Am Samstag den 16.07. fand eine Solidaritätsdemonstration für unsere Gefährten Aaron und Balu statt, die seit der Demo „Rigaer 94 verteidigen! Investor*innenträume platzen lassen!“ am 09.07. in U-Haft sitzen. Diese Demo wurde von Medien und Politik als die gewalttätigste der letzten 5 Jahre in Berlin bezeichnet. Neben ihren Inhaftierungen gab es laut Bullenangaben 84 weitere Festnahmen sowie über 100 Ermittlungsverfahren. Die Inhaftierungen von Aarum und Balu waren also nur die Spitze des Eisbergs der andauernden Repression. Der Innensenator Henkel benötigte mal wieder eine Legimtation und Sündenböcke, um seinen repressives Wahlkampf zu rechtfertigen und kerkerte vorläufig zwei unserer Leute ein.
Zu unserem Bedauern waren auf der Solidemo für die beiden allerhöchstens 250
Personen. Diese waren zwar lautstark, aber trotzdem viel zu wenige. Bei
der Demo eine Woche vorher haben es ca. 5000 Menschen geschafft auf die
Straße zu gehen. Solidarität gegenüber denen, die die negativen
Konsequenzen vorerst am härtesten getroffen haben, hat aber aktiv nur
ein Bruchteil der Personen gezeigt. Die Parole „Getroffen hat es wenige,
gemeint sind wir alle“ mag zwar abgedroschen sein, hat aber noch lange
nicht an ihrem Wahrheitsgehalt eingebüßt. Es hätte jede*n von uns
treffen können, die*der sich auf der Demo zur falschen Zeit am falschen
Ort aufgehalten hätte.
Uns ist durchaus bewusst, dass vergleichsweise wenig mobilisiert wurde.
Das war der kurzen Planungszeit geschuldet. Da wir aber davon ausgehen,
dass das Thema Rigaer Straße momentan besonders präsent in den Köpfen
der Menschen aus der Szene ist, denken wir, dass es doch genügend Leute
hätten mitbekommen müssen. Es entsteht der Eindruck, dass ein Großteil
der Menschen nur noch auf Demonstrationen geht, wenn diese einen
bestimmten „Eventcharakter“ haben, es knallt und oder es was zu sehen
gibt. Uns geht es nicht darum die Szene unter den Generalverdacht zu
stellen, nicht solidarisch mit den Betroffenen zu sein. Wir haben aber
trotzdem eine Kritik am Verhalten der Szene und wollen darauf hinweisen,
wie wichtig Antirepressionsarbeit und die Solidarität mit den
Betroffenen dieses Knastsystems ist.
Trotz der Wut über die Bullen, die in den letzten Wochen und Monaten bei
allen von uns aufgekommen ist, fänden wir es auch auf einer Demo wie
dieser sinnvoller vorrangig Parolen gegen Knast und das System, das den
Knast ermöglicht zu rufen und sich somit auf die Leute drinnen zu
beziehen. Leider ist das trotz des Verteilens von expliziten
Anti-Knastparolen auf Zetteln vor allem im vorderen Teil der Demo wenig
gemacht worden. Es wird noch genug Möglichkeiten geben seinen Hass auf
die Bullen auf die Straße zu bringen!
Natürlich ist uns klar, dass auch einige Personen aus der nicht
unbegründeten Angst vor Repression nach dem 09.07. der Demo fern
geblieben sind. Die Bullenpräsents war bei der Demo zum Knast auch
einmal wieder maßlos überzogen. Neben den ca. 300
Einsatzhundertschaftsbullen, haben mindestens 6 PMSler*innen
(Staatsschutz Abteilung politisch motivierte Straftaten) die Demo mehr
als offensichtlich begleitet. Würden sich mehrere Menschen auf solch
einer Demo befinden wäre ein gewisser Schutz für alle gewährleistet.
Einerseits um in der Menge verschwinden zu können, andererseits damit
nicht Dinge die Demo betreffend offensichtlich vor den Bullen
abgequatscht werden müssen.
Mehrere Zeichen deuten darauf hin, dass immer noch Menschen vom 09.07.
gesucht werden. Diese Demo schien den Schergen dafür eine gute
Gelegenheit zu bieten. Menschen die vorzeitig die Demo verlassen haben
wurden beispielsweise kontrolliert, gefilzt und der PMS vorgeführt. Da
es sich bei diesen anscheinend nicht um die gesuchten Menschen handelte,
durften sie weiter gehen. (https://linksunten.indymedia.org/de/node/185530)
Wir haben uns dazu entschieden die Demo vorzeitig aufzulösen, da wir mit
Kontrollen und Festnahmen am Endpunkt, dem S-Bahnhof Bellevue gerechnet
haben. Das vorzeitige Beendigen der Demo hat auch gut funktioniert, die
Teilnehmer*innen sind zügig in mehrere Richtungen weg gegangen. Dadurch
konnten Festnahmen bzw. weitere „Maßnahmen“ der Bullen verhindert
werden. Unseres Wissens nach gab es bei dieser Demonstration bis auf die
genannten keine.
