Die Polizei rechnet am Sonnabend mit Krawallen im Schanzenviertel. Sie weitet die Kontrollen aus und kündigt Aufenthaltsverbote an. VON SASCHA BALASKO UND DENIS FENGLER
STERNSCHANZE. Während vielen Polizisten und Demonstranten das Gorleben-Wochenende noch in den Knochen steckt, steht schon das nächste große Aufeinandertreffen an. Zwei Protestmärsche am Sonnabend setzen die Polizei in Alarmbereitschaft. Insgesamt werden nahezu 5000 Menschen gegen das in der kommenden Woche beginnende Treffen der Innenminister in Hamburg protestieren. Wie das Abendblatt erfuhr, geht der Staatsschutz in seiner Lageeinschätzung von ähnlich heftigen Krawallen aus wie rund um den 1. Mai dieses Jahres. Die Polizei wird deshalb das Schanzenviertel als Gefahrengebiet ausweisen.
Die Polizei nennt eine derartige Maßnahme "Kontrollgebiet". Mit diesem Mittel kann sie sogenannte verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen. Im Gegensatz zum übrigen Stadtgebiet dürfen die Beamten in diesem Bereich jeden, der ihnen auffällig erscheint, durchsuchen und dessen Personalien feststellen. Einer weiteren Begründung bedarf es dafür nicht.
Finden die Polizisten bei den Durchsuchungen etwa Steine, können sie Aufenthaltsverbote aussprechen. Sogar Bewohner des Viertels kann die Polizei von der Straße verweisen und ihnen vorschreiben, sich nur in der eigenen Wohnung aufzuhalten. Bei Verstößen drohen Ingewahrsamnahmen. Allerdings muss die Polizei ihre Maßnahmen befristen. In diesem Fall wird das Schanzenviertel von Sonnabend, 18 Uhr, bis Sonntag, 8 Uhr, als Gefahren- oder Kontrollgebiet ausgewiesen.
"Voraussetzung für die Maßnahme ist, dass mit Störungen zu rechnen ist", sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. "Wir wollen damit verhindern, dass es zu Straftaten kommt." Und dazu wird es nach Einschätzung der Polizei möglicherweise schon tagsüber während der Demonstrationen kommen. Um 14 Uhr versammeln sich die ersten Demonstranten am Hachmannplatz vor dem Hauptbahnhof. Diese Demo mit etwa 1500 Teilnehmern ist nach Angaben der Veranstalter die Auftaktveranstaltung der einwöchigen Proteste gegen die Herbstkonferenz der Innenminister. Die Demonstranten wollen über die Kirchenallee bis zum Speersort ziehen. An der Schmiedestraße soll gegen 15.50 Uhr die Abschlusskundgebung abgehalten werden.
Die Polizei wertet diesen Aufmarsch als "Warmlaufen" für die zweite Demonstration, die um 18.15 Uhr mit einer Kundgebung am Valentinskamp beginnt. Danach ziehen die Demonstranten über den Sievekingplatz, die Feldstraße, den Neuen Pferdemarkt und den Weg Beim Grünen Jäger ins Schanzenviertel, wo vor dem S-Bahnhof Sternschanze gegen 19.50 Uhr eine Abschlusskundgebung abgehalten werden soll. Die Polizei rechnet mit bis zu 3500 Teilnehmern. "Wir gehen davon aus, dass sich schon während des Marsches Kleingruppen vom Demonstrationszug lösen und randalieren, um unsere Kräfte wegzulocken", sagte ein Beamter dem Abendblatt.
Laut Lageeinschätzung des Staatsschutzes werden etwa 500 Autonome (Polizeijargon) am Abend im Schanzenviertel sein. Dazu eine noch unbekannte Zahl von gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die als "Erlebnisorientierte" bezeichnet werden. Wenn die Ausschreitungen ähnliche Auswirkungen haben wie die um den 1. Mai herum, dann ist mit Dutzenden Verletzten zu rechnen. Vor einem halben Jahr lieferten sich Randalierer in zwei Nächten Scharmützel mit der Polizei. Die wird deshalb mit 3000 Beamten im Einsatz sein, gut die Hälfte von ihnen aus anderen Bundesländern. Auch Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, rechnet mit Ausschreitungen nach den Demonstrationen. "Ich habe keine Zweifel, dass die Polizei dann konsequent einschreitet", sagte Lenders. "Wer friedlich demonstrieren will, darf das. Doch wer meint, er müsse randalieren, der wird von der Straße geholt und landet in der Arrestzelle."
MOPO: Stürmt der Schwarze Block die City?
Die Hamburger Morgenpost Schreibt: