"Die soziale Konstruktion des Anderen – zur soziologischen Frage nach dem Tier" von Birgit Mütherich ist ein weiterer Beitrag zur Diskussion um Antispeziesismustheorie.
"Tiere haben von jeher menschliche Gemeinschaften und Kulturen mit geprägt, sei es als Götter oder mythologische Mischwesen, als Verkörperung des Guten und Bösen, Verbündete oder Feinde, als Jagdbeute und so genannte „Nutztiere“ oder als konkrete Interaktionspartner. Im Spannungsfeld zwischen dem Eigenen, dem Verwandten und dem Anderen übernehmen sie eine wichtige Funktion zur gesellschaftlichen Produktion symbolischer Ordnungen. Ebenso wie das variable und ambivalente Bild „des Tieres“ wird damit die Bestimmung der Mensch-Tier-Beziehung zu einem Schlüssel bei der Analyse sozialer Deutungssysteme. Im Bereich individueller Interaktionsformen zeigt sich darüber hinaus an Hand der neueren Ergebnisse aus der Ethologie, dass Vertreter diverser tierlicher Spezies nicht nur komplexe innerartliche Sozialstrukturen unterhalten, außerordentliche kognitive Kompetenzen besitzen, Werkzeuge produzieren und Techniken tradieren, sondern auch als kommunikationsfähige Individuen in dauerhafte soziale Beziehungen mit Menschen eingebunden sind." (B.M.)
"Die soziale Konstruktion des Anderen – zur soziologischen Frage nach dem Tier"
von Birgit Mütherich
Einleitung
Tiere haben von jeher menschliche Gemeinschaften und Kulturen mit geprägt, sei
es als Götter oder mythologische Mischwesen, als Verkörperung des Guten und
Bösen, Verbündete oder Feinde, als Jagdbeute und so genannte „Nutztiere“ oder
als konkrete Interaktionspartner. Im Spannungsfeld zwischen dem Eigenen, dem
Verwandten und dem Anderen übernehmen sie eine wichtige Funktion zur
gesellschaftlichen Produktion symbolischer Ordnungen. Ebenso wie das variable
und ambivalente Bild „des Tieres“ wird damit die Bestimmung der
Mensch-Tier-Beziehung zu einem Schlüssel bei der Analyse sozialer
Deutungssysteme. Im Bereich individueller Interaktionsformen zeigt sich darüber
hinaus an Hand der neueren Ergebnisse aus der Ethologie, dass Vertreter
diverser tierlicher Spezies nicht nur komplexe innerartliche Sozialstrukturen
unterhalten, außerordentliche kognitive Kompetenzen besitzen, Werkzeuge
produzieren und Techniken tradieren, sondern auch als kommunikationsfähige
Individuen in dauerhafte soziale Beziehungen mit Menschen eingebunden sind.
Trotz der offenkundigen Fruchtbarkeit des Untersuchungsgegenstandes
„Mensch-Tier-Beziehung“ wurde dieser bis heute zwar in zunehmendem Maße von den
Geisteswissenschaften, kaum jedoch von den Sozialwissenschaften aufgegriffen.
Speziell in der Soziologie haben eine metaphysisch-humanistische Fundierung,
die mangelnde Rezeption von Forschungsergebnissen aus Nachbardisziplinen und
eine naturalistische Sichtweise nichtmenschlicher Spezies für Berührungsängste
und Tabuisierungen gesorgt, die sogar zur Ausblendung ihrer gesellschaftlichen
Funktionen und symbolischen Verarbeitungsformen führten. Der vorliegende Text
soll sich jedoch nicht auf die an anderer Stelle untersuchte
„Blindstellenproblematik“ der Soziologie (1) konzentrieren, sondern das in der
westlichen Kultur vorherrschende Tier-Bild im Kontext des menschlichen Selbst-,
Gesellschafts- und Weltverständnisses beleuchten und dabei insbesondere auf
neue Aspekte zur Rassismus- und Gewaltforschung eingehen.
1. „Das Tier“ als antithetisches
Konstrukt
Das Problem des Tieres bzw. seiner Wahrnehmung beginnt bereits beim Begriff,
denn genau besehen ist „das Tier“ eine fiktive Kategorie. Real existieren
stattdessen Tausende höchst unterschiedlicher Spezies - vom Spulwurm bis zum
Gorilla -, denen im Gegensatz zu pflanzlichen Lebensformen bestimmte Merkmale
wie Sinnesorgane, Erbkoordinationen, Gedächtnis, Lernvermögen etc. zugeordnet
werden können. Obwohl diese Merkmale ebenso auf Menschen zutreffen und diese
gemäß der biologischen Taxonomie unzweifelhaft zur Kategorie der Säugetiere
zählen, hat sich kulturell nicht die Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten und
Verwandtschaft, sondern die einer ontologischen Kluft durchgesetzt. Während
manche Kulturen wie z. B. die altägyptische eine derartige Bezeichnung nicht
entwickelten, da sie keine absolute Absetzung zwischen den verschiedenen
Lebensformen anstrebten (2), mutierte der undifferenzierte, mehrdeutige und
widersprüchliche Sammelbegriff „Tier“ unter dem machtvollen Einfluss religiöser
Interpretationen und ideengeschichtlicher Ansätze in der westlichen
Zivilisationsgeschichte mehr und mehr zum Gegenbegriff des „Menschen“ (3).
Indem „das Tier“ vom Strukturelement einer triadischen Weltpyramide aus „Gott -
Mensch - Tier“ in der Neuzeit endgültig zum ganz Anderen, d. h. zum
antithetischen Konstrukt des menschlichen Selbstbildes wird, kommt ihm eine
wesentliche gesellschaftspolitische Funktion zu: als implizit bleibender
Referenzpunkt des westlichen Symbolsystems liefert es eine zentrale Grundlage
für hierarchische Wirklichkeitskonstruktionen, Höher- und
Minderwertigkeits-Zuordnungen und Legitimationsschemata für Ausgrenzungs-,
Unterdrückungs- und Gewaltformen auch im innerhumanen Bereich.
Schon vor einer Betrachtung des Bedeutungskomplexes „Tier“ und seiner
Implikationen lässt sich an Hand der Parallelisierung des Mensch-Tier-Dualismus
mit anderen traditionell wertbesetzten Gegensatzpaaren wie „Kultur - Natur“,
„Geist - Materie“, „Vernunft - Trieb“, „Seele - Körper“, „Moral - Instinkt“
etc. zeigen, dass „der Mensch“ mit den Kategorien des Geistes, der Kultur, der
Vernunft, der Seele und der Moral in Beziehung gesetzt wird, während „dem Tier“
die Materie, die Natur, der Trieb, der Körper und der Instinkt zugeordnet
werden. In diesen Assoziationsketten realisiert sich offenkundig nicht nur eine
ontologische Spaltung, sondern auch ein Mechanismus der Selbstaufwertung und
der Abwertung des Anderen, der prinzipiell erweiterbar und übertragbar ist, was
an späterer Stelle verdeutlicht werden soll. Verfolgt man den für das westliche
Denken charakteristischen binären Schematismus zurück bis zu seinen
jüdisch-christlichen und antiken Wurzeln, so treten weitere Dualismen wie „Gott
- Satan“, „Gut - Böse“, „Ordnung - Chaos“ hinzu, deren einzelne
Begriffselemente nach demselben Grundmuster parallelisiert werden und -
konserviert in sprachlichen Zeichen, Symbolen, Mythen, Ritualen und Normen – im
kollektiven Unbewussten und der irreflexiv bleibenden, handlungsleitenden
okzidentalen Tiefenkultur verankert sind (4).
In den kulturell prägenden Hauptströmungen des westlichen Denkens hat „der
Mensch“ als Träger der Definitionsmacht „dem Tier“ die Attribute des
„Tierischen“, d. h. des Dumpfen, Triebhaften, Rohen und Grausamen zugeordnet -
Assoziationsfelder, die nach und nach ältere Bedeutungsdimensionen wie
„Wildtier“ oder „Belebtes, Beseeltes“ (von lat. „anima“) zurückdrängten. Die
pejorative Konnotation des Bedeutungsfeldes „Tier“ fällt bereits in der
Alltagssprache auf, wo der Begriff als Metapher für das moralisch Verwerfliche,
Schmutzige, Abartige und Minderwertige dient und daher das Hauptreservoir für
Schimpfwörter unterschiedlicher Intensität bildet (von der „dummen Kuh“ bis hin
zu Ausrufen der Verachtung wie „Du dreckiger Hund!“, “Du Schwein!“). Die auf
Distanzierung zielende Rhetorik und das erzieherische Potential der
Tier-Metapher verdeutlichen Aussagen wie: „Er benahm sich wie ein Tier“,
während der schlagzeilenförmige Entsetzensausruf: „Das ist kein Mensch, das ist
ein Tier!“ sowohl Kontrollmangel und Brutalität auf Seiten des Tieres als auch
die implizite Drohung der Aberkennung fundamentaler Rechte beim Menschen
transportiert. Sich zu verhalten „wie ein Tier“ birgt also die Gefahr von
Würdeverlust und kann Gewaltanwendung legitimieren. Dass Gewalt im Zusammenhang
mit Tieren als rhetorisches Mittel der Abschreckung eingesetzt und inhaltlich
als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, zeigen auf menschliche Opfer bezogene
Aussagen demonstrativer Empörung wie: „Sie erschlugen sie wie die Hunde“, „Man
behandelte sie wie Vieh“, „Er wurde abgestochen wie ein Schwein“. Während sich
die Kritik zu Recht scharf gegen die brutale Behandlung von Menschen richtet,
entfaltet sich in der Formulierung gleichzeitig ein hohes Maß an Affirmation,
d. h. derselbe Tatbestand dient in Bezug auf Tiere als Kontrastfolie zur
Darstellung von Gewalt als „Normalität“. Hinter der vermeintlichen sprachlichen
Distanzierung von der Gewalthandlung als solcher steht die wohl als größere
Schande betrachtete „Gleichbehandlung“, und damit die Distanzierung von einem
per definitionem minderwertigen Opfer.
Die Konstruktion des Tieres als eines wesensmäßig Anderen, als eines Vertreters
der zu einer eigenen, abgetrennten Seinssphäre stilisierten „Natur“ fällt, wie
schon Schopenhauer früh bemerkte (5), besonders bei der deutschen Sprache auf.
Tierliche (6) Individuen werden als Subjekte entindividualisiert, versachlicht
und abgewertet, ihre Verhaltensweisen und Handlungen werden gezielt verfremdet
- auch dort, wo sie der Form und Funktion nach identisch mit menschlichen
Lebensäußerungen sind: So bestimmt z. B. die Sprachkonvention, dass Tiere
„fressen“ statt zu essen, sie „werfen“ statt zu gebären, sind „trächtig“ statt
schwanger und „verenden“ statt zu sterben; sie werden als kopieartig
austauschbare „Exemplare“ statt als Individuen bezeichnet, und ihre toten
Körper sind, so lange sie nicht zerlegt auf einem Teller präsentiert werden,
„Kadaver“ oder „Aas“ statt Leichen.
2. Kulturgeschichtliche und herrschaftstheoretische Aspekte des Mensch-Tier-Dualismus
Wie aber kam es zu dieser negativen Sonderstellung des Tieres besonders in der
westlichen Kultur? Eine der Wurzeln dieses Phänomens scheint in der Verbindung jüdisch-christlicher
Glaubensvorstellungen mit spezifischen antiken Weltdeutungen und
Politikkonzepten zu liegen, die sich als untergründiges, tiefenkulturelles
Schema auch in der (oberflächlich) säkularisierten Gesellschaft der Neuzeit und
Moderne erhalten haben. Das hierauf gründende Paradigma einer zuerst
theozentrischen, dann anthropozentrischen und hierarchisch-patriarchalischen
Ordnung erwies sich als historisch höchst anpassungsfähige Grundlage und als
Instrument der Herrschaftssicherung durch flexible Mechanismen der Ein- und
Ausschließung. Aus Platzgründen kann an dieser Stelle leider nur stichwortartig
auf diesen Zusammenhang eingegangen werden (7).
Die pejorative Färbung von Tier-Bild und Tier-Status in den Gesellschaften, die
kulturell den monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam
verbunden sind, verweist zum Einen auf den Ursprung einer patriarchalen
Viehzüchterkultur, zum Anderen auf ein spezifisches Gottesbild (8), ein hieran
orientiertes Menschenbild, sowie auf eine Zwei-Welten-Lehre, in deren Rahmen
sich auch die Vorstellung eines personalen satanischen Antagonisten entwickelt.
