NGOs, Gewerkschaftsjugenden und die LINKE planen verschiedene Formen des Protests
Von Elsa Koester
Pünktlich zur Ankündigung Donald Trumps, im Juli nach Hamburg zu kommen, nimmt der Protest zum G20-Gipfel in Hamburg Formen an: Zu der von der »NoG20«-Plattform in Hamburg geplanten Großdemonstration am 8. Juli sowie dem Alternativgipfel und Blockadeaktionen gesellt sich ein weiterer Aktionstag. Die Protestwoche startet vermutlich am 2. Juli mit einer Großaktion im Form eines Sternmarsches oder einer Menschenkette, die aus dem Spektrum von Campact, Greenpeace und den NaturFreunden organisiert wird.
Zuvor war es zu Konflikten unter den Organisatoren gekommen, als die genannten Nichtregierungsorganisationen (NGO) an der Vorbereitungsplattform vorbei zu einem eigenen Treffen einluden – für eine eigene Demonstration. Viele Organisatoren, darunter der LINKE-Politiker Jan van Aken, kritisierten diese Initiative scharf.
Keine Meuterei: Für einen Politikwechsel
Auf dem letzten NGO-Treffen Mitte Januar wurden die Wogen geglättet. Von Spaltung mag nun keiner mehr sprechen. Das liegt wohl daran, dass auch von einer zweiten Großdemonstration keine Rede mehr ist. Stattdessen sprechen die NaturFreunde von einer Menschenkette oder einem Sternmarsch und einer symbolträchtigen Großaktion »zu Lande – und zu Wasser«, geplant für den 2. Juli, im Vorfeld des Gipfels. Welche dieser Demonstrationsformen es wird, ist noch umstritten. Es gebe bereits einige Organisationen, die den Vorschlag interessiert mitgenommen hätten, erklärt Uwe Hiksch von den NaturFreunden. »Ich hoffe auf eine Teilnahme von über 50.000 Menschen.«
Warum aber kommt es nicht zu einer gemeinsamen Großdemonstration gegen den Gipfel? Greenpeace verweist auf die Teilnahme der LINKEN. Die Organisation könne nun einmal keine Demonstration unterstützen, zu der Parteien aufrufen. Beim Protest gegen den G7-Gipfel in Elmau 2015 hatte die Organisation dieses Dilemma jedoch klug gelöst: »Greenpeace ist nicht Veranstalter«, stand da unter dem Aufruf, »Wir sind aber in jedem Fall mit dabei!«
Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer macht gegenüber »nd« jedoch auch politische Gründe für die eigene Demonstration geltend. Man teile nicht die Ablehnung des G20-Gipfels an sich, die der Aufruf »Grenzenlose Solidarität statt G20« transportiere. »Natürlich muss sich jedes politische Treffen selbst legitimieren. Aber der G20-Gipfel ist ein wichtiges politisches Ereignis. Wir erwarten eine Intensivierung in der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.« Konkret fordert Greenpeace von den Teilnehmern den Beschluss eines festen Enddatums für die Förderung fossiler Brennstoffe. Die G7 hatten dieses auf 2025 festgesetzt – nach dem Protest von Klimaschutzorganisationen. »Beim G7 Treffen im Elmau hat es sich also gelohnt, politische Forderungen im Vorfeld stark zu machen«, so Münchmeyer.
Mit diesem Ansatz fühlt sich Greenpeace in dem Aufruf von Campact und den NaturFreunden gut aufgehoben. Eine wichtige Rolle spielt dabei sicherlich auch die Überlegung, nicht mit unliebsamen Bildern möglicher Straßenschlachten in Verbindung gebracht zu werden. Man könne vorher nie ausschließen, dass es zu Ausschreitungen bei Protesten kommt, so Greenpeace. Die Organisation habe diesbezüglich einen klaren Grundsatz: Gewaltlosigkeit.
So setze die Organisation nicht auf Protest gegen den Gipfel, sondern mehr auf die Demonstration ihrer Anliegen. Und dafür sei eigentlich der 19. und 20. Juni das zentrale Datum: Das »Civil20«-Treffen zivilgesellschaftlicher Organisationen, das seit 2012 als offizielle Beteiligungsgruppe der G20 anerkannt ist.
Neoliberale Eliten und Ultrarechte: Keine legitime Vertretung
Den Aktivisten linker Gruppen geht bei dieser Haltung zum G20-Gipfel jedoch der Hut hoch. Die Delegitimierung solcher Treffen ist seit dem Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle 1999 die Grundlage globalisierungskritischer Proteste. Für die »Interventionistische Linke« (IL) ist klar: Nur weil bei den G20 mehr Staatschefs mitreden dürfen als bei den G7-Gipfeln, ist das Treffen noch lange nicht demokratischer. »Erstens verhandeln wieder die reichsten und einflussreichsten Länder der Welt über das Schicksal der ärmeren«, sagt IL-Sprecherin Emily Laquer. »Zweitens: Donald Trump wurde nicht mal von der Mehrheit der US-Bevölkerung gewählt, Recep Tayyip Erdogan schaltet sämtliche Opposition aus, für Brasilien nimmt der kalte Putschist Michel Temer Teil.« Die Alternative zur »unpolitischen, neoliberalen Ideenlosigkeit« der G20 seien globale, solidarische Bewegungen von unten.
Ähnlich argumentiert Werner Rätz von Attac. In Hamburg würden sich die neoliberalen Eliten mit ultrarechten Politikern treffen: »Das ist keine legitime Vertretung der Bevölkerung.« Die politischen Unterschiede zwischen verschiedenen Protestgruppen habe es bereits beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm gegeben. Hier habe man jedoch weitaus früher mit den Vorbereitungen begonnen und nach einigen Monaten der Diskussion zu einer gemeinsamen Demonstration zusammengefunden.
Genau das wollen die Organisatoren in Hamburg ja auch, irgendwie. Der ein oder andere Aktivist lehnt eine zweite bundesweite NGO-Mobilisierung – egal ob sie Sternmarsch oder Menschenkette heißt – zwar weiterhin ab und es wird gar von einem »Etikettenschwindel« gemunkelt, insgesamt klingen nach dem ersten Spaltungsalarm allerdings schon wieder versöhnlichere Töne an. »Der Sternmarsch ist keine Konkurrenz zu der bundesweiten Großdemonstration, sondern eine Ergänzung der Protestwoche um eine wichtiges Event«, betonen die NaturFreunde. Die LINKE setzt ihren Schwerpunkt nach wie vor auf die Großdemonstration gegen den Gipfel – findet eine Menschenkette im Vorfeld aber auch eine »ganz gute Sache«, so der Abgeordnete van Aken. Man überlege sogar, mit dazu aufzurufen. »Dann hätten wir einen Protest-Vierklang. Warum nicht.«
Die Spalter sitzen an den Geldtöpfen und wollen alles dominieren
Typisch, die Herren an den Geldtöpfen spalten den Protest. Traurig, dass drei Einzelpersonen (natürlich alles Männer) in ihrer Funktion als Chef ihrer Organisation (Campact, Greenpeace und NaturFreunde) dazu in der Lage sind. Warum haben Christoph Bautz, Tobias Münchmeyer und Uwe Hiksch so viel Macht, dass sie sich wie Diktatoren aufführen und spalten können?
Campact hat nie auf Augenhöhe mit den sozialen Bewegungen gesprochen. Campact will ganz allein kontrollieren, wer sichtbar ist, wer spricht und in die Medien kommt, um allein sich selbst zu nutzen. Die wollen mit ihren Fahnen den Protest bestimmen, so dominant sind sie. Deshalb wollen diese Bewegungsmanager, die nur in ihren Büros sitzen, nicht mit attac, Linkspartei, UmsGanze, Autonomen, Interventionistsche Linke, Anarchist*innen und den vielen anderen NGOs nicht gemeinsam demonstrieren, sondern ihr eigenes Ding machen. Wir werden das verhindern.