16.08.2010 / Ausland / Seite 6
Im Auftrag der CIA
Washington setzt Einmischung in Lateinamerika fort. Neue Erkenntnisse über Putsch in Honduras
Von Manola Romalo
Die Destabilisierung progressiver Regierungen gehört weiter zum Repertoire von Washingtons Botschaftern in Lateinamerika. Anfang August nominierte die Obama-Administration Larry Palmer als ihren neuen diplomatischen Vertreter in Venezuela. Palmer ist kein Anfänger: Als US-Botschafter in Honduras setzte er sich von 2002 bis 2005 für eine totale Öffnung der Märkte ein und leitete danach die CIA-nahe »Interamerikanische Stiftung« (IAF) in Washington. Noch vor seiner Akkreditierung in Caracas zeichnete der Diplomat bei einer Anhörung im US-Senat ein düsteres Bild seines zukünftigen Gastlandes. Es gäbe »klare Verbindungen zwischen Mitgliedern der Chávez-Regierung und der FARC«, der kubanische Einfluß in der Armee sei »besorgniserregend«, Sozialarbeiter würden von »kubanischen Paramilitärs geschult«. Er sehe es als seine Aufgabe in Venezuela an, »die Demokratie und die Pressefreiheit« zu überwachen. Präsident Hugo Chávez forderte darauf in seiner Fernsehsendung »Aló, Presidente« am 8. August Präsident Obama auf, einen anderen Kandidaten auszusuchen: Palmer sei für eine diplomatische Funktion ungeeignet. Für Philip Crowley, Pressesprecher des State Departments, verfügt Palmer jedoch genau über die »notwendige Erfahrung«, um in Venezuela ein erfolgreicher Botschafter zu sein. Fragt sich nur, für wen.
Der Fall Palmer zeugt von erstaunlichen Parallelen mit dem jetzigen US-Botschafter in Honduras, Hugo Llorens, der am Putsch gegen Präsident Manuel Zelaya tatkräftig mitgewirkt hatte. Am 30. April enthüllte dessen früherer Minister Roland Valenzuela in einem brisanten Interview im Studio des Senders Radio Internacional in San Pedro Sula unbekannte Details. So schickte Roberto Micheletti, damaliger Kongreßpräsident und späterer Diktator von Honduras, am 10. Juni 2009 dem Diplomaten über einen Mittelsmann den Entwurf eines Dekrets »zur Korrektur« zu: »Botschafter Llorens, hier ist die Verordnung die mir Micheletti geschickt hat. Es fehlen einige Korrekturen, aber Ihre Meinung ist dringend erforderlich!«. Durch dieses Dekret wurde Präsident Manuel Zelaya achtzehn Tage später abgesetzt. Wie andere von Valenzuela im Studio verlesene Dokumente war auch dieser Entwurf bereits auf den 28. Juni datiert. Llorens notierte auf dem Entwurf: »Der Abschnitt, in dem Präsident Zelaya beschuldigt wird, sich sein Amt widerrechtlich angeeignet zu haben, ist nicht gut argumentiert, er braucht größere Beweiskraft.« Der Diplomat gab weitere schriftliche Anweisungen, wie die für den 28. Juni 2009 vorgesehene Volksbefragung über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, der »Constituyente«, diskreditiert werden sollte.
Obwohl die Mitwirkung Washingtons und des Pentagon über dessen Militärbasis Palmerola an dem Putsch schon vor dem Interview nachgewiesen worden war, belegen die von Valenzuela während des 90minütigen Interviews vorgelegten Dokumente, wie aktiv der in Kuba geborene Botschafter Llorens und die CIA in die Ereignisse verwickelt waren.
Die »Koordinatorin und Organisatorin des Putschs« war laut Valenzuela Jacqueline Foglia Sandoval. Diese habe die Dokumente in der Bar eines Hotels in San Pedro Sula vergessen. Dessen Barmann überreichte sie dann Valenzuela, der unter Zelaya für landwirtschaftliche Programme verantwortlich gewesen war. Nach Absolvierung der Militärakademie West Point im Bundesstaat New York war Sandoval Militärattaché der honduranischen Botschaft in Washington, Mitglied der honduranischen Streitkräfte und bis März 2009 Leiterin eines mit Geldern der USAID finanzierten Auslandsprogramms der in Washington und Tegucigalpa sitzenden Zamorana-Akademie. »Sandoval weist die typische Karriere einer Top-Kraft der CIA auf«, sagte dazu der kanadische Geheimdienstspezialist und Buchautor Jean-Guy Allard der jW.
»Der Präsident kann nicht zurückkehren, weil uns die US-Amerikaner verraten haben. Sie haben uns immer verraten«, sagte Zelayas Exminister am Ende des Interviews. Roland Valenzuela wird vor der Wahrheitskommission der Nationalen Widerstandsfront (FNRP) nicht mehr aussagen können. Am 15. Juni wurde er in seiner Heimatstadt San Pedro Sula von einem »Geschäftsmann« hinterrücks erschossen.