Durch das religiöse Postulat der menschlichen bzw. männlichen
Gottesebenbildlichkeit und den biblischen Herrschaftsauftrag über andere
Lebewesen (9) bedarf diese hierarchischdualistische Grundordnung - nicht
zuletzt aus erzieherischen Gründen - eines Gegenentwurfs zum Menschen und zu
seinen aus der Imago Dei-Lehre abgeleiteten, idealisierten Gattungsmerkmalen.
„Das Tier“, ursprünglich in der Alltagskultur vorrangig als Brandopfer und
Fleischlieferant betrachtet, bildet als beherrschbares und dem religiösen
Gesetz nach zu beherrschendes Wesen die ideale Projektionsfläche für das Böse,
Gottferne und Anti-Menschliche. Damit wird „das Tier“ nicht nur zur Inkarnation
Satans, zum Verursacher des Sündenfalls im Ursprungsmythos und zum Antichristen
der Apokalypse am Ende der Zeiten (10), sondern auch zum politischen Symbol des
erstarkenden Christentums in seinem Kampf gegen die alten Tiergottheiten und
mächtigen Konkurrenzreligionen der Zeit (11).
Der Dualität von Gott und Satan entspricht damit die Konstruktion der Dualität
von Mensch und Tier; der unsterblichen Seele des Menschen, seiner Heilsberufung
und Teilhabe an der göttlichen Vernunft sowie seiner Willens- bzw. Wahlfreiheit
zwischen Gut und Böse entsprechen ex negativo die abschreckenden Merkmale des
Tieres: Seelenlosigkeit, Vernunftmangel, Determiniertheit und Sterblichkeit.
Das disziplinierende Moment dieser Konstruktion wird darin deutlich, dass sich
beide Prinzipien im (Entwurf des) Menschen mit derselben Asymmetrie und
Wertigkeit widerspiegeln. Während der „Bewohner zweier Welten“ jedoch gemäß dem
westlichen Zivilisationsprojekt auf das Ideal des seine „innere Natur“ und
Körperlichkeit bezwingenden Geist- und Vernunftwesen festgelegt wird, bleibt
das Tier-Konstrukt - abgesehen von einigen funktionalen Binnendifferenzierungen
wie der zwischen „Nützlingen“ und „Schädlingen“ - im Großen und Ganzen
eindimensional: Nicht nur auf Grund der symbolischen Konsistenz, sondern auch
auf Grund zunehmender ökonomischer Interessen an der Ausbeutung anderer Spezies
und einer damit einher gehenden psychohygienischen Entlastung bei
Misshandlungen und Tötungen wird „das Tier“ (trotz seines schon relativ früh
bekannten humananalogen Empfindungsvermögens) ausgedeutet als ein auf
Körperlichkeit reduziertes, jede Subjekthaftigkeit entbehrendes Stück „lebende
Materie“.
Auch für die dominanten, den Herrschaftsinteressen entsprechenden
ideengeschichtlichen Konzepte in der Antike, im Mittelalter, der Renaissance
und der Aufklärung - bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, blieb
erkenntnistheoretisch die Suche nach Differenzmerkmalen oder gar antithetischen
Konstruktionen zwischen Menschen und Mitgliedern anderer Spezies bestimmend.
Dabei ist bedeutsam, dass diese wirkungsmächtigen Theorien - etwa von
Aristoteles, Thomas von Aquin oder René Descartes - nicht nur axiologische
Hierarchisierungen zwischen den Lebensformen und Dualitätskonstruktionen
zwischen Menschen und anderen Spezies, sondern auch durchgehend
Ungleichheitsordnungen zwischen den Menschen begründen. Den Gegensatz hierzu
bilden in beiden Bereichen liberalere und kultur- oder herrschaftskritische
Positionen, wie sie sich in der Neuzeit z. B. bei Michel de Montaigne, dem
frühen Vorläufer der Ethnologie und Tierpsychologie, David Hume, Jean-Jacques
Rousseau und Jeremy Bentham bis hin zu Leonard Nelson finden.
Auf Grund der Kompatibilität zwischen hierarchischen Politikkonzepten, den
realgeschichtlichen Herrschaftsinteressen der Standes-, später der
Klassengesellschaft, und der traditionellen dualistischen Struktur der
westlichen Tiefenkultur behielt jedoch die Antithese „des Tieres“ einen
zentralen Stellenwert. Ihre Doppelfunktion als elementare Komponente des kulturellen
Ordnungsschemas und als Referenzpunkt und Legitimationsbasis politischer
Strategien entfaltete sich in einer dauerhaften kollektiven Vorurteilsbildung,
die sich über die Tradierung von Wahrnehmungs-, Klassifikations- und
Handlungsmustern in allen gesellschaftlichen Bereichen manifestierte und
besonders ab Beginn der Industrialisierung vielfältige Prozesse der
Institutionalisierung durchlief.
Der gesellschaftspolitisch entscheidende Grund für die Konstruktion „des
Tieres“ als des „ganz Anderen“ dürfte in seiner Funktion als Erziehungs- und
Herrschaftsinstrument im Rahmen des europäischen Zivilisationsprozesses liegen.
Entsprechend den schon aus der Antike (platonischer Idealismus, Natur- und
Politikkonzept bei Aristoteles, Lehre der Stoa) bekannten Entgegensetzungen von
Idee vs. Erscheinung, Geist vs. Natur, Seele vs. Körper, Ordnung vs. Chaos
bildeten die Vernunft, die Sittlichkeit und die Selbstbeherrschung die
grundlegenden Leitwerte für geordnete hierarchische Staatswesen. Die Idee einer
zweckgerichteten Seinsordnung, in der das Unvernünftige zum Nutzen des
Vernünftigen gemacht worden sei und von diesem beherrscht werden müsse, wurde
am „Tier“ als dem vermeintlich unvernünftigen, naturverhafteten und
determinierten Lebewesen vorexerziert und sanktioniert, besaß aber eine weit
größere Reichweite: So wurden auch alle Menschengruppen, denen Vernunftmangel,
Triebleitung, fehlende Affektkontrolle, und damit eine unveränderliche,
wesensmäßige „Naturnähe“ zugeschrieben werden konnten, als weitgehend rechtlos
und als zu beherrschende Subjekte oder gar Objekte betrachtet; dies betraf
prinzipiell Kinder, Frauen, Sklaven, „Irre“, Besitzlose und ethnische Gruppen
wie Zigeuner, ebenso wie Personen mit normabweichendem Verhalten, z. B.
Homosexuelle, und bezog sich potentiell auf Nonkonformisten aller Art, die ihre
Unvernunft durch eine Kritik der bestehenden Herrschaftsverhältnisse bewiesen.
Die systematisch durch die idealistische Philosophie seit der Aufklärung - von
Kant über Feuerbach, Hegel und (auch) Marx bis zur philosophischen
Anthropologie - ausformulierte Idee, dass der Mensch als Gattungswesen den
Endzweck einer unaufhaltsam zur Vernunft strebenden Naturgeschichte darstelle,
lieferte ein neues Argument für die Andersartigkeit und Minderwertigkeit „des Tieres“.
Obwohl sich hinter dieser entwicklungsgeschichtlichen Variante des
herrschaftslegitimierenden Vernunftprimats die älteren, religiös-metaphysischen
Dualismen Geist vs. Natur, Seele vs. Körper, Mensch vs. Tier mit ihrem
kulturell charakteristischen Wertgefälle verbergen, erscheint diese
Konstruktion auf den ersten Blick dynamischer und offener. Fakt ist allerdings,
dass gerade durch die verzeitlichte, teleologische Vorstellung, nach der das
Niedere evolutionär zum Höheren, das Vergängliche zum Unsterblichen, die Natur
zum Geist, der Körper zur Seele und „das Tier“ zum Menschen strebt, das
Vorgängige oder minder Komplexe als das geschichtlich Überholte verstärkt
entwertet wurde (12). Entsprechend dem Glauben an einen linearen Fortschritt
und einer auf Vervollkommnung angelegten Stufenordnung der Lebensformen fand
diese Argumentationsfigur besonders im 19. Jahrhundert ihren
realgeschichtlichen Niederschlag in der zunehmenden Beherrschung der äußeren
Natur, der Unterwerfung fremder, als primitiv geltender Völker und Kulturen und
in der immer systematischeren Ausbeutung von Tieren, die als
entwicklungsunfähige evolutionäre Vorformen und als ein von der Natur
gestiftetes Material für menschliche Zwecke betrachtet wurden.
Besonders der für das europäische Zivilisationsprogramm charakteristische
Prozess der an verschiedenen Leitideen orientierten und mit Hilfe immer
subtilerer Herrschaftstechniken umgesetzten Verinnerlichung äußerer Kontrolle
und ihrer Transformation in Selbstkontrolle (13) führte zu einer neuen Betonung
des Mensch-Tier-Dualismus und einer wertbesetzten und als „natürlich“
ausgegeben Klassifikation menschlicher Gruppen nach Geist- versus Naturnähe.
Das Konstrukt des Tieres als des ganze Anderen lieferte dabei eine Grundlage
für Identifikation und negative Projektion, d. h. eine „feste und klar
definierte Grenzlinie, mit der die Integrität der Eigenheit bewahrt und
geschützt werden soll... Jenseits dieser Grenze jedoch erfüllt es die Funktion
eines signifikanten Kontrasts, der als Gegenbild gerade die Identität des
Eigenen verstärken kann.“ (14) Das mit der Apotheose der menschlichen Gattung
im westlichen Säkularisierungsprozess verbundene prekäre Selbstverständnis
bedurfte und bedarf der permanenten Rückversicherung des Eigenen durch das
Andere, das Gegenbild, das „im Sinne von ungewohnt, unüblich, undenkbar ... als
allgemeine Negation des ständig mitgedachten Horizonts des Eigenen (erscheint)
und als ‚mitlaufende Referenz’ in der Regel latent (bleibt)...“ (15).
Das Paradoxe und die Vergeblichkeit dieser disjunktiven Selbstdefinition kommt
darin zum Ausdruck, dass der Mensch „in der gewöhnlichen Vorstellung ... vor
dem ‚Tier in ihm’ nicht sicher (ist), obwohl er ‚eigentlich’ ganz anders ist
als dieses, d. h. dass das, was den Menschen zum Menschen macht, wieder nur in
Opposition zum sogenannten ‚Tierischen’ liegt.“ (16) Dabei verhindert das
tiefenkulturelle Schema der dualistisch-hierarchischen Ordnungsstruktur eine
Auflösung dieses Widerspruchs, der darin besteht, dass die Vorstellungskomplexe
„Tier“ und „Natur“ einerseits im Erleben eigener Körperlichkeit, Affektivität
und anderer Assoziationsfelder als Teil der Eigenheit empfunden, andererseits
aber kollektiv als das Nicht-Eigene, die Antithese des (zivilisierten) Menschen
etikettiert werden. Wenn die gesellschaftliche Vorgabe der Ausschließung und
Unterwerfung des tierlichen Anderen zwar - mangels Wehrhaftigkeit - im
Außenraum, nicht aber im Selbst gelingt (weil sie nicht gelingen kann), treten
problematische und potentiell gewaltförmige Mechanismen der Identitätsbildung
und -balancierung hervor, die darauf zielen, „das Andere“ auch im interhumanen
(Binnen-) Raum zu kontrollieren, auszuschließen bzw. - sofern der politische
Wille hinzu tritt - zu unterwerfen oder gar zu vernichten.