So wie sie reagiert haben gehen wir davon aus, dass sie ganz klar noch
Menschen gesucht haben. Auch dass so viel PMS da war spricht dafür.
Passt also auf euch und eure Zusammenhänge auf! Labert nicht! Schafft
auffällige Kleidungsstücke, Schuhe, Beutel, etc. weg! Was auf der Demo
am 09.07. passiert ist, bleibt auch da!
Es ist in Zeiten wie diesen wichtig vorsichtig zu sein, das heißt aber
noch lange nicht, dass wir uns aufgrund von Angst vor Repression lähmen
lassen müssen. Wenn wir das tun würden, hätten sie geschafft was sie
wollten.
Trotz der vielen Kritik, die wir haben, ist die Demo teilweise als
Erfolg zu werten. Wir konnten den Cops durch das vorzeitig Auflösen mal
wieder einen Strich durch die Rechnung machen.
Wir danken allen die da waren und denen die die Demo ermöglicht haben.
Solidarische Grüße durch die Mauer!
Freiheit für Aaron und Balu!
Hey ihr
Das Ding bei den Gefangenendemos ist das sie meiner Meinung nach nix bringen. Das sehen sehr viele Menschen so. Hintergrundinfos wären mir lieber. Namen von beteiligten Richtern Staatsanwälten "Zeugen" etc. Ich kann den verbitterten Text verstehn, aber auf viele wirkt das mit den Demos wie ein einstudiertes Ritual das dazu führt das Mensch sich selbst besser fühlt.
Habt ihr ne Adresse von den beiden? Nen Spendenkonto? etc.
Solidartät ist die Zärtlichkeit der .......
klar sind die Moabit-Demos nicht der Hammer. Scheiß Gegend, meißtens wenig Leute. Die Demos/Kundgebungen sind aber für unsere Genossen die da in U-Haft sitzen. Mit einem ritual wie du es schreibst, hat es nichts zu tun. Es geht um Solidartät-
Wenn du in U-Haft sitzen würdest oder schon mal gesessen hast, hättest du deinen Kommentar so nicht geschrieben.
Habe selbst nach einer Demo 1 Monat in dem Drecksloch Moabit gesessen, und die Solikundgebung und die nicht angemeldeten Solikundgebungen waren die schönsten Momente in der Zeit. Und genau darum geht es.
Für eine Gesellschaft ohne Knäste!
"Für eine Gesellschaft ohne Knäste!"
Gilt das auch für andere Straftäter, wie Mörder, Kinderschänder, ...?
Sorry, ich bin da noch nicht dahinter gestiegen, was ihr genau wollt.
Nieder mit den Knästen = Abolitionismus
Falls das jetzt nicht ne doofe Troll-Aktion war, sondern ne ernstgemeinte Frage, dann findest du vielleicht hier Antworten:
http://www.krimlex.de/artikel.php?BUCHSTABE=A&KL_ID=1
Es gibt einen ganze Menge von ernstzunehmenden Kriminologen, die sich mit Alternativen für Knäste beschäftigen.
Noch n bischn utopisch-anarchischer, hier ein Auszug aus dem Buch "Anarchie" von Horst Stowasser (ne gute allgemeine Einführung übrigens):
"... Der Anarchismus behauptet, dass soziale Ungleichheit die häufigste Ursache und soziale Prägung der häufigste Auslöser von Verbrechen sind, und nur ein geringerer Teil der "Kriminellen" sich aus psychischen oder somatischen Gründen abnorm verhält. Sein Ideal besagt, dass "in der Anarchie" Kriminalität faktisch ausstirbt und dass Menschen, die sich trotzdem gegen die Gesellschaft vergehen, Hilfe statt Strafe zuteil wird. (...) Soziale Unterdrückung, Marginalisierung, Armut, sexuelle Repression, gesellschaftliche Frustration können Auslöser für Verbrechen wie Mord, Amoklauf, Raubüberfall, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung oder Geiselnahme sein. Es ist nicht abwegig, anzunehmen, dass in einer Gesellschaft, die Repressionsärmer, dezentraler, sozial integrativer, wirtschaftlich gerechter, sexuell emanzipierter und gesellschaftlich vielfältiger ist als unsere, diese spezifischen Ursachen der Gewaltkriminalität ganz erheblich abnehmen dürfte. " (S. 160)
Ist aber klar, dass es trotzdem noch Menschen geben muss, die sich a) mit Verbrechen beschäftigen und b) um die reintegration der Täter kümmern. Und dass es trotzdem manchmal auf die Gemeinschaft zurückfallen würde, jemanden in seine Schranken zu weisen (sei es durchs vermöbeln, ausstossen oder was weiss ich...). Das sollen die Communities aber selber klären.
Bestimmt nicht immer perfekt, aber ist es grade ja auch nicht...
War keine Troll ...
... mit der Frage habe ich mich ernsthaft beschäftigt.
Danke für deine Antwort.
Sollte man dann aber nicht mit dem Staat zusammenarbeiten und diesem Lösungsmöglichkeiten vorschlagen statt gegen ihn und seine Einrichtungen zu kämpfen?
Ist jemand daran aktiv beteiligt? Wer macht so etwas?
AnarchistInnen wollen das nicht
Der derzeitige Staat (parlamentarischer Kapitalismus) braucht die Knäste, um seine zwei heiligen Kühe zu schützen: Das Recht auf Eigentum und das Gewaltmonopol des Staates.
Hörbare Solidarität
Ich denke auch, dass es bei "diesen" Demos in erster Linie darum geht, den Leuten im Knast zu zeigen, dass sie nicht vergessen werden. Ich denke es kann eine unheimlich positive Wirkung haben, wenn du in U-Haft sitzt und hörst das draußen Menschen deine Freiheit fordern. Da es definitiv Reaktionen aus dem Knast (in Form von Rufen und Pfiffen) gab, scheint dies auch funktioniert zu haben. Es bleibt zu hoffen das Aaron und Balu davon mitbekommen haben.
Für Informationen besucht doch mal die Seite der Roten Hilfe Berlin.
Stimmt nicht
Ich kann nichts zu den Demos in Berlin sagen, aber allgemein bringen solche Demos den Leuten im Knast eine Menge Motivation und Durchhaltewillen, wie ich aus Gesprächen mit Ex-Gefangenen weiß.
hakt es?
Es geht darum, wie schon angemerkt, deine Solidartät zu zeigen und damit den Menschen im Knast den Rücken zu stärken!
Tatsächlich würde ich nich eine Demo an ihrer Effektivität messen. Zumal das auch sehr schwer ist und Unrecht tut!! Und wenn du es so bewerten möchtest, ist es wesentlich effektiver mit solch einer Aktion, Gefangene zu unterstützen, als ne erbärmlich 50 Personen größe Nazidemo zu blockieren oder auch daran scheitern. Für sowas bekommt Mensch immer Leute mehr zusammen!
Zur Info..die beiden haben es mitbekommen: berlin.rote-hilfe.de
250 is ne menge
250 ist ne Menge gegen Repression zum Knast in Moabit, also voll super. In der Regel sind schon 100 Menschen oder 150 ne Menge bei antirepdemos, genau wegen den Problematiken die im Artikel benannt wurden ist es einfach halt mal so.
Vielleicht waren es ja mal in den 20ern mehr, aber da war die ArbeiterInnenklasse auch noch nicht zerschlagen durch den Faschismus und sehr wahrscheinlich die technische Überwachungsmaschinerie noch nicht so weit wie heute.
Klein, aber gut
Nach meinen Schätzungen waren eher so 100-150 Leute da, was gemessen an der großen Demo die Woche davor tatsächlich wenig ist. Ob da jetzt Parolen gegen Bullen oder Knast gerufen wurden (beides war zu hören) finde ich irrelevant - so oder so dürfte das ganze für kaum eineN Passanten verständlich gewesen sein. (Hier hätte mit noch mehr Kurzdurchsagen, von denen es ein paar gab, und Flyern gearbeitet werden können - war aber letztlich auch nicht der Hauptzweck dieser Demo.)
Trotzdem fand ich die Demo (deren Zustandekommen in Berlin ja nicht selbstverständlich ist) gelungen. Es wurde erfolgreich in den Knast hineinkommuniziert - dank lauten Teilnehmer*innen, mehreren Zwischenkundgebungen direkt davor und einem hervorragenden Lauti. Der war gut koordiniert (Auflösung am Ende) und die Redebeiträge waren frei gehalten, nicht zu lang, gut verständlich und damit rhetorisch sehr weit von den Armseligkeiten entfernt, die sonst so auf unseren Demos geboten werden.