Erfolgreiche antifaschistische Demonstration in Schorndorf trotz Polizeischikanen

Personalienaufnahme bei den OrdnerInnen

Über 300 Demonstranten aus verschiedenen Gruppen demonstrierten gegen das Nazizentrum „Linde“ in Schorndorf-Weiler. Die Auflagen (namentliche Erfassung aller Ordner, ein Ordner je zehn Teilnehmer) nahmen geplante Einschränkungen des Versammlungsrechts vorweg. Die unverhältnismäßig hohe Anzahl von Polizisten samt vier aggressiv kläffender Hunde zeugten außerdem von grundsätzlichem Misstrauen gegen die Demonstranten. Trotzdem blieb die Demonstration friedlich und verlief zur Zufriedenheit der Veranstalter ohne größere Zwischenfälle.

Dazu gibt es einen Bericht der AG Demobeobachtung des "Bündnisses für Versammlungsfreiheit":

Am gestrigen Samstag fand in Schorndorf eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto „Kein Platz für Faschisten! Weder in Weiler noch anderswo!“ statt. Auf Anfrage des Veranstalters stellte das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit Demobeobachter auf.

Auflagen, Vorgespräche etc.

Bereits im Vorhinein hatte das Ordnungsamt der Stadt Schorndorf eine Vielzahl an Auflagen erlassen. Auffällig hierbei war die Strenge der Verpflichtungen für den Versammlungsleiter. So wurden für die angemeldete Teilnehmerzahl von 150 Menschen 15 Ordner gefordert. Ebenfalls ungewöhnlich waren die Anforderungen an die Ordner. So wurden diese verpflichtet, an einer Besprechung kurz vor Beginn der Demonstration teilzunehmen und sollten laut Auflagenkatalog „verkehrserfahren“ und „zu ihrem Eigenschutz mit signalfarbenen Warnwesten bekleidet sein“.

Der Veranstalter wurde des Weiteren verpflichtet, „die öffentliche Verkehrsfläche in den Zustand herzurichten wie sie angetroffen wurde“. Hierdurch wurde der Veranstalter widerrechtlich für die Reinigung haftbar gemacht.

Für das Fronttransparent gab es darüberhinaus die Vorgabe, dass es eine maximale Breite von drei Metern nicht überschreiten durfte.

Anreise und Auftaktkundgebung

Die Polizeisprecherin bestätigte gegenüber Demobeobachtern, dass auf Weisung der Bundespolizei vereinzelt S-Bahnen nicht an den Haltestellen Winterbach und Schorndorf-Weiler hielten, da davon auszugehen wäre, dass „Potentielle Störer“ sich im Zug befänden.

Demonstrationsteilnehmer berichteten, dass bei der Anreise aus Ludwigsburg und Heilbronn Personenkontrollen durchgeführt worden seien. Am Versammlungsplatz in Schorndorf forderte die Polizei, trotz mehrfacher Nachfrage nach der rechtlichen Grundlage für diese Maßnahme, die Abgabe, Registrierung und Überprüfung der Personalien aller Ordner.

Das Vorbereitungsgespräch wurde durch die Polizei aufgezeichnet, obwohl der Versammlungsleiter sein Unbehagen über diese Maßnahme zum Ausdruck brachte. Nachdem die Polizei klarstellte, dass ohne die Personalienangabe der Ordner keine Demonstration stattfinden könne, gaben diese ihre Ausweise unter Protest ab.

 

Der Aufbau und das Eintreffen der Demonstrationsteilnehmer wurde durchgängig gefilmt, obwohl die Polizeisprecherin von „einem friedlichen Verlauf“ ausging. Der Einsatzleiter der Polizei betonte gegenüber Pressevertretern, dass der voranfahrende Einsatzwagen der Polizei lediglich live in die Einsatzzentrale übertrage und keine Aufzeichnung vornehme.

 

Mehrere Polizisten dokumentierten darüberhinaus mit einer Handkamera. Ein Hochtransparent durfte nicht mitgeführt werden, da die Befestigungsstangen die festgelegte Maximallänge von zwei Metern überschritten.

 

Ein Träger des Transparentes musste seine Personalien angeben. Über 40 Polizeibeamte waren bei der Auftaktkundgebung im Einsatz.