3. Rassistische und sexistische
Implikationen des Mensch-Tier-Dualismus
Im Jahr 1945 beschreibt Theodor Adorno angesichts der Gräueltaten des
Nazi-Regimes einen Zusammenhang, der außer von den Theoretikern der Frankfurter
Schule in den Sozialwissenschaften kaum jemals aufgegriffen wurde. Es handelt
sich um die Verbindung zwischen tiefenkulturell geprägter Tier-Wahrnehmung, der
Zuschreibung einer Tier-Ähnlichkeit gegenüber bestimmten Menschengruppen und
der daraus resultierenden Gewaltlegitimation: "Die Entrüstung über begangene Grausamkeiten wird umso geringer, je
unähnlicher die Betroffenen den normalen Lesern sind, je brunetter,
‚schmutziger‘, dagohafter. Das besagt über die Greuel selbst nicht weniger als
über die Betrachter. Vielleicht ist der gesellschaftliche Schematismus bei der
Wahrnehmung bei den Antisemiten so geartet, dass sie die Juden überhaupt nicht
als Menschen sehen. Die stets wieder begegnende Aussage, Wilde, Schwarze,
Japaner glichen Tieren, etwa Affen, enthält bereits den Schlüssel zum Pogrom. Über
dessen Möglichkeit wird entschieden in dem Augenblick, in dem das Auge eines
tödlich verwundeten Tiers den Menschen trifft. Der Trotz, mit dem er dieses
Bild von sich schiebt – ‚es ist ja bloß ein Tier‘ -, wiederholt sich
unaufhaltsam in den Grausamkeiten an Menschen, in denen die Täter das ‚Nur ein
Tier‘ immer wieder sich bestätigen müssen, weil sie es schon am Tier nie ganz
glauben konnten.“ (17)
Die Darstellung Adornos verdeutlicht die handlungsleitende Kraft und
Wirkungsmacht des antithetischen Tier-Konstrukts und der unterstellten
Tierähnlichkeit bei der Deklassierung menschlicher Gruppen. Dieser mit der
sogenannten „naturverfallenen Naturbeherrschung“ verbundene Mechanismus der
„pathischen Projektion“ beschreibt die - politisch vielfach genutzte - Projektion
eigener sozial unerwünschter oder tabuisierter Eigenschaften und Empfindungen
auf tierliche, besonders aber auch auf fremde menschliche Individuen und
Gruppen, denen Schwäche bzw. Naturnähe zugeschrieben wird. Indem „der Affekt
... dem Tier gleichgesetzt (wird), das der Mensch unterjocht“ (18) und das er -
seinen Abgrenzungs- und Ausbeutungsinteressen entsprechend - in die blutige
„Tierhölle ... der menschlichen Gesellschaft“ verbannt hat (19), wird „das
Tier“ als empirisches Opfer und Symbolfigur der Unterwerfung des Affektiven,
Schwächeren und damit „Minderwertigen“ zur Folie für vergleichbare
Attribuierungen, Handlungen und ihre Legitimation im intrahumanen Bereich.
Sowohl die Kritik an der ökonomisch und herrschaftsstrukturell begründeten Gewalt
gegen menschliche und tierliche Individuen als auch der Hinweis auf die
gesellschaftliche Generierung und politische Instrumentalisierung von
Externalisierungsmechanismen, d. h. die Disposition, den Kampf gegen die
naturhaften Anteile des menschlichen Selbst stellvertretend am Anderen
auszuagieren, bilden bei Horkheimer und Adorno zentrale Elemente der Theorie
einer dialektischen Zivilisationsgeschichte, in deren Zwangsstrukturen und
Gewaltmanifestationen sie den Beleg für das (vorläufige) Scheitern des
westlichen Aufklärungsprojekts erblicken (20).
Ähnlich wie die Theoretiker der Frankfurter Schule, die nicht zuletzt aus ihrer
direkten Betroffenheit als jüdische Emigranten und Überlebende des Holocaust
einen geschärften Blick für Gewalt und die Austauschbarkeit von Opfern besaßen,
die Selbststilisierung und Eindimensionalität des abendländischen
Menschenbildes in seiner Abgrenzung zum abgewerteten „Tier“ kritisierten und
die dahinter stehenden Herrschaftsziele demaskierten (21), betrachten auch andere
Autoren die Implikationen des tiefenkulturellen Dualismus als höchst riskant,
denn „das Denken in derartigen Oppositionsbeziehungen“, das „in seinem
Dogmatismus zum metaphysischen Humanismus (gehört), ... wird selbst um so
gewalttätiger, je reiner es das sogenannte ‚Wesen’ des Menschen definieren will
und das Andere dieses ‚Wesens’ als etwas Unreines abwertet und verwirft.“ (22)
Um die soziale und politische Funktion des Tier-Konstrukts und des
Mensch-Tier-Dualismus in konkreten Kontexten näher zu beleuchten, werden im
Folgenden an Hand einiger historischer Beispiele zentrale Denkschemata,
Assimilationen und Argumentationsfiguren vorgestellt, die sowohl die
aufeinander verweisenden Selbst- und Fremddefinitionen als auch weitere
Strukturelemente des tiefenkulturellen Paradigmas veranschaulichen können.
3.1 Tier-Konstrukt und Rassismus
Der Idee der metaphysisch begründeten Sonderstellung des Menschen gegenüber
allen anderen Lebewesen entspricht im innerhumanen Bereich die Idee der
politischen und sozialen Einzigartigkeit, d. h. - auf der sprachlichen Ebene -,
dass eine „konkrete Gruppe einen exklusiven Anspruch auf Allgemeinheit erhebt,
indem sie einen sprachlichen Universalbegriff nur auf sich selbst bezieht und
jede Vergleichbarkeit ablehnt.“ (23) Eine der bekanntesten historischen
Selbstdefinitionen ist die des von Gott „auserwählten Volkes“, die ehemals
ethnisch von den Juden, dann im Rahmen des Ordo christianitas von den Christen
verwandt wurde und auch heute noch - diesmal calvinistisch adaptiert - das
Selbstverständnis der amerikanischen Nation als „God’s own country“ bestimmt.
Analog zur antithetischen Abgrenzung des Menschen gegenüber Mitgliedern anderer
Spezies bringt eine solche ausschließende Selbstbestimmung automatisch
Gegenbegriffe hervor, die sich in ihrer radikalen Form dadurch definieren, dass
wünschenswerte oder imaginierte Merkmale der eigenen Gruppe zur Etikettierung
der Fremdgruppe ins Negative umgedeutet werden. Entsprechend diesem
traditionellen Schwarz-Weiß-Schema, das bis heute ein wesentliches Element von
Ausgrenzungs- und Diskriminierungsprozessen bis hinein in die Strategien der
psychologischen Kriegsführung ist, partizipieren z. B. die Mitglieder der
Eigengruppe am göttlichen Geist, die Anderen nicht, die Eigenen besitzen eine Seele,
die Anderen nicht, die Eigengruppe ist vernünftig und friedlich, weshalb die
Anderen unvernünftig und wild bzw. kriegerisch sind/sein müssen etc. Im Laufe
der Geschichte haben sich viele derartiger Begriffsoppositionen entwickelt, die
bei genauerem Hinsehen alle direkt oder indirekt auf das Natur- oder Tier-
Konstrukt zur Ausschließung und Deklassierung von Menschengruppen rekurrieren.
Hierzu zählen z. B. die asymmetrischen Gegenbegriffspaare Hellenen - Barbaren,
Christen - Heiden (oder „rechtgläubige Christen“ - Häretiker), Europäer -
„Wilde“, Weiße - Farbige/Schwarze oder auch die rassenideologischen
Oppositionen „Arier“ - „Nichtarier“ und „Übermenschen“ - „Untermenschen“ oder
„Unmenschen“, von denen einige hier näher beleuchtet werden sollen.
Ein frühes Ausschließungsmuster findet sich im sprachlichen und
realgeschichtlichen Gegensatz von Hellenen und Barbaren. Bei Barbaren, d. h.
übersetzt „die Stammelnden“, handelte es sich aus hellenischer Sicht um alle
nicht-hellenischen und des Griechischen nicht mächtigen Völker. Während diese
als feige, kunstlos, gefräßig und grausam galten, sahen sich die Hellenen
selbst als milde, gebildete und freie Bürger (24). Die Stärke des politischen
Legitimationspotentials dieser Attribuierungen drückte sich darin aus, dass die
Barbaren, wie besonders Aristoteles ausführte, auf Grund ihrer tierähnlichen
Natureigenschaften (25) und ihrer damit erwiesenen Andersartigkeit geborene
Knechte im Sinne der „natürlichen“ Herrschaftsordnung seien: „“Jene, die soweit
voneinander geschieden sind wie die Seele vom Körper und der Mensch vom Tier,“
(...), sind Sklaven von Natur (...) Von Natur ist also jener ein Sklave (...),
der so weit an der Vernunft teilhat, dass er sie annimmt, aber nicht besitzt.“
(26)
Einen noch polemischer aufgeladenen und auf vielfältige Weise ausgeschmückten
Vorstellungskomplex bilden die Oppositionen, die die Conquista, den
Kolonialismus und die Sklaverei begleiteten und im 19. Jahrhundert die
Grundlage der ideologisch fundierten Rassentheorien bildeten. Die dem
Mensch-Tier-Gegensatz entlehnten Hierarchieschemata von Über- und
Unterlegenheit, Höher- und Minderwertigkeit fanden ihren Niederschlag in den
ethnozentrischen, asymmetrischen Entgegensetzungen von Europäern und „Wilden“
sowie Weißen und Schwarzen, d. h. zwischen den so genannten „wilden“,
„tierhaften“, dunkelhäutigeren und den „zivilisierten“ weißen „Rassen“ Europas
und Nordamerikas.
Charakteristisch für dieses Argumentationsmuster sind die Überlegungen eines
der entschiedensten Verfechter der Unterwerfung und Versklavung der Indios im
Rahmen der spanischen Conquista, des Philosophen und Gelehrten Ginés de
Sepúlveda: „An Klugheit und Scharfsinn, Tugendhaftigkeit und Menschlichkeit,“
bemerkt Sepúlveda, „sind die Spanier diesen Barbaren so weitaus überlegen wie
die Erwachsenen den Kindern und die Männer den Frauen; zwischen ihnen besteht
ein ebenso großer Unterschied wie zwischen wilden, grausamen Menschen und
solchen von großer Sanftmut, zwischen vollkommen maßlosen und solchen, die
maßvoll und enthaltsam sind, und fast möchte man sagen, wie zwischen Affen und
Menschen.“ (27)
Entsprechend der tiefenkulturellen Vorstellung der „natürlichen Ordnung“ und
Unterordnung und dem Mechanismus der Aufwertung der eigenen Gruppe setzt
Sepúlveda die Spanier mit den Erwachsenen, den Männern und den Menschen gleich
und spricht ihnen Klugheit, Menschlichkeit, Sanftmut und Enthaltsamkeit zu. Die
Indios dagegen werden in eine Reihe gestellt mit Kindern, Frauen und Affen und
mit den Negativ-Merkmalen der Wildheit, Grausamkeit und Maßlosigkeit
etikettiert. Die impliziten aber entscheidenden Differenzmerkmale, nach dem
sich der Status der letztgenannten Gruppen bestimmt, bilden jedoch Seele und
Vernunft in ihrem Gegensatz zu Körper und Begierde/Trieb, so dass es vor dem Hintergrund
des traditionellen Superioritäts-Inferioritäts-Postulats nicht verwundert, dass
„... auch Indianer wie Frauen den Tieren assimiliert (werden), denjenigen also,
die zwar belebt, aber ohne Seele sind“ (28). Interessant ist hierbei aber nicht
nur die Assimilation Indianer-Frauen, die, wie Todorov zu Recht betont, „den
leichteren Übergang vom internen anderen zum externen anderen beweist (denn es
spricht ja immer ein spanischer Mann)“ (29), sondern eben auch die - unerwähnt
bleibende - Weiterführung der Assimilation auf ihre Wurzel
Indianer-Frauen-Tiere als Übergang vom menschlichen Anderen zum
Vorstellungskomplex des „ganz Anderen“, d. h. des Tieres, dem gegenüber jedwede
Maßnahme legitim ist.
Ganz im Sinne der eurozentrischen Perspektive bilden für Sepúlveda und eine
Vielzahl der zeitgenössischen spanischen Entscheidungsträger die größere
Naturnähe und Andersartigkeit der indianischen Gesellschaft eine wesentliche
Begründung für deren gewaltsame Unterwerfung, die als Teil des „gerechten
Krieges“ betrachtet wird:
„Die bedeutendsten Philosophen erklären, dass eine überaus zivilisierte Nation
derartige Kriege gegen unzivilisierte Völker unternehmen darf, die barbarischer
sind, als man es sich vorstellen kann, denn sie haben keinerlei Kenntnis der
Schrift, kennen den Gebrauch des Geldes nicht, gehen im allgemeinen nackt,
selbst die Frauen, und tragen auf den Schultern und auf dem Rücken über lange
Strecken Lasten so wie die Tiere...“ (30).
