Am 1. Dezember 2016 war es soweit: Die Bevölkerung Gambias wählte den seit 1994 regierenden Diktator Yahya Jammeh ab! Doch dieser will nicht gehen und versucht sich mittels Militär an der Macht zu halten.
In den vergangenen 22 Jahren Militärdiktatur ließ sich Diktator Jammeh immer wieder in scheindemokratischen Wahlen zum Präsidenten kühren. Vor einigen Jahren die Unterstützung für Jammeh noch größer, doch vor allem die ökonomische Krise und die steigenden Preise insbesondere für Lebensmittel und Alltagsgüter ließen mehr und mehr Unmut aufkommen.
Dazu kommt, dass es kaum Menschen in Gambia gibt, die nicht über Bekannte oder Verwannte berichten können, die von den Schergen des Diktators verschleppt wurden, im Gefängnis landeten, wo Misshandlungen auf der Tagesordnung stehen, oder spurlos verschwunden. Die Liste der in den mehr als zwei Jahrzehnten Diktatur ermordeten ist endlos, es sind wohl Zehntausende.
Vor einem Jahr hätte wohl kaum wer gedacht, dass es mittels Wahlen gelingen könnte, Jammeh vom Thron zu stoßen, wenngleich immer wieder diese Erwartung geäusert wurde. Nicht nur mittels Wahlen versuchten die Menschen Gambias, den Langzeitdiktator los zu werden, es kam immer wieder zu Putschversuchen, zuletzt Ende Dezember 2015. Damals wurden die Leute, die aus dem Ausland nach Gambia zurück kehrten, um ihr Land von Jammeh zu befreien, großteils erschossen, nur ein paar schafften es, das Land zu verlassen. In der Folge wurden im ganzen Land tausende Menschen verhaftet, meist ohne den Angehörigen mitzuteilen, wohin die Verschleppten gebracht werden. Die Gefängnisse in Gambia sind voll mit politischen Gefangenen.
Das Ergebnis des erfolglosen Putschversuches war, dass Jammeh, dessen Zustimmung mehr und mehr schwand, an Macht gewann. Doch dies hielt nicht lange, denn der Unmut in der Bevölkerung stieg von Tag zu Tag. Viele Leute haben einfach nicht genug zum überleben, während der Präsident bzw. Diktator in Saus und Braus lebt und gerne großzügige Geschenke an Künstler_innen und sonstige Personen - vor allem aus den Ausland - macht, mit denen er sich wohl ihre Freund_innenschaft bzw. wohl eher ihr Wohlwollen erkaufen will.
Der Präsident, der sich sogar zum König ernennen lassen wollte, lebt im Größenwahn und fühlt sich scheinbar wie Gott auf Erden. Immer wieder erwähnt er, dass er nur Allah selbt Rechenschaft schuldig ist, egal wie viele Menschen er ermorden lässt. Dazu kommt sein tiefer Glaube seine angeblichen Wunderkräfte, mit denen er u.a. Aids oder Krebs heilen könne. Ebenso wird immer wieder darüber berichtet, dass er "Schwarze Magie" praktiziert und sich von Marabouts beraten lässt.
Es reicht!
Jedenfalls haben die Leute in Gambia die Nase voll von Jammeh. Das war vor allem in den Wochen vor den Wahlen zu sehen, in denen 100.000 auf die Straßen gingen und eine Änderung forderten. Warum es schlussendlich dieses mal gelang, bei den Wahlen gegen Jammeh zu siegen, hängt vor allem damit zusammen, dass sieben Oppositionsparteien eine Koalition bildeten und mit Adama Barrow einen gemeinsamen Kanditaten stellen. Dieser wurde schon vor den Wahlen von den Massen als neuer Präsident gefeiert. Für Jammeh gab es nur eine Meldung: Deine Zeit ist abgelaufen, es ist Zeit für Veränderungen, schleich dich endlich! Unmissverständlich wurde dies auf den Straßen kund getan, zumindest einmal wurde dies mit Steinen in Richtung des Autokonvois von Jammeh noch stärker zum Ausdruck gebracht. Jammeh musste sich in seiner Nobelkrosse verstecken und bei den Wahlen bekam er das Ergebnis präsendiert: Er verlor die Wahlen klar gegen seinen Konkurrenten Barrow.
