Nach Silvester am Brandenburger Tor und der Berliner Fanmeile soll Willy Kausch auch das Myfest organisieren. Daran hat der Senat ein spezielles Interesse. Doch aus dem Kiez rund um die Oranienstraße kommt Kritik.
In Kreuzberg soll das Myfest in diesem Jahr nicht mehr vom Bezirk zusammen mit den Anwohnern organisiert werden, sondern vom Profi-Veranstalter Willy Kausch. Genau das hatte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) noch im vergangenen Jahr ausgeschlossen. Sie vollzieht jetzt aber einen Kurswechsel, denn der Bezirk selbst will die Straßenparty nicht ausrichten: „Jetzt reden wir erstmal und dann schauen wir weiter“, verbreitete Herrmann am Sonntag via Facebook. Denn die Profis im Kiez hätten keine Lust, es zu machen.
Das Myfest in Kreuzberg – im Jahr 2003 rings um Oranien- und Mariannenstraße als Mittel gegen Randale und Krawalle am 1. Mai entstanden – ist mittlerweile zu groß geworden. Im vergangenen Jahr drängelten sich etwa 250.000 Besucher durch die engen Straßen und an den vielen Bühnen vorbei. Zeitweise waren 40.000 Menschen gleichzeitig im Kiez. Anwohner beschwerten sich, dass Besucher in die Hauseingänge pinkeln würden. Auch befürchten sie inzwischen ein Sicherheitsproblem, obwohl bereits voriges Jahr Bühnen anders platziert wurden und mehr Ordnungskräfte im Einsatz waren. Das Myfest sei inzwischen selbst zu einem Problem geworden, heißt es.
Land profitiert von Kauschs Engagement
Der Problemlöser soll nun Willy Kausch werden. Dass er Großveranstaltungen organisieren kann, hat er in Berlin vielfach bewiesen. Er richtet jedes Jahr die Silvesterparty am Brandenburger Tor aus und organisiert auch alle zwei Jahre die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni. Kausch wäre wohl der Wunschpartner des Senats für das Myfest. Zumal das Land indirekt an Kauschs Firma K.I.T. Group GmbH beteiligt ist, die 2008 gegründet wurde. So ist die K.I.T. seit 2010 Teil der Messe Berlin, einem nahezu hundertprozentigen Landesunternehmen. Die Messe ist mit 75 Prozent Gesellschafter der K.I.T., Kausch zu 25 Prozent. Über die Beteiligung könnte das Land seine Vorstellungen, wie das Myfest aussehen soll, gut steuern.
In der vergangenen Woche haben Herrmann und Kausch bereits mit Innensenator Frank Henkel (CDU) zusammengesessen. Henkel will, dass das Myfest auch in diesem Jahr stattfindet. Er braucht das Fest und bezeichnet es als wichtigen Beitrag, damit es am 1. Mai in Kreuzberg zwischen Oranienplatz und Kottbusser Tor friedlich bleibt. Wie es im Senat heißt, sei es „eine gute Idee, jetzt mit Herrn Kausch einen Veranstaltungs-Profi nach Kreuzberg zu holen. Letztendlich sei es aber Sache des Bezirks, darüber zu entscheiden“.
Die Zeit wird knapp
Nach Informationen der Berliner Zeitung soll das Myfest am Dienstag in der Senatssitzung thematisiert werden. Dann muss Henkel auch erklären, warum die ihm unterstehende Polizei dem Myfest im Herbst den Status als politische Versammlung abgesprochen hat. Denn das hat Folgen für den Veranstalter, der sich nun auch um die Sicherheit und die Müllentsorgung kümmern muss.
Bürgermeisterin Herrmann räumt ein, dass die Zeit für eine gute Vorbereitung des Myfests knapp wird. Der Bezirk könne es schaffen, dass es stattfindet. Für die Sicherheit am 1. Mai aber sei der Innensenator zuständig, betonte sie.
Weitere Gespräche soll es noch in dieser Woche geben. Details, wie Kausch das Myfest organisieren will, sind bisher aber nicht bekannt. Daher soll jetzt diskutiert werden, wie für bessere Sicherheit gesorgt werden kann, ob es Einlasskontrollen geben wird und wie die Bühnen und Imbissstände aufgestellt werden könnten. Eine zweite Fanmeile, das hat die Bürgermeisterin schon deutlich gemacht, werde das Myfest nicht.
Das Myfest gibt es seit dem Jahr 2003. Das Konzept für das Gebiet zwischen Oranienplatz und Kottbusser Tor wurde von Bezirk und Anrainern entwickelt, um die in Kreuzberg üblichen Mai-Krawalle mit Straßenschlachten zu beenden. Anwohner und Besucher feiern meist friedlich ein Straßenfest.
Ob die Straßenparty dieses Jahr stattfindet, ist unklar. Bisher war sie als politische Veranstaltung angemeldet worden. Die Polizei hat dem Fest im Oktober 2015 aber den Status einer politischen Versammlung entzogen, ein Anwohner hatte zuvor geklagt. Für das Myfest gibt es noch keinen Veranstalter.
Anwohner und der Verein Myfest sehen es kritisch, dass nun ein großer Privatveranstalter das Fest übernehmen soll. Bisher hätten die Geschäftsleute keine Gebühren für Stände gezahlt. Wie es heißt, lehne Kreuzberg eine Kommerzialisierung des Myfests, mit dem Gewinn gemacht werden soll, ab.
Die Organisatoren der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration wollen den Konflikt ausnutzen. Sie haben bereits ihre Demo mit etwa 10.000 Teilnehmern angemeldet. Start soll am Oranienplatz sein, die Route soll über Straßen des bisherigen Myfests führen. Erst im April wird die Polizei entscheiden.
Wird Willy Kausch von der Polizei gewarnt?
Wahrscheinlich taucht in diesen Tagen die politische Polizei bei der K.I.T. Group GmbH am Kurfürstendamm 71 auf und warnen Willy Kausch vor möglichen Anschlägen autonomer Gruppen. Kausch ist selber schuld. Kreuzberg und die Anwohner*innen wollen kein kommerzielles Fest. Ein Anschlag würde also auf große Sympathien im Kiez stoßen.