Auch bei dem Theologen, Juristen und Humanisten Francisco de Vitoria weist das
Tier-Bild seine typisch politisch-legitimatorische Funktion im Rahmen der
Begründung einer „Vormundschaft“ der zivilisierten Welt gegenüber den
vermeintlich unvernünftigen Indios auf: „Es scheint,“ schreibt Vitoria, „dass
für diese Barbaren dasselbe gilt wie für die Schwachsinnigen, denn sie können
sich nicht selbst nicht oder kaum besser regieren als einfältige Idioten. Sie
sind nicht einmal besser als das Vieh und wilde Tiere, denn sie nehmen weder
feinere noch kaum bessere Nahrung als diese zu sich. “ (31)
Gestützt durch Vorwürfe der Schamlosigkeit, Unzüchtigkeit, Dummheit und
Bösartigkeit eröffnet die Tier-Metapher mannigfaltige Strategien zur
Unterjochung der Indios, die argumentativ von der „Umerziehung“ im Rahmen des
staatlich verordneten christlichen Missionsauftrags über tieranaloge
Dämonisierungen und Abscheu-Bekundungen bis zum Plädoyer für eine „Endlösung“
der Indianerfrage reichten, wie die Worte des Dominikaners Tomás Ortiz und des
Historiographen und Konquistadoren Pedrarias Dávila Oviedo belegen: “Ein je
höheres Alter diese Menschen erreichen, desto böser werden sie. Wenn sie zehn
oder zwölf Jahre alte sind, glaubt man noch, sie besäßen einige Höflichkeit und
etwas Tugend, aber später entarten sie wahrhaft zu rohen Tieren. Die Indianer
sind dümmer als Esel und wollen sich in keiner Weise bessern.“ (Ortiz); „Satan
ist nun von dieser Insel vertrieben; nun, da die Mehrheit der Indianer tot ist,
ist sein ganzer Einfluss verschwunden (...) Wer will leugnen, dass das Pulver,
das man gegen die Heiden verwendet, für Unseren Herrn Weihrauch ist?“ (Oviedo)
(32)
Besonders vehement wurden die Abgrenzung und der Kampf gegen das Andere als das
„Naturhafte“, Rückständige, Unberechenbare und Gefährliche gegenüber schwarzen
Menschengruppen betrieben. Zwar sorgte die Mischung aus ethnozentrischen und
religiösen Vorstellungsmustern der Europäer bis ins späte 18. Jahrhundert
dafür, dass man Schwarze in der Regel noch nicht einmal
entwicklungsgeschichtlich richtig zuordnen konnte - wie der Rassismusforscher
Geiss betont, wurden sie „oft genug als Kreuzung zwischen Menschenaffen und
schwarzen Frauen, bestenfalls als Übergang zwischen Affen und Menschen“
betrachtet (33). Jedoch wurden die Abwertung afrikanischer Lebensformen und die
Entwertung der Individuen durch das Bild vom „tierhaften, ungezügelten ‚Neger’“
von den weißen Kolonialherren gezielt zur Legitimation des transatlantischen
Sklavenhandels eingesetzt, der zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert
ungefähr 24 Millionen Menschen das Leben kostete.
Obwohl aufklärerisches Denken und Naturforschung im 18. und frühen 19.
Jahrhundert auch sachliche oder positive Bilder wie das des schönen, dem
klassizistischen Ideal entsprechenden Schwarzen entstehen ließen, stilisierten
andere, dominante ästhetische Strömungen „den Neger“ zunehmend als Gegenbild
des Schönen, als „Gegenbild zum ‚menschlichen Meisterstück der Schöpfung’ mit
seinen ‚vernünftigen’ und ‚harmonischen’ Linien....“ (34). Nicht selten
dargestellt mit einer überspitzt gezeichneten affenartigen Physiognomie
(„äffischer Neger“), wurde der Schwarze „erneut auch zum Sinnbild des Bösen“
(35), zum gefährlichen, „haßverzerrten ‚Neger’, der jenseits aller Moral seinen
maßlosen Leidenschaften erlag...“ (36).
Aus der antiken und in der Neuzeit wieder belebten Idee, dass „naturnähere“
Menschengruppen die „geborenen“ Sklaven oder Feinde „naturferner“, d. h.
„zivilisierter“ Menschen seien, entwickelten sich systematischer ausgearbeitete
rassistische Argumentationsmuster und pseudowissenschaftliche „Rassenlehren“
(Gobineau, Chamberlain), die gerade nach der offiziellen Abschaffung der
Sklaverei im 19. Jahrhundert im Rahmen der Industrialisierung und der
imperialistischen Politik der europäischen Mächte und der USA neuen Auftrieb
erhielten. Da die Grundelemente des rassistischen Diskurses (explizite Betonung
realer oder fiktiver - besonders biologischer - Differenzen, negative Bewertung
der Merkmale des Anderen, Verallgemeinerung der Differenzen und Behauptung
ihrer Unwandelbarkeit/Endgültigkeit, Legitimierung faktischer oder potentieller
Aggression gegenüber dem Anderen sowie Begründung eigener Herrschaft und
Privilegien (37)) in allen Schriften und Aussagen dieser Art anzutreffen sind
und sich bis heute nicht verändert haben, mag ein kurzer Einblick unter dem
Aspekt der „Entmenschlichung“ genügen. Ein klassisches Beispiel für die weit
verbreitete „Animalisierungsstrategie“, die die Rede von „tierischer
Gesellschaft“, „viehischen Lüsten“, „entmenschten Wilden“, „schwarzen Teufeln“,
„menschlichen Halbaffen“ und „halbtierischen Völkern Afrikas“ (38)
popularisierte, sind die polemischen Aussagen eines 1915 als Soldat kämpfenden
Schriftstellers und späteren Verbreiters völkischen Gedankengutes, der bei der
Konfrontation mit schwarzen Kolonialsoldaten vom „schüttelnde(n), tierische(n)
Geruch der dunkelhäutigen Völker“ spricht und in
Blut-und-Boden-Rhetorikhinzusetzt: „Als strömte mit dem niedrigen Blut der
Fremden etwas in den Boden, das das Land verpestete...“ (39). An anderer Stelle
ist von einem verwundeten Westafrikaner die Rede, der „’sein schönes
Tiergebiß’“ zeigt, wobei der Verfasser die Ansicht äußert, dass ihm „seine
beiden Lungenschüsse“ ebenso wenig schadeten „wie wenn man eine Katze anschießt
“ (40).
Auch die Schilderung eines deutschen Hauptmanns, der auf einem der kolonialen
Nebenkriegsschauplätze des Ersten Weltkrieges über einen Angriff schwarzer
Soldaten berichtet, beinhaltet typische fiktive tierbezogene Zuschreibungen,
Dämonisierungen und negative Ausschmückungen wie: „Zähnefletschend, pantherähnlich
.... Scheusale alle in ihrem vertierten Hassen... Wie tollgewordene Hunde und
fauchende Katzen mit einer brennenden Gier nach Menschenblut, mit einem
grausamen Gleissen viehischer Tücke...“ (41). Trotz aller Interessen der
Kriegspropaganda an einer politisch opportunen, plakativen „Bestialisierung“
und „Brutalisierung“ der gegnerischen Truppen ist davon auszugehen, dass
derartige Darstellungen nur auf der Grundlage bereits bestehender negativer
Apperzeptionsweisen und Stigmatisierungsmuster gegenüber den als „anders“
wahrgenommenen Menschen, aber auch und besonders gegenüber dem Stereotyp „Tier“
und dem Vorstellungskomplex des - enthemmten, höllischen - „Tierischen“ ihren
Zweck erfüllen konnten.
Bei den letzten zu beleuchtenden Begriffen im Bereich des rassistischen
Diskurses handelt es sich um polemische Sprachschöpfungen, die innerhalb der
möglichen Bezeichnungen für Menschen die wahrscheinlich stärkste
Selbstaufwertung und Fremdabwertung transportieren, obwohl - oder gerade weil -
sie aus dem Menschheits-Begriff selbst hervorgegangen sind: der Gegensatz von
„Übermensch“ („Herrenmensch“) und „Untermensch“ („Sklavenmensch“) bzw. Mensch
und „Unmensch“ (42). Das besonders durch die nationalsozialistischen Ideologie
transportierte und zur Legitimation des Massenmords an den europäischen Juden
eingesetzte Bedeutungsfeld der ersten Opposition drückt im Begriff des
„Untermenschen“ die ultimative Negation des Anderen aus: Dieser wird nicht
innerhalb der Menschheit abgewertet, sondern (sprachlich) aus der menschlichen
Gattung ausgeschlossen und dieser symbolisch „unter-geordnet“, jedoch nicht -
wie sonst bei Abwertungen, Beleidigungen und Drohungen üblich - mit einer
tierlichen Gattungsbezeichnung etikettiert. Die äußerste Stufe rhetorischer
Polemik wird in diesem Fall gerade durch die Uneindeutigkeit des Ausdrucks
erreicht, die aber erst auf der Folie der tiefenkulturellen
Mensch-Tier-Opposition entsteht, wobei die Kombination „Übermensch -
Untermensch“ als Variante des alten Dualismus begriffen werden kann. Nach der
traditionellen Klassifikation steht der „Untermensch“ (mehr noch als die reine
Negation „Unmensch“) in einer Art Niemandsland zwischen Menschen und Tieren,
wodurch er als Mutation des (eigentlichen) Menschen, quasi als „Missgriff der
Natur“ gebrandmarkt werden kann, was den rassenhygienischen und -ideologischen
Vorstellungen der Nazis durchaus entsprach. Obwohl diese Hass-Vokabel auch auf
slawische Völker angewandt wurde, unter anderem um die Tötungshemmung gegenüber
russischen Zivilisten zu senken, wurde der Begriff durch die
nationalsozialistische Agitation besonders zu einem Kernelement des aggressiven
Antisemitismus. Sein unausgesprochener und gewaltförmiger Gehalt verstärkt sich
dadurch, dass er konnotativ das magische Tier-Bild des Bösen, Zersetzenden, ja
sogar „Ekeligen“ heraufbeschwört. Eine tierbezogene Konkretisierung dieser
gezielt eingesetzten Negativ-Symbolik findet sich in der
nationalsozialistischen Hetzpropaganda in den Metaphern der „Ratten“, des
„Ungeziefers“ und der „Schädlinge“, die - als Bedrohung des Gemeinwesens, bei
den Nazis: des „Volkskörpers“ - zur Vernichtung freigegeben sind.
Aufschlussreich ist, dass die traditionelle Rassismusforschung selbst im Rahmen
ihrer Analysen und Typologiebildungen die Gründe für das Funktionieren der so
genannten „Animalisierungs“-, „Bestialisierungs“- und
„Entmenschlichungs“-Strategien, und damit die Genese und Struktur des
Tier-Konstrukts nicht untersucht. Statt Analogien oder prototypische Muster in
den Blick zu nehmen, findet sich dahingegen in der Rassismusforschung nur
regelmäßig eine Kritik an der Übertragung tierbezogener Gewalt und
Instrumentalisierungsformen auf Menschen, während sachlich falsche und/oder
abwertende Aussagen über Tiere häufig unkritisch reproduziert und zum Teil noch
rhetorisch gesteigert werden. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass der
Jahrhunderte alte „Schnitt im Kopf“, d. h. die metaphysisch-ideologische Kluft
zwischen „Mensch“ und „Tier“ Letzteres sogar als konstitutives Element des
eigenen Untersuchungsgegenstandes tabuisiert. Das tiefenkulturelle Paradigma
bleibt bei einer solchen naturalistischen Perspektive auf jeden Fall
unbeleuchtet.
3.2 Tier-Konstrukt, Frauen-Bild und
Sexismus
Die Reduktion auf Naturhaftigkeit, Körper und Instinkt sowie die Unterstellung
eines Mangels an Vernunft und Individualität, die im Falle der Tiere deren
Versachlichung ermöglicht und die totale Herrschaft über ihre Körper und
Psychen sichert, gehörte über zweitausend Jahre lang auch zum Ausgrenzungs- und
Unterdrückungsmuster gegenüber Frauen. Analog zur essentialistischen
Unterscheidung zwischen „Mensch“ und „Tier“ wird auch die Differenz zwischen
„Mann“ und „Frau“ nicht als eine deskriptive gefasst, sondern erhält ihre
asymmetrische Gestalt durch die (Über-)Betonung biologischer Unterschiede und
die Wertung, Verallgemeinerung und Festschreibung solcher Merkmale des
(weiblichen) Anderen, die Naturnähe und ein niede(re)res Entwicklungsniveau
suggerieren (43). So brachte Ludwig Feuerbach den „Wesensunterschied“ zwischen
Frauen und Männern im 19. Jahrhundert auf die prägnante Formel: „Sein ist das
Weib, Denken der Mann“ (44).
