Es verwundert immer wieder, wenn
Wirtschaftsspitzenverbände wie der BDI oder CDU-Politiker um Angela
Merkel ihre Menschenfreundschaft entdecken und für den unbegrenzten Fluß
des "Faktors Arbeit" eintreten. Die politische Linke folgt in ihrem
Verständnis stets der Idee internationaler Solidarität, wendet sich
gegen den Rassismus, gerade in der Arbeiterschaft, gegenüber
Neuankömmlingen und gegen die Spaltung der Gesellschaft durch sinistre rechte
Dumpfbacken, seien es Sarrazin-Rassisten der "Mitte", Grüne
Bürgermeister, AfD oder NPD Sympathisanten. Dabei macht sich die Linke
ganz unfreiwillig zu Steigbügelhaltern einer instrumentellen Migration der
Wirtschaftsverbände zur Spaltung nach dem Grundsatz "Divide et Impera".
Denn natürlich ist der primäre Effekt eines Angebotsüberschusses auf dem
Arbeitsmarkt eine Schwächung der Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer
gegenüber den Arbeitgebern und eines Nachfrageüberschusses
("Fachkräftemangel") die Stärkung dieser Verhandlungsmacht der anhängig
Beschäftigten. Wenn Konflikte in der Arbeiterschaft, etwa ethnischer
Art, aufbrechen, Solidarität gespalten wird durch den Rassismus in der Gesellschaft, profitieren
davon rechte Parteien und es schwächt sich damit die Verhandlungsmacht
der arbeitenden Klasse. Die erwartbaren Konflikte durch Einwanderung
sind also instrumentell zur Schwächung linker Politikgestaltungsansätze.
Der linke amerikanische Nobelpreisträger Prof. Dr. Josef Stiglitz sieht
das so:
"Free
migration within Europe means that countries that have done a better
job at reducing unemployment will predictably end up with more than
their fair share of refugees. Workers in these countries bear the cost
in depressed wages and higher unemployment, while employers benefit
from cheaper labor. The burden of refugees, no surprise, falls on those
least able to bear it.
Of
course, there is much talk about the net benefits of inward migration.
For a country providing a low level of guaranteed benefits – social
protection, education, health care, and so forth – to all citizens,
that may be the case. But for countries that provide a decent social
safety net, the opposite is true.
The
result of all this downward pressure on wages and cutbacks in public
services has been the evisceration of the middle class, with similar
consequences on both sides of the Atlantic. Middle- and working-class
households haven’t received the benefits of economic growth. They
understand that banks had caused the 2008 crisis; but then they saw
billions going to save the banks, and trivial amounts to save their
homes and jobs. With median real (inflation-adjusted) income for a
full-time male worker in the US lower than it was four decades ago, an
angry electorate should come as no surprise."
Die
Frage für uns ist, wie wir den Spagat gehen können, sowohl gegen den
Rassismus als auch für unsere Klasseninteressen uns einzusetzen.
Keinesfalls darf die Agenda der Rechtsparteien gestärkt werden. Wie kann
die neoliberale Verwertungsagenda von der großen humanitären Aufgabe
getrennt werden? Wie kann die instrumentelle Ökonomierung der
Migrationsagenda von der materiellen solidarischen Notwendigkeit
Menschen in Not zu helfen getrennt werden? Wie können die gemeinsamen Interessen der internationalen Arbeiterschaft in Zeiten der neoliberalen Globalisierung wieder effektiv solidarisch durchgesetzt werden?
Verständnisfrage
zunächst: Ich verstehe das "wieder" im letzten Satz nicht. Wann wurden die "gemeinsamen Interessen der internationalen Arbeiterschaft" "effektiv solidarisch durchgesetzt"?