Das Freiburg-Programm - Ein Fünf-Jahres-Plan für abtrünniges Verhalten zur Schaffung eines europäischen Raumes der Freiheit, des Anti-Kapitalismus und der Rebellion
Das europaweite Netzwerk „Out of Control“ wurde 2009 mit dem Ziel einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von AktivistInnen gegen eine europäische Sicherheitsarchitektur ins Leben gerufen.
Wir sind ein breites Spektrum von AktivistInnen aus ganz Europa, die alle die Absicht gemeinsam haben, einen besseren Überblick über die europäische Sicherheits- und Kontrollarchitektur zu bekommen und öffentlich zu machen.
Wir sind sicher, dass wir vom Verständnis und der Analyse zum Aufbau und der Organisation von Widerstand fortschreiten können.
Wir konzentrieren uns auf polizeiliche Zusammenarbeit und Datenbanken, polizeiliche Überwachung von Menschenmengen bei großen Events wie Gipfelprotesten, die Sicherheitsindustrie und Sicherheitsforschung sowie EU-weite Verträge, die Freiheitsrechte in der ganzen Welt gefährden.
Wir stellen fest, dass es keine europaweite Reaktion auf die grenzüberschreitende Repression der EU gibt, während diese zunehmend eigene Kräfte und Befugnisse entwickelt.
Kämpfe gibt es in einigen EU-Mitglieds-Staaten lediglich in Teilbereichen wie Datenspeicherung oder gegen EU-Migrations-Gesetze und -praxis und die Frontex-Agentur. Desweiteren bemerken wir auch einen Mangel an allgemeinem Verständnis für den Aufbau der Sicherheitsarchitektur und ihre europäischen Architekten.
Als ersten Schritt wollen wir Erfahrungen, Wissen und Informationen austauschen um eine klarere gemeinsame Vorstellung von der europäischen Sicherheitsarchitektur zu bekommen. Als zweiten Schritt wollen wir gemeinsame und zusammenwirkende Aktionen und Kampagnen etablieren.
Wir schlagen nicht vor, einen der zahlreichen Kämpfe gegen den europäischen Sicherheitsstaat herauszustellen und auszufechten. Aber wir wollen uns gemeinsam die Frage stellen, wie wir zusammen effektive Praktiken gegen die neue Sicherheitsordnung entwickeln können.
Wir sind nicht naiv. Wir wissen, dass es viel Zeit und Engagement in Anspruch nehmen wird, das alles zusammenzufassen und zu verstehen. Wir betrachten dieses Projekt als langfristigen Prozess. Wir sind sicher, dass die grenzüberschreitende Repression, die auf EU-Ebene organisiert wird, mit grenzüberschreitender Solidarität und Aktion beantwortet werden muss.
Nach einem Gründungstreffen im Sommer 2009 trafen wir uns im Herbst in größerem Rahmen in Freiburg mit TeilnehmerInnen aus einer Handvoll Ländern der EU.
Unser erster Schritt war, die Mittel, die sich in der Landschaft der europäischen Sicherheitszusammenarbeit verändern, zu analysieren. Wir betrachteten technische Werkzeuge wie Grenzkontroll-Sensoren, Biometrik, Video-Überwachung, polizeiliche Nutzung von Satelliten-Daten, fliegende Kameras, nicht-tödliche Waffen, Ermittlungs-Software, „vorausschauende Analyse“ und Datenbanken wie das Visum-Informations-System VIS, das Schengen-Informations-System SIS und die Fingerabdruck-Datenbank EURODAC.
Daraufhin verschafften wir uns einen Überblick über die Akteure auf den verschiedenen europäischen Ebenen, wie die Europäische Kommission, deren Agenturen Frontex, Europol und die Europäische Gendarmerie-Truppe (European Gendarmerie Force) EUROGENDFOR und warfen einen Blick auf Strategien wie das „Stockholm-Programm“, den Lissabon-Vertrag, die geplante „Internal Security Strategy“ („Interne Sicherheits-Strategie“) und die Verschmelzung von Polizei, Militär und Geheimdiensten.
Desweiteren fassten wir verschiedene europäische Unternehmen ins Auge, die diesen Apparat mit immer neuen technischen Geräten versorgen.
Danach diskutierten wir die grundlegenden Veränderungen, die mit der Verschmelzung von interner und externer Sicherheit und ihren Kräften einhergehen, die Gesellschaft in eine Datenbank-Gesellschaft verändern, während sie auch das Streben nach Verstärkung der Überwachung und Verbesserung der Kontrolle durch technische Mittel vorantreiben.
Im letzten Teil unseres Treffens sollten zukünftige Vernetzung und Aktionen beschlossen werden.
Wir legten den Schwerpunkt noch nicht auf konkrete Pläne, waren uns aber über eine langfristige Analyse und Zusammenarbeit durch verschiedene Formen von Protest und Widerstand einig. Die Idee des fünfjährigen „Freiburg-Programms“ war geboren.
Entscheidungen auf EU-Ebene benötigen einige Zeit, um auf nationaler Ebene in den 27 Mitgliedsstaaten realisiert werden zu können. Wir wollen vorbereitet sein und Aktionen so früh wie möglich anstoßen.
Einer der Proteste, an denen wir uns beteiligten, fand während des Widerstands gegen den NATO-Gipfel in Strasbourg statt, wo wird den Aktionstag gegen die europäische Sicherheitsarchitektur mit der „PaRaDe SoLiDaIre CoNtRe Le CiRqUe SeCuRiTaIrE“ organisierten.
Einige von uns werden am No Border Camp in Brüssel teilnehmen, das für den Oktober 2010 während der belgischen EU-Präsidentschaft geplant ist.
Wir bildeten mehrere Arbeitsgruppen, die sich mit unserer internen Organisation, Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen befassen. Wir kommunizieren durch ein soziales Netzwerk für radikale Aktivisten (siehe https://we.riseup.net).
Wir haben beschlossen uns 2010 wieder zu treffen. Das Datum ist noch unklar, haltet die Augen offen!
Um nicht zu deprimiert zu werden, während wir uns mit grenzüberschreitender Repression beschäftigen, beschlossen wir, einen neuen Blog zu erstellen, auf dem Aufrufe und Aktionen, die die europäische Sicherheitsarchitektur ins Visier nehmen, gesammelt werden. Mehr dazu auf http://outofcontrol.noblogs.org.
Netzwerk „Out of control“