Auch den Frauen wurde (und wird zum Teil noch immer) eine abhängige,
rangniedere und weitgehend rechtlose soziale Stellung in der patriarchalen
Gesellschaftsordnung zugewiesen. Auch hier wird das „Wesen“, werden die
vermeintliche „Natur“ und „Bestimmung“ der Frau durch die festgelegt, die davon
profitieren und ihre eigene überlegene Position im Institutionengefüge
abzusichern bestrebt sind. Ebenso wie die Definitionsmacht des Menschen das
nichtmenschliche Lebewesen und die Definitionsmacht des Weißen den farbigen
Menschen als „das Andere“ konstituiert, wird „die Frau ... in der Geschichte
des europäischen Denkens als das andere des Mannes gedacht, in dem er lediglich
sein alter Ego sieht, das Gegenbild seines eigenen Wesens.“ (45)
Daher umfasst der Vorstellungskomplex des Weiblichen alles, was „man(n)“ mit
dem eigenen Selbstbild für unvereinbar hält, d. h. Defizite wie geistige und
physische Schwäche, Passivität, Hilflosigkeit, Weichheit, Oberflächlichkeit und
Naturnähe. Betrachtungsweisen, die die Geschlechterdifferenz auf der Folie des
Dualismus von (aktivem) Geist und (passiver) Natur entfalteten, machten auch
vor reformorientierten Denkern nicht halt, wie das Beispiel Wilhelm von
Humboldts illustriert. „Alles Männliche“, resümiert er, „zeigt mehr
Selbsttätigkeit, alles Weibliche mehr leidende Empfänglichkeit,“ und da der
Geist den Frauen nicht gänzlich abgesprochen werden kann, findet sich auch im
Spektrum geistiger Aktivitäten ein „Stück Natur“: „In der Gestalt des Mannes
offenbart sich durchaus eine strengere, in der Gestalt des Weibes eine
liberalere Herrschaft des Geistes; dort spricht der Wille lauter, hier die
Natur.“ (46)
„Natur“ aber verweist in der europäischen Zivilisationsgeschichte grundsätzlich
auf Ambivalenz und - noch beunruhigender - auf ein permanentes Risiko und die
Furcht vor dem (Wieder-)Erstarken des Beherrschten und Unterdrückten - seien es
eigene Affekte, „wilde Tiere“, Naturvölker oder unterdrückte
Bevölkerungsgruppen. Nach dieser Vorstellung birgt folglich auch das weibliche
Andere „gefährliche“ Eigenschaften, die eine unbedingte soziale Kontrolle
rechtfertigen: Vor dem Hintergrund der tiefenkulturellen Prägung - hier antike
Logozentrizität und Hierarchieorientierung, dort Körperfeindlichkeit und
Geistbezogenheit des christlichen Denkens – liegt es nahe, moralisch aufladbare
und politisierbare Differenzmerkmale zum Männlichen (Gott-Nahen) in weiteren
Bedeutungsfeldern des „Naturhaften“ zu suchen. So werden dem „Weib“ - wie den
Mitgliedern von Naturvölkern - regelmäßig die Charakteristika der
Leichtfertigkeit und Zügellosigkeit bis hin zur ungehemmten Sexualität und
einer insgesamt defizitären Moralität und Sündhaftigkeit unterstellt. Von der
Frühneuzeit bis ins 18. Jahrhundert wird die Frau neben dem „als widerwärtig
verfemte(n) Tier, das an Promiskuität gemahnt“ und daher nach Horkheimer und
Adorno die „Zerstörungslust der Zivilisierten auf sich zieht“ (47), zur idealen
Projektionsfolie des Obszönen, Magischen und Bösen. Welche Wirkungsmacht diese
Negativsymbolik des Weiblichen besaß, wird unter anderem darin deutlich, dass
allein in der Zeit der Hexenverfolgungen die unter der Folter der Inquisition
„gestandene“ „Buhlschaft“ mit dem Teufel Zehntausende von Frauen das Leben
kostete.
Die Elemente des bürgerlichen Frauenbildes: Schwäche, Passivität, Disposition
zur Irrationalität und die tiefenkulturell wirksamen, älteren Elemente des
Bedrohlichen und Subversiven fasst noch 1907 der Arzt und Psychiater Paul
Julius Möbius zusammen: „Der Instinkt nun macht das Weib tierähnlich,
unselbständig, sicher und heiter (...) Mit dieser Tierähnlichkeit hängen sehr
viele weibliche Eigenschaften zusammen. Zunächst der Mangel eignen Urteils
(...) Wie die Tiere seit undenklichen Zeiten immer dasselbe tun, so würde auch
das menschliche Geschlecht, wenn es nur Weiber gäbe, in seinem Urzustand
geblieben sein. Aller Fortschritt geht vom Manne aus.“ - Und: „Wäre das Weib
nicht körperlich und geistig schwach, wäre es nicht in der Regel durch die
Umstände unschädlich gemacht, so wäre es höchst gefährlich.“ (48)
Eine solche Beurteilung spiegelt nicht nur spezies- und geschlechterbezogene
Vorurteile vor dem Hintergrund der industriegesellschaftlichen Fortschrittseuphorie
des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wider, sondern greift auch das bereits
angesprochene Ausgrenzungsargument der Entwicklungsunfähigkeit, Rückständigkeit
oder Geschichtslosigkeit als Ausdruck biologischer Determiniertheit und
Naturverhaftetheit auf (49). Die ideologische Utilität dieses Vorwurfs wird
klar, wenn man sieht, dass er sowohl „das Tier“ und „die Frau“ als auch - wie
oben skizziert - „die Wilden“ und „die Schwarzen“ sowie die Juden traf/trifft.
So betont Hoffmann in seiner Antisemitismus-Untersuchung unter dem Aspekt des
dualistischen Wertungsmusters „Rückständigkeit/Geschichtslosigkeit vs.
Fortschritt/Geschichte“, dass „in der Aufklärungszeit ... ‚Fortschritt’ und
‚Geschichte’ zu (letzten) Instanzen (wurden), in deren Namen Werturteile gefällt
wurden. Gegenüber der neuen Erfahrung von menschlich-selbstbestimmter
Geschichte, von Veränderung und Bewegung konnte gerade das (orthodoxe)
Judentum, welches den Geschichtsablauf seit der Antike scheinbar unverändert
‚überlebt’ hatte, als Inbegriff für das Beharren auf dem Vergangenen, für
Unbeweglichkeit, Starrsinn und Geschichtslosigkeit gelten.“ (50)
Der Vorwurf der Rückständigkeit oder Geschichtslosigkeit, der zum
Standardrepertoire ausgrenzungsbezogener Argumentationsfiguren gehört und alle genannten
Gruppen diskriminiert(e) und gefährdet(e), entstammt einem Denken, das
Geschichte besonders an Hand der organisatorischen und technisch-materiellen
Verkehrsformen von Gesellschaften rekonstruiert und den Geschichtsbegriffs an
das produktiv-tätige und auf Umweltaneignung ausgerichtete menschliche
(männliche) Subjekt bindet.
Einhergehend mit dem alten aber auch heute noch verbreiteten Modell einer nach
Rangstufen geordneten und nunmehr abgeschlossenen „natürlichen“ Evolution,
erhält dieses Denkmuster eine biologische Vorverurteilung, die neben den Tieren
insbesondere Frauen trifft. Ihre Position wird - gestützt durch Aussagen über
das so genannte weibliche „Wesen“ - an die biologischen und sozialen Formen
gesellschaftlicher Reproduktion gekoppelt, worauf sich wiederum ihre
vermeintliche Geschichtslosigkeit, Entwicklungsunfähigkeit sowie ihr
„naturgemäß“ inferiorer Status gründen: Im Gegensatz zu der als männlich-aktiv
interpretierten und die Geschichte vorantreibenden Arbeit in der Sphäre der
Produktion wird der traditionelle Anteil der Frau an der gesellschaftlichen
Arbeit als passive, unveränderliche und quasi natürlich-überzeitliche
„Verrichtung“ betrachtet, die es zu erhalten gilt:
„Das Weib“, stellte der Mediziner Max Runge Ende des 19. Jahrhunderts fest,
„ist gebunden an ewige Gesetze. Das beste Weibsmaterial hat keinen Drang zur
Halbmannhaftigkeit, sondern will Gattin und Mutter sein...“, und für den
Physiker Max Planck gab es keinen Zweifel daran, „dass die Natur selbst der
Frau ihren Beruf als Mutter und Hausfrau vorgeschrieben hat, und dass
Naturgesetze unter keinen Umständen ohne schwere Schädigungen, welche sie ...
besonders an dem nachwachsenden Geschlecht zeigen würden, ignoriert werden
können.“ (51)
Eine ideale Vorlage für das Konzept der „ewigen Gesetze“, die sich dem
historischen Wandel entziehen, bildete auch hier „das Tier“, das in der
gewöhnlichen Vorstellung zum Teil bis heute und entgegen allen empirischen
Befunden zur Variabilität und Entwicklungsoffenheit tierlicher Spezies und
Sozietäten sowie den Lernpotentialen und Handlungsspielräumen von
Tierindividuen dem Bild einer instinktgeleiteten, entwicklungsunfähigen
„Biomaschine“ entspricht. Neben Descartes’ „Automatenthese“ und dem
metaphysisch-anthropologischen Gedankengut der Idealisten trug auch Marx zu
diesem Zerrbild bei, indem er zur Betonung des Anspruchs einer freien und
bewussten Praxis des „Gattungswesens Mensch“ das Gegenbild eines ebenfalls an
natürliche Bedingungen gebundenen, dem Prozess der Naturgeschichte jedoch bewusstlos
ausgelieferten Lebewesens entwarf, welches seine Umwelt nicht wie der Mensch
durch Aneignung entscheidend verändern könne. Zwar stellte er im Rahmen seiner
Mensch-Tier-Differenzbestimmungen fest, dass „das Tier“ durchaus - z. B. Nester
und Wohnungen - produziere, jedoch nur das, „was es unmittelbar für sich oder
sein Junges bedarf“, so dass es sich hier im Gegensatz zur menschlichen Arbeit
nur um eine minderwertige Produktionsform „unter der Herrschaft des
unmittelbaren physischen Bedürfnisses“ handele (52). Indem Marx die Fähigkeiten
und den Rang nichtmenschlicher Spezies an Hand des Niveaus ihrer ökonomischen
Organisation beurteilte, wurden diese auf Grund der Andersartigkeit oder
„Primitivität“ der Organisation ihrer Existenzweisen im Vergleich zur
menschlichen zwangsläufig massiv abgewertet.
Die der alten Vorstellung entsprechende Gottes- und Geistnähe des Mannes
verwandelt sich im Zuge der Säkularisierung in die Idee einer prinzipiell
unbegrenzten Freiheit des (männlichen) Menschen im Rahmen von
Technikentwicklung und Naturbeherrschung. Aus der Perspektive der sich selbst
zum Maßstab setzenden und auf Fortschritt orientierten Männergesellschaft
bleiben „das Tier“ und die Frau – bei allen Unterschieden - „naturgebunden“.
Wie Horkheimer und Adorno in ihrer Analyse der europäischen
Zivilisationsgeschichte ironisch feststellen, wird folglich gerade die Frau
durch ihre eigene untergeordnete Rolle als unproduktives Gesellschaftsmitglied
zur Hüterin der Tiere: Da „die Sorge ums vernunftlose Tier... dem Vernünftigen
müßig (ist)“, habe „die westliche Zivilisation ... sie den Frauen überlassen.
Diese haben keinen selbständigen Anteil an der Tüchtigkeit, aus welcher diese
Zivilisation hervorging... Die Frau ist nicht Subjekt. Sie produziert nicht,
sondern pflegt die Produzierenden...“ (53). Der Frau als Inbegriff der „von
Natur aus“ reproduktiven, bewahrenden und passiven sozialen Funktionen, wird
die niedere Aufgabe des Schutzes von Tieren zugeteilt, während - so die Autoren
kritisch - „die Idee des Menschen in der Männergesellschaft“ stets darauf
abgestimmt war, „grenzenlos Natur zu beherrschen, den Kosmos in ein unendliches
Jagdgebiet zu verwandeln.“ (54)
Im „unendlichen Jagdgebiet“ des Mannes treten Frauen und Tiere auch ganz
konkret als Beute und Opfer auf. Obgleich an dieser Stelle nur sehr kurz auf
dieses vielschichtige Thema eingegangen werden kann, ist es wichtig zu
erwähnen, dass sich die Verbindung zwischen Frauen und (gejagten) Tieren oder
zerlegten Tierkörpern vom Bedeutungsfeld der Jagd (und anderer Blutrituale wie
dem Stierkampf) über das Fleischessen und die Pornografie bis hinein in
Gewaltdarstellungen und Gewalthandlungen erstreckt (55). So kommt der
Sozialanthropologe Fiddes zu dem Schluss, dass es „ausgeprägte Parallelen
(gibt) zwischen dem Fleischsystem und der Terminologie, die Männer benutzen,
wenn sie in pornographischen Zusammenhängen oder am Stammtisch über Frauen
reden. Es scheint, als sei das eine Ausbeutungssystem dem anderen
nachgebildet...“ (56). Dabei stelle „die Beschreibung von Frauen in Begriffen
aus der Jagd- und Viehzuchtsprache“ nur einen wichtigen Aspekt des
metaphorischen Gebrauchs des Wortes Fleisch dar: „sie kann geritten, gezähmt
oder mit einem Stallknecht verheiratet werden... Der Mann geht zum ‚Viehmarkt’,
um dort einen ‚Fang’ zu machen, oder ‚auf die Jagd’. Für manche Männer sind
Frauen ‚Freiwild’.“ (57)
In der an tier- und frauenfeindlichen Assoziationen reichen Jägersprache finden
sich darüber hinaus Begriffe wie das „Luder“, mit dem ein „weibliches ‚Stück’“,
d. h. ein getötetes weibliches Tier bezeichnet wird, oder die „Schnalle“, die
sich auf das Geschlechtsteil des (zur „Ausmerze“ anstehenden) weiblichen
„Raubwildes“ bezieht. Dass derartige Spezialbezeichnungen für weibliche Tiere
und ihre Körperteile auch in die sexistische Alltagssprache einfließen, zeigt
sich darin, dass beide Bezeichnungen in gleichzeitig animierender und
herabsetzender Weise zur Charakterisierung von Frauen eingesetzt werden. Auch
die im Zusammenhang mit Frauen überhäufige Verwendung von tierbezogenen
Diminutiven, von Kosenamen wie „Häschen“, „Kätzchen“ erfüllt - ähnlich wie
pejorative und sexualisierende Bezeichnungen („Mieze“) - die Funktion einer
metaphorischen Instrumentalisierung und der Demonstration von Überlegenheit.
Ein anderer Aspekt der doppelt degradierenden Frau-Tier-Assoziation ist die
Bezeichnung von Frauen als essbare Objekte, mit dem laut Mills ein Bild von der
Frau heraufbeschworen wird, „in dem sie als totes Fleisch erscheint, das blutig
zerlegt, zerschnitten, von einem Schlachter oder Koch kleingehackt und
eventuell einem Mann zum Verzehr vorgesetzt wird. Ein bit of meat, ein ‘Stück
Fleisch’, bedeutete früher Geschlechtsverkehr (vom männlichen Standpunkt aus)
und später eine Prostituierte. Als frisches Fleisch wurde eine Prostituierte
bezeichnet, die neu im Geschäft war... Rohes Fleisch war ein Ausdruck für jede
Frau... Fleischmarkt oder Fleischbeschau war ein Wort für ein Rendezvous mit
einer Prostituierten...“ (58).
Während Männer verbal im aktiv-aneignenden Sinne, nämlich als Jäger, Töter und
Verzehrer mit Fleisch in Verbindung gebracht werden, werden Frauen –
passivleidend - mit Fleisch als einem zum konsumierbaren Objekt gewordenen
getöteten Tier identifiziert. In derselben Weise entspricht auch die
Redewendung „Der Mann isst Fleisch, die Frau ist Fleisch“ dem Gegensatz
aktiv-passiv und den dualistischen Zuordnungen Geist - Mann - Subjekt vs.
Materie - Frau - Objekt. Nach Fiddes’ Überlegungen ist das „Bild, das sich
Männer von Frauen als Fleisch machen,... ein Spezialfall des weitreichenden
Zerrbildes von der Frau als Tier... Fleisch ist ein hervorragendes Symbol für
die Kontrolle des Mannes über die natürliche Welt. Die Tatsache, dass die Frau
als Fleisch bezeichnet wird, kann als eine Aussage über ihre angeblich wildere
gesellschaftliche Rolle und ihre Verfügbarkeit als eine natürliche Ressource
der Männer verstanden werden.“ (59)
Der Umstand, dass zwischen Tier-Konstrukt und Frauenbild nicht nur einzelne
Schnittstellen und strukturelle Analogien, sondern inhaltliche Übergänge und
Wechselwirkungen bestehen, führte Forscherinnen aus dem angloamerikanischen
Raum bereits vor vielen Jahren dazu, traditionelle Gender Studies und
ökofeministische Ansätze um die Frage nach dem „Tier“ als kulturelles Symbol zu
erweitern und das System der Tierausbeutung auf seine gesellschaftspolitischen
Implikationen zu untersuchen.
4. Schlussfolgerung
Angesichts der Wirkungsmächtigkeit der tiefenkulturellen Matrix mit ihren
dualistischen Aufspaltungen und der sozialen und ökonomischen Manifestation
hiermit verbundener Ungleichheitsordnungen und Ausbeutungssysteme wird das bloß
Faktische in Gesellschaften leicht - unter Ausblendung seiner inhärenten
Normativität - zum Ausdruck des einzig Möglichen. Wenn symbolische Strukturen,
Konstitutionsprinzipien für Wertesysteme, Attribuierungen und politische
Interessen nicht hinterfragt werden, geraten biologische Tatsachen und
Unterschiede zum Kriterium für Ein- oder Ausschließung, im Extremfall sogar zur
Entscheidungsgrundlage über Leben oder Tod.
Bei der Analyse rassistischer und sexistischer Denk- und Handlungsmuster werden
der herrschaftslegitimatorische Charakter und die Utilität der „biologischen
Beschuldigung“ für die Profiteure offenkundig: „Die Unterlegenheit ist dem
Kolonisierten, dem Schwarzen, der Frau ins Fleisch eingeschrieben...“, notiert
Memmi kritisch; „Es ist ein Schicksal, und welches Schicksal wäre
unabänderlicher als das der Biologie? Der Schwarze ist unwiderruflich schwarz,
die Frau unwiderruflich Frau: Die Biologie ist in der Tat eine Abbildung der
Schicksalhaftigkeit. Das Opfer des Rassisten war hierzu vorherbestimmt und dazu
verdammt, es bis ans Ende aller Tage zu bleiben - welch bessere Garantie für
die Privilegien gäbe es als die Ewigkeit? Auf diese Weise wird aus der gesellschaftlichen
und zeitlichen Verabsolutierung eine metaphysische Gewißheit.“ (60) Der
Ausschluss qua Biologie umfasst allerdings, was Memmi übersieht, auch
nichtmenschliche Individuen, ihre Partnerschaften, Familien, Sozialverbände und
Populationen. Auch ihnen ist die Unterlegenheit – diesmal aus speziesistischer
Sicht (61) - ins Fleisch eingeschrieben, sie sind unwiderruflich anders (sowohl
untereinander als auch gegenüber den Menschen), und gerade in ihrem Fall
liefert die „Schicksalhaftigkeit“ des biologischen "Anders-Seins"
eine dauerhafte Garantie für eine große Gruppe von Privilegierten auf Grund der
ehernen „metaphysischen Gewissheit“ der westlichen Tiefenkultur: Sie sind
Opfer, weil sie anders sind, und sie sind anders, weil sie schon immer Opfer waren.
Ebenso wenig wie rassistische und sexistische Konstruktionen, Einstellungen und
Sprechweisen einen bloßen Gegenstand theoretischer Gedankenspiele darstellen,
ist die Konstruktion, Abwertung und Abspaltung des Tierlichen in eine andere
Seinssphäre allein ein ideengeschichtliches und semantisches Phänomen, sondern
auch Ausfluss und Bestätigung der realen Unterjochung tierlicher Individuen,
die sich im Rahmen der weiter expandierenden industriegesellschaftlichen
Produktionsweisen um ein Vielfaches verschärft hat. Dass nichtmenschliche
Lebewesen keinerlei Lebens- und Unversehrtheitsrechte, d. h. generell keine
Daseinsberechtigung jenseits menschlicher Verfügungszwecke besitzen, dass ihre
(Zwangs-)Reproduktion, ihre elenden Existenzbedingungen in automatisierten
Mastanlagen und Labors und ihr täglich milliardenfach herbeigeführter Tod unter
der Kontrolle des Menschen, im Dienste persönlicher Befriedigung und
gesellschaftlicher Konsumsteigerung stehen, wird auch heute noch überwiegend
als „naturgemäß“ betrachtet und mit der „Bestimmung“ „des Tieres“ oder seiner
Minderwertigkeit als wenig(er) vernunftbegabtes Lebewesen legitimiert. (Auch
wenn diese Haltung oberflächlich bei Bürgerbefragungen oder in der privaten
Sphäre, z. B. im Bereich der sympathetischen Interaktion mit Haustieren, im
pädagogischen Umgang mit Kindern und Tieren oder angesichts der hohen
Zuschauerquoten bei Tierdokumentationen, außer Kraft gesetzt scheint, darf
nicht übersehen werden, dass hier vielfach individuelle psychische Bedürfnisse
oder spezifische Formen der Instrumentalisierung eine Rolle spielen, die dem
allgemeinen kulturellen Ordnungsschema und den ökonomischen Interessen nicht
zuwiderlaufen, sondern oft Teil dessen sind.)
Als Symbol für zweckgebunden produziertes, warenförmiges, minderwertiges Leben
und als Repräsentant des Unterlegenen und als naturhaft Stigmatisierten bildet
„das Tier“ tiefenkulturell den Prototyp des Anderen, den es zu beherrschen
gilt, und dient damit gleichzeitig als Modell für hierauf bezogene Handlungsformen
- von der Abrichtung und Manipulation über die Entindividualisierung und
Ausbeutung bis zur Anonymisierung und Vernichtung (gefolgt von der technischen
Transformation in eine tote Ware). Von der symbolischen Ebene über
gesellschaftliche Normen- und Wertesysteme bis hin zu kollektiven und
individuellen Einstellungen und Handlungsmustern wird damit eine Grundhaltung
gegenüber dem Anderen eingeübt und tradiert, die auf Distanzierung,
Degradierung, Verdinglichung und Gewalt beruht und elementare Gemeinsamkeiten
physischer (Schmerzempfinden) und psychischer (Leidensfähigkeit) sowie
allgemein affektiver, kognitiver und sozialer Art ausblendet (62).
Dass sich "private" Formen direkter Gewalt in vielen Fällen zuerst
auf tierliche, dann auf menschliche Individuen konzentrieren, wird besonders
durch amerikanische Forschungsergebnisse seit langem bestätigt. Angeregt durch
Befunde aus den seit den 1970-er Jahren laufenden FBI-Untersuchungen über
Serienmörder, existieren heute verschiedene empirische Studien zum so genannten
„Human-Animal-Violence“-Link, die sich aus medizinischer, psychiatrischer,
psychologischer und pädagogischer Sicht unter anderem mit dem Zusammenhang
zwischen tier-, kinder- und frauenbezogener Gewalt im häuslichen Feld, mit
tier- und menschenbezogener Jugendgewalt, speziesübergreifender Aggression im
Geschlechtervergleich etc. beschäftigen (63).
