Ein Erlebnisbericht über mein "erstes Mal" beim Castortransport ...
Tag1) Wir sind also am Samstag zur Demo, 50.000 Leutchen....und was absolut krass im Wendland zu erleben war - die Solidarität der Einwohner. Es gibt 600 Gehöfe im Wendland, bei der Demo waren 600 Trekker vor Ort. Was mich so richtig angestunken hat, war die Politprominenz, von Grün bis Links, die sich für ein Bildchen auf dem Trekker ablichten ließen, um dann fix wieder nach Berlin abzuduften.....Ich erinnere mich: es war Rot-Grün, die den Afghanistan Krieg angefangen haben, Hartz 4 eingeführt haben, und einen faulen Atom-Kompromiß aushandelten......
Hier ein Mythos aus den Medien: "Beim Ausheben des Lochs zur Unterhöhlung der Strasse griffen Autonome die Polizei an". ES GAB DORT KEINE STEINE!!!!! Das war eine Wiese, Feuerwerkskörper habe ich auch nicht gesehen/nicht gehört. Was ich gesehen habe war, dass ca. 100 schwer bewaffnete Polizisten ein Karnickelloch bewachten.......
Tag 2) Auf der Fahrt zu den Gleisen, bei strahlenden Sonnenschein, nahmen wir ein paar Süddeutsche mit, die über Nacht ins Wendland gekommen waren, direkt von der Südblockade (nach der Grenze, der Zug musste umgeleitet werden). Und wieder: die Fürsorge der Einheimischen war sehr, sehr beeindruckend, überall Stände an den Gärten, wo Kuchen, Kaffee, Tee usw. angeboten wurde! Das war der Wahnsinn!!!!!!! Schließlich gelangen wir zu den Gleisen.....Kampfmaschinen mit Hunden, berittene Polizei, und natürlich: Trekker, die die Zufahrstraßen blockierten...., was für ein schönes Bild (also...die Trekker, nicht die Bullen)! Schließlich kamen wir zu den Gleisen, eine etwas verwirrte Polizei hinderte uns ein wenig, aber dann auch nicht. Auf den Gleisen: tausende junge/alte Menschen mit lustigen Hüten, Plakaten, Fahnen.....Musik, kleine Kinder tollten zwischen den Gleisen hin- und her......PEACE......Volksfeststimmung......immer wieder eine aufmarschierende und abziehende Polizei......Kampfmaschinen mit -leider auch- dem sächsischen Staatswappen auf der Schulter....die waren NICHT gut drauf......Als wir ankamen, war niedersächsische Polizei an den Gleisen. Als ich ihnen in die Augen schaute, glaubte ich, beschämte Blicke zu sehen. Einige schauten zu Boden......
Die Stunden vergingen. Irgendwann eine lustige Trommeltruppe..........und die Meldung:"Wir haben mit der Einsatzleitung verhandelt, die Polizei sieht sich zur Zeit nicht in der Lage zu räumen. Wir besetzen 3km Schiene mit 5000 Menschen". Jubel, Euphorie. Es wird Nacht, immer mehr Polizeiautos......, die begrüßt werden aus 5000 Kehlen mit "EURE KINDER WERDEN SO WIR WIR." Eine Scheißkälte!!!! Eine Scheißkälte...und wieder: die Solidarität der Einheimischen und die gute Organisation aus den Camps: belegte Brote, Suppe, Tee, Kaffee, Decken........Die Polizisten setzen die Helme auf, Agression in der Luft. Als im Rücken von uns auch Polizisten aufmarschieren habe ich das erste mal richtig Panik, mein/unser Fluchtweg ist versperrt. Ich muss kurz raus......wir gehen dann wieder an die Gleise zurück. So habe ich auch Angst vor den Hunden, ich habe eine Scheißangst vor Hunden seit meiner Kindheit, und vor berittener Polizei. Einer von der Schottertruppe berichtet mit aschfahlen Gesicht von Prügelorgien der Polizei.....
Die ganze Szene wirkt wie in "Herr der Ringe". Stellt Euch vor, es ist dunkel, richtig dunkel. Auf der einen Seite eine lustige, singende Menge, teilweise 70 Jahre alte Menschen und viele Teenies mit bunten Klamotten, Feuerchen, an denen die Leute sich wärmen.... Auf der anderen Seite Maschinen in Kampfmontur, Knüppeln, Helmen und künstlichem Licht..., Maschinen-Menschen die sich nicht bewegen. Sauron hat seine Orks los geschickt....
