[NoG20] Übersetzung Brief von Maria aus JVA Billwerder / Kundgebung HH, Bilbao und Genua

Roma
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So, 6.8. finden einige Soli-Kundgebungen statt: Freiheit für die Gefangenen! Demos: 13:00 Bilbao (vor dt. Konsulat), 14:00 JVA Billwerder/Hamburg, 18:00 Genua

Es gibt eine Kampagne, Briefe an die #NoG20prisoners zu schreiben. Hier eine Übersetzung eines schon etwas älteren, aber lesenswerten Briefes von Maria, die ebenfalls noch in der JVA Billwerder sitzt.

 

Schreibt ihr:

MARIA ROCCO
JVA Billwerder
Dweerlandweg n° 100
22113 Hamburg
Germany

 

Freitag, 14. Juli 2017

 

Heute vor 2 Jahrhunderten wurde die Bastille vom Volk gestürmt.
Heute errichten diejenigen, die die Erstürmung der Bastille als Gründungsdatum moderner Demokratien feiern, überall neue Festungen. Niemand sollte hier drin sein müssen. Nie wieder. Es ist zu viel für eine einzelne Person. Ob es Minderjährige sind, schwangere Frauen oder Frauen, die eigentlich in einem Krankenhaus sein müssten - alle in den gleichen grauen Anzügen...


Ich weiß, dass ihr alles Mögliche versucht, um mich hier herauszuholen und ich danke euch dafür. Es tut mir leid, dass ihr euch Gedanken, Sorgen machen müsst.
Ich habe hier euer Telegramm und in Wirklichkeit hatte ich gehofft, heute herauszukommen und euch laut und herzlich zu danken! Im Gegensatz dazu bin ich weiterhin hier, der Einspruch [gegen meine Haft] wurde nicht akzeptiert. Aber in dem Moment, wenn ihr diesen Brief erhalten werdet, wisst ihr das ja bereits.


Wir waren zu fünft in dieser Situation gewesen, alle  Arm in Arm. Die beiden Deutschen sind Mittwoch rausgekommen, heute ist die Venezolanerin entlassen worden - aber nur auf Kaution von 10.000 €, ja zehn Tausend!
Hier drin bleiben ich und eine Kurdin. Sie ist sehr stark - immer positiv, und das, obwohl zwei ihrer Brüder in Kurdistan gefallen sind.
Das einzig Schöne hier sind die Beziehungen, die wir knüpfen. Alle sind so freundlich, altruistisch. Alle sind jederzeit bereit, dich zu umarmen.
Was alles andere betrifft, habe ich kaum noch Illusionen...  Einmal ließen sie uns zu dritt aus den Zellen, angeblich, um mit unseren AnwältInnen reden zu können - in Wirklichkeit wollten sie nur unsere DNA.


Ich muss hier an sich immer mit dem Schlimmsten rechnen, obwohl das überhaupt nicht meine Art ist. Das erste Gefängnis, in das sie uns gebracht hatten, war ein Fertigbau mit 10qm kleinen Kammern. Wir waren darin für zwei Tage zu fünft, ohne alles, kein Fenster, wir mussten um alles bitten, auch darum, etwas zu Trinken zu bekommen und darum, aufs Klo gehen zu können - natürlich nur unter Aufsicht. Fast ohne Essen. Hier ist es jetzt ein wenig besser - ich habe zumindest ein Bett und ein Bad. Ihr wisst ja schon, dass ich hier nur sitze, weil ich kurz zurückblieb, um einer Verletzten zu helfen, deren Bein "zerbrochen" war - im wahrsten Sinne, der Knochen war zu sehen, der Fuß war "nur" zur Hälfte getroffen worden... Ich glaube, diesen Anblick werde ich nie wieder vergessen. Genauso wenig wie den der Polizei, die sie mit bloßen Händen schlug.


Und ich konnte mir nicht ausmalen, hier gelandet zu sein, dafür, dass ich nichts gemacht habe. Obwohl ja alle hier drin wegen nichts sitzen. Wegen Diebstahl vor allem. Leute, schreibt etwas über das, was passiert ist, bitte! Schweigt nicht. Wenn ihr wollt, veröffentlicht das, was ich euch schreibe.


Ich weiß wiederum nichts von Fabio, ich hatte ihm geschrieben, aber er hat nicht geantwortet. Er müsste im gleichen Knast sein wie ich. Wenn ihr Infos zu ihm habt, schreibt mir das und schreibt mir überhaupt!