Nachdem einzelne unabhängige Studien Beschreibungen und Analysen zu dem
überwiegend entöffentlichten Systemzusammenhang tierbezogener Ausbeutung
geliefert hatten, entwickelten sich außer in der Philosophie und
Geschichtswissenschaft auch neue Forschungsinteressen in Teilen der Sozial- und
Kulturanthropologie, die sich neben kulturvergleichenden Arbeiten mit der
Genese und den sozialen Implikationen des Umgangs mit Tieren in der westlichen
Welt auseinander setzten. Für die feministische Forschung trat - mit Blick auf
die strukturelle Gewalt - die Frage nach den Bedingungen, Ausformungen und
Funktionen der Wahrnehmung und Behandlung von Tieren und Frauen aus
herrschafts- und (Mainstream- )wissenschaftskritischer Sicht in den Vordergrund
(64). Obgleich in diesen Forschungsfeldern aufschlussreiche Untersuchungen
vorgelegt wurden, die eine Vielzahl von Analogien zwischen sexistischen,
rassistischen und speziesistischen Vorurteilen aufdeckten, die auf gemeinsame
Wurzeln dieser Einstellungskomplexe deuten, stießen solche Ergebnisse bis heute
in der traditionellen Rassismusforschung, aber auch in der
sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung auf wenig Interesse. Diese Tatsache
verwundert, zumal einige ForscherInnen bereits recht früh auf diesen
Zusammenhang hinwiesen. Neben den Theoretikern der Frankfurter Schule, die das
Problem der Konstruktion des (menschlichen und tierlichen) Anderen kritisch vor
dem Hintergrund des herrschaftsstabilisierenden Vernunftprimats und der
Unterwerfung des Natürlichen unter eine einseitige ökonomisch-technische
Rationalität analysierten, stellte beispielsweise Lévi-Strauss das Thema als
relevanten Forschungsgegenstand im politischen Kontext dar. Mit kritischem
Bezug auf die Mensch-Tier-Spaltung des westlichen Humanismus stellte er in
einer Rede bei der UNESCO fest, dass den Ethnologen "seit ungefähr
fünfzehn Jahren ... in zunehmendem Maße bewußt (wird), dass das Problem des
Kampfes gegen Rassenvorurteile auf menschlicher Ebene ein viel umfassenderes
Problem widerspiegelt... Ich spreche von dem Verhältnis zwischen dem Menschen
und anderen lebenden Arten. Es ist zwecklos, das eine Problem ohne das andere
lösen zu wollen...“ (65).
In Anbetracht der bereits geleisteten Forschungsarbeit und der
wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Relevanz des Themas kann es
heute nicht mehr darum gehen, die metaphysische "Scheidewand", vor
der Geiger schon gewarnt hatte (66), weiterhin künstlich aufrecht zu erhalten
und damit die Ausgrenzung und Gewalt generierenden und legitimierenden
dualistischen Schemata in der Wissenschaft selbst zu reproduzieren. Da die
soziale Konstruktion des Anderen ebenso wie rassistische, sexistische und
andere Diskriminierungsformen bis hin zu Feindbildgenerierungen nur
ganzheitlich, d. h. unter Einschluss der „Tier-Frage" mit qualitativ neuem
Erkenntnisgewinn analysiert und unter dem Gesichtspunkt der Gewalt als
Problematik behandelt, abgemildert und vielleicht sogar ansatzweise gelöst
werden können, erschließt sich hier ein neues, weites Forschungsfeld. Für die
Soziologie, die – außer im Fall von Mitgliedern anderer Spezies - gerade
biologische Kategorien nie nur als bloße Faktizität und als Grundlage für
essentielle Trennungen und Werturteile betrachtet hat, wäre es eine wichtige
Herausforderung, die Erscheinungsweisen und Implikationen von
Mensch-Tier-Beziehungen und gesellschaftlichem Tier-Status zu untersuchen, aber
auch die Dekonstruktion der kulturell tief verinnerlichten Komponenten des
Tier-Bildes in Angriff zu nehmen und damit das alte dualistische Ordnungssystem
als handlungsleitendes Paradigma kritisch zu hinterfragen.
Fußnoten
(1) Eine ausführliche Untersuchung dieses Phänomens findet sich in meinem Buch:
Die Problematik der Mensch-Tier-Beziehung in der Soziologie. Weber, Marx und
die Frankfurter Schule, Münster 2000. Vgl. auch die Beiträge aus der
amerikanischen Soziologie, z. B. Arluke, Arnold: A Sociology of Sociological
Animal Studies; und: Kruse, Corwin R.: Social Animals: Animal Studies and
Sociology, beide in: Society and Animals, Journal of Human-Animal-Studies, Vol.
10 No. 4, 2002.
(2) Vgl. Hornung, Erik: „Die Bedeutung des Tieres im alten Ägypten“; Studium
Generale 20/2 (1967), S. 69 - 84.
(3) Zur Problematik des Tier-Begriffs aus soziologischer, anthropologischer,
biologischer, juristischer, sprachwissenschaftlicher, philosophischer und
archäologischer Perspektive vgl. Ingold, Tim (ed.): What is an Animal?,
London/Boston/Sydney/Wellington 1988.
(4) Wenngleich diese dichotomen Konstruktionen auf den ersten Blick auch
obsolet wirken, haben sie ihre handlungsleitende Kraft und politische
Wirksamkeit jedoch bis heute nicht verloren, was sich z. B. im Rahmen des
aktuellen Kriegsgeschehens im Irak und seiner propagandistischen Legitimation
als „Kampf gegen ‚das Böse‘“ zeigt. Vgl. zu den unterschiedlichen
Konstitutionselementen von Tiefenkulturen und ihren bellizistischen vs.
pazifistischen Potentialen die vergleichenden Kosmologie-Untersuchungen in der
Zivilisationstheorie von Galtung in: Galtung, Johan, Frieden mit friedlichen
Mitteln, Opladen 1998, bes. S. 339 - 456.
(5) Schopenhauer, Arthur, Preisschrift über die Grundlage der Moral, Kap. 19,
Ziffer 7, in: Schopenhauer, Arthur, Werke in fünf Bänden, Bd. III, hg. v.
Ludger Lüdgehaus, Zürich 1988, S. 596 f.
(6) Da das in der Literatur zunehmend durch „tierlich“ ersetzte,
alltagssprachlich aber noch verwendete Adjektiv „tierisch“ - analog zu
weiblich/weibisch oder kindlich/kindisch - eine eindeutig pejorative
Konnotation besitzt, wird hier durchgehend die sachliche Sprachform „tierlich“
benutzt. (Zur Kritik an dem Wort „tierisch“ vgl. Teutsch, Göttingen 1987, S.
190 f. sowie Hediger, München 1980, S. 323).
(7) Vgl. meine Darstellungen im Kapitel „Ideen- und kulturgeschichtliche
Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung“, in Mütherich 2000, S. 21 - 65.
(8) Im Gegensatz zu anderen Religionen wie dem Hinduismus oder Buddhismus, die
eine Vielzahl von männlichen, weiblichen, menschen- und tiergestaltigen Göttern
oder aber die Abwesenheit von Göttern kennen, setzt sich durch das Christentum
eine historisch neue Gotteskonzeption durch: Eingebettet in ein lineares - auf
Sieg und Erlösung drängendes - Zeitverständnis wird die Idee eines einzigen
personalen transzendenten allmächtigen und männlichen Schöpfergottes zu einem
bestimmenden tiefenkulturellen Einflussfaktor für die Entwicklung der
westlichen Zivilisation (vgl. hierzu auch Galtung 1998).
(9) 1. Buch Moses 9, 1-7.
(10) Vgl. zur Gestalt des Antichristen als „Tier 666“ Offenbarung des Johannes,
12, 7-9; 13, 11-18.
(11) Siehe Rifkin, Jeremy, Das Imperium der Rinder, Frankfurt/Main;New York
1994, S. 27 - 34.
(12) Melber spricht in diesem Zusammenhang von einer qualitativ neuen
Kosmologie der Aufklärung und von der „’Verzeitlichung des räumlichen
Nebeneinander’ die ab Mitte des 18. Jahrhunderts entstand“. Die These von der
hierdurch produzierten „Dynamik der Negation“, die die „Anderen zu Vorstufen
der eigenen Entwicklung“ erklärt, stößt allerdings (wie üblich) nicht bis zum
Tier-Konstrukt vor (Melber, Henning: Rassismus und eurozentrisches
Zivilisationsmodell: Zur Entwicklungsgeschichte des kolonialen
Blicks, in: Autrata, Otger et al.: Theorien über Rassismus, Hamburg 1989, S.
35.).
(13) Vgl. Guttandin, Friedhelm/Kamper, Dietmar: Selbstkontrolle. Dokumente zur
Geschichte einer Obsession, Berlin 1991.
(14) Schäffter, Ortfried: Modi des Fremderlebens, in: Ders. (Hg.)., Das Fremde.
Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung, Opladen 1991, S.
19.
(15) Schäffter, Ortfried: Modi des Fremderlebens, a.a.O., S. 19.
(16) Wimmer, Michael u.a.: Grundlose Gewalt - Anmerkungen zum gegenwärtigen
Diskurs über Gewalt (Einleitung), in: Dies. (Hgg.), Das ‚zivilisierte’ Tier.
Zur Historischen Anthropologie der Gewalt, Frankfurt/ M. 1996, S. 22.
(17) Adorno, Theodor W.: Fragment: „Menschen sehen dich an“, in: Ders., Minima
Moralia, Frankfurt/M. 1969, S. 133 f.
(18) Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung,
Frankfurt/Main 1986, S. 54.
(19) Horkheimer, Max (Pseud. H. Regius), Der Wolkenkratzer, in: Ders.,
Dämmerung, o.O., o.J., S. 132 f.
(20) Siehe zur Analyse der Interdependenz menschen- und tierbezogener Gewalt im
Rahmen der Theorie der doppelten Naturbeherrschung mein Kapitel über die
Kritische Theorie der Frankfurter Schule: „Die Mensch-Tier-Beziehung als Macht-
und Gewaltverhältnis“ in Mütherich 2000.
(21) Vgl. Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung, a.a.O.,
S. 262 - 271.
(22) Wimmer, Michael u.a.: Grundlose Gewalt - Anmerkungen zum gegenwärtigen
Diskurs über Gewalt (Einleitung), in: Dies. (Hgg.), Das ‚zivilisierte’ Tier.
Zur Historischen Anthropologie der Gewalt, Frankfurt/ M. 1996, S. 22.
(23) Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher
Zeiten (Kap.: Zur historischpolitischen Semantik asymmetrischer Gegenbegriffe),
Frankfurt/M. 1989, S. 212.
(24) Vgl. Koselleck, R., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher
Zeiten, a.a.O., S. 218 f.
(25) Koselleck, R., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten,
a.a.O., S. 220
(26) Aristoteles, Politik, zit. nach Todorov, Tzvetan: Die Eroberung Amerikas.
Das Problem des Anderen, Frankfurt/M. 1985, S. 184.
(27) Sepúlveda, J. Ginés de: Democrates alter (Démocrates segundo. De las
justas causas de la guerra contra los Indios), Madrid 1951, zit. nach Todorov,
Tzvetan, Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen, a.a.O., S. 185. J.
Ginés de Sepúlveda führte im Valladolid des Jahres 1550 eine berühmt gewordene
Kontroverse mit dem Dominikanerpater Bartolomé de Las Casas, bei der er die
Indianerversklavung unter Rekurs auf Aristoteles’ Idee von der naturgemäßen
Einteilung der Welt in Herren und Sklaven verteidigte.
(28) Todorov, Tzvetan, Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen, a.a.O.,
S. 186.
(29) Todorov, Tzvetan, Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen, a.a.O.,
S. 186.
(30) Sepúlveda, J. Ginés de: Del Reino y los Deberes del Rey, zit. n. Todorov,
Tzvetan 1985: S. 188 f.
(31) Zit. n. Todorov, Tzvetan, Die Eroberung Amerikas, Das Problem des Anderen,
a.a.O., S. 181.
(32) Zit. nach Todorov, Tzvetan, Die Eroberung Amerikas, Das Problem des
Anderen, a.a.O., S. 182 f.
(33) Geiss, Imanuel, Geschichte des Rassismus, Frankfurt/M. 1988, S. 147. Auch
Menschenaffen, z. B. die von den Einheimischen als „Waldmenschen“ bezeichneten
Orang-Utans Sumatras und Borneos, aber auch die in Familien- und
Sippenverbänden lebenden Gorillas und Schimpansen Zentral- und Westafrikas,
waren den Europäern lange Zeit unbekannt und wurden anfänglich für eine
primitive Menschenart gehalten. Die Mystifikation und Dämonisierung der neu
entdeckten nichtmenschlichen Primaten machte aus diesen Individuen bis in die
erste Hälfte des 20. Jahrhunderts „Monster“, die auf der Kinoleinwand in
Gestalt des „King Kong“ als Bedrohung der Zivilisation bekämpft und in ihren
angestammten Lebensräumen abgeschlachtet wurden.