Es ist 21.30 Uhr, wir sind seit ca. 13.00 Uhr auf den Schienen. Mir ist hundekalt. Meine Freundin fängt an zu singen: "Manamana manamana". Ich fange an im Rhytmus zu wippen. Das hilft. Die Bullen wirken total durcheinander. Als meine Freundin einen Polizisten hinter uns fragt, ob wir aus den Kessel noch raus kommen würden und ob nur Nachrückende abgehalten werden, schaut der ängslich nach links, ängstlich nach rechts und flüstert "Das weiß hier keiner so richtig" und grinst.......es ist 21.45 Uhr. Die Meldung wird verbreitet, dass die Bauern die Zufahrtswege mit ihren Trekkern blockiert haben, und die Polizei nicht genug Kräfte hat, um uns zu räumen. Der Zug steht!!!!!!!! Polizeipropaganda??? Nein, es ist die Wahrhheit!!!! Sieg!!!! Wir einigen uns darauf, dass wir abbrechen. Wir frieren fürchterlich, die Spielchen, wann die Bullen zuschlagen zehren an der Nerven. Wir verschwinden. Auf dem Weg zum Auto zurück sehen wir ein vorbereitetes Schlachtfeld: Wasserwerfer, Gefangenentransporter.....Vorbereitungen zum Bürgerkrieg? Für die Opis und Omis, für die vielen Teenis auf den Schienen???? Es wird der Platz sein, wo am nächsten Tag ca. 1500 Leute am frühen Morgen stundenlang interniert werden.....
Tag 3) Wir fahren zurück. Bei der Meldung, dass der Zug eingefahren ist in Danneberg, musste ich heulen. Bin heute ziemlich fertig mit den Nerven, aber auch ein bissel, klein wenig, stolz. Und habe ein schlechtes Gewissen, die Kameraden/innen auf den Schienen zurück gelassen zu haben, im warmen zu sitzen......immer noch, auch jetzt.
Noch ein paar Sachinfos: Das Material in den Castoren würde nach 1min zum Strahlentod führen. Die Radioaktivität eines Castors entspricht der von Tschernobyl, das wird durch Deutschland gefahren.... Es gibt kein Endlager, weltweit nicht. Das Nuklearmaterial hält sich 1.000.000 Jahre...... Keiner weiß wohin mit dem Müll. Gorleben ist herzlich ungeeignet, kein anderers Bundesland will den Müll haben. Kernenergie ist keine Brückentechnologie, dass wären kleine Gaskraftwerke, die die Schwankungen von Windenergie und Sonnenenergie ausgleichen könnten. Kernenergie verstopft die Stromnetze, weil man die Kernkraftwerke nicht flexibel hoch- und runterfahren kann. So lange Kernkraftwerke bestehen, werden alternative Energien nicht ausgebaut, beides verträgt sich nicht.
An den Castortransporten ist alles was ich an diesem Land und diesem System hasse: Polizei die Wirtschaftsinteressen schützt, Demokratie die ignoriert wird, die Parteien die nur lügen, die Medien die nur propagandieren anstatt unabhängig zu informieren, eine Menschenfeindliche Technologie, Lobbybestimmte Politik....
Randbemerkungen:
Es sollen kroatische, polnische und französische Polizisten eingesetzt worden sein, das ist gesetzeswidrig.
Ich habe so etwas noch nie erlebt. Die Verbundenheit und Entschlossenheit wird mir unvergesslich bleiben. Die tapferen Einwohner/innen im Wendland sind mir sehr ans Herz gewachsen. Abends, bevor wir ans Auto kamen, gabs noch Kuchen...lecker Kuchen, frisch gebacken von Anwohnern/innen für uns....
Beim Auto: Eine ca. 60 Jahre alte Frau redete mit einem Polizisten ziemlich erregt: "Sie kommen da nicht durch, da müssen sie jemanden erschiessen"...................
Randbemerkungen: Es sollen
Randbemerkungen:
Es sollen kroatische, polnische und französische Polizisten eingesetzt worden sein, das ist gesetzeswidrig.
Kannst du das auch irgendwie belegen?
ein französischer CRS bulle
ein französischer CRS bulle war sogar beim prügeln mit dabei:
http://tinyurl.com/369pogq
bulln aus polen
zu der frage wegen bulln aus anderen staaten:
in dannenberg liefen am freitag auf jeden fall polnische bullen rum.
das hat wahrscheinlich damit zu tun das im dezember der nächste castor nach greifswald fährt. und das ist an der polnischen grenze.