Wenn ihr mir eine Briefmarke rein tun könnt, kann ich antworten. Ich werde bis mindestens Mittwoch hier ausharren müssen. Danach - ich weiß es nicht. Ich wünsche euch ganz viel Gutes, euch allen. Eine Umarmung, ich hoffe, bald zurück zu kommen.
Maria


Maria weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Fabio im Jugendknast Hanöfersand festgehalten wird, dreißig Kilometer außerhalb von Hamburg, dass es ihm gut geht und dass er gut mit den anderen dort klarkommt.


Auch seiner Entlassung nach Zahlung einer Kaution auf Vorschlag des Gerichts wurde von der Staatsanwaltschaft Hamburg ebenso wenig zugestimmt, wie der von Maria.


Sie weiß auch nicht, dass im Gegensatz zu Fabio jedoch Alessandro, Orazio, Emiliano und Riccardo zusammen im Männertrakt ihres Gefängnisses, also der JVA Billwerder sitzen, die letzten beiden sind Zellennachbarn.

hier das Original und mehr Infos auf Italienisch:

 

http://www.radiondadurto.org/2017/07/26/g20-amburgo-ancora-35-persone-in...

 

Bisher sind die Einsprüche gegen die Untersuchungshaft alle von der Staatsanwaltschaft Hamburg abgelehnt worden...

 



In Genua wird am Sonntag ebenfalls für die Freiheit der Gefangenen demonstriert:

http://www.informa-azione.info/genova_presidio_in_solidariet%C3%A0_con_arrestat_al_g20_di_amburgo:

 

Sonntag, 6. August wird eine Soli-Kundgebung am Gefängnis Billwerder in Hamburg stattfinden. In der JVA Billwerder sitzen die meisten derjenigen, die in den Tagen des g20 verhaftet worden sind. Zur gleichen Zeit, in Genua, laden wir euch zu einer Kundgebung ein, aus Solidarität mit den Verhafteten und um zu zeigen, dass wir mit ihnen sind und sie unterstützen.

Sonntag, 6. August um 18.00 Uhr
PIAZZA SAN LORENZO - GENUA

Freiheit für alle!
Eine solidarische Umarmung für Riccardo und alle anderen Gefangenen in Hamburg! Solidarität und Kraft den Revoltierenden gegen G20!

GenossInnen und Solidarische aus Genua

Libertà per tutti e tutte!

 

Domenica 06 agosto si svolgerà ad Amburgo una presenza solidale sotto al carcere di Billwerder, dove sono detenuti alcuni degli arrestati durante le giornate del g20. Contemporaneamente, a Genova, invitiamo ad un presidio in solidarietà agli arrestati per dimostrare loro vicinanza e supporto.

DOMENICA 6 AGOSTO ORE 18.00
PIAZZA SAN LORENZO - GENOVA


Libertà per tutti e tutte!

 

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Wie die taz berichtet, wird die Tatsache, dass Menschen solidarische Briefe in den Knast bekommen bzw. dass dazu aufgerufen wird, ihnen Briefe zu schreiben, von der zuständigen Staatsanwaltschaft mit als Argument benutzt, die Betroffenen weiter in U-Haft zu halten.

 

Das soll natürlich nicht heissen, dass jetzt keine Briefe mehr geschrieben werden sollen. Solidarität ist eine Waffe! Aber es sollte zum einen klar respektiert werden, wer Briefe bekommen möchte und wer lieber nicht, und zum anderen sollten alle Briefe-Schreiber*innen auf dem Schirm haben, dass der Staat mitliest...

 

"...Stattdessen führt das Gericht Indizien an, die die Szenezugehörigkeit des 18-Jährigen belegen sollen, und macht ihn für die gesamten Ausschreitungen mitverantwortlich: „Der Beschuldigte hat die bürgerkriegs­ähnlichen Zustände mitverursacht“, schreibt das Gericht. Das ergebe sich aus der Festnahmesituation aus dem Schwarzen Block heraus. Tatsächlich erfolgte die Festnahme aber schon vor den schweren Ausschreitungen am Freitagabend.

 

Als Indizien für die Szenezugehörigkeit führt das Gericht außerdem die Kleidung des Festgenommenen an: Eine schwarze Gore-Tex-Jacke, ein schwarz-weißer Schal und dunkle Turnschuhe. Auch die Tatsache, dass auf der linken Internetplattform Indymedia ein Aufruf steht, dem 18-Jährigen und allen anderen G20-Gefangenen Solidaritätspost in den Knast zu schicken, führt das Gericht gegen den Beschuldigten an.

 

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts gab zu, dass dies keine alltägliche Argumentation sei. Allerdings seien die Umstände ja auch nicht alltäglich..."

 

http://www.taz.de/!5432364/