehin nur für sich selbst vorstellen aber nicht mit anderen zusammen als Konsens treffen kann? Kritik am Strafe und Knast-System ist überflüssig, da es derzeit das praktische System ist. Es zu kritisieren bringt überhaupt gar nichts außer man hat konkrete Vorstellungen wie man es abschafft und was danach kommen soll. Da schon alleine Du nichts weiter anzubieten hast als zu kritisieren, dass man das wenigstens für sich akzeptiert, gibt es auch überhaupt keinen gedanklichen Freiraum sich darüber Gedanken machen zu können ob man dieses System nun gut oder schlecht finden möchte. Es ist halt einfach so.

 

Da komme ich zu der Gegenfrage, was steht hinter der Absicht das Flugblatt kritisieren zu müssen? Warum dann kein eigenes machen?

Auch wenn ich deine Einwände gegen die vorgebrachten Kritikpunkte im Wesentlichen teile, beantwortet sich deine Gegenfrage nach der Absicht der Kritik meiner Ansicht nach ganz einfach: Es wurde von den Autor_innen des Flugblattes ausdrücklich um solidarische, konstruktive Kritik gebeten. Von daher finde ist die Kritik absolut in Ordnung, da sie nicht destruktiv oder beleidigend ist, sondern versucht, die Argumentation des Flugblattes zu verbessern.