Alles wie immer...

Chris-Henry Knaak und Mario Schröder beim Tollensemarsch 2017

Nachdem es sich durch den Einzug der AfD in den Schweriner Landtag auch in der Seenplatte prima mit den Aktivitäten jener Männerbünde in der Andropause, bestehend aus gescheiterten CDU-Karrieren, Burschenschaftern und Reichsbürgern, ablenken ließ, gab es Anfang des Monats wieder zwei eher klassische Events der rechten Szene in der Kreisstadt Neubrandenburg.

 

Später als gewöhnlich fand am Sonnabend, den 4. März, der nunmehr 14. sogenannte Tollensemarsch rund um den gleichnamigen See statt. Mit nur 26 Teilnehmer*innen, die sich nach einem Schleusungspunkt an der Aral-Tankstelle auf dem Lindenberg wie gewohnt ab 9 Uhr vom Augustabad entgegen dem Uhrzeigersinn auf den etwa 35km langen Weg machten, zeigte sich die Resonanz auf die rechte Seeumrundung weiterhin stark rückläufig. Ursache dafür könnte der sich über die Jahre manifestierte, massive Polizeieinsatz sein, der den Marsch, der keine anmeldepflichtige Versammlung darstellt, über den Tag begleitet - auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, die Absprachen zwischen Behörden und Neonazi-Szene scheinen zuverlässig zu funktionieren. Es liegt jedoch nahe, dass die nach wie vor konspirativ organisierte Veranstaltung für viele Neonazis, die nicht, umschwärmt von Bereitschaftseinheiten durch den Wald watscheln wollen, an Attraktivität verloren hat. Darüber hinaus war es antifaschistischen Recherche-Teams immer wieder gelungen, Teilnehmer*innen abzulichten, die mit ihrer Teilnahme, ihre Szenezugehörigkeit und ihr Netzwerk dokumentierten - so zuletzt der Greifswalder Marcus Gutsche 2014/2015/2016. https://publikative.org/2015/02/06/von-der-wiege-bis-zur-bahre-braune-pa...

Das Event, das aus der völkisch geprägten Neonazi-Szene rund um den Ex-Neustrelitzer David Petereit und den September 2014 aufgelösten Verein "Kulturkreis Mecklenburg Strelitz" von u.a. Petereit und Maria Tomzek (geb. Rossow, Ehefrau des Hammerskins Denis Tomzek und Ausbilderin am Dietrich Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg) stammt, findet seit 2004 rund um das letzte Februarwochenende statt und war über viele Jahre ein Gradmesser für den Zustand und Vernetzungsgrad der Norddeutschen Neonazi-Szene. Hintergrundstruktur waren neben genanntem Verein und der damit verbundenen, mittlerweile verbotenen, Kameradschaft "Mecklenburgische Aktionsfront", die bundesweit organisierte und ebenfalls 2009 verbotene Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ). Mit über 120 Teilnehmer*innen im Jahr 2006 beispielsweise lief das Who-is-who der völkisch-rassistischen Neonaziszene in großer Zahl auf. [[Im Netzwerk befanden sich illustre Gestalten wie Tino Streif, Lutz Giesen, Sebastian Räbiger, Friedrich Tinz , Ragnar Dam , Ricardo Kaster (ehem. Heimatbund Pommern), Enrico Hamisch, Diana Teucher, Jens Blasewitz und Denis Tomzek.]]

Das Line-Up 2017 hatte auf den ersten Blick weniger spannende Figuren zu bieten. Neben David Petereit als Veranstalter, spazierten die ehemaligen HDJ-Aktivisten Friedrich Tinz aus Satow und Stephan Zahradnik aus Bad Doberan mit um den See. Darüber hinaus nahmen das Warener Nazi-Kasperle Chris Knaak und Mario Schröder (Mitglied der sogenannten Kameradschaft Neubrandenburg) teil.(Foto)  Infrastruktur stellten wieder Neonazis aus dem Raum Burg Stargard, unter ihnen Andreas Berlin.

Am frühen Nachmittag war das stets gleiche und von der Zivilgesellschaft meist mit Desinteresse belohnte Spektakel vorbei.