(34) Martin, Peter: Schwarze Teufel, edle Mohren, Hamburg 1993, S. 258.
(35) Martin, Peter: Schwarze Teufel, edle Mohren, a.a.O., S. 259, 263.
(36) Martin, Peter: Schwarze Teufel, edle Mohren, a.a.O., S. 262.
(37) Vgl. Memmi, Albert: Rassismus, Hamburg 1992, S. 164 - 175.
(38) Koller, Christian: „Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt“. Die
Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus-,
Kolonial- und Militärpolitik (1914 - 1930), Stuttgart 2001, S. 108 - 114.
(39) Zit. n. Koller, Chr., „Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt“, a.a.O.,
S. 109.
(40) Zit. n. Koller, Chr., „Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt“, a.a.O., S.
112.
(41) Zit. n. Koller, Chr., „Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt“, a.a.O.,
S. 112.
(42) Siehe hierzu auch Koselleck, R.: Vergangene Zukunft, a.a.O., S. 244 - 259.
(43) Vgl. dazu die oben genannten zentralen Elemente des rassistischen Denkens nach
Memmi 1992.
(44) Zit. nach: „Sein ist das Weib, Denken der Mann“. Ansichten und Äußerungen
für und wider den Intellekt der Frau von Luther bis Weininger“,
Darmstadt/Neuwied 1984, S. 31.
(45) Kimmerle, Heinz (Hg.): Das Andere und das Denken der Verschiedenheit,
Amsterdam 1987, S. 11.
(46) Zit. nach: „Sein ist das Weib, Denken der Mann“, a.a.O., S. 21.
(47) Horkheimer, M./Adorno, Th. W., Elemente des Antisemitismus, in: Dies.:
Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 181.
(48) Möbius, Paul Julius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes,
Faksimile der 8., veränd. Aufl., Halle 1905, neu hrsg. von Susanne Wäckerle,
München 1990, S. 34 f.
(49) Die Frau, so resümieren Horkheimer und Adorno, „wurde zur Verkörperung der
biologischen Funktion, zum Bild der Natur, in deren Unterdrückung der
Ruhmestitel dieser Zivilisation bestand.“ (Dies.: Dialektik der Aufklärung,
a.a.O., S. 264.)
(50) Hoffmann, Christhard: Das Judentum als Antithese. Zur Tradition eines
kulturellen Wertungsmusters, in: Benz, Wolfgang: Antisemitismus in Deutschland.
München 1995, S. 30 f.
(51) Zit. nach: „Sein ist das Weib, Denken der Mann“, a.a.O., S. 63, 71. Diese
Aussagen waren Teil eines 1897 vorgelegten Gutachtens über „Die akademische
Frau“, in dem u. a. „hervorragende Universitätsprofessoren“ über „die
Befähigung der Frau zum wissenschaftlichen Studium und Berufe“ befanden
(a.a.O., S. 90).
(52) Vgl. Marx, Karl: Ökonomisch-philosophische Manuskripte, MEW, Erg.-Bd.,
Berlin 1968, S. 517. Siehe hierzu auch das Kapitel: „Mensch-Tier-Beziehung,
Tierstatus und Naturbegriff in der Gesellschaftstheorie von Marx“ in Mütherich
2000.
(53) Horkheimer, M./Adorno, Th. W.: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 264.
(54) Horkheimer, M./Adorno: Th. W., Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 264.
(55) Vgl. hierzu z. B. Adams, Carol J.: Zum Verzehr bestimmt, Wien/Mülheim
a.d.R. 2002 sowie Griffin, Susan: Pornography and Silence: Culture’s Revenge
Against Nature, New York 1995.
(56) Fiddes, Nick: Fleisch - Symbol der Macht, Frankfurt/Main 2001, S. 176.
(57) Fiddes, Nick: Fleisch - Symbol der Macht, a.a.O., S. 177.
(58) Zit. nach Fiddes, N.: Fleisch - Symbol der Macht, a.a.O., S. 178 f.
(59) Fiddes, Nick: Fleisch - Symbol der Macht, a.a.O., S. 190.
(60) Memmi, Albert: Rassismus, a.a.O., S. 118 (Hervorh. gem. Original).
(61) Der Begriff Speziesismus (speciesism) wurde 1970 von dem amerikanischen
Psychologen Richard D. Ryder in Analogie zu Rassismus und Sexismus entwickelt
und bezieht sich allgemein auf die ethische und moralische Ungleichbehandlung bzw.
Nichtberücksichtigung auf Grund der Spezieszugehörigkeit. Soziologisch gewendet
bezeichnet der mittlerweile in vielen Disziplinen im angloamerikanischen Raum
eingeführte und dort relativ gebräuchliche Begriff den Tatbestand der
institutionalisierten und im industriellen Maßstab realisierten systematischen
Unterdrückung, Ausbeutung und Tötung von Individuen auf Grund ihrer
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Spezies bzw. - allgemein - ihrer
Nichtzugehörigkeit zur menschlichen Spezies.
(62) Da auf Distanzierung und Destruktion ausgerichtete Eigenschaften und ihre
prompte Abrufbarkeit in einigen Feldern, besonders im Militärwesen, sehr
erwünscht sind, gehört die im Kollektiv demonstrierte Fähigkeit zur
Misshandlung und Tötung von zumeist positiv besetzten Tieren wie Hunden in
verschiedenen Ländern zur Aggressionsschulung im Rahmen von Trainingsprogrammen
für Nahkampfexperten, Elitesoldaten, aber auch Folterern. Um Hemmschwellen
systematisch zu senken, stehen hier „zur Übung“ oft besonders brutale Misshandlungsformen
im Vordergrund wie das Aufschlitzen oder Auseinanderreißen lebender Tiere.
(63) Siehe z. B. Lockwood, R./Ascione, F. R. (eds.): Cruelty to Animals and
Interpersonal Violence. Readings in Research and Application, West
Lafayette/Ind. 1998; Ascione, F. R.: Child abuse, domestic violence, and animal
abuse: Linking the circles of compassion for prevention and intervention, West
Lafayette/Indiana 1999; Achenbach, Th. M.: National survey of problems and
competencies among four to sixteen year olds: parents’ reports for normative
and clinical samples, Chicago 1991.
(64) Siehe neben den bereits genannten AutorInnen: Noske, B.: Beyond
Boundaries: Humans and Animals, Montreal u.a. 1997; Haraway, D.: Die
Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen, Frankfurt/Main 1995;
Adams, C. J.: Neither Man nor Beast: Feminism and the Defense of Animals, New
York 1994; Plumwood, V.: Feminism and the Mastery of Nature, London/New York
1993.
(65) Lévi-Strauss, Claude: Rede auf dem UNESCO-Symposium 1971, zit. nach:
Kastler, Alfred: Tiere sind unsere biologischen Brüder, UNESCO-DIENST 3/79,
Bonn 1979, S. 14 f.
(66) Geiger wandte sich energisch gegen eine Soziologie, die im Begriff war,
eine "neue Scheidewand zwischen den Welten des Menschen und des
Tieres" zu errichten, "... kaum niedriger als die seinerzeit von
christlicher Theologie getürmte." (Geiger, Theodor: Das Tier als
geselliges Subjekt, in: Forschungen zur Völkerpsychologie und Soziologie, Bd.
10, Jg. 1931, S. 283.)
Literaturverzeichnis
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Wieland/Geiger, Klaus F. et al.: Theorien über Rassismus. Eine Tübinger
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Mütherich, Birgit: Die Problematik der Mensch-Tier-Beziehung in der Soziologie.
Weber, Marx und die Frankfurter Schule, Münster 2000.
Rifkin, Jeremy: Das Imperium der Rinder, Frankfurt/Main;New York 1994.
Schäffter, Ortfried: Modi des Fremderlebens, in: Ders. (Hg.)., Das Fremde.
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Schopenhauer, Arthur: Preisschrift über die Grundlage der Moral, Kap. 19,
Ziffer 7, in: Schopenhauer, Arthur, Werke in fünf Bänden, Bd. III, hg. v.
Ludger Lüdgehaus, Zürich 1988.
„Sein ist das Weib, Denken der Mann.“ Ansichten und Äußerungen für und wider
den Intellekt der Frau von Luther bis Weininger, gesammelt u. mit Nachbemerkung
versehen von R. Frey, Darmstadt/Neuwied 1984.
Lévi-Strauss, Claude: Rede auf dem UNESCO-Symposium 1971, zit. nach: Kastler,
Alfred: Tiere sind unsere biologischen Brüder, UNESCO-DIENST 3/79, Bonn 1979,
S. 14 f.
Todorov, Tzvetan: Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen, Frankfurt/M.
1985.
Wimmer, Michael/Wulf, Christoph/Dieckmann, Bernhard: Grundlose Gewalt –
Anmerkungen zum gegenwärtigen Diskurs über Gewalt (Einleitung), in: Dies.
(Hgg.): Das ‚zivilisierte’ Tier. Zur Historischen Anthropologie der Gewalt,
Frankfurt/M. 1996, S. 7 - 65.
eher löschen
der artikel ist fünf jahre alt und wurde hier geklaut. kein ahnung, wie hier die politik ist, aber an sich gehört der gelöscht.
zum inhalt: das übliche postmoderne blabla der norddeutschen antispezis. meiner bescheidenen meinung nach vergewaltigen die die kritische theorie. irgendein zusätzlicher erkenntnisgewinn entsteht dabei nicht, das geht über die relativierung der grenze zwischen mensch und tier nicht hinaus, welche auch alle anderen tierrechtler (und biologisten!) vertreten. und damit entziehen sie der ganzen aufklärung und damit auch allen linken politikansätzen die grundlage.
eher löschen? selber!
der artikel wurde nicht geklaut, sondern mit autorin, originaltitel und quellen angegeben. er ist ein beitrag zur diskussion um antispe, nur weil er schon fünf jahre alt ist, heißt das ja nicht, dass er nicht aktuell ist, was soll deine hoffnung auf eine löschung also?
außer dass die "norddeutschen" antispes die kritische theorie vergewaltigen hast du wohl nix inhaltliches zu sagen.
rein nach deinen sprachlichen spitzfindigkeiten lässt sich erklären weshalb der text für dich keinen erkenntnisgewinn bringt.
"norddeutsch" - wie kommst du denn darauf, dass diese ansätze nur im norden vertreten werden? zudem ist antispe herrschaftskritik und lehnt deshalb staaten ab, wenn du also unbedingt in kategorien wie "norddeutsch" unterteilen musst, dann nenne den raum doch wenigstens als staatlicherseits norddeutsch definiert.
"relativieren" - eine grenze zwischen mensch und tier kann nicht relativiert werden, da der mensch ein säugetier ist, deine argumentation taugt also gerade mal für die christlicher fundamentalist*innen. zudem wurde von antispeseite nie bestritten, dass es unterschiede zwischen menschen und nichtmenschlichen tieren gibt. dass diese unterschiede für herrschaftszwecke missbraucht werden, lehnt antispe ab, ganz einfach oder?
"vergewaltigen" - wer hier dinge relativiert bist ja wohl du, von vergewaltigen zu sprechen in bezug auf die kritische theorie ist ja wohl etwas daneben, vielleicht solltest du dir über deine wortwahl gedanken machen.
"und biologisten" - tierrechtler*innen sind keine biologist*innen, wenn du den text gelesen hättest wäre dir vielleicht aufgefallen, dass die argumentation nicht in der biologie (mensch=säugetier) hängenbleibt.
das einzige was antispes den sog. "aufgeklärten" und "allen linken politikansätzen" tatsächlich "entziehen" bzw. entziehen wollen, ist der kosnum tierlicher produkte, wie milch, eier und tierleichenteile. da die abschaffung von produkten aus sklaverei und ausbeutungsverhältnissen aber für aufgeklärte linke ja ohnehin selbstverständlich sein dürfte, sollte es ja für dich kein problem sein den ersten schritt in die antispeziesistische praxis, auch veganismus genannt, zu gehen.
Diskussion und Kritik zum Text/Ansatz von Mütherich