Die Demonstration

Mit Verspätung begann um 14:55 Uhr der Demonstrationszug.

 

Während des Zugs durch die Innenstadt, wurde die Außenwirkung der Demonstration durch vorausfahrende Polizeifahrzeuge sowie die Begleitung durch Polizisten seitlich und vor dem Demonstrationszug beeinträchtigt. Nach der Zwischenkundgebung zogen die Demonstranten zunächst gemäß der Auflagen auf der rechten Straßenseite weiter, Bald veranlasste die Polizei selbst nach entsprechender Absperrung der Straßen, dass der Demozug die ganze Straßenbreite einnahm. Nach einem kurzen Rennen der Demonstranten bildete die Polizei eine Kette vor dem Zug.

 

Nach mehrmaliger Aufforderung der Veranstalter über die Lautsprecheranlage. dies zu unterlassen, löste die Einsatzleitung der Polizei die Kette auf, was von den Demonstrationsteilnehmern mit Applaus quittiert wurde.

Die Abschlusskundgebung

Die Abschlusskundgebung fand entsprechend der Auflagen in 30 Metern Abstand zum Nazitreffpunkt Linde statt. Die Polizei sperrte den Zugang mit einer Polizeikette und einer Hundestaffel mit vier Hunden ab.

 

Ein Demonstrationsteilnehmer wurde von einem Hund gebissen (Videomaterial liegt dem Verfasser vor und kann auf Nachfrage zur Verfügung gestellt werden). Der Veranstalter forderte über Lautsprecher die Beendigung der Einschüchterung von Demonstrationsteilnehmern durch Hunde. Auch die Abschlusskundgebung wurde, trotz friedlichen Verlaufs, visuell durch die Polizei aufgezeichnet.

 

Der Veranstalter sprach von einem erfolgreichen Verlauf der Demonstration. Die Demobeobachter zählten über 300 Teilnehmer.

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So eine lächerliche Scheiße! Wieso lasst Ihr Eure Personalen aufnehmen. Anstatt das ganze zu skandalisieren und dann mal eine Demo ausfallen zu lassen und danach das Polizeiverhalten zu skandalisieren, muss jede Latschdemo durchgeführt werden, als wenn das das einzige Mittel der politischen Auseinandersetzung wäre. Echt erbärmlich, je weiter man in Deutschland man nach Süden kommt, desto mehr merkt man dass die Leute keine Ahnung haben was grade in D und EU und darüber hinaus los ist. Klassenkampf von oben, und das ziemlich erfolgreich! Leute wacht auf, mit noch einer langweiligen Demo wird es bestimmt nicht besser!

Echt erbärmlich, dass Bewusstsein der Leute mit ihrer Herkunftsregion in Deutschland in Verbindung zu bringen! Lächerlich, von oben herab schlechte Noten zu verteilen ohne mit der Situation und den Überlegungen vor Ort vertraut zu sein oder ohne nachzufragen, warum in diesem Fall nachgegeben wurde.  Arroganter Besserwissertroll, du kotzt mich an!

Naja, inhaltlich antworten ist hier wohl nicht viel.

Die Kritik war nicht, dass je weiter südlich man kommt die Leute dumm sind, sondern dass kein Bewußtsein dafür existiert, dass Demos - so oft sie auch stattfinden - bei der Masse der Menschen in Deutschland offensichtlich nicht ankommen bzw. diese dazu bewegen mit auf die Straße zu gehen. Im Gegensatz z.B. zum Castortransport wo erfreulicherweise nicht nur die üblichen Verdächtigen anzutreffen waren. Und wenn im Süden der Republik die Repression bei Demos höher ist, dann muss das offensichtlich endlich mal anders skandalisiert bzw. in die bundesdeutsche Öffentlichkeit getragen werden als wie bisher.

danke für diesen sehr guten bericht. das beste was ich hier seit langem gelesen habe.

Schön zu sehen, was in der alten "Heimat" los ist.

Scheinbar sind ja jetzt auch viele aus dem Umland/Stuttgart dort aktiv.

Das war 2006 noch ein bisschen anderst.

 

Weiter kämpfen!

Kein Platz für Faschisten in Weiler, Hamburg und anderswo!