Rechtsradikale Bombenbastler sollen einen Anschlag auf ein antifaschistisches Sommerlager für Jugendliche geplant haben. Vor Gericht wird nun die Gefährlichkeit des Projekts deutlich.
War der Bombenangriff mit einem Modellflugzeug auf ein antifaschistisches Jugendlager nur eine Schnapsidee, der die Staatsanwaltschaft aufgesessen und die die Medien aufgebauscht haben? So jedenfalls stellen es die drei Angeklagten dar, die sich seit Donnerstag vor dem Emmendinger Schöffengericht für diesen angeblichen Plan verantworten müssen.
Daneben wird ihnen, unterschiedlich zugeordnet, die Herstellung, der
Besitz von illegalen Sprengkörpern und zuletzt Körperverletzung mit
einem solchen Sprengsatz vorgeworfen.
Wer am Donnerstag ins Amtsgericht wollte, musste eine Schleuse passieren
und metallene Gegenstände abgeben. Der Sicherheitsaufwand war groß,
ebenso wie das Medieninteresse, denn der Fall, über den Richter Günter
Schmalen und zwei Schöffinnen verhandeln, birgt Sprengkraft. Nicht
zuletzt, weil die Sprengkörper, die ein 44-jähriger Kreisbewohner
bastelte, eine tödliche Wirkung besaßen. Zumindest für die Fische, die bei mehreren − von den Angeklagten eingeräumten − Sprengversuchen verendeten.
Wie gefährlich die Sprengsätze für Menschen waren, verdeutlichte der
Gutachter des Landeskriminalamts und bestätigte, was Staatsanwalt
Florian Rink aus der Klageschrift zitierte. "In einem Abstand von bis zu
fünf Metern sei, bei Treffern im ungeschützten Hals- und Kopfbereich,
durchaus mit lebensgefährlichen bis tödliche Folgen zu rechnen."
Während der Angeklagte sich als Freizeitsprenger darstellte und von
einem "Blendsatz" sprach, ging der Fachmann von einer Rohrbombe aus.
Insbesondere, weil diese nicht nur aus einer großen Menge explosiven
Gemischs aus Kalium-chlorid bestand, sondern auch noch mit einer
Metallkette bestückt war.
Ohne diese Kugelkette, wie sie beispielsweise zur Fixierung von
Waschbeckenstöpseln bekannt ist, wäre es nur ein "riesiger Kracher"
gewesen, sagte der Spezialist. Der hätte, bei der rund 130-fachen Menge
eines üblichen Silvesterknallers, so schon für einen Feuerball und
Schallwellen gesorgt, die Verbrennungen und Schäden am Ohr verursachen
können.
Lebensbedrohlich sei jedoch die Kette gewesen, die selbst bei
bekleideten Körperpartien Verletzungen hätte hervorrufen können. Davon,
dass diese "Kügelchen bei der Explosion verkohlen", wie es der
Angeklagte sich vorgestellt hatte, könne bestimmt keine Rede sein.
Die verbotene Waffe jedenfalls war da, doch was sollte damit geschehen?
Ein Angriff auf ein Jugendlager von Antifaschisten in Bayern? "Völliger
Quatsch, reine Spinnerei eines besoffenen Abends", verweisen die
Angeklagten diese Vermutung unisono ins Reich der Spekulation. Und der
Bombenbauer, mit dessen Modellflugzeug das hätte geschehen sollen,
schiebt nach. "Mit dem Flieger, den die Polizei beschlagnahmt hat und
den sie immer noch hat, wäre das gar nicht möglich gewesen", behauptet
er.
Und überhaupt, mit der rechten Szene habe und hatte er nie etwas zu tun.
Die Mitangeklagten habe er zwar bei einem "Heldengedenken"
kennengelernt, doch sei er nur dort gewesen, um zu schauen, was das sei.
"Ich werde völlig falsch dargestellt", sagte er, wobei ihm Richter
Schmalen entgegen hielt, dass die Anklage keinen Vorwurf dieser Art
enthalte.
Dagegen lassen sich die beiden Mitangeklagten durchaus dem rechten
Spektrum zuordnen. Auch wenn einer zur "aktuellen politischen Gesinnung
nichts äußern will", und für den anderen sein Verteidiger Alexander
Heinig erklärt, dass "er keinen Kontakt mehr zur rechtsradikalen Szene
hat".
Er sollte es wissen, in seiner Vita steht, wie auch bei seinem Kollegen
Steffen Hammer, die Mitgliedschaft in rechts orientierten Rockbands.
Dass er rechts war, sogar rechtsaktiv und bei einer Demo in Dortmund
einen kleinen Sprengsatz geworfen hat, mit dem fünf Menschen verletzt
wurden, räumt der Angeklagte ein. Jedoch Bomben werfen? Das sei "alles
nur Rumgerede".
Als solches sollen auch die eingestreuten Smileys im Chat gelten, die
protokolliert sind. Dort ist von "Zeltlager aufmischen" die Rede, von
"Vorsicht, mit den Orangenen" − gemeint sind wohl Zündschnüre − und
nicht zuletzt davon, dass "es schon die Richtigen treffen wird". Eine
Bewertung wird in der kommenden Sitzung am Mittwoch, 21. Oktober, mit
den Plädoyers erfolgen.
Mehr zum Thema:
- Rückblick: Rechtsradikale Bombenbastler vor Gericht
Radio Dreyeckland
https://rdl.de/beitrag/nazis-planen-mehrere-monate-lang-sprengstoffansch...
SWR
http://swrmediathek.de/player.htm?show=2df2ba20-7378-11e5-8012-0026b975f2e6