Nach bekanntgabe des Wahlergebnis am Freitag dem 2. Dezember 2016 kurz vor 14:00 (Gebetszeit) wurde im ganzen Land das Ende der Militärdiktatur gefeiert. Es war wohl die größte Feier, die Gambia seit der Machtergreifung Jammehs sah. In der "Smiling Coast of Africa", wie Gambia genannt wird, konnten die Menschen plötzlich wirklich lachen. Die Gesichter der Menschen strahlten - und die meisten dachten, jetzt ist der Schrecken vorbei. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte.
Erkannte Jammeh die Wahlniederlage anfangs noch an und erklärte Barrow als legitimen Sieger - er wusste wohl, dass jede anderswertige Haltung sein sofirtiges Ende bedeuten würde - änderte er seine Meinung eine Woche später und erklärte via staatlichem Fernsehen die Wahlen für ungültig. Seine Partei, die ARPC, würde eine Petition vorbereiten und die Wahlen anfechten, er selbst nicht abdanken. In den Tagen davor war immer mehr Militär an den Straßen präsent, an allen großen Kreuzungen wurden Stellungen mit Sandsäcken errichtet, aus denen seither Soldaten mit Gewähren ins Nichts zielen.
Ungewisse Zukunft
Die Situation in Gambia hat sich erneut geändert. Es ist vollkommen unklar, was am 18. bzw. 19. Jänner 2017 geschehen wird, denn an diesen Tagen sollte die offizielle Übergabe des Präsidentenamtes statt finden. Ob es dazu kommt, wird sich zeigen.
In der Zwischenzeit findet ein Exodus statt. Zahlreiche Menschen verlassen das Land, die wohl größte Fluchtbewegung in der Geschichte Gambias ist derzeit in Gange. Die Leute ziehen entweder von den Zentren aufs Land, wo sie sich im Falle von militärischen Auseinandersetzungen mehr Sicherheit erhoffen, oder sie fliehen gleich ins benachbarte Senegal oder weiter nach Guinea, Mali, Nigeria, Sierra Leone, Liberia usw. - teilweise Länder aus denen in den vergangenen Jahrzehnten viele Menschen vor militärischen Auseinandersetzungen nach Gambia geflohen sind.
Die Leute warten ab. Jammeh, der die Wahlen angefochten hat, steht allerdings vor dem Problem, dass der Oberste Gerichtshof keine Entscheidung fällen kann, da nicht genügend Richter_innen vorhanden sind. Kein Wunder, wurden immer wieder in Ungnade mit dem Regime gefallene Richter_innen abgesetzt. Wann das Hearing stattfinden wird, ist unklar. Denn der Gerichtshof ist auf Richter aus dem Ausland angewiesen, um die Anzahl von 7 zu erreichen. Doch der als Vorsitzender vorgesehene Richter aus Nigeria ist bis Mai ausgebucht.
Die Versuche, Jammeh zum Abdanken zu bewegen, gehen weiter. Ob sie Erfolg haben werden, ob es zu einer militärischen Intervention von Ecowas kommt, ob das Militär letztendlich für Jammeh kämpfen wird - mitunter gegen die eigenen Familien - alles ist derzeit ungewiss. In einer Woche, am 19.01.2017, werden wir mehr wissen. Ob es dann das von vielen erhoffte "Neue Gambia" gibt, oder ob die Miltiädiktatur mit Waffengewalt wie von Jammeh angekündigt "bis zum letzten Mann" verteidigt wird?
Die Hoffnung der Menschen auf eine friedliche Lösung ist nach wie vor groß. Hoffen wir, dass sie wahr wird...
Weitere Informationen online:
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https://jollofnews.com
Gambia: Der ungewisse Weg in die Freiheit
https://linksunten.indymedia.org/de/node/201276
Im Ausnahmezustand
https://linksunten.indymedia.org/de/node/201609