während in den USA der präsident gewählt wurde, lauschten ca. 15 bis 20 leute am dienstag-abend den ausführungen von Micha Prütz und Detlef Georgia Schulze zum NaO-proszess.
die geringe teilnehmerzahl führte Micha Prütz auf die schnelle vergesslichkeit innerhalb der linken szene zurück. ob dies allerdings als erklärung ausreichend ist, wage ich doch zu bezweifeln.
um es gleich vorneweg zu sagen: neue erkenntnisse kamen bei der veranstaltung nicht heraus. da ich aber vorsorglich auch keine erwartungen darin setzte, gabs auch keine enttäuchung ;) . vom stil her war die diskussion überraschend 'soft', aber trotzdem auch nicht wirklich konstruktiv, trotz gravierender differenzen in der sache. wie man das erklären könnte, wäre eine interessante frage. meine vermutung ist, dass die meisten ex-naoisten zumindest im moment wenig grund zum zukunftsoptimismus sehen, und darum auch eine gewisse leidenschaftlichkeit in der debatte fehlt...
das von Karl-Heinz Schubert (von der onlinezeitung TREND) in der veranstaltungsankündigung betonte thema R2G als aktuellen bezug zur diskussion der nao-bilanzen wurde (aus meiner sicht nicht so überraschend) von keinem diskutanten aufgegriffen. (siehe: http://www.trend.infopartisan.net/trd1116/t051116.html)
gegliedert war die diskussion in drei blöcke:
der erste block ging auf den gründungsaufruf ein, das sog. "na-endlich-papier". da war man sich von allen seiten, über die 'flügel' hinweg, einig, dass dieses papier ein im grossen und ganzen gelungener wurf war, auch wenn man sich aus heutiger sicht fragen muss, ob die erwartungen nicht damals schon zu hoch gewesen waren ("tausend mitglieder"-marke). auch die sog. "fünf unverhandelbaren punkte", die später als "essentials" bezeichnet wurden (siehe z.B: http://arschhoch.blogsport.de/2011/12/14/nao-essentials/), erwiesen sich als durchaus verhandelbar und waren insgesamt auch zu unkonkret, um sie in eine direkte politische handlungsfähigkeit umsetzen zu können. methodisch war dieser ansatz eines 'minimalkonsenses für revolutionäre programmatische standards' aber ein durchaus fruchtbarer ansatz, der meines erachtens auch weiterhin gültigkeit besitzt.
beim zweiten block ging es schon kontroverser zu. da ging es nämlich um die einschätzung des sog. "manifestes" der NAO. während die genossen, die für die 'schnelle' gründung einer mitgliederorganisation waren, das manifest als richtigen einstieg für dieses organisationsmodell ansahen/ansehen und dementsprechend positiv bewerteten (trotz zugestandender inhaltlicher schwächen), sehen die vertreter des 'linken flügels' das manifest als bruch mit dem ursprünglichen konzept des "na-endlich-papiers" an.
während das "na-endlich-papier" eine inhaltliche konvergenz unterschliedlicher strömungen der radikalen linken auf der grundlage der minimalstandards anstrebte (das konzept der 'blockorganisation' gab es zu dem zeitpunkt noch nicht, ist aber die logische konsequenz aus der essentialmethode), war das manifest de facto wie ein programm (wenn auch unvollständig, was auch von den NAO-protagonisten gesagt wurde) für eine neue (klein-)gruppe, die damit in konkurrenz zu anderen bestehenden organisationen der linken geriet – und dies auch noch auf einer nicht genügend ausgewiesenen programmatischen grundlage. damit wurde das konzept der strömungsübergreifenden konvergenz aufgegeben, – falls es nicht eh nie mehr als eine [zufällige] idee der autoren des "na-endlich-papiers" war (die sich daraus ergab, dass man mit diesem papier versuchte, die gruppe avanti für sich zu vereinnahmen [mittlerweile aufgelöst in der IL]), die sie selbst nicht ganz so ernst nahmen als prinzip des organisationsaufbaus, wie es dann aber andere taten.
dies leitet dann auch schon inhaltlich über zum dritten block: dem scheitern des NaO-prozesses / der NAO. hier gab es nur kurze statements, die eigentlich inhaltlich kaum über die schlichte feststellung hinausliefen, dass es irgendwie nicht 'geklappt' hat und man es das 'nächste mal' besser machen sollte (die möglichkeit eines 'neustarts' wurde nur von Micha Schilwa erwähnt, aber auch nicht weiter ausgeführt. das weist ebenfalls hin auf die weiter oben erwähnte these vom mangelnden zukunftsoptimismus). Detlef Georgia Schulze versuchte zwar zu diesem thema zu erklären, warum das scheitern der NAO eine konsequenz des konzepts der mitgliederorganisation mit mehrheitsentscheid (statt nach einem – wie auch immer modifiziertem – konsensprinzip und dem ausklammern kontroverser themen vorzugehen) war – dies wurde aber ebensowenig aufgegriffen wie der vorschlag eines RSB-genossen (http://www.rsb4.de/), der für eine art aktionsbündnis auf der grundlage der fünf alten Essentials votierte, was ja eine grosse inhaltliche nähe zum konzept der 'blockorganisation' hat, wie es u. a. von DGS_TaP und mir vertreten wird. (vergleich dazu: https://linksunten.indymedia.org/es/node/166242)
in dem schlussstatement von dem diskussionsleiter Karl-Heinz Schubert wurde insgesamt ein grösseres mass von selbstkritik bei allen flügeln des NaO-prozesses vermisst – worin man ihm wohl, aus heutiger sicht, recht geben muss ;) ...
Alle Agitation blieb vergeblich
Das ist das alte KPD-Phänomen: niemand mag alte Männer, die Zugpferde für ihre Partei suchen:
hahaha
hahaha - you made my day!
Ach ja Seyfried
Immer noch gut.
Ja, die Partei....
Tja, da waren Strategen am Werk...gestählt durch Jahrzehnte trotzkistischer Sektenpolitik, die im Bedarfsfall den Genossen von nebenan zum Klassenfeind, Rechtsopportunisten, Linkssektierer oder Organisationsfetischisten erklären. Man kann den 15 bis 20 teilnehmenden Menschen an dieser Versammlung nur empfehlen, mal Türen und Fenster zu öffnen und ordentlich durchzulüften. Sie werden dabei etwas schier Unglaubliches feststellen: Die Welt findet auch ohne ihre Organisationsbemühungen statt.
Niemand
hat vor eine Mauer zu bauen!