Doch mit der mittlerweile elften "Fight Night", gab es das passende Abendprogramm - gesponsert vom Vertreter des rechten AfD-Flügels Enrico Komning. Der Kampfsportveranstaltung in städtischen Immobilien war insbesondere im Jahr 2012 große Aufmerksamkeit zu Teil geworden, als mit dem Bargischower Silvio Dahms und dem Neubrandenburger Denis Tomzek zwei organisierte Neonazis auf dem Werbeplakat zu sehen waren und Dahms zudem noch stolz das Logo der Neonazi-Kameradschaft "Kameradschaftsbund Bargischow" (KBB) präsentierte. Dabei handelt es sich um eine Art Supporter-Organisation eines der ältesten und bekanntesten Neonazi-Netzwerke des Bundeslandes, dem Kameradschaftsbund Anklam.
Im Anschluss an das Bekanntwerden gab es großes Medieninteresse und eine unsachliche politische Debatte in der Stadt, die einen versuchten Angriff auf ein Reporterteam des NDR sowie einige Lippenbekenntnisse der Veranstalter zur Folge hat. Ronny Schindhelm, mit seinem Bruder stadtbekannt als Jungs fürs Grobe und unsaubere Sportler, hat als Cheftrainer des ladenden "First Fight Team" diverse Statements gegen Rassismus vortragen lassen und Tomzek zunächst aus der ersten Reihe genommen, kämpfte er bei der umstrittenen Fight Night noch mit T-Shirt, hieß es nach dem Aufdecken weiterer Neonazi-Verbindungen des First Fight Teams, er würde nicht mehr offiziell antreten. Doch dauerte es nicht lange und Tomzek, dessen Rücken das Logo der international organisierten Hammerskin Nation ziert, wurde Kinder- und Jugnedtrainer des Dojos in Neubrandenburg-Fritscheshof. Erfahrungen in der Kampfausbildung von Kindern sammelte Tomzek bereits zuvor in der sogenannten Heimattreuen Deutschen Jugend, wo er bereits mit Kindern über die Matten gerutscht ist. Noch immer verbinden persönliche Kontakte die kleine Familie Tomzek mit ihrem alten Netzwerk, wie unter anderem der HDJ-Wasauchimmer Frank Klawitter aus Gützkow bei Greifswald.
Und in diesem Jahr war es dann auch wieder so weit, dass Tomzek vor großem Publikum in den Ring stieg. Zwar verlor der mittlerweile 40-jährige Maler seinen Kampf deutlich, doch konnte "Tomi" sich der warmen Worte des Ringsprechers sicher sein, der ihn als "ein herzensguter, ein fetziger, ein wirklich guter Mensch" ankündigte. Das Publikum, darunter auch wiederholt Tomzeks Freunde aus der Naziszene, bejubelte den Auftritt ihres Kameraden.
Die Verbindungen des FFT in die rechte (Sponsoring AfD-Komning, rechtsaußen Anwaltskollege Hagen Schäfer) und in die ganz rechte (Neonazi-Fighter Silvio Dahms, Denis Tomzek, Christian Mesekow, Promoshootings mit der Torgelower Nazi-Fotografin Marie Dorant) Ecke, lassen an Vielfalt nicht zu wünschen übrig.

Wiederholt muss die Stadt Neubrandenburg sich fragen lassen, wie sehr sie sich von den Geschäftemachern auf der Nase herumtanzen lassen will und wie lange sie Neonazis alljährlich eine Bühne bieten will. Auch fehlt es noch immer an klaren Botschaften aus der Region gegen die rechten Umtriebe um den Tollensesee. Dass nach wie vor Nazis jedes Jahr durch Alt  Rehse flanieren, das Nazi-Musterdorf in dem durch die Unterweisung von Ärzten in Rassenhygiene, der Weg für den Völkermord geebnet wurde, ist unerträglich. Behörden kooperieren augenscheinlich mit Neonazis und stemmen alljährlich einen Einsatz um 26 Neonazis einen ungestörten Wandertag zu bereiten. Wer stellt nun die richtigen Fragen?

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Mario Schröder arbeitet als Schulbegleiter und begleitet eine Schülerin an der Evangelischen Schule St. Marien in Neubrandenburg. Seine Gesinnung ist in der Schule sowohl bei den Schülern als auch bei den Lehrkräften bekannt. Eine Auseinandersetzung mit der Person findet nicht statt. Schulintern wird er "Nazi-Schröder" genannt.