Leistungsterror, Konkurrenzkampf, soziale Selektion: Scheiß Schule!

Scheiss Schule!

...ein linksradikaler Aufruf zum Schulstreik...

Schule ist Scheiße, diese Feststellung erfolgt aus dem Bauch. Viele von uns kommen zu dieser Feststellung. Die Kritik jedoch bleibt hier stehen, noch bevor sie wirklich anfängt. Denn: am Ende wird man für dieses unangenehme Unterfangen belohnt. Mit was? Mit Zukunft. Eine zweite Natur, eine gesellschaftliche Natur, scheint die Möglichkeit des Aufbegehrens gegen die Zumutungen der Schule im Keim zu ersticken. Man ist vernünftig -und bleibt es, wird „erwachsen“. Dieser Aufruf erteilt dieser vermeintlichen Vernunft eine Absage und stellt ihr eine radikale, weil an ihre gesellschaftliche Wurzel gehende, Kritik der Schule entgegen.

 

Der Mensch als Arbeitskraft – Bildung als Ware

 

Was ist der Sinn der Institution Schule? Da der Spaßfaktor eher gering ist und tiefgehende Bildung auch stattfinden könnte, ohne, dass man die ganze Zeit dabei unhintrefragt „Leistung“ bringen muss, lässt sich annehmen, dass Schule eine gesellschaftliche Funktion hat, die dem Streben nach Bildung und Selbstbestimmung nicht unbedingt entspricht.

Im Kapitalismus stehen sich alle Menschen und Nationalstaaten als Konkurrent_innen in einem universellen Wettbewerb gegenüber. Wenn sich also Politiker_innen über das schlechte Abschneiden der Deutschen Schüler_innen bei der PISA-Studie beklagen, tun sie das nicht weil ihnen das Wohl der Schüler_innen am Herzen läge, sondern weil sie befürchten in der internationalen Konkurenz den Kürzeren zu ziehen. An dieser Stelle wird bereits ein grundlegender Zweck von Schule im Kapitalismus klar: die Produktion von verwertbarem Menschenmaterial. Als Verschärfung in diesem Sinne führte man zum Beispiel das Gymnasium in acht Jahren ein, damit die Schüler_innen schneller auf den Arbeitsmarkt geworfen werden, um ihre Arbeitskraft zu verkaufen.

Fragt man heute Schüler_innen, warum sie zu Schule gehen, bekommt man meist die Antwort: „Ich gehe zur Schule, damit ich später mal einen guten Job bekomme“. Sprich Bildung bekommt Warencharckter. Sie erhält eine dominante Tauschwertseite. Die Bildung wird von ihrem eigentlichen Effekt, autonome und selbstständige Individuen herauszubilden abgeschnitten. Was übrig bleibt, ist ein Sammelsorium an Kurzschlüssen und einfachen Welterklärungen, das ausreicht, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Es geht nicht um die Vermittlung von wissenschaftlichen Methoden, intellektuellen Grundlagen, oder sozialen Fähigkeiten, sondern ums Lernen einfacher Regelsätze und um das Verinnerlichen des Leistungsprinzips.

 

Soziale Selektion und Konkurrenzprinzip

 

Kinder aus den unteren Schichten und Kinder mit Migrationshintergrund werden im deutschen Schulsystem systematisch benachteiligt. Sie kommen wesentlich öfter auf Haupt- und Realschulen als deutsche Kinder aus Mittel- und Oberschicht. Die Schule ist ein Selektionsapparat, der über die soziale und Berufliche Zukunft der Schüler_innen entscheidet. Während die mittleren und oberen Schichten alles dafür tun, aus ihren Kindern zukünftige Angehörige der gesellschaftlichen Elite und hörige Arbeitskräfte zu machen, werden Kinder aus unteren Schichten und mit Migrationshintergrund von Lehrer_innen weniger gefördert und schlechter benotet. Allerdings ist es ein Trugschluss zu glauben, dass man durch allgemeine Chancengleichheit auch die soziale Selektion abschaffen würde. Denn die Aufspaltung in Gewinner_innen und Verlierer_innen ist die notwendige Konsequenz des allgemeinen Konkurrenzkampfes. Die Forderungen nach dem Ausgleich von sozialer Benachteiligung sind legitim und unterstützenswert. Das Problem beheben werden sie jedoch nicht in einer Gesellschaft, die sich in ihrer Struktur bereits in Klassen gliedert und immer Gewinner_innen und Verlierer_innen hervorbringt. In der Realität ist außerdem, wie gesagt, der formellen Chancengleichheit auf dem Markt und in der Schule immer die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht und die Frage nach dem Pass vorgelagert, die die Erfolgschancen entscheidend vorbestimmt. So werden immer Menschen auf der Strecke bleiben, müssen entweder schlecht bezahlte Drecksarbeit ohne sicheren Arbeitsvertrag annehmen oder kommen unter das repressive Regime der Arbeitsämter und müssen am staatlichen Arbeitssimulationsprogramm teilnehmen. Der Wettbewerb beginnt nicht erst nach der Schule oder nach dem Studium, er beginnt schon in der Grundschule wenn es darum geht die Schüler_innen vorzeitig nach Noten zu selektieren, also auf die drei Schulformen zu verteilen.

