Die Proteste gegen den Castor-Transport Mitte Dezember aus dem südfranzösischen Cadarache ins vorpommersche Zwischenlager Nord/Lubmin-Rubenow bei Greifswald werden deutlich größer ausfallen als bisher erwartet, resümierte Felix Leipold vom Rostocker Anti-Atom-Netzwerk. Bei einem Vernetzungstreffen in Greifswald am 21. November zur Organisation der Proteste gegen den unsinnigen hochradioaktiven Atommüll-Transport waren ca. 45 Organisationen aus dem gesamten norddeutschen Raum vertreten.
Bereits Sonntagmittag zeigte eine Abordnung von Aktivisten aus dem Wendland gemeinsam mit der Anti-Atom-Initiative Greifswald Flagge vor dem Zwischenlager Nord und probte schon mal eine Sitzblockade vor der Hauptzufahrt zum Zwischenlager. „Wir stellen uns nicht nur gegen den Gorleben-Castor quer, sondern setzen uns gegen alle gefährlichen und unverantwortlichen Atommülltransporte zur Wehr,“ sagte Freya Rudek des Aktionsbündnis Castorwiderstand (ABC) Lüneburg. Zur Großdemonstration am 11. Dezember um 13 Uhr in Greifswald werden tausende Menschen erwartet. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg hat breite Unterstützung für die Demonstration und die Aktionstage angekündigt.
Am Tag X, voraussichtlich dem 15. oder 16. Dezember, sind bundesweit dezentrale Aktionen entlang der Castorstrecke geplant. Besonders in Städten wie Erfurt, Halle, Magdeburg, Ludwigslust, Rostock, Potsdam/Berlin und Neubrandenburg sowie an der deutsch-französischen Grenze bei Karlsruhe kristallisieren sich Aktionspunkte an der möglichen Castortransportstrecke bis nach Lubmin. Auf den letzten 22 km, der eingleisigen Bahnstrecke von Greifswald zum Zwischenlager, ist mit Sitzblockaden und kreativen Aktionen zu rechnen. Aufgrund der Protestwellen der letzten Monate rüsten sich die Lubminer Initiativen diesmal mehr denn je: Schlafplätze für tausend Menschen in und um Greifswald stehen zur Verfügung, beispielsweise in Gemeindehäusern.
Weitere Unterkünfte werden noch für auswärtige Aktivisten benötigt. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie der skandalöse Transport, zuletzt vor zwei Wochen der Castor nach Gorleben, wiederum mit unverantwortlichen 100 km/h über die Bahnstrecke prescht“, so Bauingenieur Bernd Ebeling von contrAtom aus Uelzen. „Der Transport an sich stellt schon ein sehr großes Sicherheitsrisiko dar.“ Für die Transportbehälter der abgebrannten Brennelemente gibt es nur Computer-Simulationen für das Verhalten bei Unfällen. Falltests wurden in 80er Jahren nur mit einem einzigen Behältertyp durchgeführt, wobei die erreichte Fallgeschwindigkeit 50km/h betrug. Daher werde Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt, so Ebeling weiter.
Nach Angabe des Nuklearexperten Diplom-Physiker Wolfgang Neumann aus Hannover sei bei einem Unfall in Verbindung mit einem längeren Brand (beispielsweise Brand eines Kesselwaggons) das Austreten von großen Mengen radioaktiver Partikel möglich. In Windrichtung würde selbst in 15 km Entfernung der Grenzwert von 50 Millisievert der Strahlenschutzverordnung überschritten werden, in bis zu 5 km Entfernung die Bevölkerung langfristig zu evakuieren bzw. umzusiedeln, so Physiker Neumann weiter.