Gerechtigkeit: Warum diese jungen Männer in der AfD sind

Gerechtigkeit: Warum diese jungen Männer in der AfD sind
Erstveröffentlicht: 
07.03.2017

Thorben, Andreas und Max-Eric aus Baden-Württemberg erzählen

 

Von Sascha Maier

 


 

Warum wir mit der AfD sprechen

 

Die AfD duldet Rechtsextreme in der Partei und schürt Hass auf Medien und Politiker. Wir haben dazu eine klare Meinung. Aber es gibt eben AfD-Wähler und Menschen, die sich in der Partei engagieren. Weil wir verstehen wollen, was sie zur AfD treibt, sprechen wir mit ihnen – und nicht nur über sie. Zum Beispiel in diesem Interview mit einem AfD-Abgeordneten. Oder hier in diesem Beitrag.

 


 

Thorben Schwarz ist seit vergangenem Jahr Mitglied in der AfD. Er wohnt in Baden-Württemberg, trägt eine gepunktete Fliege und passendes Einstecktuch. Wenn er über seine Schule spricht, das Alfred-Amann-Gymnasium in der Nähe von Heilbronn, sagt er Dinge wie: "Früher, als das noch keine ideologisch geprägte Anstalt war, standen dort keine Sofas rum." Thorben Schwarz ist 18 Jahre alt.

 

Er hat sich zusammen mit zwei anderen jungen AfD-Mitgliedern dazu bereiterklärt, mit bento über seine Motivation zu sprechen, der rechtspopulistischen Partei beizutreten.

 

Wir treffen uns in einem Brauhaus im Herzen Stuttgarts, direkt am Schlossplatz. Außer Thorben sind noch zwei seiner Mitstreiter da. Max-Eric Thiel, 28 Jahre alt, Mechatroniker aus Schorndorf. Und Andreas Schumacher, 26 Jahre alt, studiert in Freiburg Germanistik und Politikwissenschaften auf Lehramt. Alle drei engagieren sich in der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD.

 

Der AfD wird häufig nachgesagt, sie sei vor allem eine Partei der abgehängten, alten Männer, Wohnsitz oft Ostdeutschland. Thorben, Max-Eric und Andreas wirken erst mal wie das Gegenteil. Sie sind jung, sie kommen aus Baden-Württemberg, sie haben Arbeit oder machen Abitur.

 

Im Wirtshaus hat Mechatroniker Max-Eric eine halbe Schweinshaxe bestellt, Thorben sitzt vor schwäbischen Maultaschen und Student Andreas beim Weizenbier.

 

So unterschiedlich die drei wirken, in einem sind sie sich einig: Mit der Situation in Deutschland sind sie überhaupt nicht zufrieden.

 

Warum seid ihr in die AfD eingetreten?

 

Die EU hat zu viel Macht.


Max-Eric ist am längsten dabei, er war schon AfD-Mitglied, als Bernd Lucke die Partei führte, bevor dieser von Frauke Petry gestürzt wurde. Er sagt: "Mir hat es gestunken, dass immer mehr Kompetenzen an die EU gegangen sind. Ich bin für Volksentscheide nach Schweizer Vorbild."

 

Die Liberalen haben enttäuscht.

 

Thorben war vor allem von den Jungen Liberalen enttäuscht, wo er zuvor Mitglied gewesen ist. "Gesellschaftspolitisch ist meine Position konservativ, was das Marktgeschehen angeht, bin ich regelrecht libertär", sagt der Schüler. Bei den JuLis sei das häufig genau anders herum gewesen.

 

Unzufriedenheit mit der grün-roten Bildungspolitik in Baden-Württemberg

 

Andreas schloss sich der AfD an, nachdem die grün-rote Bildungspolitik in Baden-Württemberg mehr sexuelle Aufklärung und mehr Akzeptanz für sexuelle Minderheiten im Schulunterricht forderte. Das war nicht Andreas’ Welt. Er besuchte die "Demos für alle" in Stuttgart, wo gegen diesen Bildungsplan protestiert wurde – und wo die AfD ganz vorne mitmarschierte. "Dort habe ich Markus Frohnmaier getroffen", sagt Andreas und es schwingt Bewunderung in seiner Stimme mit. Frohnmaier ist Bundesvorsitzender der Jungen Alternative und soll laut "Badischer Zeitung" Kontakte zur rechtsextremen Hooligan-Gruppe German Defense League unterhalten haben.

 

Was haltet ihr von Rechtsextremisten?

 

Andreas: "Überhaupt nichts, schließlich wurde ich katholisch erzogen. Aber manchmal kann ich die Aufregung nicht verstehen, dass jede Position, die nicht Mainstream ist, in diese Ecke gerückt wird. An der Rede von Björn Höcke kann ich inhaltlich nichts Problematisches erkennen."

 

Björn Höcke hielt Mitte Januar eine Rede in Dresden, die die Partei eindeutig in die rechtsextreme Ecke rückte. Darin hatte er nicht nur das Holocaust-Mahnmal in Berlin als "Denkmal der Schande" bezeichnet, sondern sich auch ein Umdenken in der deutschen Geschichte gewünscht. Mehr dazu liest du hier.

 

Max-Eric: "Leute wie Höcke würde ich aus der Partei am liebsten ausgeschlossen sehen, sie schaden uns nur. Das hält aber andere nicht davon ab, uns als ,Nazis‘ zu bezeichnen, was wirklich weh tut.“

 

Thorben: "Ich grenze mich klar von allem ab, was irgendwie im Dunstkreis der NPD ist. Von Nazis halte ich genauso wenig wie von Marxisten."

 

Wie geht es euch mit eurem Partei-Engagement im Alltag?

 

Andreas: "Als ich mit einem Kommilitonen an meiner Uni in Freiburg gemeinsam ein Referat halten sollte, stellte er mich vor dem ganzen Hörsaal an den Pranger und erklärte, dass er sich weigere, weil ich in der AfD bin. Damals bin ich über sowas noch schockiert gewesen. Heute habe ich mich an die Sprüche und schiefen Blicke gewöhnt."

 

Max-Eric: "Seit ich zu meiner Parteimitgliedschaft stehe, gehören Anfeindungen zum Alltag – aber das verbindet uns auch. Man muss schon was einstecken können. Linksautonome haben mir mal ,Fuck Nazi‘ an die Hauswand gesprüht, tätlich angegriffen wurde ich auch schon."

 

Thorben: "Wenn wir auch sicher nicht der Mehrheitsmeinung angehören, wie sie heute in der Gymnasial-Oberstufe oder an Universitäten üblich sind, erlebe ich zumindest an der Schule keine Ausgrenzung, wenn auch die eine oder andere zwischenmenschliche Beziehung zu Bruch ging."

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