Wenn Menschen in einem für das ganze Leben entscheidenden Wettbewerb in Konkurrenz geraten, sind sie gezwungen, bereits ab dem Kindesalter ein Höchstmaß an der von ihnen abverlangten Leistung zu bringen, um nicht in der totalen Konkurrenz unterzugehen. Denen, die scheitern, soll der Eindruck entstehen, dass das Scheitern ihre eigene Schuld ist und weder politische Entscheidungen noch das Gesellschaftssystem dafür verantwortlich zu machen sind. Sie hätten sich eben mehr anstrengen müssen. In letzter Konsequenz ist Schule ein einziger Selektionsapparat, in dem Bildung nur in so weit eine Rolle spielt, wie sie verwertbar ist.

 

Für etwas besseres als die Schule!

 

Mit dieser Scheiße muss irgendwann einmal Schluss sein. Wir wollen nicht für einen abstrakten Zweck ausgebildet werden, und das in einem unpersönlichen Autoritätsverhältnis in das wir hineingezwungen werden. Wir haben keine Lust, uns ständig um unsere Noten Sorgen machen zu müssen und zu fürchten in diesem Hauen und Stechen unterzugehen. Wir fordern einen freien Raum, in dem wir uns selbstbestimmt bilden können, ohne dass ökonomische Faktoren uns beherrschen. Das ist innerhalb der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht denkbar. Es ist mit dem Kapitalismus untrennbar verbunden, jeden von Verwertung freien Raum einzunehmen und in die Verwertungslogik einzuspannen. Das ist bedingt durch seine zerstörerische Eigendynamik, die mit der totalen Konkurrenz aller Individuen entsteht. Deswegen setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der die Menschen miteinander entscheiden wie man, wo man, warum man, was man produziert und wie es verteilt wird. Eine Gesellschaft, die die Produktivkräfte optimal ausnutzt, um die notwendige Arbeitszeit, die zur Bedürfnissbefriedigung notwendig ist, so klein wie möglich zu halten. Bildung soll der Heranbildung von mündigen, autonomen Individuen dienen. Sie soll nicht im Rahmen von Leistungsdruck und Konkurrenz stattfinden, sondern vor dem Hintergrund von Muße und intellektuellem Interesse. Nur außerhalb von Schule und Kapitalismus ist das zu haben. Wir sind für etwas besseres als die Schule. Wir sagen der kapitalistischen Klassengesellschaft, der sozialen Selektion, dem Leistungsprinzip, Staat und Kapital den Kampf an.

 

Wir wissen, dass sich Verhältnisse nicht von heute auf morgen ohne weiteres umkrempeln lassen.

Aber wir können mit den richtigen konkreten Forderungen Stück für Stück den herrschenden Zuständen etwas entgegensetzen und eine Verbesserung unserer Lebenssituation erkämpfen. Das Ziel einer kommunistischen Gesellschaft in der freie Bildung und solidarische menschliche Beziehungen möglich werden, geht mit unseren Forderungen immer einher.

 

 

Schule, Staat und Kapital den Kampf ansagen – Heraus zum Schulstreik!

 

Demonstration - Juli 2011 - 10 Uhr Bochum Hauptbahnhof

 

 

Radikale Linke Bochum

 

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Wird es wohl irgendwann einmal geschafft sein, diese 19.-Jahrundert-Idee des Kommunismus ad acta zu legen? Wie dieses Gespreche ermüdet... Da wollt ihr nicht das "Fertigungsprodukt" abstrakter Produktionsprinzipien sein und redet dann - ausschließlich in abstrakten Begriffen der Produktion um eure Kritik und euren sicher sehr berechtigten Unmut in Worte zu kleiden.

 

So lobenswert Menschen sind, die an der Schule als solcher wirklich grundlegend etwas ändern wollen, so lahm und abgeschmackt ist dieser Aufruf.

 

Schule boykottieren mit Marx und Engels...Ihr wisst schon, was einer der Grundpfeiler dieses Kommunismus war? Die Schule. Ihr wisst, dass der Kommunismus in einer Zeit erdacht worden ist, die wohl die Vielzahl der heutigen gewordenen Probleme noch nicht mal erträumen konnte?

 

Und dann solche glorreichen Sätze wie die einer Forderung nach einer "freien" Aneignung wissenschaftlichen Wissens...ihr wisst doch wohl, dass wissenschaftliches Wissen - unterworfenes Wissen ist? Und nun ratet einmal, ob diese Unterwerfung des Wissen an konkreten oder an abstrakten Prinzipien erstellt worden ist?

 

Und dann solche unvorsichtigen Fehler wie jener, dass die Schule hauptsächlich Leistung fordere und dass diese Forderung zu viel wäre (eine Reduktion wäre also schon mal eine gute Idee). Damit nehmt ihr dann aktiv bejahend an, dass das, was die Schule da fordere und also hervorbringe, wirklich Leistung wäre, ihr überlast also der Schule diese Defintionsmacht des Leistungsbegriffes. Ihr kopiert also genau den Leistungsbegriff, den ihr schlecht findet und bestätigt sogar noch, dass dieser Leistungsbegriff richtig wäre. Das ist gemessen an euren Zielen wohl nicht gut.

 

Macht euch mal vom Marxismus frei, überwindet ihn, last ihn hinter euch. So viele hat er schon getäuscht. Und seid vorsichtig, dass ihr dabei nicht auf Freud herein fallt, aber traut euch, über ihn zu stolpern. Und dann lest mal was aus dem 20. Jahrhundert, dass sich auch wirklich auf das 20.Jahrhundert bezieht und sich vom Marxismus befreien wollte. Lest zb mal Postrutkuralisten, deren Sprache ist auch weit reicher und ausserdem nicht so verbittert traurig. Man kann auch fröhlich UND militant sein.

Du störst dich an diesem Aufruf, dass er mit abstrakten Begriffen hantiert, unter denen du dir nichts konkretes vorstellen kannst. Als Kritik an diesem Aufruf lieferst du selbst eine recht abstrakt gehaltene Kritik: Du nimmst gar nicht Stellung zu irgendeiner Aussage, versuchst sie zu widerlegen oder begründet zurückzuweisen. Du störst dich an einer Affirmation eines falsch gebrauchten Leistungsbegriffs - und bleibst die Erklärung schuldig, warum es in der Schule nicht um Leistung geht (was sogar stimmt, in ihr geht um einen Leistungsvergleich mit welchem die Schüler zueinander in Konkurrenz gesetzt sind und Leistung in eine Durchschnittsgröße verwandelt ist).

Dann forderst du ziemlich unbegründet, dass man sich vom Marxismus emanzipieren soll und wirbst - wieder völlig unbegründet, es sei denn Sprache zählt bei dir zugleich als Inhalt - für die Poststrukturalisten.

Was der Kommunismus zentral mit Schule zu tun haben soll, weiß ich auch nicht. Dass es zu Marx' Zeiten etwas anders ausgesehen hatte, stimmt, aber dass der Kapitalismus - soll er weiter existieren - auf einen Sozialstaat angewiesen ist, der für die (Re)Produktion des Proletariats sorgt, wusste er. Seine Kritik war nicht, dass es an einem Bildungssystem wie heute fehlt.

 

Solche Kommentare stören ziemlich, weil man nicht weiß, inwiefern man es als Diskussionsbeitrag einordnen soll, auf den man Bezug nehmen könnte. Dazu müsste man wissen, was da überhaupt zur Debatte stehen soll.

Zu dem Aufruf, den ich auch nicht in voller Länge teile, schreibe ich vllt. noch was, wenn ich Zeit habe.